OGH 2Ob162/88

OGH2Ob162/8824.1.1989

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Vogel, Dr. Melber und Dr. Kropfitsch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Gerald K***, Vertragsbediensteter, 2295 Oberweiden 93, vertreten durch Dr. Heinrich Wille, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien 1) Wolfgang R***, Vertragsbediensteter,

2295 Baumgarten 57, 2) Josef R***, Pensionist,

2295 Baumgarten, 3) E*** A*** V*** AG, 1010 Wien,

Brandstätte 7-9, vertreten durch Dr. Oswald Karminski-Pielsticker, Rechtsanwalt in Wien, wegen 1,044.471,30 S, 226.800 S (Rentenbegehren) sowie Feststellung (Streitwert 30.000 S), Gesamtstreitwert 1,301.271,20 S sA (Revisionsinteresse 332.000 S), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 20.Oktober 1988, GZ 5 R 122/88-46, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Kreisgerichtes Korneuburg vom 31.März 1988, GZ 3 Cg 128/86-41, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Kläger ist schuldig, den beklagten Parteien die mit 12.312,85 S (darin keine Barauslagen und 1.119,35 S Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Am 26.Mai 1986 ereignete sich auf der Bundesstraße 49 zwischen Zwerndorf und Angern ein Verkehrsunfall, bei dem der vom Erstbeklagten gelenkte, vom Zweitbeklagten gehaltene und bei der Drittbeklagten haftpflichtversicherte PKW mit dem Kennzeichen N 64.558 von der Fahrbahn abkam und gegen einen Baum stieß. Der im Fond mitfahrende Kläger wurde schwer verletzt. Auf die Ansprüche des Klägers wurden von der Drittbeklagten vor Klagseinbringung Akontozahlungen in der Gesamthöhe von 90.000 S geleistet. Mit der am 22.Mai 1986 eingebrachten Klage begehrte der Kläger von den Beklagten zur ungeteilten Hand die Bezahlung eines Betrages von 1,359.253,70 S (1,241.250 S Schmerzengeld, 119.250 S für eine abstrakte Rente, 24.994 S Verdienstentgang, 54.454 S Fahrtengelder und diverse Auslagen, 8.729,70 S Barauslagen, 576 S für Straßenbahnfahrten, abzüglich von Akontozahlungen in der Höhe von 90.000 S). Weiters begehrte der Kläger die Feststellung, daß die Beklagten ihm zur ungeteilten Hand für alle Schäden, die ihm aus dem Unfall noch entstehen, haften. In der Tagsatzung vom 9.April 1987 dehnte der Kläger sein Begehren um 43.367,60 S (2.767,60 S Fahrtkosten, 240 S und 3.300 S Auslagen beim Orthopäden, 37.060 S Zahnarzt) auf 1,402.621,20 S sA aus. In der Tagsatzung vom 9.April 1987 schränkte der Kläger sein Leistungsbegehren um 554.000 S (Schmerzengeld) auf 848.621,30 S sA ein. Mit Schriftsatz vom 6. Oktober 1987 dehnte der Kläger sein Leistungsbegehren um 195.850 S (129.600 S abstrakte Rente und 66.250 S weiteres Schmerzengeld) auf 1,044.471,30 S aus. In der Tagsatzung vom 10. Dezember 1987 stellte der Kläger zusätzlich ein Rentenbegehren auf Bezahlung eines Betrages von 6.300 S monatlich, beginnend ab 1. Juli 1987. Der Kläger brachte im wesentlichen vor, die zuletzt begehrte Bemessung des Schmerzengeldes in der Höhe von 753.000 S sei auf Grund der Schmerzperioden gerechtfertigt. Den Anspruch auf Gewährung einer abstrakten Rente begründete der Kläger zuletzt wie folgt: Der Kläger habe durch den Unfall eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von 60 % erlitten. Der Kläger habe am 12.März 1984 seine Arbeit beim Land Niederösterreich als Vertrasgbediensteter wieder aufgenommen. Sein monatliches Durchschnittsgehalt betrage

