Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens bleibt dem Endurteil vorbehalten.
Text
Entscheidungsgründe:
Am 7. Jänner 1983 ereignete sich in Jugoslawien auf der "Modernen Straße" Belgrad-Agram bei Km 524,8 ein Verkehrsunfall, an dem Mehmet P*** als Lenker des bei der Beklagten haftpflichtversicherten PKW mit dem Kennzeichen O-508.716 (A) und Marke Stovanovic als Lenker des Omnibusses mit dem Kennzeichen SM 823-68 (YU) beteiligt waren. Die beiden Fahrzeuge kollidierten im Begegnungsverkehr. Dabei wurde der in dem von Mehmet P*** gelenkten PKW mitfahrende türkische Staatsangehörige Mehmet T***, der bei der Klägerin pflichtversichert war, getötet. Die Klägerin erbrachte an seine Witwe Fatma T***, die am 12. Jänner 1983 Kenntnis vom Tod ihres Ehegatten erlangte, und die drei ehelichen Kinder Nursen T***, geboren am 20. November 1966, Ayten T***, geboren am 30. August 1968, und Hamiyes T***, geboren am 30. Mai 1973, auf Grund ihrer gesetzlichen Verpflichtung in den Jahren 1983 bis 1985 Pensionsleistungen, deren Ersatz sie im vorliegenden Rechtsstreit von der Beklagten unter Hinweis auf die im § 332 Abs 1 ASVG normierte Legalzession und unter Behauptung eines entsprechenden Deckungsfonds verlangt. Die Klage wurde am 17. Jänner 1986 beim Erstgericht eingebracht. Das von der Klägerin gestellte Leistungsbegehren ist auf Zahlung eines Betrages von S 213.783,-- sA gerichtet. Ferner stellte die Klägerin mit der Behauptung, daß sie auf unbestimmte Zeit weitere Pflichtleistungen an die Hinterbliebenen des Mehmet T*** erbringen müsse, ein auf Feststellung der Haftung der Beklagten für derartige künftige Pflichtleistungen im Rahmen des Haftpflichtversicherungsvertrages und des Deckungsfonds gerichtetes Feststellungsbegehren. Die Schadenersatzpflicht der Beklagten ist nicht strittig. Die Beklagte wendete ein, daß der Klagsanspruch verjährt sei. Das Erstgericht entschied nach Einschränkung des Verfahrens auf den Grund des Anspruches mit Zwischenurteil, "daß das Leistungsbegehren und das Feststellungsbegehren dem Grunde nach zu Recht bestehen".
Es stellte - abgesehen von dem bereits eingangs wiedergegebenen Sachverhalt - im wesentlichen folgendes fest:
Der Verkehrsunfall vom 7. Jänner 1983 wurde von Mehmet P*** verschuldet, weil er mit überhöhter Geschwindigkeit in das rechte Fahrbahnbankett lenkte und anschließend nach links über die Fahrbahnmitte geriet und mit dem entgegenkommenden Autobus kollidierte.
Die Klägerin zahlte an die Witwe und die Waisen nach Mehmet T*** an Witwen- und Waisenpensionen für die Jahre 1983 bis 1985 S 287.131,50 und als Krankenversicherungsbeiträge für die Witwe S 9.589,60 und für die drei Halbwaisen S 15.312,90, insgesamt sohin S 312.783,--.
Das Jahresnettoeinkommen des Mehmet T*** hätte bei Annahme einer 3 %igen Gehaltserhöhung pro Jahr 1982 S 119.292,--, 1983 S 122.870,70, 1984 S 126.556,80 und 1985 S 130.353,50 betragen, was bei einer Zahlung von mindestens 50 % des Nettoeinkommens des Getöteten an seine Frau und seine drei Kinder als Unterhalt einen Deckungsfond für die Zeit vom 7. Jänner bis 31. Dezember 1983 von S 60.425,40, für 1984 von S 63.278,40 und für 1985 von S 65.176,70, zuzüglich Krankenversicherungsbeiträgen von insgesamt S 24.902,50 für die Zeit vom 7. Jänner 1983 bis Ende 1985, also einen Deckungsfond von insgesamt S 213.782,70 ergibt.
