OGH 9ObA263/88

OGH9ObA263/8816.11.1988

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof. Dr. Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith und Dr. Petrag sowie durch die fachkundigen Laienrichter Dr. Günther Schön und Mag. Karl Dirschmied als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Helga L***, Arbeiterin, Garsten, Herrenweidestraße 6, vertreten durch Dr. Ingrid S***, Kammer für Arbeiter und Angestellte für Oberösterreich, Linz, Volksgartenstraße 40, diese vertreten durch Dr. Harry Zamponi, Dr. Josef Weixelbaum und Dr. Helmut Trenkwalder, Rechtsanwälte in Linz, wider die beklagte Partei M*** S*** registrierte Genossenschaft mbH, Garsten, Klosterstraße 1- 7, vertreten durch Dr. Walter Holme, Rechtsanwalt in Wels, wegen 26.244,20 S netto sA, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 16. Juni 1988, GZ 13 Ra 46/88-9, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Kreisgerichtes Steyr als Arbeits- und Sozialgerichtes vom 15. Februar 1988, GZ 13 Cga 1091/87-5, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Schriftsatz der beklagten Partei vom 19. Oktober 1988 wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 2.949,75 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 257,25 S Umsatzsteuer und 120 S Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Da die rechtliche Beurteilung des angefochtenen Urteiles zutrifft, genügt es, auf ihre Richtigkeit hinzuweisen (§ 48 ASGG).

Ergänzend wird folgendes ausgeführt:

Die im vorliegenden Rechtsstreit anzuwendende Bestimmung des ab 1. August 1985 gültigen Kollektivvertrages für die in gewerblichen Molkereien und Käsereien beschäftigten Arbeiter und Arbeiterinnen lautet:

"§ 17 Abfertigung 1. Arbeiter haben einen Anspruch auf Abfertigung nach den Bestimmungen des Arbeiterabfertigungsgesetzes (siehe §§ 23 und 23 a AngG).

2. Wiederaufnahmen innerhalb von zwei Monaten während eines Jahres werden nicht als Unterbrechung gerechnet.

3. Die Abfertigung ist mit der Lösung des Dienstverhältnisses fällig.

4. Anspruch auf Abfertigung besteht nicht, wenn der Arbeiter ohne wichtigen Grund (§ 82 a der Gewerbeordnung) selbst kündigt oder wenn ihn ein Verschulden an der Lösung des Dienstverhältnisses trifft.

5. Neben § 82 a der Gewerbeordnung zählen auch Entbindung bis zum Ablauf der nach dem Mutterschutzgesetz vorgesehenen Schutzfristen und Übertritt in die Pension zu den wichtigen Gründen der Lösung des Dienstverhältnisses seitens des Arbeiters.

6. Wird das Dienstverhältnis durch den Tod des Arbeiters gelöst, gebührt den Erben, zu deren Erhaltung der Erblasser gesetzlich verpflichtet war, die halbe Abfertigung im vorerwähnten Ausmaß. Wird das Dienstverhältnis durch den Tod des Arbeiters gelöst und sind unter den gesetzlichen Erben, zu deren Erhaltung der Erblasser gesetzlich verpflichtet war, Minderjährige, die zum Zeitpunkt des Todes des Arbeiters das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, so besteht Anspruch auf die volle Abfertigung." Abfertigung gebührt gemäß § 23 a Abs. 1 AngG bei Inanspruchnahme der Pension ab einer Dauer des Dienstverhältnisses von 10 Jahren auch bei Kündigung des Arbeitnehmers und gemäß § 23 a Abs. 3 AngG ab einer Dauer des Dienstverhältnisses von 5 Jahren in der Höhe der Hälfte der nach § 23 Abs. 1 AngG zustehenden Abfertigung, höchstens aber des dreifachen Monatsentgeltes, auch nach Geburt eines lebenden Kindes bei Austritt innerhalb der Schutzfrist. Wie das Berufungsgericht richtig erkannt hat, wurde durch die Kollektivvertragsbestimmung, wonach die im § 23 a Abs. 1 und 3 AngG genannten Tatbestände neben den im § 82 a GewO genannten Tatbeständen auch zu den wichtigen Gründen für die Lösung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitnehmer zählen, eine Gleichstellung mit den im § 82 a GewO genannten Tatbeständen hinsichtlich der Wirkung auf den Abfertigungsanspruch normiert; ein bloßer - sinnloser - Hinweis auf die gesetzliche Abfertigungsregelung kann angesichts der klaren Formulierung "neben § 82 a der Gewerbeordnung zählen auch .... zu den wichtigen Gründen" nicht angenommen werden. Ein derartiger bloßer Hinweis wäre etwa einer Formulierung "Anspruch auf Abfertigung besteht bei Lösung des Dienstverhältnisses seitens des Arbeiters auch bei Entbindung ...

und Übertritt in die Pension" zu entnehmen, nicht aber der von den Kollektivvertragsparteien gewählten, diese Tatbestände einem wichtigen Auflösungsgrund im Sinne des § 82 a GewO gleichstellenden Kollektivvertragsbestimmung.

