OGH 2Ob602/88

OGH2Ob602/8822.11.1988

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Vogel, Dr. Melber und Dr. Kropfitsch als weitere Richter in der Familienrechtssache der Antragstellerin Katerina H***, Haushalt, Zöchbauerstraße 2/2/2/16, 1160 Wien, vertreten durch Dr. Walter Mardetschläger und Dr. Peter Mardetschläger, Rechtsanwälte in Wien, wider den Antragsgegner Wolfgang H***, Angestellter, 2380 oerchtoldsdorf, Eichendorffgasse 5, vertreten durch Dr. Hellmut Weiser, Rechtsanwalt in Wien, wegen Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse nach den §§ 81 ff EheG, infolge Revisionsrekurses des Antragsgegners gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien als Rekursgericht vom 1. September 1988, GZ 47 R 498/88-18, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Hernals vom 25.April 1988, GZ 1 F 6/87-12, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Antragsgegner ist schuldig, der Antragstellerin die mit S 3.535,95 (darin keine Barauslagen und S 321,45 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Begründung

Die Ehe der Streitteile wurde mit Urteil des Oberlandesgerichtes Wien vom 31.August 1987 zu AZ 14 R 141/87 gemäß § 55 EheG geschieden, wobei gemäß § 61 Abs 3 EheG das alleinige Verschulden des Antragsgegners an der Zerrüttung der Ehe festgestellt wurde. Die Antragstellerin beantragte in ihrem Antrag auf Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse gemäß §§ 81 ff EheG die alleinige Zuweisung der ehelichen Mietwohnung in 1160 Wien, Zöchbauerstraße 2/2/2/16, - somit die Übertragung der Mitmietrechte des Antragsgegners an sie - sowie den Zuspruch der in dieser Wohnung befindlichen Einrichtungs- und Hausratsgegenstände in ihr Eigentum.

Der Antragsgegner stimmte der Übertragung seiner Mitmietrechte unter der Bedingung zu, daß der Antragstellerin die noch aushaftende Kreditsumme bei der Z*** UND K*** W*** zu

Konto Nr. 361 634 959 betreffend den Baukostenzuschuß für die eheliche Wohnung in der Höhe von S 40.150 zur alleinigen Rückzahlung aufgetragen würde. Dem Antrag auf Zuweisung aller Einrichtungs- und Hausratsgegenstände widersprach der Antragsgegner insofern, als er eine Liste von Gegenständen vorlegte, die er selbst beanspruchte. Das Erstgericht verfügte mit Beschluß vom 25.April 1988, ON 12, daß die bisherige Ehewohnung der Streitteile in 1160 Wien, Zöchbauerstraße 2/2/2/16, allein der Antragstellerin verbleibt. Der Antragsgegner wurde verpflichtet, seine Mitmietrechte an dieser Wohnung binnen 14 Tagen an die Antragstellerin zu übertragen und alle zur Übertragung der Hauptmietrechte an dieser Wohnung notwendigen Erklärungen gegenüber der G*** Ges.m.b.H. abzugeben (Punkt 1). Dem Antragsgegner wurde das alleinige Eigentum an den mit

a) - r) bezeichneten Gegenständen übertragen. Er wurde verpflichtet, diese Gegenstände bis längstens vier Wochen nach Rechtskraft dieses Beschlusses abzuholen und spätestens zu diesem Zeitpunkt der Antragstellerin die Wohnungsschlüssel auszufolgen. Die Antragstellerin wurde verpflichtet, die genannten Gegenstände dem Antragsgegner auszufolgen (Punkt 2). Die Antragstellerin wurde weiters verpflichtet, den zur Finanzierung des Baukostenzuschusses bei der Z*** UND K*** WIEN aufgenommenen