10.522 S, 60 % hievon ergeben einen monatlichen Rentenbetrag von

6.300 S. Bis 30.Juni 1987 werde der Betrag kapitalisiert und ab 1. Juli 1987 in Form einer Rente begehrt. Weiters begehrte der Kläger aus dem Titel des Verdienstentganges einen Betrag von 12.136 S, der sich aus der Zeit seines Krankenstandes durch die Differenz der früheren Bezüge und der von der Gebietskrankenkasse erhaltenen Zahlungen errechne. Außerdem habe der Kläger einen Außendienstzulagenentfall, da er vor dem Unfall durchschnittlich 3,11 Tage monatlich auswärts tätig gewesen sei, wobei er einen Tagessatz für die Außendienste in der Höhe von 218 S gehabt habe, woraus sich unter Zugrundelegung eines Außendienstzulagenentfalles für 19 Monate von Juni 1983 bis Dezember 1984 ein Verdienstentgang von 12.862 S errechne. Die Eltern des Klägers hätten ihn während des Krankenhausaufenthaltes häufig besucht, wofür Fahrtkosten in der Höhe von 45.754 S begehrt würden. Anläßlich dieser Besuchsfahrten hätten die Eltern des Klägers Barauslagen in der Höhe von 8.700 S gehabt. Weiters habe der Kläger Barauslagen für medizinische Behelfe im Ausmaß von 8.729,70 S zu tragen gehabt und für Straßenbahnfahrten einen Betrag von 576 S auslegen müssen.

Die Beklagten anerkannten ihre Haftung dem Grunde nach, allerdings mit der Einschränkung, daß die Haftung der Drittbeklagten mit der Höchstsumme des Versicherungsvertrages hinsichtlich des PKWs Kennzeichen N 64.558 und hinsichtlich des Zweitbeklagten mit den EKHG-Höchstbeträgen begrenzt sei. Im übrigen beantragten die Beklagten die Klagsabweisung und brachten im wesentlidhen vor: Im Hinblick auf das gemeinsam eingeholte Privatgutachten von Dr. Z*** sei das eingeklagte Schmerzengeldbegehren von 1,200.000 S weit überhöht. Das Begehren auf Leistung einer abstrakten Rente sei nicht gerechtfertigt, da für den Kläger keinerlei Befürchtung bestehe, seinen Arbeitsplatz bei der Niederösterreichischen Landesregierung zu verlieren. Ein Feststellungsbegehren sei unzulässig, da in der Zukunft liegende weitere Folgen nicht möglich seien und ohnehin ein Rentenbegehren gestellt werde.

Das Erstgericht sprach dem Kläger 513.489,30 S sA zu und wies das Leistungsmehrbegehren von 230.982 S sA sowie das Rentenbegehren ab. Es stellte überdies fest, daß die Beklagten zur ungeteilten Hand dem Kläger für alle Schäden haften, die ihm aus dem Unfall vom 26. Mai 1983 noch entstehen werden, die Drittbeklagte jedoch beschränkt auf die Höhe des zwischen dem Zweit- und der Drittbeklagten abgeschlossenen Haftpflichtversicherungsvertrages. Das Erstgericht legte seiner Entscheidung folgende für das Revisionsverfahren noch wesentliche Feststellungen zugrunde:

Der Kläger erlitt durch den Verkehrsunfall nachstehende schwere Verletzungen: Offener Oberarmtrümmerbruch links im Ellenbogenbereich, Oberschenkelbruch rechts verbunden mit einer Sitznervschädigung. Der Oberschenkelbruch wurde innerlich stabilisiert mit Marknagelung. Die Nervenbeschädigungsstelle wurde mittels Nervenverpflanzung (Entnahme vom Wadennerv links und rechts) zwei Wochen nach dem Unfall saniert. Während sich der Oberschenkelbruch in angemessenem Zeitraum festigte und sich auch die Bruchflächen völlig durchbauten, sodaß 1 1/2 Jahre nach dem Unfall die Marknagelentfernung erfolgen konnte, ergaben sich seitens des Sitznervs im Peronaeusbereich keine Rückbildungszeichen der Lähmung, sodaß ein Tragen eines Sonderschuhes mit hinterer Spange notwendig wurde. An Komplikationen traten ein Druckgeschwür am Kleinzehenballen auf, wobei es sich um ein typisches trophisches-neurogenes Druckgeschwür handelt, das unbedingt zur Abheilung gebracht werden muß, da es sich sonst vergrößern kann und immer schwierigere therapeutische Probleme aufwirft. Weiters traten an Komplikationen eine Fisteleiterung am Ellbogen auf, sodaß im August 1985 eine Fistelentfernungsoperation erforderlich wurde. Durch den Unfall erfolgte weiters eine Zahnlaesion beim Kläger, die eine Wurzelspitzenresektion an den zwei vordersten Schneidezähnen erforderte. Derzeit besteht beim Kläger am linken Arm eine völlig abgeblaßte Operationsnarbe; die Muskulatur ist wieder gekräftigt und es besteht nur noch am Oberarm eine leichte Kraftminderung. Die Streckhemmung im Ellbogen beträgt 35 Grad, die Beugehemmung 15 Grad, die Vorderarmdrehung ist aktiv frei und auch bei den übrigen Armgelenken. Beim rechten Bein des Klägers besteht ein typischer Steppergang barfuß, die Fußspitze hängt sohlenwärts herunter und ist nur passiv bis knapp in plantigrade Stellung bringbar. Die Druckgeschwürstelle am Kleinzehenballen ist überkrustet; ein Hautgefühl außenseitig fehlt am Unterschenkel sowie im ganzen Fußbereich. Eine merkliche Muskulaturschwächung besteht vornehmlich im Wadenbereich. An Unfallfolgen bestehen sohin beim Kläger noch eine komplette Peronaeuslähmung rechts sowie eine verbliebene mäßiggrade Streckhemmung im linken Ellbogengelenk und geringgradige Beugeeinschränkung. Spätfolgen sind auf Grund der Verletzungen des Klägers medizinischerseits nicht auszuschließen. Auf Grund des derzeit noch bestehenden 5 x 2 mm großen trophischen Geschwürs am rechten Kleinzehenballen - solche Geschwüre können immer wieder auftreten - besteht eine Minderung der Erwerbsfähigkeit beim Kläger von etwa 60 %. Auf Grund dieser Verletzungen des Klägers und der damit zusammenhängenden notwendigen Operationen und medizinischen Behandlungen erlitt der Kläger insgesamt starke dauernde Schmerzen von 40 Tagen, mittelgradige zusammengefaßte Schmerzen von 48 Tagen sowie leichtgradige zusammengefaßte Schmerzen und gleichsetzbare Beschwerden von 393 Tagen.

Das durchschnittliche Nettoeinkommen des Klägers beträgt

10.552 S, welchen Betrag der Kläger als Vertragsbediensteter beim Land Niederösterreich ins Verdienen bringt. Der Kläger ist dort seit 10. September 1979 beschäftigt, war immer schon im Landesarchiv tätig und übt diese Beschäftigung auch derzeit aus. Er hat keine Befürchtungen dahingehend, daß er in der nächsten Zeit von der Landesregierung gekündigt werde.

Zur Rechtsfrage führte das Erstgericht hinsichtlich der im Revisionsverfahren noch strittigen Ansprüche aus, daß dem Kläger unter Berücksichtigung der vom Sachverständigen ermittelten Schmerzperioden ein Schmerzengeld von insgesamt 490.000 S zuzubilligen sei. Dieser Betrag sei im Hinblick auf die erlittenen Schmerzen und die Schwere der Verletzungen durchaus angemessen. Die vom Kläger in der Klage vorgenommenen Berechnungen von Schmerzperioden unter der Annahme von Ansätzen für verschiedene Schmerzen habe bei der Ausmittlung des Schmerzengeldes nicht berücksichtigt werden können, da das Schmerzengeld nicht tageweise, sondern mit einer globalen Summe zu bestimmen sei. Die Voraussetzungen für die Gewährung einer abstrakten Rente seien nicht gegeben. Es stehe fest, daß beim Kläger eine Einkommensminderung auf Grund seiner Tätigkeit als Vertragsbediensteter in Zukunft als unwahrscheinlich anzunehmen sei. Überdies könne eine abstrakte Rente nie für einen verflossenen Zeitraum, sondern allenfalls ab dem Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Streitverhandlung begehrt werden. Eine abstrakte Rente gebühre nur dann, wenn wahrscheinlich sei, daß der Verletzte in Zukunft mit einer Einkommensminderung werde rechnen müssen, wobei die Beweislast den Verletzten treffe. Dazu komme, daß die abstrakte Rente sowohl Sicherungs- als auch Ausgleichsfunktion erfüllen müsse. Im vorliegenden Fall sei die Sicherungsfunktion aber nicht gegeben.

