OGH 5Ob505/88

OGH5Ob505/8820.12.1988

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Jensik, Dr. Zehetner, Dr. Klinger und Dr. Schwarz als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Severin I***, Pensionist, 9020 Klagenfurt, Neptunweg 11, vertreten durch Dr. Klaus Messiner und Dr. Ute Messiner, Rechtsanwälte in Klagenfurt, wider die beklagten Parteien

1.) Johann G***, Polier, 9020 Klagenfurt,

Siebenhügelstraße 22, und 2.) Maria T***, Geschäftsfrau, ebendort, beide vertreten durch Dr. Günther Karpf, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wegen S 115.614,68 s.A. infolge Rekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 13. Oktober 1987, GZ 5 R 162/87-11, womit das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom 4. Juni 1987, GZ 25 Cg 344/86-6, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Der Kläger verkaufte mit Vertrag vom 2. Mai 1980 die Liegenschaftshälfte EZ 593 KG Weidmannsdorf mit dem Wohnhaus Siebenhügelstraße 22 um S 650.000,-- zu gleichen Teilen an die Beklagten, die sich verpflichteten, den Barkaufpreis mit ihren künftigen, noch einer Vereinbarung bedürfenden Forderungen zu verrechnen. Gleichzeitig übernahmen die Beklagten mit der Übergabe des Besitzes der Liegenschaftshälfte eine auf ihr pfandrechtlich sichergestellte Darlehensforderung von S 64.500,-- zur ungeteilten Hand zur Rückzahlung und verpflichteten sich, den Kläger diesbezüglich schad- und klaglos zu halten. Die Übergabe und Übernahme der Liegenschaftshälfte in den Besitz der Beklagten sollte mit der vollständigen Verrechnung der Barkaufpreisforderung von S 650.000,-- als vollzogen gelten. Der Kläger verpflichtete sich, seine Wohnung im Hause Siebenhügelstraße 22 bis zur vollständigen Verrechnung des genannten Barkaufpreises den Käufern geräumt zu übergeben. Schließlich verpflichteten sich die Beklagten, die aus Anlaß der Errichtung und grundbücherlichen Durchführung des Vertrages entstehenden Steuern etc. zur ungeteilten Hand zu tragen. Mit dem "Baudurchführungsvertrag" vom selben Tag übertrugen der Kläger und seine Gattin den beiden Beklagten die schlüsselfertige Herstellung des auf ihrer Liegenschaft in der KG Gurlitsch I (Neptunweg 11) zu errichtenden Reihenhauses. Die Baukosten wurden mit S 1,200.000,-- vereinbart, wovon S 200.000,-- bei Fertigstellung des Rohbaues, S 800.000,-- bei schlüsselfertiger Übergabe und die restlichen S 200.000,-- bei der Erteilung der Benützungsbewilligung bezahlt werden sollten. Von den genannten S 800.000,-- war ein Teilbetrag von S 650.000,-- mit der oben beschriebenen Kaufpreisforderung des Klägers zu verrechnen.

Mit der Behauptung, mangels entsprechender Zahlungen der Beklagten vom Finanzamt Klagenfurt (Grunderwerbsteuer von S 59.182,--) und von der Kärntner Sparkasse (S 56.432,68 an Wohnbaudarlehen) in Anspruch genommen worden zu sein, begehrt der Kläger von den Beklagten zur ungeteilten Hand die Zahlung von zusammen S 115.614,68 s.A. (nach dem Stand des Verfahrens am Schluß der mündlichen Streitverhandlung). Diese Forderungen unterlägen der 30-jährigen Verjährung; dennoch verweigerten die Beklagten den Ersatz unter der unrichtigen Behauptung, wegen vorhandener Mängel noch nicht fällige Baukosten bezüglich des Hauses Neptunweg 11 aufrechnen zu können.

Die Beklagten begehren die Abweisung der Klage mit der Begründung, die Grunderwerbsteuer sei am 15. Jänner 1982 vom Kläger an das Finanzamt bezahlt worden. Der daraus abgeleitete Schadenersatzanspruch sei daher im Hinblick auf die Einbringung der Klage erst am 10. Oktober 1986 verjährt. Dies gelte auch für die dem Grunde und der Höhe nach bestrittenen Darlehensrückzahlungen, soweit sie vor dem 10. Oktober 1983 erfolgten.

