Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Der Kläger hat die Kosten des Rekursverfahrens selbst zu tragen.
Text
Begründung
Der Kläger begehrt in der von Dr. Arthur P*** und O*** Dr. Josef B***, Angestellte der Landwirtschaftskammer für Tirol, eingebrachten Klage, die beklagte Partei zur Leistung des Hilflosenzuschusses zur Vollrente zu verpflichten; eine entsprechende Vollmacht war der Klage angeschlossen. Die beklagte Partei beantragte die Abweisung der Klage. Das Erstgericht wies das Begehren mangels Hilflosigkeit ab.
Dieses Urteil wurde dem Vertreter des Klägers, Dr. P***, am 10. September 1987 zugestellt. Am 7.Oktober 1987 wurde eine von Dr. P*** unterfertigte Berufung des Klägers beim Erstgericht überreicht. Am 8.Oktober 1987 langte eine weitere, am 7.Oktober 1987 zur Post gegebene Berufungsschrift des Klägers beim Erstgericht ein. Dieses Rechtsmittel wurde von Dr. Michael G***, Rechtsanwalt in Innsbruck, gefertigt, der sich gemäß § 30 Abs 2 ZPO auf die Erteilung der Vollmacht berief.
Das Erstgericht setzte die Verfasser der Berufungen jeweils vom Einlangen auch des anderen Rechtsmittelschriftsatzes in Kenntnis. Mit Schriftsatz vom 16.Oktober 1987 beantragte daraufhin Dr. G*** namens des Klägers, nur die von ihm verfaßte Berufung dem Berufungsgericht vorzulegen, worauf das Erstgericht nur diese Berufung dem Berufungsgericht vorlegte. Dieses wies diese Berufung zurück. Durch die Einbringung der Berufung vom 7.Oktober 1987 habe der Kläger das Rechtsmittelrecht konsumiert. Die Einbringung der zweiten Berufung sei daher unzulässig.
Gegen diesen Beschluß richtet sich der Rekurs des Klägers.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist nicht berechtigt.
Wenngleich im Innenverhältnis zwischen Vollmachtsgeber und Vollmachtsnehmer das Vollmachtsverhältnis durch Kündigung oder Widerruf im Zeitpunkt der Willenserklärung erlischt, ist gemäß § 36 Abs 1 ZPO der Eintritt der Wirkungen gegenüber Gericht und Gegenpartei von deren Benachrichtigung abhängig. Das Gericht hat, auch wenn ihm auf eine weitere Weise der Widerruf oder die Kündigung der Vollmacht zur Kenntnis gelangt ist, bis zum Einlangen des Schriftsatzes dem bisherigen Bevollmächtigten als vollbefugten Parteienvertreter zu behandeln. Solange muß auch die vertretene Partei selbst alle Prozeßhandlungen des Vertreters für und gegen sich gelten lassen (Fasching II, 288 f). Nach der Kündigung der Vollmacht bleibt der Bevollmächtigte gemäß § 36 Abs 2 ZPO noch durch 14 Tage berechtigt und verpflichtet, für den Vollmachtsgeber zu handeln, soweit dies nötig ist, um letzteren vor Rechtsnachteilen zu schützen. Der Widerruf oder die Kündigung der Vollmacht der Vertreter Dr. P*** und Dr. B*** wurde dem Gericht bis zum Zeitpunkt der Überreichung der von diesen verfaßten Berufung nicht mitgeteilt. Auf das Erlöschen dieses Vollmachtsverhältnisses wird erstmalig nun im Rekurs hingewiesen. Die Erhebung der Berufung durch diese Vertreter war daher eine für den Kläger wirksame Prozeßhandlung.
Der Oberste Gerichtshof vertritt in ständiger Rechtsprechung die Rechtsansicht, daß jeder Partei nur eine einzige Rechtsmittelschrift zusteht und ein zweiter Schriftsatz selbst dann, wenn er innerhalb der Rechtsmittelfrist eingebracht wurde, unzulässig ist (RZ 1983/23; RZ 1982/40; SZ 54/103; JBl 1981, 387; JBl 1979, 373 ua; Fasching Kommentar IV 26; Mayer, Der Grundsatz der Einmaligkeit des Rechtsmittels, JBl 1981, 458 ff, 520 ff; RdW 1987, 54). Im Hinblick auf die durch die Zivilverfahrensnovelle 1983 geschaffenen erweiterten Verbesserungsmöglichkeiten (§ 84 Abs 3 ZPO) vertreten zwar Fasching (Prozeßrecht Rz 1693) und Konecny (JBl 1984, 65, 69) die Auffassung, daß es im österreichischen Zivilprozeßrecht den Grundsatz der Einmaligkeit der Rechtsmittelhandlung nicht mehr gebe; diese Meinung wurde jedoch von der Judikatur ausdrücklich abgelehnt (RdW 1987, 54 mwH, ua). Wurde ein Rechtsmittel wirksam erhoben und liegen - wie hier - die Voraussetzungen für eine Verbesserung formeller Mängel nicht vor, so ist damit das Rechtsmittelrecht erschöpft; die Überreichung von weiteren Schriftsätzen ist unzulässig.
Soweit der Rekurswerber in seinem Rechtsmittel auf die von seinen Vertretern Dr. P*** und Dr. B*** erhobene Berufung bezug nimmt, sei darauf verwiesen, daß dieses Rechtsmittel noch nicht Gegenstand einer Entscheidung war. Im Sinn des Antrages des Klägers vom 13.Oktober 1986 wurde dem Berufungsgericht bisher nur die von Dr. G*** verfaßte Berufung vorgelegt und nur auf diese bezog sich die Entscheidung des Berufungsgerichtes. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG. Gründe, die einen Kostenersatzanspruch aus Billigkeit rechtfertigen könnten, wurden weder geltend gemacht noch sind solche Gründe aus der Aktenlage erkennbar.
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