OGH 15Os137/88

OGH15Os137/8829.11.1988

Der Oberste Gerichtshof hat am 29.November 1988 durch den Präsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Melnizky als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Friedrich, Dr. Reisenleitner, Hon.Prof. Dr. Brustbauer und Dr. Kuch als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Dr. Tegischer als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Herbert Joachim B*** und Helmut Lorenz P*** wegen des Verbrechens des teils

vollendeten, teils versuchten schweren gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch, teils als Beteiligter, nach §§ 127, 128 Abs. 1 Z 4, 129 Z 1, 2 und 3; § 130 dritter und vierter Fall StGB sowie § 12 dritter Fall und § 15 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Herbert Joachim B*** gegen das Urteil des Kreisgerichtes Wels als Schöffengericht vom 6.Juli 1988, GZ 11 Vr 1916/87-75, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten B*** auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem bekämpften Urteil wurde - neben dem Mitangeklagten Helmut Lorenz P***, der auf Rechtsmittel dagegen

verzichtete - der Angeklagte Herbert Joachim B*** (A I, III und IV) des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch, teils als Beteiligter, nach §§ 127, 128 Abs. 1 Z 4, 129 Z 1, 2 und 3, 130 dritter und vierter Fall sowie § 12 dritter Fall und § 15 Abs. 1 StGB, (B) des Vergehens des teils vollendeten, teils versuchten unbefugten Gebrauchs von Fahrzeugen nach § 136 Abs. 1, 2 und 3 erster Fall sowie § 15 Abs. 1 StGB, (C) des Vergehens der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs. 1 StGB und (D) des Vergehens der dauernden Sachentziehung nach § 134 Abs. 1 StGB schuldig erkannt. Ihm liegt zur Last, zusammen mit dem Mitangeklagten P*** fünfzehn Einbruchsdiebstähle verübt und einen weiteren zu begehen versucht zu haben (A I 1 bis 9), zu einem von P***

ausgeführten Einbruchsdiebstahl dadurch beigetragen zu haben, daß er die Einbruchswerkzeuge zur Verfügung stellte und in der Nähe des Tatortes Lärm verursachte (A III), mit einem unbekannt gebliebenen Mittäter weitere zwei Einbruchsdiebstähle verübt zu haben (A IV 1 und 2), ein Kraftfahrzeug in Gebrauch genommen (B 2) und ein weiteres in Gebrauch zu nehmen versucht zu haben (B 1), Urkunden unterdrückt zu haben, die ihm (und P***) bei Einbrüchen in die Hände gefallen waren (C), sowie zusammen mit einem nicht ausgeforschten Mittäter einen Möbeltresor durch Wegwerfen in einem Waldstück Verfügungsberechtigten dauernd entzogen zu haben (D).

Rechtliche Beurteilung

Der gegen diesen Schuldspruch gerichteten, auf die Z 4, 5, 5 a und 11 des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten B*** kommt keine Berechtigung zu.

In der Verfahrensrüge (Z 4) wendet sich der Beschwerdeführer vorerst gegen die Abweisung seiner in der Hauptverhandlung vom 6. Juli 1988 gestellten oder wiederholten Anträge (S 195, 204, 205/II iVm S 167/II) auf zeugenschaftliche Vernehmung des Georg P***, des Christian D***, des Dieter F*** und dessen Cousins "N.N." sowie des Helmut W***; diese Anträge wurden vom Schöffengericht mit Zwischenerkenntnis abgewiesen (S 207 f/II). Die zeugenschaftliche Vernehmung des Georg P*** wurde zum Beweis dafür beantragt, daß P*** jenem "die zitierten Behauptungen erzählt" habe (S 195/II), worunter augenscheinlich jene Vorhalte des Verteidigers gemeint sind, wonach P*** dem P*** erzählt habe, bei einem Justizbeamten eingebrochen zu haben und bei der V*** einzubrechen plane. Durchaus zutreffend konnte das Schöffengericht diesen Antrag mit der Begründung abweisen, daß er nach dem im Antrag enthaltenen Beweisthema, das im übrigen allein Grundlage für die Überprüfung des Zwischenerkenntnisses im Rechtsmittelverfahren darstellen kann (Mayerhofer/Rieder, StPO2 E 40, 41 zu § 281 Abs. 1 Z 4), keine dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Anklagefakten betraf; inwieweit sie mit diesen in bezug stehen sollten, wurde im Beweisantrag nicht dargetan (Mayerhofer/Rieder, aaO, E 19 zu § 281 Abs. 1 Z 4). Davon, daß P*** auch ohne Mitwirkung des Beschwerdeführers zu Einbruchsdiebstählen - wenngleich in primitiverer Ausführungsweise - bereit und in der Lage ist, ging das Schöffengericht im übrigen ohnedies aus (US 38).