Am 7. August 1985 forderte die Klägerin die Beklagte schriftlich zum Schadenersatz auf, wobei das abschlägige Antwortschreiben der Beklagten am 21. August 1985 bei der Klägerin einlangte. Die Ehefrau und die Kinder des Getöteten befanden sich nicht in dem von Mehmet P*** gelenkten Fahrzeug. Die Witwe erfuhr von dem Unfall erst Tage später. Sie erhielt von den beiden überlebenden Insassen des von Mehmet P*** gelenkten PKW keine Auskunft, weil diese bei dem Unfall schwer verletzt und in die Intensivstation des medizinischen Zentrums Mitrovica gebracht wurden. Ein Lokalaugenschein wurde vom Gemeindegericht Ruma schon am 7. Jänner 1983 durchgeführt. Dabei wurde festgestellt, daß Mehmet P*** der Lenker des PKW mit dem Kennzeichen O-508.716 war und der PKW auf die linke Fahrbahnhälfte geriet.
Rechtlich beurteilte das Erstgericht den festgestellten Sachverhalt im wesentlichen dahin, daß die Frage der Verjährung gemäß § 1 IPRG nach österreichischem Recht zu beurteilen sei. Die mit dem Schadenseintritt in Lauf gesetzte dreijährige Verjährungsfrist sei gemäß § 63 Abs 2 KFG in der Zeit vom 7. August bis 21. August 1985 gehemmt und daher bei Klagseinbringung noch nicht abgelaufen gewesen. Aber auch nach jugoslawischem Recht sei keine Verjährung eingetreten, weil ein Verkehrsvergehen mit Todesfolge in Jugoslawien strafgerichtlich verfolgt werde und Art 377 des jugoslawischen Obligationengesetzes für einen durch eine strafbare Handlung verursachten Schaden eine längere als die dreijährige Verjährungsfrist vorsehe.
Der gegen dieses Zwischenurteil gerichteten Berufung der Beklagten gab das Berufungsgericht mit dem angefochtenen Urteil keine Folge. Es sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes über den es entschieden hat, S 300.000,-- übersteigt.
Das Berufungsgericht übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes, soweit sie nicht die Frage des Verschuldens des PKW-Lenkers Mehmet P*** betreffen, als unbedenklich. Rechtlich führte es im wesentlichen aus, daß die Voraussetzungen der Haftung der Beklagten für Schäden aus dem hier zu beurteilenden Verkehrsunfall gemäß Art 8 Z 1 des Haager Straßenverkehrsübereinkommens nach jugoslawischem Recht zu beurteilen seien.
Die Verjährungseinrede der Beklagten sei unberechtigt. Eine Forderung könne im Weg der Zession keine inhaltliche Änderung erfahren. Auch die Verjährung gehöre dem nach dem Deliktsstatut zu beurteilenden Anspruchsinhalt zu. Beginn und Dauer der Verjährungsfrist richte sich daher nach jugoslawischem Recht. Die nach dem Zessionsstatut - hier nach österreichischem Recht - zu beurteilende Legalzession bewirke eine Aufspaltung des ursprünglich einheitlichen Ersatzanspruches in zwei Teile, und zwar in den von der Legalzession nicht erfaßten (zum Beispiel Schmerzengeld) und in jene, der nach Wirksamkeit der Zession den Deckungsfonds für die kongruenten Leistungen des Sozialversicherungsträgers an den Geschädigten bilde. Die auf den Sozialversicherungsträger übergegangenen und die beim Geschädigten verbliebenen Anspruchsteile seien vom Beginn des Überganges an selbständige Forderungen, weil die Person des Gläubigers jeweils eine andere sei. Fortan führten die beiden Forderungsteile ein rechtliches Eigenleben. Dies gelte auch für ihre Verjährung. Sei die Verjährungsfrist bereits vor dem Forderungsübergang oder doch zugleich mit diesem in Lauf gesetzt worden, laufe sie gegen den Zessionar weiter. Erwerbe der Zessionar hingegen einen noch nicht in Verjährung begriffenen Forderungsteil, beginne dessen Verjährung erst, wenn der hiefür maßgebliche Sachverhalt in der Person des Zessionars verwirklicht sei.
