OGH 12Os136/88

OGH12Os136/8819.1.1989

Der Oberste Gerichtshof hat am 19.Jänner 1989 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Müller als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Horak, Dr. Felzmann, Dr. Massauer und Dr. Rzeszut als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Zeh als Schriftführer in der Strafsache gegen Karl K*** und Gerhard T*** wegen des Verbrechens nach § 12 Abs. 1 und 2, erster und zweiter Fall, SuchtgiftG sowie anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der beiden Angeklagten gegen das Urteil des Kreisgerichtes Wels als Schöffengericht vom 5.August 1988, GZ 12 Vr 41/88-46, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Bassler, der beiden Angeklagten und deren Verteidiger Dr. Mayer und Dr. Paulitsch zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden verworfen.

Den Berufungen wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen den Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden der am 2.September 1961 geborene Spritzlackierer Karl K*** und der am 10.September 1965 geborene Hilfsarbeiter Gerhard T*** (zu A) des teils "im bewußten und gewollten Zusammenwirken in Gesellschaft als Beteiligte nach § 12 StGB" (Urteilsseiten = US 2, 3, 4; 19, 20, 29) - gemeint: des teils als Mittäter - begangenen Verbrechens nach § 12 Abs. 1 und 2, erster und zweiter Fall, SuchtgiftG, (zu B) des teils "als Beitragstäter nach § 11 FinStrG" (US 7) begangenen Finanzvergehens des gewerbsmäßigen Schmuggels nach §§ 35 Abs. 1, 38 Abs. 1 lit. a FinStrG, sowie Karl K*** (zu C) und Gerhard T*** (zu D) des Finanzvergehens der gewerbsmäßigen Abgabenhehlerei nach §§ 37 Abs. 1 lit. a, 38 Abs. 1 lit. a FinStrG schuldig erkannt.

Dem liegen im wesentlichen zahlreiche gewerbs- und teilweise bandenmäßig unternommene Suchtgiftbeschaffungsreisen (fast durchwegs) nach Amsterdam zugrunde, wobei dem Erstangeklagten K*** eine Einfuhrmenge von 3.004 Gramm Haschisch mittlerer Qualität (= 240 Gramm THC) - darin eingeschlossen eine Menge von 700 Gramm Haschisch, hinsichtlich deren zwar (im Sommer 1987) die Einfuhr in die Transitländer (vgl. § 64 Abs. 1 Z 6 StGB), nicht aber nach Österreich gelang (A I 2 i; US 17, 19) -, dem Zweitangeklagten T*** eine solche von 1.170 Gramm Haschisch (= 93,6 Gramm THC) zum Vorwurf gemacht wird (US 19, 20). Von diesen Mengen wurden in Österreich von Karl K*** 862 Gramm Haschisch (= 68,96 THC), von Gerhard T*** 755 Gramm Haschisch (= 60,40 THC) in Verkehr gesetzt (US 22).

Dieses Urteil bekämpfen die beiden Angeklagten jeweils mit Nichtigkeitsbeschwerde, wobe K*** die Nichtigkeitsgründe der Z 9 lit. a und 10, T*** jene der Z 5 und 10 (der Sache nach indes Z 9 lit. a) des § 281 Abs. 1 StPO geltend machen.

Rechtliche Beurteilung

Die Beschwerden sind unbegründet.

Die Rechtsrügen (Z 9 lit. a) der Angeklagten richten sich nur gegen zwei der schuldspruchgegenständlichen Suchtgifteinfuhren, und zwar bezeichnet Karl K*** die Vorwürfe laut A I 1 a und b, Gerhard T*** nur jenen laut A I 1 b insofern als rechtsirrig, als der Schöffensenat ihnen jeweils die Einfuhr der gesamten dabei von ihnen und ihren Komplizen von Amsterdam nach Österreich geschmuggelten Suchtgiftmenge von 400 Gramm Haschisch (a) bzw. 450 Gramm Haschisch (b) angelastet hat, obwohl K*** jeweils nur 100 (a) bzw. 150 Gramm (b) und T*** nur 150 Gramm (b) unmittelbar selbst für eigene Zwecke nach Österreich eingeführt haben. Die Restmengen (von jeweils 300 Gramm Haschisch) seien daher nur den anderen an der Tat beteiligt gewesenen Personen zuzurechnen.