Die Berufung des Klägers hatte in der Hauptsache keinen, im Kostenpunkt teilweise Erfolg. Das Berufungsgericht erachtete das Verfahren als mängelfrei, übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes als unbedenklich und zur abschließenden rechtlichen Beurteilung ausreichend und billigte auch die rechtliche Beurteilung der ersten Instanz.

Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes, soweit mit dieser Entscheidung die Abweisung eines Leistungsbegehrens von 106.300 S sowie des Zuspruches einer abstrakten Rente an den Kläger durch das Erstgericht bestätigt wurde, wendet sich die Revision des Klägers aus den Anfechtungsgründen nach § 503 Abs 1 Z 2 und 4 ZPO mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne des Zuspruchs von weiteren 106.300 S sA sowie der abstrakten Rente; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Beklagten beantragen in ihrer Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Im Revisionsverfahren sind nur die Ansprüche auf Zuerkennung von Schmerzengeld und einer abstrakten Rente strittig.

Der Revisionsgrund nach § 503 Abs 1 Z 2 ZPO liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).

In der Rechtsrüge führt der Kläger zum Anspruch auf Schmerzengeld aus, das Erst- und auch das Berufungsgericht hätten unter Bedachtnahme auf die Tagessätze von je 2.000 S für 40 Tage starke dauernde, je 1.750 S für 48 Tage mittelgradige und je 1.100 S für 393 Tage leichtgradige Schmerzen dem Kläger einen weiteren Betrag von 106.300 S zusprechen müssen. Das Berufungsgericht habe überhaupt keine Tagessätze angeführt. Überdies habe das Berufungsgericht - was unter dem Anfechtungsgrund der Mangelhaftigkeit des Verfahrens gerügt wird - die Rüge in der Berufung des Klägers, das Erstgericht habe nicht festgestellt, bis zu welchem Zeitpunnkt der Schmerzengeldanspruch erhoben worden sei, nämlich nur bis zum 30.Juni 1987, nicht erledigt.

Diesen Ausführungen kann nicht gefolgt werden.