Aufrechnungsweise wendeten die Beklagen S 224.378,50 (Forderung aus dem Baudurchführungsvertrag abzüglich S 57.160,-- an Grunderwerbsteuer), S 91.538,50 (jedenfalls fälliger Werklohn aus der Zusatzrechnung vom 31. März 1981) und S 72.500,-- (Auslagen für Hauptmietzins wegen der nicht rechtzeitigen Räumung der Liegenschaft Siebenhügelstraße 22 durch den Kläger) ein.

Das Erstgericht erkannte die eingeklagte Forderung als zu Recht bestehend, die eingewendeten als nicht zu Recht bestehend und gab daher dem Klagebegehren zur Gänze statt.

Das Erstgericht stellte zusätzlich zu dem oben wiedergegebenen Sachverhalt fest, der Kläger habe vom 1. Jänner 1981 bis 15. Jänner 1986 insgesamt S 56.432,68 an die Kärntner Sparkasse an Darlehensrückzahlung geleistet. Ferner sei dem Kläger der Grunderwerbsteuerbetrag von S 57.160,-- am 3. August 1981 bescheidmäßig vorgeschrieben worden, nachdem dieser Betrag am 11. August 1980 den Beklagten je zur Hälfte vorgeschrieben worden wäre. Der Kläger habe daraufhin S 59.182,-- (Grunderwerbsteuer samt Pfändungsgebühren und Zuschlägen) an das Finanzamt gezahlt. Die Werklohnklage sei rechtskräftig abgewiesen worden, weil am Hause Neptunweg 11 noch immer von den Beklagten zu behebende Baumängel bestünden.

Rechtlich beurteilte das Erstgericht diesen Sachverhalt dahin, die Ersatzansprüche des Klägers unterlägen als vertragliche Ansprüche der 30-jährigen Verjährung, wogegen die eingewendete Werklohnforderung wegen der Baumängel noch nicht fällig und die Schadenersatzforderung von S 72.500,-- nicht erwiesen sei. Gegen dieses Urteil erhoben die Beklagten Berufung, welcher das Gericht zweiter Instanz Folge gab. Es hob das erstgerichtliche Urteil unter Rechtskraftvorbehalt (wegen der Frage der Verjährung beider eingeklagter Ansprüche und wegen der Folgen der Durchführung eines kontradiktorischen Verfahrens trotz verspäteter Klagebeantwortung) auf.

Die Parteien hätten durch konkludentes Verhalten auf den durch Unterlassung eines Antrages auf Versäumungsurteil trotz verspäteter Klagebeantwortung eingetretenen Verfahrensstillstand verzichtet. Da sie die Durchführung eines kontradiktorischen Verfahrens ungerügt ließen, sei ein darin gelegener Mangel geheilt. Die Verspätung der Klagebeantwortung sei daher auch vom Berufungsgericht nicht mehr von Amts wegen aufzugreifen.

Der Kläger und jeweils einer der Beklagten (letzterer bezüglich des von ihm erworbenen Liegenschaftsanteiles) seien gemäß § 6 BAO Mitschuldner des Grunderwerbsteuerbetrages gegenüber der Republik Österreich zur ungeteilten Hand. Infolgedessen sei der Kläger nach § 896 ABGB berechtigt, die von ihm ausgelegte Grunderwerbsteuer von den Beklagten ersetzt zu begehren, und zwar wegen des oben erwähnten besonderen vertraglichen Verhältnisses zur Gänze von beiden Beklagten zur ungeteilten Hand. Die Verjährung des Erstattungsanspruches nach § 896 ABGB richte sich nach dem besonderen Schuldcharakter im Innenverhältnis. Der Kläger sei von der Abgabenbehörde infolge einer von den Beklagten begangenen Vertragsverletzung (= Unterlassung der Zahlung der Grunderwerbsteuer) herangezogen worden. Es liege daher ein Schadenersatzanspruch wegen Nichterfüllung eines Vertrages vor, der nach § 1489 ABGB in drei Jahren verjähre. Um die Verjährung des Erstattungsanspruches bezüglich der ausgelegten Grunderwerbsteuer beurteilen zu können, müsse der genaue Tag der Zahlung durch den Kläger als der frühestmögliche Zeitpunkt der Fälligkeit des Erstattungsanspruches und des Beginnes der Verjährungsfrist festgestellt werden.

