OGH 10ObS341/88

OGH10ObS341/8824.1.1989

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Resch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag. Engelmaier und Dr. Bauer als weitere Richter sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Reinhard Drössler (Arbeitgeber) und Eduard Giffinger (Arbeitnehmer) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Alois W***, Sattlgai 39, 4391 Waldhausen, vertreten durch Dr. Johannes Grund und Dr. Wolf D. Polte, Rechtsanwalt in Linz, wider die beklagte Partei P*** DER A***, Roßauer Lände 3, 1092 Wien, vertreten durch Dr. Anton Rosicky, Rechtsanwalt in Wien, wegen Ausgleichszulage infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 27. September 1988, GZ 12 Rs 131/88-11, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Linz als Arbeits- und Sozialgericht vom 19. Juli 1988, GZ 15 Cgs 103/88-6, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

1.) Aus Anlaß der Revision wird das angefochtene Urteil im Umfang der Entscheidung über das Begehren auf Gewährung der Ausgleichszulage in der gesetzlichen Höhe ab 1. Dezember 1987 sowie hinsichtlich der Kostenentscheidung des Berufungsgerichtes, soweit der Kostenzuspruch an die beklagte Partei 153,26 S übersteigt, als nichtig aufgehoben und die Berufung der beklagten Partei sowie die Berufungsbeantwortung der klagenden Partei in diesem Umfang zurückgewiesen.

2.) Hinsichtlich der Entscheidung über die Verpflichtung der beklagten Partei zur Abstandnahme von der Rückforderung eines Überbezuges an Ausgleichszulage von 2.083,30 S werden die Akten dem Berufungsgericht mit dem Auftrag zurückgestellt, das Urteil durch den Ausspruch zu ergänzen, ob die Revision nach § 46 Abs 2 Z 1 ASGG zulässig ist.

Text

Begründung

Mit Bescheid vom 25. Februar 1988 wurde die Ausgleichszulage des Klägers ab 1. Juli 1983 herabgesetzt und der bis 30. November 1987 entstandene Überbezug von 20.931 S zur Rückzahlung vorgeschrieben. Der Kläger begehrte, die beklagte Partei zur Gewährung der Ausgleichszulage ab 1. Juli 1983 im gesetzlichen Ausmaß, und zwar unter Berücksichtigung von nur 80 % des Pauschalsatzes des Wertes der freien Wohnung für seine Ehegattin zu verpflichten und von der Rückforderung eines Überbezuges von 2.467,92 S Abstand zu nehmen. Zu Unrecht habe die beklagte Partei bei Berechnung der Ausgleichszulage für ihn und seine Ehegattin je 100 % des Wertes der freien Wohnung zugrunde gelegt; tatsächlich sei jedoch der Wert der freien Wohnung für die Ehegattin nur mit 80 % anzunehmen. Durch die von der beklagten Partei vorgenommene unrichtige Berechnung sei bezüglich des Wertes der freien Wohnung für die Ehegattin im Jahr 1984 um 34,80 S monatlich, in den Jahren 1985 und 1986 je 40,80 S monatlich und im Jahr 1987 ein Betrag von 42,48 S monatlich zuviel berücksichtigt worden. Ab 1. Jänner 1988 gebühre die Ausgleichszulage in einem um 43,80 S höheren Betrag. Die beklagte Partei beantragte die Abweisung der Klage. Am 8. Juli 1988 verstarb der Kläger. Schluß der Verhandlung in erster Instanz war am 18. Mai 1988.

Das Erstgericht verpflichtete die beklagte Partei, dem Kläger die Ausgleichszulage in der gesetzlichen Höhe unter Berücksichtigung von 80 % des Pauschalsatzes des Wertes der freien Wohnung für seine Ehegattin zu gewähren und von der Rückforderung eines Ausgleichszulagenüberbezuges von 2.083,30 S Abstand zu nehmen. Weiters erkannte es den Kläger schuldig, die Rückforderung und Aufrechnung eines weiteren Betrages an Ausgleichszulagenüberbezug von 384,62 S durch die beklagte Partei zu dulden; der urteilsmäßige Ausspruch einer Verpflichtung des Klägers zur Rückzahlung des darüber hinausgehenden Ausgleichszulagenübergenusses unterblieb ungerügt.

Dieses Urteil wurde den Parteien am 4. August 1988 zugestellt. Am 31. August 1988 erhob die beklagte Partei gegen dieses Urteil Berufung mit dem Antrag, es im Sinne einer Klageabweisung abzuändern.

Das Berufungsgericht gab der Berufung nicht Folge.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der beklagten Partei mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung im Sinne einer Klageabweisung abzuändern.

Die klagende Partei beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 76 Abs 1 ASGG wird das Verfahren in einer Rechtsstreitigkeit nach § 65 Abs 1 Z 1, 4, 6 oder 8 oder über die Kostenersatzpflicht des Versicherungsträgers nach § 65 Abs 1 Z 5

durch den Tod des Klägers in jeder Lage unterbrochen. Gemäß Abs 2 dieser Bestimmung sind zur Aufnahme eines nach Abs 1 unterbrochenen Verfahrens die dort bezeichneten Personen berechtigt. Gegenstand der Klage bildete einerseits die Weiterleistung der Ausgleichszulage ab 1. Dezember 1987 in einem höheren als mit dem angefochtenen Bescheid zuerkannten Betrag. Damit wurde ein Anspruch nach § 65 Abs 1 Z 1 ASGG geltend gemacht. Daneben begehrte der Kläger auch, die beklagte Partei zur Abstandnahme von einer Rückforderung zu verpflichten und erhob damit ein Begehren nach § 65 Abs 1 Z 2 ASGG.