Nach den für diese Schuldspruchfakten maßgebenden Urteilsannahmen erwarben Karl K*** und Gerhard T*** sowie die abgesondert verfolgten Johann H*** und Günther K*** im Jahre 1984 in Amsterdam je 100 Gramm Haschisch, wobei sie diese Ankäufe zur Erzielung eines günstigeren Preises bei Abnahme einer größeren Menge (US 13, 15) gemeinsam tätigten. Diese 400 Gramm Haschisch versteckten die Genannten gemeinsam in der Scheibenwaschanlage des Personenkraftwagens des Johann H*** und schmuggelten das Suchtgift auf diese Art beim Zollamt Walserberg nach Österreich ein (A I 1 a; US 14/15).

An einer weiteren Schmuggelfahrt der beiden Angeklagten im Jahre 1984 nahm der abgesondert verfolgte Friedrich Ü*** teil. Die drei Täter kauften dabei insgesamt 450 Gramm Haschisch und führten das Suchtgift im Auto des Friedrich Ü*** beim Grenzübergang Salzburg-Walserberg nach Österreich ein, wobei jeder der Beteiligten ca. 150 Gramm Haschisch im Körper verborgen hatte, was jeder der Beteiligten in Kenntnis der Gesamtmenge des eingeführten Suchtgifts wußte (A I 1 b; US 15).

Rechtsrichtig beurteilte der Schöffensenat diesen Sachverhalt als Mittäterschaft im Sinne des ersten Falles des § 12 StGB. Denn bei der Tatbegehung durch eine Personenmehrheit kommt jedem Beteiligten, der im vorsätzlichen Zusammenwirken mit den anderen Ausführungshandlungen setzt, die Stellung eines unmittelbaren Täters zu. Dies kann aber nach Lage des Falles in Ansehung der Beschwerdeführer mit Rücksicht auf die gemeinsame Unternehmung der Reise, worin für sich allein zunächst schon eine gegenseitige psychische Unterstützung bei der Verwirklichung des ihnen bekannten Tatplans der jeweils anderen Täter gelegen ist, den gemeinsamen Ankauf des Suchtgiftes und den gemeinsamen Transport der Gesamtsuchtgiftmenge in einem Fahrzeug nach Österreich - wenn auch im zweiten Fall (b) jeweils getrennt in den Körpern der Beteiligten verborgen - nicht zweifelhaft sein, mag auch - den Einwänden der Beschwerdeführer zuwider - die Gesamtmenge "keine wirtschaftliche Einheit" darstellen und jeder der Beteiligten nur eine Teilmenge "für eigene Zwecke" nach Österreich gebracht haben, über die wirtschaftlich zu verfügen "jedem einzelnen überlassen blieb". Denn der an der Tatausführung unmittelbar Mitwirkende hat - ungeachtet im Innenverhältnis vereinbarter wirtschaftlicher Dispositionsmöglichkeiten nur über seinen eigenen Anteil - den gesamten eingetretenen Erfolg zu vertreten, soweit dieser - wie im vorliegenden Fall - vom gemeinsamen Vorsatz (US 2, 19, 20, 23, 29) umfaßt war. Demnach versagt aber auch die Mängelrüge (Z 5) des Angeklagten T***, mit der er auf eben diese "wirtschaftliche Verfügungsgewalt jedes einzelnen" abstellt und solcherart eine nicht entscheidungswesentliche Tatsache betont, die den Schuldspruch eigentlich tragende Argumentation aber übergeht.