Im vorliegenden Fall habe sich der Forderungsübergang im Zeitpunkt des Eintrittes des Versicherungsfalles vollzogen, der mit dem Zeitpunkt des Unfalles zusammenfalle. Die Verjährungsfrist habe aber nicht schon mit dem Unfallereignis zu laufen begonnen, weil es zunächst noch an der für ihren Beginn nach dem Deliktsstatut erforderlichen Kenntnis der Hinterbliebenen von Art und Umfang des Schadens und von der Person des Schädigers gefehlt habe. Die Klägerin habe demnach einen "verjährungsfreien" Anspruchsteil erworben, hinsichtlich dessen die Verjährungsfrist erst begonnen habe, als ihr der Schaden und die Person des Schädigers bekannt geworden seien. Die entsprechende Kenntnis habe sie nicht vor August 1983, als ihr der Antrag der Hinterbliebenen auf Zuerkennung von Pensionsleistungen zugegangen sei, erlangt. Da die Verjährungsfrist für Schadenersatzansprüche auch nach jugoslawischem Recht zumindest drei Jahre betrage, sei die bereits im Jänner 1986 beim Erstgericht eingelangte Klage rechtzeitig.
Gegen diese Entscheidung des Berufungsgerichtes richtet sich die Revision der Beklagten. Sie bekämpft sie aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne der Abweisung des Klagebegehrens abzuändern; hilfsweise stellt sie Aufhebungsanträge.
Die Klägerin hat eine Revisionsbeantwortung mit dem Antrag erstattet, der Revision der Beklagten keine Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist im Hinblick auf die Höhe des Streitgegenstandes, über den das Berufungsgericht entschieden hat, ohne die im § 503 Abs 2 ZPO normierte Einschränkung der Revisionsgründe zulässig, sachlich aber nicht berechtigt. Vorwegzunehmen ist, daß das Erstgericht mit seinem Zwischenurteil nicht nur über das Leistungsbegehren, sondern auch über das Feststellungsbegehren der Klägerin abgesprochen hat. Aus der Formulierung des Spruches der Entscheidung des Erstgerichtes ergibt sich zweifelsfrei, daß der Entscheidungswille des Erstgerichtes weder dahin ging, nur über das Leistungsbegehren der Klägerin mit Zwischenurteil abzusprechen, noch dahin, über das Feststellungsbegehren mit Teilurteil zu entscheiden. Die Fällung eines Zwischenurteiles im Sinne des § 393 Abs 1 ZPO über ein Feststellungsbegehren ist unzulässig, weil ein derartiges Begehren nicht nach Grund und Betrag differenziert werden kann (2 Ob 318/64; VersR 1977, 169; SZ 57/207 uva). Das Erstgericht hat daher, soweit es mit Zwischenurteil über das Feststellungsbegehren der Klägerin abgesprochen hat, gegen die Vorschrift des § 393 Abs 1 ZPO verstoßen. Ein derartiger Verfahrensverstoß muß, um von der Rechtsmittelinstanz wahrgenommen werden zu können, ausdrücklich gerügt werden; von Amts wegen ist er nicht wahrzunehmen (SZ 37/96; SZ 45/51; RZ 1971/121; SZ 53/92 ua). Da im vorliegenden Fall dieser dem Erstgericht unterlaufene Verstoß im Rechtsmittelverfahren nicht geltend gemacht wurde, konnte er weder vom Berufungsgericht noch kann er vom Obersten Gerichtshof wahrgenommen werden. In der Sache selbst ist davon auszugehen, daß Voraussetzungen und Inhalt der Legalzession, wozu auch der Zeitpunkt ihres Eintrittes zählt, nach österreichischem Recht zu beurteilen sind (2 Ob 236/78; JBl 1980, 592; SZ 55/108; 2 Ob 27/84; ZVR 1984/231 uva); hingegen sind Entstehung, Umfang und Verjährung der auf die Klägerin im Wege der Legalzession des § 332 Abs 1 ASVG übergegangenen kongruenten Schadenersatzansprüche der Hinterbliebenen des beim Unfall getöteten Mehmet T*** im Sinne der Art 3 und 8 des Haager Straßenverkehrsübereinkommens nach jugoslawischem Recht zu beurteilen (JBl 1984, 506; ZVR 1987/47). Gemäß § 332 Abs 1 ASVG geht, wenn Personen, denen nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes Leistungen zustehen, den Ersatz des Schadens, der ihren durch den Versicherungsfall erwachsen ist, auf Grund anderer gesetzlicher Vorschriften beanspruchen können, der Anspruch auf den Versicherungsträger insoweit über, als dieser Leistungen zu erbringen hat. Dieser Forderungsübergang vollzieht sich von Gesetzes wegen unabhängig davon, ob der Geschädigte die Leistungen des Sozialversicherungsträgers in Anspruch nimmt; maßgeblich ist allein, daß die Leistungspflicht des Sozialversicherungsträgers infolge Eintrittes des Versicherungsfalles gegeben ist. Der Forderungsübergang erfolgt grundsätzlich sofort mit der Entstehung des Schadenersatzanspruches (ZVR 1987/45 mwN uva). Er erfolgte daher im vorliegenden Fall bereits mit dem Eintritt des Versicherungsfalles, also im Unfallszeitpunkt.
