OGH 12Os3/89

OGH12Os3/8919.1.1989

Der Oberste Gerichtshof hat am 19.Jänner 1989 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Müller als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Horak, Dr. Felzmann, Dr. Massauer und Dr. Rzeszut als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Zeh als Schriftführer, in der Strafsache gegen Alois H*** wegen des Verbrechens des versuchten Raubes nach §§ 15, 142 Abs 1 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten gegen das Unzuständigkeitsurteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengerichts vom 24.November 1988, GZ 2 a Vr 6.006/88-26, nach Anhörung der Generalprokaratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Text

Gründe:

Das Schöffengericht sprach aus, daß es zur Entscheidung über die gegen Alois H*** unter anderem wegen des Verbrechens des versuchten Raubes nach §§ 15, 142 Abs 1 StGB erhobene Anklage - wonach dieser am 17.Oktober 1987 in Wien versucht habe, dem Manfred B*** mit Gewalt gegen dessen Person Bargeld und Wertgegenstände mit dem Vorsatz wegzunehmen, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, indem er dem Genannten mit einem Schürhaken auf den Kopf schlug - nicht zuständig sei (§ 261 Abs 1 StPO), weil der bei der Tat verwendete Schürhaken als Waffe im Sinn des § 143 "Abs 1" (richtig: zweiter Fall) StGB zu beurteilen wäre. Ausgehend von der Darstellung des Tatopfers, die "prima vista glaubwürdiger" sei als die lediglich einen ohne Raubvorsatz unternommenen Raufhandel mit leichten Verletzungsfolgen konzedierende Verantwortung des Angeklagten, sei dieser daher des zur Zuständigkeit des Geschwornengerichts gehörigen Verbrechens des versuchten schweren Raubes nach §§ 15, 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB verdächtig.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus dem Nichtigkeitsgrund der Z 6 - unter verfehlter Bezugnahme auch auf die Z 5 und 10 - des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten ist nicht berechtigt. Ins Leere geht der nach Art einer Mängelrüge wegen Unvollständigkeit ("Z 5") erhobene Einwand, der vom Schöffengericht "angenommene" Bereicherungsvorsatz sei durch die Beweisergebnisse nicht "untermauert", weil sich das Gericht mit der Aussage des Zeugen Manfred B*** in der Hauptverhandlung (S 237) "nicht hinreichend auseinandergesetzt" habe, welcher bloß die "Vermutung hinsichtlich einer Bereicherungsabsicht" zu entnehmen sei. Dabei übersieht der Beschwerdeführer, daß ein Unzuständigkeitsurteil bezüglich des Vorliegens einer zur Zuständigkeit des Geschwornengerichts gehörigen strafbaren Handlung keinen vollen Schuldbeweis, sondern nur einen Anschuldigungsbeweis voraussetzt, der seinem Wesen nach mit der Behauptung einer fehlenden oder unvollständigen Erörterung von demgegenüber regelmäßig gleichfalls vorliegenden entlastenden Verfahrensergebnissen nicht bekämpft werden kann (Mayerhofer-Rieder2 E 2 ff zu § 281 Abs 1 Z 6 StPO). Einen solchen Verdacht aber hat das Schöffengericht unter Hinweis auf die Darstellung des Zeugen in der Hauptverhandlung und im Vorverfahren (S 248 iVm S 41 oben) schlüssig damit begründet, daß darnach in den der Tat vorangegangenen Ereignissen keine Anhaltspunkte für einen bloß tätlichen Angriff zu erkennen seien, weshalb die Gewaltanwendung allem Anschein nach nicht anders als mit dem Vorsatz des Angeklagten erklärt werden könne, sich durch die Wegnahme von Sachen unrechtmäßig zu bereichern (S 249 unten). Mit dem an eine Rechtsrüge ("Z 10") angelehnten Vorwurf hinwieder, es fehle infolge eines offenbaren Rechtsirrtums an Tatsachenfeststellungen, "aus denen eine Bereicherungsabsicht angenommen oder ausgeschlossen werden kann", wird der hier allein in Betracht kommende Nichtigkeitsgrund (Z 6) schon deshalb nicht prozeßordnungsgemäß zur Darstellung gebracht, weil es beim Ausspruch der Nichtzuständigkeit nicht auf Tatsachenfeststellungen ankommt, die "eine erschöpfende rechtliche Beurteilung" ermöglichen, sondern eben nur darauf, daß im Urteil Umstände aufgezeigt werden, die den (bloßen) Verdacht begründen, der Angeklagte habe eine in die Zuständigkeit des Geschwornengerichts gehörige strafbare Handlung begangen (aaO E 3). Dies hat aber - wie erwähnt - das Schöffengericht ohnedies getan.

Unbegründet ist schließlich der ausdrücklich entgegen der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes - allerdings ohne neue Argumentation - einer einschränkenden Auslegung des Waffenbegriffes des § 143 StGB (Leukauf-Steininger2 § 143 StGB RN 9) das Wort redende rechtliche Einwand, ein Schürhaken sei keine Waffe im technischen Sinn und seine Verwendung stelle daher die in Rede stehende Raubqualifikation nicht her. Nach längst gefestigter Judikatur sind Waffen im Sinn des § 143 zweiter Fall StGB auch alle Gegenstände, die sonst nach der konkreten Art ihres Einsatzes zur Gewaltanwendung gegen eine Person oder zur Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben geeignet erscheinen (Kienapfel BT II2 RN 20 ff und die dort zitierten Entscheidungen; jüngst 12 Os 128/88). Die Beschwerde bietet keinen Anlaß, von dieser Rechtsprechung abzugehen. Ein mit einem Holzgriff versehener Schürhaken von 30 bis 35 cm Länge in Kleinfinger-Stärke des metallischen Teiles (S 41) entspricht diesem erweiterten ("funktionalen") Waffenbegriff.

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten war daher - nach Anhörung der Generalprokuratur - als zum Teil offenbar unbegründet, im übrigen aber als nicht gesetzmäßig ausgeführt schon bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285 d Abs 1 StPO).

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