Daraus, daß die Bestimmung des § 17 Z 1 KV nach ihrem klaren Wortlaut nur eine Verweisung auf die gesetzliche Regelung der Abfertigung enthält - von der in den folgenden Punkten der Kollektivvertragsbestimmung mehrfach abgegangen wird - läßt sich angesichts der klaren Fassung des § 17 Z 5 KV für den Standpunkt der Revisionswerberin nichts gewinnen. Geht man aber bezüglich der abfertigungsrechtlichen Wirkung von einer Gleichstellung der Lösung wegen Geburt eines Kindes mit der aus wichtigem Grund gemäß § 82 a GewO aus, dann gebührt der Klägerin, wie das Berufungsgericht richtig erkannt hat, die volle und nicht nur die halbe gesetzliche Abfertigung.

Die erst in der Revision ins Treffen geführte Bestimmung des § 20 KV lautet:

"§ 20 Schlichtung von Streitigkeiten 1. Jeder der vertragschließenden Teile ist verpflichtet, für die Einhaltung dieses Vertrages Sorge zu tragen.

2. Bei Streitigkeiten ist die Anrufung außerbetrieblicher Stellen erst dann zulässig, wenn eine Beilegung des Streitfalles durch die Geschäftsführung und den Betriebsrat nicht zustandekommt. In diesem Fall hat sich mit der Beilegung von Meinungsverschiedenheiten, die sich aus der Auslegung des Kollektivvertrages ergeben, ein paritätisch aus je drei Vertretern der vertragschließenden Organisationen zusammengesetzter Ausschuß innerhalb von drei Wochen zu befassen, dessen Mitglieder tunlichst dem Kreis der an den Verhandlungen über diesen Kollektivvertrag Beteiligten zu entnehmen sind.

3. Wenn Einspruchsfristen vorgesehen sind, werden diese, trotz Schlichtungskommission, sofort wahrgenommen. Erfolgt bei der Schlichtungskommission eine einverständliche Regelung, wird der Einspruch unverzüglich zurückgenommen." Bei dieser Bestimmung handelt es sich um eine obligatorische Schlichtungsklausel im normativen Teil des Kollektivvertrages, die im Prozeß den materiellrechtlichen Einwand der mangelnden Klagbarkeit begründet, der im Fall seiner Berechtigung zur Abweisung des Klagebegehrens führt; dieser Mangel der Klagbarkeit ist nur über Einwendung und nicht von Amts wegen wahrzunehmen (siehe Kuderna, Schlichtungsstellen für Rechtsstreitigkeiten aus dem Arbeitsverhältnis, DRdA 1978, 9). Mit dem erst in der Revision erhobenen Einwand, das im § 20 KV vorgesehene Schlichtungsverfahren sei nicht durchgeführt worden, macht die Revisionswerberin daher eine unzulässige und daher unbeachtliche Neuerung geltend. Schließlich hat die Revisionswerberin nach Erhebung der Revision mit einem am 19. Oktober 1988 überreichten Schriftsatz weiteres Vorbringen erstattet. Der Oberste Gerichtshof vertritt in ständiger Rechtsprechung die Rechtsauffassung, daß jeder Partei nur eine einzige Rechtsmittelschrift zusteht und ein zweiter Schriftsatz, möge er Richtigstellungen oder Ergänzungen enthalten, jedenfalls unzulässig ist (RZ 1983/23; RZ 1982/40; SZ 54/103; JBl. 1981, 387; JBl. 1979, 373 ua; Fasching Kommentar IV 26; Mayr, Der Grundsatz der Einmaligkeit des Rechtsmittel, JBl. 1981, 458 ff, 520 ff; RdW 1987, 54). Im Hinblick auf die durch die Zivilverfahrensnovelle 1983 geschaffenen erweiterten Verbesserungsmöglichkeiten (§ 84 Abs. 3 ZPO) vertreten zwar Fasching (ZPR Rz 1693) und Konecny (JBl. 1984, 65, 69) die Auffassung, daß es im österreichischen Zivilprozeßrecht den Grundsatz der Einmaligkeit der Rechtsmittelhandlung nicht mehr gebe; diese Meinung wurde jedoch von der Judikatur (RdW 1987, 54 mwH, zuletzt 9 Ob S 45/87) und einem Teil der Lehre (Mayr, Die Einmaligkeit des Rechtsmittels nach der Zivilverfahrensnovelle 1983, RZ 1987, 267) ausdrücklich abgelehnt. Wurde ein Rechtsmittel wirksam erhoben und liegen - wie hier - die Voraussetzungen für eine Verbesserung formeller Mängel nicht vor, so ist damit das Rechtsmittelrecht erschöpft; die Überreichung von weiteren Schriftsätzen ist unzulässig.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.

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