Nach der Vorschrift des Art 376 des jugoslawischen Obligationengesetzes verjähren Schadenersatzforderungen für nicht durch eine Straftat verursachte Schäden in drei Jahren. Die Verjährungsfrist für diese Forderungen beginnt an dem Tag, an dem der Geschädigte von dem Schaden und der Person, die den Schaden verursachte, Kenntnis erlangt hat. Unabhängig davon, ob und wann der Geschädigte diese Umstände erfährt, verjährt eine solche Schadenersatzforderung in jedem Fall in fünf Jahren gerechnet von dem Tag, an dem der Schaden verursacht wurde. Für Schadenersatzforderungen für durch Straftaten verursachte Schäden gelten längere Verjährungsfristen (siehe dazu Simic, Die Verjährung nach dem neuen jugoslawischen Obligationenrecht, in Jahrbuch für Ostrecht XX/2, 464 f).
Voraussetzung für das Weiterlaufen der für den Geschädigten geltenden Verjährungsfrist gegenüber dem Sozialversicherungsträger als Legalzessionar ist, daß im Zeitpunkt des Rechtsüberganges diese Verjährungsfrist bereits zu laufen begonnen hatte. War dies der Fall, muß hinsichtlich der auf den Legalzessionar übergegangenen Ansprüche eine eigene Verjährungsfrist angenommen werden (Jbl 1985, 296 mwN).
Im vorliegenden Fall hatte nach den dargestellten Vorschriften des jugoslawischen Rechtes der Lauf der Verjährungsfrist hinsichtlich der Schadenersatzansprüche der Witwe und der Waisen des getöteten Mehmet T*** im Zeitpunkt des Überganges dieser Ansprüche auf die Klägerin im Wege der im § 332 Abs 1 ASVG normierten Legalzession noch nicht begonnen, weil zu diesem Zeitpunkt den Hinterbliebenen des Getöteten Schaden und Schädiger nach den Feststellungen der Vorinstanzen nicht bekannt waren. Nach dem Übergang dieser Schadenersatzansprüche auf die Klägerin im Wege der Legalzession war aber nur mehr diese aus den auf sie übergegangenen Ansprüchen berechtigt. Für die Verjährung dieser Ansprüche nach diesem Zeitpunkt kann es daher nicht auf die Kenntnis gar nicht berechtigter Personen (Witwe und Waisen) von Schaden und Schädiger ankommen, sondern nur mehr auf die Kenntnis der Klägerin als allein berechtigter Gläubigerin (vgl JBl 1985, 296). Diese Kenntnis erlangte die Klägerin aber nach den Feststellungen der Vorinstanzen erst im August 1983. Es war daher die nach den Bestimmungen des jugoslawischen Rechtes zumindest dreijährige Verjährungsfrist zur Zeit der Klagseinbringung (17. Jänner 1986) jedenfalls noch nicht abgelaufen, sodaß die Vorinstanzen mit Recht dem Verjährungseinwand der Beklagten nicht gefolgt sind.
Der Revision der Beklagten muß daher ein Erfolg versagt bleiben. Der Vorbehalt der Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 393 Abs 4 und 52 Abs 2 ZPO (SZ 23/243).
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