Kredit von ursprünglich S 73.000, derzeit aushaftend mit etwa S 40.000, zur Rückzahlung als Hauptschuldnerin zu übernehmen. Der Antragsgegner wurde zur Haftung als Ausfallsbürge für diesen Kredit verpflichtet, wobei die Antragstellerin den Antragsgegner für den Fall der Inanspruchnahme schad- und klaglos zu halten hat (Punkt 3). Außerdem wurde ausgesprochen, daß die "G***-Lebensversicherungspolizze" Nr. 677835, lautend auf Wolfgang H***, dem Antragsgegner verbleibt (Punkt 4), ebenso der PKW Marke Opel Manta CC Berlinetta SR/E (Punkt 5). Die Kosten der Streitteile wurden gegenseitig aufgehoben (Punkt 6). Von den Parteien wurde außer Streit gestellt, daß die Antragstellerin das dringendere Wohnbedürfnis an der ehelichen Wohnung hat und der Antragsgegner nicht beabsichtigt, in diese Wohnung zurückzukehren; weiters, daß die im Spruch des Beschlusses ON 12 unter Punkt 2) angeführten Gegenstände, die der Antragsgegner aus der Ehewohnung mitzunehmen berechtigt ist, zusammen mit jenen, die er bereits mitgenommen hat (Beil./B), wertmäßig jenen gleichkommen, die der Antragstellerin nach der Parteieneinigung verbleiben sollen; weiters, daß die in den Punkten 1 - 5 des Spruches enthaltene, auf einer Einigung der Parteien beruhende Regelung eine wertmäßig angemessene Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse im Verhältnis 50 : 50 darstellt. Von einem anderen Verhältnis der aufzuteilenden Werte als diesem auszugehen, bestehe nach dem Parteienvorbringen keine Veranlassung. Prinzipiell beruht die Entscheidung des Erstgerichtes also darauf, daß sich die Parteien in ausführlichen Tagsatzungen auf die im Spruch angeführte Aufteilung geeignet haben, wobei der Antragsgegner allerdings seine Zustimmung von einer Änderung des zu 1 C 195/83-8 des Erstgerichtes am 1.März 1984 geschlossenen Vergleichs in dessen Punkt 2) dahingehend abhängig machte, daß künftig die Antragstellerin allein die monatlich von der Hausverwaltung zur Zahlung vorgeschriebenen Mietzinsbeiträge einschließlich Betriebs- und Heizungskosten zur Zahlung übernehme. Die Antragstellerin widersprach diesem Begehren mit dem Hinweis, daß es sich bei dem erwähnten Vergleich um eine günstigere Unterhaltsregelung gehandelt habe, die auf die Aufteilungsproblematik keinen Einfluß habe und noch weiterhin wirksam sei.

Zur Rechtsfrage führte das Erstgericht aus, daß es sich bei den im Spruch aufgezählten Rechten und Gegenständen ausschließlich um gemäß § 81 EheG in die Aufteilung einzubeziehende Gegenstände handle. Da sich die geschiedenen Ehegatten nicht zur Gänze auf eine bestimmte Aufteilung einigen konnten, habe das Gericht gemäß § 85 EheG zu entscheiden gehabt, da beide Teile Anträge gestellt hätten. Die Aufteilung im Sinne des § 83 EheG sei nach Billigkeit erfolgt, wobei dem finanziellen Beitrag des Antragsgegners zur Anschaffung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse die Führung des gemeinsamen Haushaltes sowie die Pflege und Erziehung der gemeinsamen Kinder durch die Antragstellerin gegenüberzustellen seien. Hinsichtlich des im Unterhaltsprozeß zu 1 C 195/83 des Erstgerichtes abgeschlossenen Vergleichs führte das Erstgericht aus, daß Grundlage damals der Unterhaltsanspruch der Antragstellerin nach § 94 ABGB gewesen sei. Mittlerweile sei die Ehe der Streitteile nach § 55 Abs 1 EheG geschieden worden, wobei das Alleinverschulden des Antragsgegners an der Zerrüttung der Ehe nach § 61 Abs 3 EheG festgestellt worden sei. Die Antragstellerin habe daher gegen den Antragsgegner einen Unterhaltsanspruch wie bei aufrechter Ehe und es habe sich daher an der seinerzeitigen Vergleichsgrundlage nichts geändert, wonach der Antragsgegner der Antragstellerin 25 % seines Gesamtnettoeinkommens sowie die Hälfte der Mietzinsbeträge hinsichtlich der seinerzeitigen Ehewohnung einschließlich Betriebs- und Heizungskosten, jedoch abzüglich der Mietzinsbeihilfe, zu bezahlen habe. Durch die Aufteilungsregelung werde zwar die Antragstellerin alleinige Hauptmieterin der Ehewohnung und somit auch gegenüber der Hausverwaltung Alleinschuldnerin der Mietzinse. Dies ändere aber nichts an der Verpflichtung des Antragsgegners aus dem Unterhaltsvergleich, im Innenverhältnis der Antragstellerin die halben Wohnungskosten zu leisten.