Bezüglich der Rückzahlung des Wohnbaudarlehens sei nach dem Vertragstext (Punkte 3. und 4.) unklar, ab welchem Zeitpunkt die Beklagten die laufenden Ratenverbindlichkeiten an die Kärntner Sparkasse erbringen sollten. Eine Feststellung des diesbezüglichen Parteiwillens sei erforderlich. Da die diesbezügliche Verpflichtung der Beklagten nur als Kaufpreis verstanden werden könne, werde ein in 30 Jahren verjährender Anspruch auf Vertragserfüllung geltend gemacht.

Nur für den Fall, daß eine der eingeklagten Forderungen wenigstens zum Teil zu Recht bestehe, werde auch auf die Gegenforderungen einzugehen sein. Sollte die Gegenforderung aus dem Baudurchführungsvertrag wegen vorhandener Baumängel weiterhin nicht fällig sein, müßte geprüft werden, ob die in der Zusatzrechnung vom 31. März 1981 angeführten Arbeiten mit dem Baudurchführungsvertrag eine Einheit bilden oder infolge völliger Trennung auch hinsichtlich der Fälligkeit ein eigenes rechtliches Schicksal haben könnten. Nur in diesem Fall werde auch Fälligkeit und Kompensabilität dieser Gegenforderung geprüft werden müssen.

Die nach dem Vorbringen der Beklagten höchstens S 62.500,-- (S 2.500,-- x 25) ergebende Ersatzforderung für Hauptmietzinse hänge nach Punkt 4. des Kaufvertrages von der vollständigen Verrechnung der Barkaufpreisforderung von S 650.000,-- ab und müsse daher dem Grunde (Vertragswillen) und der Höhe nach geprüft werden. Dies erfordere die Aufhebung des erstgerichtlichen Urteiles. Gegen diesen Beschluß richtet sich der Rekurs des Klägers mit dem Antrag, die Entscheidung des Berufungsgerichtes dahin abzuändern, daß das erstgerichtliche Urteil wieder hergestellt werde; in eventu möge die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht (?) zurückverwiesen werden. Die Beklagten begehren, dem Rekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist nicht berechtigt.

Auf die ungerügte Durchführung eines kontradiktorischen Verfahrens trotz verspäteter Klagebeantwortung und Unterlassung eines Antrages auf Versäumungsurteil ist nicht weiter einzugehen, weil darin - wie das Berufungsgericht zutreffend ausführte - keine Nichtigkeit liegt und diese von den Parteien nie aufgegriffene Vorgangsweise daher nicht mehr Gegenstand des Rechtsmittelverfahrens ist.

Zu den die Forderungen und Gegenforderungen der Parteien betreffenden Ausführungen des Berufungsgerichtes ist folgendes zu sagen:

a) Zur Grunderwerbsteuer:

Gemäß § 17 Z 4 GEStG 1955 sind die an dem Erwerbsvorgang dieser Liegenschaftshälfte beteiligten Personen Steuerschuldner, die gemäß § 6 BAO Mitschuldner zur ungeteilten Hand nach § 891 ABGB sind. In Pkt 6. des Kaufvertrages verpflichteten sich die Beklagten gegenüber dem Kläger zur ungeteilten Hand, also auch bezüglich des auf den anderen Beklagten als Erwerber entfallenden Grunderwerbsteuerbetrages, die aus Anlaß der Erwerbung und grundbücherlichen Durchführung des Vertrages entstehenden Steuern (etc.) zu tragen. Sie wären daher vertraglich verpflichtet gewesen, die nach den abgabenrechtlichen Vorschriften sie und den Kläger treffende Verbindlichkeit gegenüber der Steuerbehörde allein zu erfüllen. Darauf hatte der Kläger einen vertraglichen Anspruch. Von diesem vertraglichen, von den Beklagten nicht erfüllten Anspruch ist derjenige zu unterscheiden, der dem Kläger zusteht, wenn die Beklagten ihre Verpflichtung nicht erfüllen und daher der Kläger durch die Inanspruchnahme seitens der Steuerbehörde einen Schaden erleidet. Dieser vom Erfüllungsanspruch verschiedene Schadenersatzanspruch verjährt nach § 1489 ABGB in drei Jahren, weil das Gesetz keinen Unterschied macht, ob der Schade durch Übertretung einer Vertragspflicht oder aus anderen Gründen entstanden ist (JBl 1986, 304; SZ 48/88; SZ 47/61).