Nur zur Vermeidung von Mißverständnissen sei der Vollständigkeit halber hier vermerkt, daß die Rechtsrichtigkeit der Beurteilung der Tathandlungen der beiden Angeklagten in finanzstrafrechtlicher Hinsicht als das "teils (bloß) als Beitragstäter nach § 11 (dritter Fall) FinStrG" (US 7) begangene (idealkonkurrierende) Finanzvergehen des Schmuggels angesichts der rechtlichen Gleichwertigkeit der drei Täterschaftsformen des § 12 StGB und des § 11 FinStrG dahingestellt bleiben kann.

Soweit der Angeklagte Karl K*** darüber hinaus die Annahme gewerbsmäßigen Handelns bekämpft und bezüglich des Suchtgiftverbrechens die Begehung als Mitglied einer Bande (§ 12 Abs. 2 zweiter Fall SuchtgiftG) in Abrede stellt, bringt er den angerufenen materiellen Nichtigkeitsgrund (Z 10) nicht zu prozeßordnungsgemäßer Darstellung. Denn nach den insoweit maßgebenden Konstatierungen beschloß Karl K***, sich durch den wiederholten (Einfuhr-)Schmuggel und anschließenden Verkauf von Rauschgift im Inland eine fortlaufende zusätzliche Einnahmsquelle zu verschaffen, um einerseits - ohne dem Mißbrauch eines Suchtgiftes ergeben zu sein (US 22) - selbst ausreichend Suchtgift für den Eigenkonsum zur Verfügung zu haben, andererseits aber auch in der Absicht, offene Verbindlichkeiten abzudecken und teilweise daraus den Lebensunterhalt zu bestreiten (US 14, 22, 23). Mit dem Beschwerdeeinwand, der kriminelle Erlös habe nur ausgereicht, sich die Mittel für den eigenen Suchtgiftkonsum zu verschaffen, setzt er sich über diese Urteilsfeststellungen hinweg.

Ähnliches gilt für die Annahme bandenmäßiger Tatbegehung des Verbrechens nach § 12 Abs. 1 SuchtgiftG. Dazu stellt der Schöffensenat im Urteil fest, daß es im Sommer 1986 zwischen Karl K***, Gerhard T*** und dem abgesondert verfolgten Johann H*** infolge ihres gemeinsamen Interesses am Ankauf von billigem Haschisch in Holland und dessen gewinnbringendem Absatz in Österreich zu einer engeren Verbindung kam, wobei die Genannten vereinbarten, einander beim Verkauf des Suchtgiftes wechselseitig zu unterstützen. In der Folge führten sie in Entsprechung dieses Übereinkommens zum Teil einzeln, zum Teil gemeinsam Fahrten nach Amsterdam durch, kauften Suchtgift an, schmuggelten es nach Österreich und setzten es hier - nach dem abgesprochenen System wechselseitiger Unterstützung - zwar nur zum Teil, aber doch in großer Menge, in Verkehr (US 16). Auch diese Urteilsannahmen übergeht der Beschwerdeführer mit der Behauptung, es habe am bewußten Zusammenwirken zur Begehung strafbarer Handlungen gefehlt. Rechtsrichtig beurteilte sohin der Schöffensenat den Zusammenschluß der Angeklagten Karl K***, Gerhard T*** und des abgesondert verfolgten Johann H*** als Bandenbildung (§ 278 StGB), weil es dabei nur auf die durch diese Verbindung gesicherte, allenfalls auch wechselnde Mitwirkung verläßlicher Komplizen bei Ausführung strafbarer Handlungen und auf den Rückhalt ankommt, den die Ausführenden durch ihre Bandenzugehörigkeit finden (LSK 1979/296). Die zur Gänze unbegründeten Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten K*** und T*** waren sohin zu verwerfen. Das Schöffengericht verhängte nach § 12 Abs. 2, erster Satz, SuchtgiftG über Karl K*** zwei Jahre, über Gerhard T*** zwanzig Monate Freiheitsstrafe sowie Geldstrafen nach dem Finanzstrafgesetz. Bei der Strafbemessung nach dem Suchtgiftgesetz wertete es als erschwerend: bei K*** die von ihm zu verantwortende, die Grenzmenge wesentlich übersteigende Gesamtmenge des Suchtgifts, den langen Tatzeitraum und die mehrfache Qualifikation der Tat; bei T*** eine einschlägige Vorstrafe, den sofortigen Rückfall, den langen Tatzeitraum, die mehrfache Qualifikation und daß die Gesamtmenge die Grenzmenge um das Vierfache überstieg. Als mildernd berücksichtigte es bei K*** das Geständnis sowie den Umstand, daß es hinsichtlich einer Menge von 700 Gramm Haschisch beim Versuch (der Einfuhr nach Österreich) geblieben ist; bei T*** das Geständnis.