Den Antrag auf telefonische Vernehmung des Christian D*** (S 204 f/II) über die Farbe seines PKWs konnte das Schöffengericht mit dem zutreffenden Hinweis darauf abweisen, daß die von jenem PKW bei einem nächtlichen Einbruchsdiebstahl abmontierten gestohlenen Felgen samt Reifen (Urteilsfaktum A I 4) vom Bestohlenen als sein Eigentum agnosziert wurden (vgl S 535/I), was im Beweisantrag gar nicht in Zweifel gezogen wurde, sodaß dem Umstand, welche Farbe der PKW hatte, keine entscheidungswesentliche Bedeutung mehr zukommen konnte, zumal das Schöffengericht ohnedies ins Kalkül zog, daß dem Mitangeklagten P*** angesichts der Fülle der Diebstähle Erinnerungsfehler hinsichtlich mancher Einzelheiten unterlaufen sein konnten (US 35).

In der Hauptverhandlung vom 1.Juni 1988 hatte der Beschwerdeführer den Antrag gestellt, Dieter F***, dessen Adresse binnen vierzehn Tagen bekanntgegeben werde, sowie dessen Cousin "N.N." darüber zu vernehmen, daß er mit diesen beiden Personen am 30.September 1987 bis etwa vier oder fünf Uhr Früh in verschiedenen Lokalen war (S 167/II). Das Schöffengericht beschloß daraufhin die Ausscheidung des Verfahrens betreffend die Fakten A I 1 und 2 der Anklageschrift (S 168 f/II iVm S 37 f/II), deren Gegenstand der Vorwurf mehrerer in der Nacht zum 30. September 1987 in der Bundesrepublik Deutschland von beiden Angeklagten verübter Einbruchsdiebstähle ist, bezüglich deren allerdings der Beschwerdeführer als deutscher Staatsangehöriger (derzeit) in Österreich nicht in Verfolgung gezogen werden kann. In der gemäß § 276 a StPO neu durchgeführten Hauptverhandlung vom 6. Juli 1988 wiederholte der Beschwerdeführer den Beweisantrag "wie Seite 167 in ON 66 Band II" (S 205/II) ohne darzulegen, inwiefern dieser Beweisantrag, soweit er die Vernehmung des Dieter F*** und des "N.N." betraf - der Name des Cousins und die Adressen beider Personen waren nicht bekanntgegeben worden - noch von Relevanz für jene Anklagefakten sein sollte, die Gegenstand der Hauptverhandlung vom 6.Juli 1988 waren. Durchaus zutreffend konnte demnach das Schöffengericht diesen Antrag unter Hinweis auf seinen Ausscheidungsbeschluß abweisen (S 207/II iVm S 168 f/II). Der Antrag auf Vernehmung des Helmut W*** wurde zum Beweis dafür gestellt, daß er niemals vom Beschwerdeführer Diebsgut übernommen habe, was im Gegensatz zur Aussage P*** stehe (S 205/II iVm S 167/II). Auch dieser Antrag konnte mit Grund abgewiesen werden (S 207/II iVm S 169/II), weil das Schöffengericht ohnedies - nach eingehender Vernehmung des Mitangeklagten zu diesem Thema (S 148 bis 151/II) - davon ausging, daß die bezügliche Behauptung P*** nur eine Vermutung darstelle (S 207/II iVm S 169/II sowie US 36), und damit jene Möglichkeit, die unter Beweis gestellt werden sollte, ohnedies offenließ.

Soweit der Beschwerdeführer letztlich unter Bezugnahme auf einen in der Hauptverhandlung vom 1.Juni 1988 gestellten Antrag auf zeugenschaftliche Vernehmung des Thomas L*** und der Karin L*** (S 169/II) dessen noch in jener Hauptverhandlung erfolgte Abweisung (S 170/II) rügt, fehlt ihm die Beschwerdelegitimation; denn dieser Antrag wurde in der neu durchgeführten Hauptverhandlung vom 6.Juli 1988 nicht erneuert, wie aus der Bezugnahme (nur) auf S 167/II und die dort bezeichneten Personen unmißverständlich hervorgeht (S 205/II).