Die Verjährungszeit für diese wegen des besonderen Verhältnisses zwischen den Streitteilen als Entschädigungsklage zu beurteilende Regreßklage nach § 896 ABGB beginnt nicht früher, als unverrückbar die Ersatzpflicht feststeht (3 Ob 558/86). Dies ist erst mit der Zahlung der Schuld durch den Kläger an das Finanzamt der Fall, weil bis zu diesem Zeitpunkt immer noch die Beklagten

selbst - entsprechend ihrer vertragsmäßig übernommenen und ihnen schon vorher bescheidmäßig auferlegten Pflicht - hätten zahlen können.

Die vom Berufungsgericht geforderte Feststellung des Zahlungstages ist daher entscheidungswesentlich.

Entgegen der in der Rekursbeantwortung vertretenen Ansicht liegt in dem im Verfahren 19 Cg 286/84 (zuletzt 19 Cg 321/86) vorgenommenen Abzug des Grunderwerbsteuerbetrages von der auf Grund des Baudurchführungsvertrages eingewendeten Gegenforderung kein Anerkenntnis, das eine in diesem Verfahren wirksame Unterbrechung der Verjährung zur Folge hätte. Dies ist deswegen nicht der Fall, weil einerseits in der Vernichtung der Grunderwerbsteuerforderung des Klägers durch die geltend gemachte Forderung aus dem Baudurchführungsvertrag im Ergebnis eine Bestreitung der Forderung liegt (vgl Schubert in Rummel, ABGB § 1497 Rdz 3) und andererseits von der Einbringung der damaligen Klage (7. Dezember 1982) bis zur derzeitigen Klage abermals mehr als drei Jahre vergangen waren.

b) ur Darlehensforderung:

Pkt 3. des Kaufvertrages unterscheidet bei der Festlegung der von den Beklagten für die Übertragung der Liegenschaftshälfte des Klägers zu erbringenden Gegenleistung, d.h. beim Kaufpreis, zwischen einem Barkaufpreis und der Übernahme einer pfandrechtlich gesicherten Darlehensforderung der Kärntner Sparkasse. Zutreffend qualifizierte daher das Berufungsgericht die Forderung des Klägers auf Zahlung von inzwischen fällig gewordenen Darlehensannuitäten als Klage auf Zahlung des Kaufpreises, hinsichtlich der in der Rekursbeantwortung der Verjährungseinwand mit Ausnahme der Zinsen nicht mehr aufrecht erhalten wurde.

Hält das Berufungsgericht als Tatsacheninstanz eine nähere Ermittlung des Parteiwillens hinsichtlich des Zeitpunktes der Wirksamkeit der Übernahme der Darlehensschuld und damit auch bezüglich der Höhe des geschuldeten Betrages für erforderlich, so kann dem der Oberste Gerichtshof, der nicht Tatsacheninstanz ist, nicht entgegentreten.

Zu dem die Zinsen betreffenden Verjährungseinwand der Beklagten ist folgendes zu sagen:

Prozeßzinsen werden ohnedies erst ab Einbringung der Klage begehrt. Soweit Zinsen in den von den Beklagten zu übernehmenden Darlehensannuitäten enthalten sind, handelt es sich um die Geltendmachung einer Kaufpreisforderung, für deren Verjährung § 1479 ABGB gilt.

c) Gegenforderungen:

Bezüglich der eingewendeten Gegenforderungen billigt der Oberste Gerichtshof die Ausführungen des Berufungsgerichtes. Es kommt nicht darauf an, wie der Kläger meint, was in einem anderen Prozeß zu einem früheren Zeitpunkt zur Fälligkeit der Forderungen aus dem Baudurchführungsvertrag samt Zusatzauftrag festgestellt wurde, sondern ob die eingewendeten Gegenforderungen zum Schluß der Verhandlung in diesem Verfahren fällig sein werden. Die Bekämpfung dieser Forderungen mit Sachargumenten wird im fortzusetzenden Verfahren in erster Instanz zu erfolgen haben, ebenso wie dort die Beklagten ihre Gegenforderungen zu beweisen haben werden. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 52 Abs 1 ZPO.

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