Durch den Tod des Klägers wurde das Verfahren, soweit es Ansprüche gemäß § 65 Abs 1 Z 1 ASGG zum Gegenstand hatte, gemäß § 76 Abs 1 ASGG unterbrochen. Eine Aufnahme des unterbrochenen Verfahrens gemäß § 76 Abs 2 ASGG erfolgte nicht. Während das Erstgericht das gemäß § 193 Abs 3 ZPO vorbehaltene Urteil noch fällen durfte (§ 163 Abs 3 ZPO iVm § 2 Abs 1 ASGG), bestanden im Zeitpunkt der Erhebung der Berufung die Unterbrechungswirkungen bereits und bestehen nach wie vor fort. Nach Eintritt der Unterbrechung sind Gerichtshandlungen, die nicht bloß dem durch die Unterbrechung des Verfahrens geschaffenen Zustand Rechnung tragen, während des Stillstandes des Verfahrens unzulässig. Das Gericht kann über ein nach Eintritt der Unterbrechung des Verfahrens eingebrachtes Rechtsmittel, solange das Verfahren nicht wieder aufgenommen wird, nicht mehr meritorisch entscheiden (SZ 43/158). Ein nach Eintritt der Unterbrechung des Rechtsstreits gefälltes Urteil leidet an dem Nichtigkeitsgrund des § 477 Abs 1 Z 4 ZPO (SZ 51/150; Fasching, ZPR Rz 598). In dem Umfang, in dem sich die Entscheidung des Berufungsgerichtes auf einen Streitgegenstand bezog, hinsichtlich dessen das Verfahren zum Zeitpunkt der Erhebung der Berufung bereits unterbrochen war, war das Urteil des Berufungsgerichtes aus Anlaß der Revision als nichtig aufzuheben; an diesem Nichtigkeitsgrund leidet auch die Kostenentscheidung, soweit sie sich auf den Teil des Anspruches bezieht, hinsichtlich dessen das Verfahren unterbrochen ist.

Im weiteren begehrte der Kläger, die beklagte Partei zu verpflichten, von der Rückforderung eines Überbezuges von 2.467,92 S Abstand zu nehmen. Dieses Begehren war im Umfang eines Betrages von 2.083,30 S Gegenstand des Berufungsverfahrens. Da gemäß § 76 Abs 1 ASGG ein Rechtsstreit nach § 65 Abs 1 Z 2 ASGG durch den Tod des Klägers nicht unterbrochen wird - da der Kläger anwaltlich vertreten war, kam es auch nicht zu einer Unterbrechung des Verfahrens gemäß § 155 ZPO - blieb der Tod des Klägers auf das Verfahren hinsichtlich dieses Anspruchsteiles ohne Einfluß.

Wohl hat der Kläger in der Klage begehrt, die beklagte Partei zur Leistung der Ausgleichszulage ab 1. Jänner 1983 in der von ihm begehrten Höhe zu verpflichten. Tatsächlich bildet jedoch die Höhe der Ausgleichszulage für den von der Rückforderung betroffenen Zeitraum nur eine Vorfrage des Rückforderungsanspruches. Der Leistung der Ausgleichszulage während dieses Zeitraumes lagen jeweils Bescheide der beklagten Partei zugrunde. Für eine neuerliche Auferlegung einer Verpflichtung zur Leistung der Ausgleichszulage in diesem Rahmen - die unter Umständen eine neue Leistungspflicht der beklagten Partei begründen könnte - ist in einem Verfahren, das lediglich die Berechtigung eines Rückforderungsanspruches zum Gegenstand hat, kein Raum. Zutreffend hat daher das Erstgericht seine Entscheidung auf dieses Begehren beschränkt und über die Verpflichtung zur Leistung der Ausgleichszulage nur für den Zeitraum ab 1. Dezember 1987 - ab diesem Zeitpunkt wurde der nunmehr strittige Teil der Ausgleichszulage nicht geleistet - abgesprochen. Könnte man nämlich über den Rückforderungsanspruch nur zusammen mit der der Rückforderung zugrunde liegenden Neuberechnung der Ausgleichszulage und damit über eine wiederkehrende Leistung absprechen, so hätten es die Eintrittsberechtigten nach einem während des Verfahrens Verstorbenen in der Hand, den Anspruch auf Rückforderung dadurch unmöglich zu machen, daß sie keinen Fortsetzungsantrag gemäß § 76 Abs 2 ASGG stellen, da der Versicherungsträger zur Aufnahme des unterbrochenen Verfahrens nicht berechtigt ist.

Gegenstand bildet in einem Verfahren nach § 65 Abs 1 Z 2 ASGG nur die Berechtigung des Rückforderungsanspruches. Dabei handelt es sich nicht um eine wiederkehrende Leistung im Sinn des § 46 Abs 4 ASGG. Da eine zulässige Entscheidung des Berufungsgerichtes über eine wiederkehrende Leistung nicht vorliegt und der Wert des Streitgegenstandes, über den das Berufungsgericht zulässigerweise entschieden hat, nicht 30.000 S übersteigt, hat das Berufungsgericht gemäß § 45 Abs 1 Z 2 ASGG auszusprechen, ob die Revision nach § 46 Abs 2 Z 1 ASGG zulässig ist. Sollte die Revision für nicht zulässig erkannt werden, wäre der klagenden Partei Gelegenheit zu geben, im Sinn des § 506 Abs 1 Z 5 ZPO die Gründe anzuführen, warum entgegen dem Ausspruch des Berufungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.

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