Die Mängelrüge (Z 5) bringt keine dem erstgerichtlichen Urteil anhaftenden Begründungsmängel zur Darstellung. Das Schöffengericht unterzog nämlich in seinem Urteil ausdrücklich all jene Umstände, die der Beschwerdeführer nun herausstreicht und aus denen er eine ihm günstige Lösung der Schuldfrage abzuleiten trachtet, einer beweiswürdigenden Erörterung. Es beschäftigte sich mit den Auswirkungen einer Tätlichkeit des Beschwerdeführers gegen den Mitangeklagten (US 33), mit der Frage, ob P*** durch seine Darstellung zu Lasten des Beschwerdeführers "besser aussteigen" wollte (US 33 ff), mit dem aus dem Eindruck in der Hauptverhandlung gewonnenen Vergleich der jeweiligen intellektuellen Kapazität der beiden Angeklagten (US 34, 38), mit der Vorstrafenbelastung P*** und dessen Fähigkeit, allerdings nur verhältnismäßig primitiv ausgeführte Einbruchsdiebstähle auch allein zu verüben (US 16, 38), mit gewissen Detailabweichungen in den Aussagen P*** (US 35) und mit dem Besitz von Spezialwerkzeugen zu Einbrüchen in Relation zum profihaften Vorgehen bei jenen Einbruchsdiebstählen, an denen der Beschwerdeführer leitend beteiligt war (US 38 f).

Mit der Bezweifelung des Beweiswertes aller dieser Überlegungen unternimmt der Beschwerdeführer ebenso wie mit seinen weiteren Behauptungen, es hätten sich keine Anhaltspunkte für die Verwertung von Diebsgut durch ihn ergeben, und die Sicherstellung von Diebsbeute bei ihm (oder seiner Freundin) sei kein Beweis für seine Täterschaft, nur einen im Rahmen der Mängelrüge unzulässigen Angriff auf die Beweiswürdigung des Schöffengerichtes.

In der Tatsachenrüge (Z 5 a), in der der Beschwerdeführer vorerst global auf seine Ausführungen zur Mängelrüge verweist, und die Forderung aufstellt, das Schöffengericht hätte dem Mitangeklagten P*** keine Glaubwürdigkeit zuerkennen dürfen, wobei er überdies jene Erwägungen des Schöffengerichtes, die zu Freisprüchen führten, in ihrem Sinngehalt völlig verändert wiedergibt, vermag er keine sich aus den Akten ergebenden erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen zu erwecken. Soweit er hiezu die Behauptung aufstellt, zu den Urteilsfakten A IV 1 und 2 sowie B 2 lägen "nicht die geringsten Beweise vor", ist dieses Vorbringen überhaupt aktenwidrig; dazu sei auf den Gendarmeriebericht S 317 bis 349/I, S 571 bis 669/I, S 763 bis 779/I und das kriminaltechnische Gutachten S 9 bis 21/II verwiesen, die dem Schöffengericht als Entscheidungsgrundlage dienten (US 37).

Eine offenbar unrichtige Beurteilung von Strafbemessungstatsachen (Z 11 zweiter Fall) erblickt der Beschwerdeführer in der Nichtberücksichtigung des von ihm behaupteten Umstandes, er habe in Österreich noch nie eine strafbare Handlung begangen, und seines Geständnisses in Richtung einer Hehlerei; die verhängte Freiheitsstrafe sei selbst unter Bedachtnahme auf die über ihn in der Bundesrepublik Deutschland verhängten Strafen unangemessen.

Abgesehen davon, daß bei Beurteilung der Frage, ob ein ordentlicher Lebenswandel vorliegt (§ 34 Z 2 StGB) auch ausländische Verurteilungen bedeutsam sind, ist das Vorbringen, in Österreich noch nie eine strafbare Handlung begangen zu haben, offenbar aktenwidrig. Vier der fünfzehn Vorstrafen des (damals in Vorarlberg und Tirol lebenden !sh S 413/I ) Beschwerdeführers wurden von österreichischen Gerichten ausgesprochen (S 137 ff/I). Daß im österreichischen Strafregister keine Verurteilung des Beschwerdeführers aufscheint (S 183/I), ist ersichtlich darauf zurückzuführen, daß die den österreichischen Verurteilungen folgenden deutschen Verurteilungen dem österreichischen Strafregisteramt nicht mitgeteilt wurden und daher versehentlich eine Tilgbarkeit der vier österreichischen Verurteilungen angenommen wurde, wiewohl die für diese Frage beachtlichen (§ 7 TilgG) ausländischen Verurteilungen den Eintritt der Tilgbarkeit hinderten. In der Wertung der Verantwortung des Beschwerdeführers als weder reumütig, noch zur Wahrheitsfindung beitragend hingegen kann ebensowenig wie in der Beurteilung des Gewichtes der durchwegs einschlägigen Vorstrafen eine offenbar unrichtige (rechtliche) Beurteilung von Strafzumessungstatsachen erblickt werden (vgl NRsp 1988/255 ua).

Aus den angeführten Gründen war daher die Nichtigkeitsbeschwerde sofort bei der nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen (§ 285 d Abs. 1 Z 1 und 2 StPO iVm § 285 a Z 2 StPO).

Die Kompetenz zur Entscheidung über die Berufung fällt demnach dem Oberlandesgericht Linz zu (§ 285 i StPO).

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