Der Rekurs des Antragsgegners gegen den Beschluß des Erstgerichtes blieb erfolglos. Das Rekursgericht erklärte den Rekurs an den Obersten Gerichtshof mit Rücksicht auf den Wert des Streitgegenstandes für zulässig und führte aus, daß die vom Erstgericht vorgenommene Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse nach der Außerstreitstellung der Parteien vom 24.Februar 1988 (ON 11) eine wertmäßig angemessene Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse im Verhältnis 50 : 50 darstelle, die Aufteilung vom Erstgericht daher der Billigkeit entsprechend gemäß § 83 EheG durchgeführt worden sei. Des weiteren sei hervorzuheben, daß das Erstgericht zutreffend im Spruch des angefochtenen Beschlusses keine Entscheidung über eine allfällige Änderung des Vergleiches vom 1. März 1984 zu 1 C 195/83 des Erstgerichtes getroffen habe, da im außerstreitigen Aufteilungsverfahren keine Änderung eines Unterhaltsvergleiches ausgesprochen werden könne. Die Ausführungen des Erstgerichtes in der Begründung des Beschlusses die den obgenannten Vergleich betreffen - ihre Richtigkeit möge dahingestellt bleiben und müsse hier nicht erörtert werden - seien nämlich als Begründung dafür zu verstehen, daß trotz des bestehenden Unterhaltsvergleichs die vom Erstgericht durchgeführte Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse zu Recht erfolgt sei, auch wenn der Antragsgegner nach dem genannten Vergleich zur Zahlung der halben Wohnungskosten an die Antragstellerin verpflichtet sei. Dieser Begründung sei im Ergebnis zu folgen, da tatsächlich die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse der Billigkeit entsprechend durchgeführt worden sei. Sollte der Antragsgegner der Meinung sein, daß sich seit Abschluß des Unterhaltsvergleichs vom 1. März 1984 zu 1 C 195/83 des Erstgerichts die Verhältnisse welcher Art auch immer geändert hätten, sei es ihm unbenommen, eine Änderungsklage bzw. eine Klage auf Unterhaltsherabsetzung gegen die Antragstellerin einzubringen.

Gegen den Beschluß des Rekursgerichtes wendet sich der Revisionsrekurs des Antragsgegners aus dem Anfechtungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung dahin, auszusprechen, "daß das Außerstreitgericht zur Entscheidung über die Änderung des Vergleichs 1 C 195/83 des Bezirksgerichtes Hernals unzuständig und diesbezügliche Ausführungen der Unterinstanzen in den angefochtenen Beschlüssen nichtig seien", allenfalls, daß der Antragsgegner nicht mehr verpflichtet sei, der Antragstellerin die von der Hausverwaltung monatlich zur Zahlung vorgeschriebenen Mietzinsbeiträge einschließlich Betriebs- und Heizungskosten, abzüglich der Mietzinsbeihilfe zur Hälfte zu bezahlen; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Die Antragstellerin beantragt in ihrer Rekursbeantwortung, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.

Der Antragsgegner wendet sich gegen die Auffassung des Rekursgerichts, die Bezugnahme des Erstgerichts in den Entscheidungsgründen auf den im Verfahren 1 C 195/83 abgeschlossenen Unterhaltsvergleich sei nur als Begründung dafür zu verstehen, daß trotz des bestehenden Unterhaltsvergleichs die vom Erstgericht durchgeführte Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse zu Recht erfolgt sei, auch wenn der Antragsgegner im genannten Vergleich zur Zahlung der halben Wohnungskosten an die Antragstellerin verpflichtet sei. Bei Abschluß des Vergleichs am 1.März 1984 sei er Mithauptmieter der Ehewohnung gewesen und habe daher die Verpflichtung zur Bezahlung der Hälfte der der Antragstellerin vorgeschriebenen Mietzinsbeträge einschließlich Betriebs- und Heizungskosten übernommen. Durch die Zuweisung der Alleinhauptmietrechte an der ehemaligen Ehewohnung sei aber eine Änderung der Verhältnisse eingetreten, da er seiner Mithauptmietrechte verlustig gegangen sei. Es entspreche daher nicht der Billigkeit, daß er dennoch weiterhin die Hälfte der der Antragstellerin von der Hausverwaltung vorgeschriebenen Mietzinsbeiträge einschließlich Betriebs- und Heizungskosten aufgrund des Vergleichs vom 1.März 1984 zu bezahlen habe. Diesen Ausführungen kann nicht gefolgt werden.