Nach ständiger Rechtsprechung ist das Schmerzengeld die Genugtuung für alles Ungemach, das der Geschädigte infolge seiner Verletzungen und deren Folgen zu erdulden hat. Es soll den Gesamtkomplex der Schmerzempfindungen unter Bedachtnahme auf die Dauer und Intensität der Schmerzen nach ihrem Gesamtbild, auf die Schwere der Verletzungen und auf das Maß der physischen und psychischen Beeinträchtigung des Gesundheitszustandes abgelten, die durch die Schmerzen entstandenen Unlustgefühle ausgleichen und den Verletzten in die Lage versetzen, sich als Ersatz für die Leiden und anstelle der ihm entgangenen Lebensfreude auf andere Weise gewisse Annehmlichkeiten und Erleichterungen zu verschaffen (ZVR 1983/200 uva). Das Schmerzengeld stellt grundsätzlich eine Globalabfindung für alle eingetretenen und nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu erwartenden körperlichen und seelischen Beeinträchtigungen durch die Unfallsfolgen dar. Für seine Bemessung ist das Gesamtbild der Verletzungsfolgen maßgebend. Hiebei müssen auch künftige, nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge zu erwartende körperliche und seelische Schmerzen einbezogen werden. Ausgenommen von der Globalbemessung bleiben nur solche künftige Schmerzen, deren Eintritt noch nicht vorhersehbar ist oder deren Ausmaß auch nicht so weit abgeschätzt werden kann, daß eine Globalbeurteilung möglich ist. Jedoch darf auch in solchen Fällen eine ergänzende Schmerzengeldbemessung nicht dazu führen, daß der Verletzte insgesamt mehr zugesprochen bekommt als bei einer einmaligen Globalbemessung (ZVR 1970/77 uva). Eine Bemessung des Schmerzengeldes nach "Tagessätzen" wird von der Rechtsprechung abgelehnt (vgl. ZVR 1972/10 uva). Eine Beschränkung des Zuspruches auf bestimmte Zeiträume ist nur aus besonderen, vom Geschädigten darzulegenden Gründen zulässig, und zwar dann, wenn das Gesamtbild der physischen und psychischen Beeinträchtigungen noch nicht überschaubar ist (ZVR 1973/8, ZVR 1983/345 ua). Es kann auch nicht in das Belieben des Klägers gestellt werden, das Schmerzengeld für einzelne Zeitabstände bzw. für einen bestimmten Zeitraum zu begehren, wenn die Folgen der Verletzung voraussehbar sind und daher eine Globalbemessung möglich ist (vgl. ZVR 1979/308 ua). Werden diese Grundsätze auf den im vorliegenden Fall festgestellten Sachverhalt angewendet, kann unter Berücksichtigung auf das Gesamtbild der Verletzungen und der Schmerzempfindungen, auf den Heilungsverlauf, die verbliebenen Dauerfolgen und das Maß der physischen und psychischen Beeinträchtigungen des Gesundheitszustandes des Klägers das vom Berufungsgericht mit 490.000 S festgesetzte Schmerzengeld nicht als zu niedrig bemessen angesehen werden. Da der Kläger in keiner Weise dargetan hat, daß im vorliegenden Fall eine zeitliche Begrenzung des Schmerzengeldes aus besonderen Gründen ausnahmsweise zulässig wäre, vielmehr nach den Feststellungen das Gesamtbild der physischen und psychischen Beeinträchtigungen im Zeitpunkt des Schlusses der Verhandlung erster Instanz bereits überschaubar und auch das Ausmaß der nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge zu erwartenden künftigen körperlichen und seelischen Schmerzen abschätzbar war, ist das Berufungsgericht ohne Rechtsirrtum mit einer Globalbemessung des Schmerzengeldes vorgegangen.

Bezüglich des Anspruches auf abstrakte Rente führt der Kläger unter detaillierter Schilderung seiner Verletzungsfolgen aus, daß diese den Kläger bei seiner beruflichen Tätigkeit im Niederösterreichischen Landesarchiv schwer behinderten. Die Tätigkeit des Klägers sei im wesentlichen eine stehende Arbeit. Oft müsse ihm die körperliche Arbeit von anderen Mitbediensteten abgenommen werden, weil er die schwere körperliche Arbeit allein nicht schaffe. Derzeit mache er in der Außenstelle Bad Pirawarth des Niederösterreichischen Landesarchivs Dienst. Diese Tätigkeit bringe es mit sich, daß er keine Dienstreisen mehr unternehmen müsse. Bei seiner Behinderung bestehe aber für ihn immer die Gefahr, daß er anderen Bediensteten des Landes Niederösterreich gegenüber benachteiligt werde, ja wirtschaftliche Nachteile seien sogar wahrscheinlich.