Nur gegen den Strafausspruch nach dem Suchtgiftgesetz richten sich die Berufungen der Angeklagten, womit beide eine Herabsetzung und bedingte Nachsicht eines Teils, Gerhard T*** darüber hinaus auch der ganzen Freiheitsstrafe anstreben.

Keiner der beiden Berufungswerber vermag zusätzliche Milderungsgründe ins Treffen zu führen oder die ungerechtfertigte Annahme von Erschwerungsumständen aufzuzeigen. Das Geständnis des Angeklagten K*** wurde ohnedies berücksichtigt; daß er bisher wegen einer strafbaren Handlung gegen das Suchtgiftgesetz noch nicht verurteilt worden ist, vermag schon angesichts des hier aktuellen langen Deliktszeitraums (von 1984 bis Ende 1987) seine Schuld kaum zu mindern. Hält man hinzu, daß die zahlreichen Suchtgiftbeschaffungsreisen ins Ausland eine reifliche Tatüberlegung und sorgfältige Vorbereitung (§ 32 Abs. 3 StGB) indizieren, so erscheint das vom Erstgericht gefundene Strafausmaß jedenfalls nicht überhöht. Der vom Angeklagten K*** begehrten bedingten Nachsicht eines Teiles der Freiheitsstrafe (§ 43 a Abs. 3 StGB) stehen indes mit Rücksicht auf das bereits kriminell geprägte Vorleben spezialpräventive, wegen der Art der strafbaren Handlung über auch generalpräventive Erfordernisse entgegen.

Dem Berufungsvorbringen des Angeklagten T*** zuwider kann die Wiederholung der strafbaren Angriffe durch einen längeren Zeitraum trotz Annahme von Gewerbsmäßigkeit nicht gänzlich unberücksichtigt bleiben (LSK 1978/70). Die bandenmäßige Begehungsweise wurde ihm nicht schlechthin als erschwerend angerechnet, sondern nur insoweit, als sie zu der ohnehin schon strafsatzerhöhenden Qualifikation der Gewerbsmäßigkeit hinzutritt. Seine eigene Neigung zum Suchtgiftkonsum fällt nicht ins Gewicht, weil eine ausgesprochene Suchtgiftabhängigkeit in einem Ausmaß, daß er dem Mißbrauch von Suchtgift ergeben gewesen wäre, nicht vorlag (US 22). Selbst unter Berücksichtigung des Umstandes, daß er das 21. Lebensjahr erst gegen Ende des angenommenen Deliktszeitraumes vollendet hatte, vermag angesichts des verwirkten Strafsatzes von einem bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe zu keiner Herabsetzung der ausgesprochenen Sanktion führen, zumal auch ihm der allgemeine Erschwerungsumstand des § 32 Abs. 3 StGB anzulasten ist. Seine vergleichsweise Minderbeteiligung wurde durch eine entsprechende Abstufung zu der über den Angeklagten K*** verhängten Strafe Rechnung getragen. Eine bedingte oder teilbedingte Nachsicht der Freiheitsstrafe schied beim Angeklagten T*** wegen seiner einschlägigen Vorbelastung und des raschen Rückfalls aus.

Es war daher auch den Berufungen ein Erfolg zur Gänze zu versagen.

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