Gemäß § 81 EheG sind das eheliche Gebrauchsvermögen und die ehelichen Ersparnisse im Falle der Scheidung, Aufhebung oder Nichtigerklärung der Ehe unter die Ehegatten aufzuteilen. Die Aufteilung ist, wie in § 83 Abs 1 EheG angeordnet wird, nach Billigkeit vorzunehmen. Dabei ist besonders auf Gewicht und Umfang des Beitrages jedes Ehegatten zur Anschaffung des ehelichen Gebrauchsvermögens und zur Ansammlung der ehelichen Ersparnisse sowie auf das Wohl der Kinder Bedacht zu nehmen, weiters auf Schulden, die mit dem ehelichen Lebensaufwand zusammenhängen, soweit sie nicht ohnedies nach § 81 EheG in Anschlag zu bringen sind. Gemäß § 81 Abs 2 EheG sind auch die Leistung des Unterhalts, die Mitwirkung im Erwerb, soweit sie nicht anders abgegolten worden ist, die Führung des gemeinsamen Haushalts, die Pflege und Erziehung gemeinsamer Kinder und jeder sonstige eheliche Beistand als Beitrag zu werten. Die Aufteilung soll so vorgenommen werden, daß sich die Lebensbereiche der geschiedenen Ehegatten künftig wenig berühren (§ 84 EheG).

Das Gebot des Gesetzgebers, die Aufteilung nach Billigkeit vorzunehmen (§ 83 Abs 1 Satz 1 EheG), hat die Anpassung der Rechtsfolgen an die besondere Lage des Einzelfalls zum Ziel, damit die durch die Vielgestaltigkeit der Lebensverhältnisse notwendige Differenzierung vorgenommen und eine dem natürlichen Gerechtigkeitsempfinden entsprechende Entscheidung gefällt wird (SZ 55/45).

Werden diese Grundsätze auf den vorliegenden Fall angewendet, ist dem Rekursgericht beizupflichten, daß insbesondere bei Bedachtnahme auf die Außerstreitstellung der Parteien in der Tagsatzung vom 24.Februar 1988, wonach die in den Punkten 1. bis 5. des Spruches des Erstgerichts enthaltene, auf einer Einigung der Parteien beruhende Regelung eine wertmäßig angemessene Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse im Verhältnis 50 : 50 darstellt, die vom Erstgericht vorgenommene Aufteilung nicht im Widerspruch zu den oben dargelegten Grundsätzen der Billigkeit (§ 83 EheG) steht. Eine Änderung der durch den Unterhaltsvergleich getroffenen Regelung vorzunehmen, war das Erstgericht, wie der Rechtsmittelwerber selbst richtig erkennt, im außerstreitigen Verfahren nicht befugt und hat eine solche durch die Anführung des Unterhaltsvergleiches in der Begründung seiner Entscheidung auch in keiner Weise vorgenommen. Eine Nichtigkeit wurde dadurch entgegen der Auffassung des Revisionsrekurses keinesfalls begründet; selbst wenn dem Erstgericht ein allfälliger Verstoß gegen Verfahrensvorschriften unterlaufen sein sollte, könnte dieser mit Rücksicht auf die Bestimmung des § 232 Abs 2 AußStrG weder im Revisionsrekurs geltend gemacht noch vom Obersten Gerichtshof wahrgenommen werden. Wie das Rekursgericht zutreffend ausführte, muß es dem Antragsgegner überlassen bleiben, eine allfällige von ihm behauptete Änderung der Verhältnisse seit Abschluß des Unterhaltsvergleichs im streitigen Verfahren gegen die Antragsgegnerin geltend zu machen. Das Außerstreitverfahren nach den §§ 81 ff EheG bietet hiefür keinen Raum.

Dem Revisionsrekurs war daher ein Erfolg zu versagen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 234 AußStrG.

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