Der Verlust der Konkurrenzfähigkeit am Arbeitsmarkt, aber auch die des schlechteren Verdiensts seien beim Kläger jedenfalls gegeben. Darüberhinaus müsse er sich auch mehr anstrengen als ein Gesunder, um denselben Arbeitserfolg zu erzielen. Es bestehe damit die Gefahr, daß er seine Arbeitskraft schneller verbrauche. Es seien beim Kläger daher sowohl die Sicherungsfunktion (Schaffung eines Deckungsfonds) als auch die Ausgleichsfunktion (Abgeltung der Mehranstrengung) einer abstrakten Rente gegeben. Daran ändere auch der Umstand nichts, daß der Kläger Vertragsbediensteter des Bundeslandes Niederösterreich sei. Wenn im Berufungsurteil ausgeführt werde, der Kläger habe die tatsächlichen Voraussetzungen für den Zuspruch einer abstrakten Rente weder behauptet noch bewiesen, dann sei dies unrichtig. Es sei nämlich behauptet worden, er habe eine Minderung der Erwerbsfähigkeit erlitten und sei vor allem bei seiner beruflichen Tätigkeit schwer beeinträchtigt. Auch diesen Ausführungen kommt keine Berechtigung zu. Rechtsprechung und Lehre anerkennen den Zuspruch einer Rente gemäß § 1325 ABGB auch dann, wenn der Verletzte, der einen Dauerschaden erlitten hat (ZVR 1976/266; JBl 1965/208), zwar derzeit noch keinen Verdienstentgang erleidet, ein solcher aber nach den konkreten Umständen des Falles zu erwarten oder doch wahrscheinlich ist (ZVR 1984/325; RZ 1982/9; ZVR 1977/300 ua; Reischauer in Rummel, ABGB, Rz 30 und 32 zu § 1325). Da der Zuspruch einer solchen Rente seine Grundlage in der Bestimmung des § 1325 ABGB findet, wonach der Schädiger bei Eintritt eines Dauerschadens dem Geschädigten auch den künftig entstehenden Verdienstentgang zu ersetzen hat, muß ein innerer Zusammenhang mit dem (möglicherweise zu erwartenden) Verdienstentgang gewahrt bleiben (ZVR 1969/298; EvBl 1962/287 ua). Es genügt daher für den Anspruch auf eine abstrakte Rente nicht eine Minderung der Erwerbsfähigkeit schlechthin oder eine bloße Erschwernis der Arbeit. Es muß vielmehr eine Einkommensminderung wegen der unfallbedingten Verletzungen nach den konkreten Umständen des Einzelfalles zu erwarten oder doch wahrscheinlich sein (SZ 41/157). Der Anspruch ist erst dann begründet, wenn die Erschwernis der Arbeit größere Anstrengungen zur Erzielung des Arbeitserfolges, wie er ohne die Unfallsfolgen erreichbar wäre, notwendig macht und damit die Möglichkeit einer früheren Erschöpfung der Arbeitskraft des Verletzten gegeben ist (Ausgleichsfunktion) und der Geschädigte der Gefahr einer Benachteiligung im Wettbewerb mit gesunden Menschen ausgesetzt ist (Sicherungsfunktion). Die abstrakte Rente gebührt nicht, wenn sie im Einzelfall nur eine dieser Ausgaben erfüllt, sondern erst dann, wenn beide Voraussetzungen bejaht werden können (ZVR 1984/325;

ZVR 1982/270; ZVR 1977/109; SZ 41/157 ua; Reischauer aaO Rz 30 und 34 zu § 1325 ABGB). Die abstrakte Rente gebührt daher nicht, wenn der Arbeitsplatz des Geschädigten nicht gefährdet ist (SZ 41/157;

Reischauer aaO, Rz 34 zu § 1325 ABGB) oder auch nur eine Einkommensminderung nicht zu befürchten ist (ZVR 1976/319). Hiebei ist auf die konkreten Umstände des Einzelfalles abzustellen, während mit dem allgemeinen Arbeitsmarkt zusammenhängende konjunkturbedingte Umstände außer Betracht zu bleiben haben (vgl. ZVR 1985/48 ua). Werden diese Grundsätze auf den vorliegenden Fall angewendet, ist dem Berufungsgericht beizupflichten, daß der Kläger konkrete Umstände, die den Verlust seines Arbeitsplatzes und eine damit verbundene Einkommenseinbuße wahrscheinlich machen, im erstinstanzlichen Verfahren nicht behauptet, geschweige denn bewiesen hat. Der Kläger hat dazu lediglich vorgebracht, daß bei ihm eine unfallbedingte Minderung der Erwerbsfähigkeit im Ausmaß von 60 % vorliege und er daher eine diesem Prozentsatz entsprechende abstrakte Rente begehre. Nach den vom Berufungsurteil übernommenen Feststellungen des Erstgerichtes ist der Kläger seit 10.September 1979 beim Land Niederösterreich durchgehend als Vertragsbediensteter beschäftigt, war immer schon im Landesarchiv tätig und übt diese Beschäftigung im Landesarchiv auch derzeit aus. Er hat keine Befürchtungen dahingehend, daß er in der nächsten Zeit gekündigt werde. Ohne Rechtsirrtum hat daher das Berufungsgericht das Vorliegen der sogenannten Sicherungsfunktion verneint und den Anspruch einer abstrakten Rente zutreffend für gerechtfertigt erachtet.

Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

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