OGH 8Ob591/88 (8Ob592/88)

OGH8Ob591/88 (8Ob592/88)27.10.1988

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof.Dr.Griehsler als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kropfitsch, Dr. Huber, Dr. Schwarz und Dr. Graf als weitere Richter in den verbundenen Rechtssachen der klagenden und widerbeklagten Partei Alfons Ludwig M***, geboren am 26. April 1926 in Röthelstein, Pensionist, Ungergasse 4, 8020 Graz, vertreten durch Dr. Horst Suhtscheck, Rechtsanwalt in Graz, wider die beklagte und widerklagende Partei Karin Maria Berta M***, geborene P***, geboren am 17. Februar 1951 in Darmstadt, Bundesrepublik Deutschland, Hausfrau, Ungergasse 4, 8020 Graz, vertreten durch Dr. Bernd Fritsch und Dr. Klaus Kollmann, Rechtsanwälte in Graz, wegen Ehescheidung, infolge Revision der klagenden und widerbeklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 26. Februar 1988, GZ 2 R 19, 21/88-18, womit infolge Berufung der klagenden und widerbeklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Graz vom 2. November 1987, GZ 17 Cg 313/86-13, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende und widerbeklagte Partei ist schuldig, der beklagten und widerklagenden Partei die mit 5.657,85 S (einschließlich 514,35 S Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Streitteile haben am 9. August 1979 vor dem Standesamt Graz die Ehe geschlossen. Der Kläger (und Widerbeklagte) ist österreichischer Staatsbürger, die Beklagte (und Widerklägerin) deutsche Staatsangehörige. Für den Kläger war es nach Scheidung seiner ersten Ehe im Jahr 1969 die zweite Ehe, für die Beklagte die erste. Der Ehe entstammt die Tochter Marika, geboren am 20. August 1979. Der letzte gemeinsame gewöhnliche Aufenthalt der Streitteile war in Graz.

Der Kläger war bis 1968 als Postbeamter berufstätig. Wegen seines psychischen Zustandes nach dem Tode seines Vaters erfolgte seine Frühpensionierung. Im Jahr 1969 wurde seine im Jahr 1953 geschlossene und kinderlos gebliebene erste Ehe geschieden. Sodann bemühte sich der Kläger insbesondere im Rahmen des Gymnastikkurses in der "Schule für Bewegung" in Graz seine psychischen Schwierigkeiten zu bewältigen. Dabei nahm sich die im Jahr 1900 geborene Inhaberin dieser Schule Käthe S*** persönlich um den Kläger an und integrierte ihn letztlich in ihren Schulbetrieb. Ab Herbst 1968 arbeitete er in der Schule mit und wurde ab 1. Oktober 1969 zu deren administrativem Leiter bestellt. Für diese Tätigkeit war einerseits die Dankbarkeit des Klägers gegenüber Käthe S***, aber auch der Therapiecharakter dieser Beschäftigung entscheidend, wobei diese beiden Komponenten die psychische Genesung des Klägers ermöglichten.

Die Streitteile haben sich im Jahre 1976 kennengelernt, als die Beklagte Schülerin in der genannten Schule für Bewegung war. Schon 1977 traten sie in intime Beziehungen und beabsichtigten auch die Eheschließung, wobei die dem Kläger gehörige Wohnung Nr. 2 im Haus Ungergasse 4 in Graz, die von ihm praktisch überhaupt nicht benutzt wurde, weil er in den Wohnräumen bei Käthe S*** wohnte, die Ehewohnung werden sollte. Zur Eheschließung kam es allerdings erst am 9. August 1979, als die Beklagte bereits hochschwanger war. Unmittelbar danach übersiedelte sie in die Wohnung Nr. 2 in der Ungergasse 4 in Graz, wo am 20. August 1979 in Anwesenheit des Klägers die Tochter der Streitteile geboren wurde. Der Kläger schlief jedoch nach der Geburt des Kindes nur insgesamt vier Nächte nacheinander in der Ehewohnung. Dann erklärte er, er komme wegen des Kleinkindes (zufolge Störung der Nachtruhe) in der Ehewohnung nicht zu seinem Schlaf und könne in solchem Zustand seine Arbeit nicht verrichten. Er versprach jedoch sich zu bemühen, so oft wie möglich zur Beklagten in die Ehewohnung zu kommen. Ab dieser Zeit verbrachte er allerdings lediglich jeweils die Nächte vor Sonn- und Feiertagen in der Ehewohnung bei seiner Familie und kam dorthin im wesentlichen nur zum Mittagessen. Im übrigen hielt er sich in der Schule für Bewegung bei Käthe S*** auf. Die Beklagte war über dieses Verhalten des Klägers sehr betrübt, gab ihm zu verstehen, daß sie darunter leide und eine Änderung wünsche. Dennoch änderte der Kläger sein Verhalten in dieser Richtung nicht. Vielmehr kam er nicht mehr jeden Tag zum Mittagessen in die Ehewohnung und nahm auch zunehmend an Sonntagen Frau S*** zum Mittagessen in die Ehewohnung mit. Dieser Zustand mißfiel der Beklagten, sie äußerte dies auch gegenüber dem Beklagten, der aber sein Verhalten nicht änderte. Die Beklagte hatte schon als Schülerin ab 1976 in der Schule der Käthe S*** jeweils vormittags im Büro mitgearbeitet, tat dies auch bis zum Frühjahr 1986 mit Ausnahme der drei Jahre nach der Geburt ihres Kindes weiterhin. Wegen der den Kläger in sehr großem Ausmaß beanspruchenden Tätigkeit für diese Schule verlagerte sich auch das tägliche Leben der Eheleute immer mehr in die Räumlichkeiten dieser Schule in Graz, Ballhausplatz 3. Die Beklagte kam jeweils am Vormittag mit dem Kinde dorthin, bereitete für alle - auch für Käthe S*** - das Essen zu und war außerdem als Gymnastiklehrerin tätig. Ihre Mitarbeit in dieser Schule endete jedoch im Frühjahr 1986. Anlaß dafür waren Differenzen der Streitteile in ihrer Ehe aber auch darin, daß die Beklagte kein Interesse an der Vorstellung des Klägers zeigte, zu gegebener Zeit einen Teil der Schule, nämlich die "Gymnastik", als selbständige Unternehmerin zu übernehmen. Die Beklagte hatte im Zeitpunkt der Eheschließung

die - ehrenamtliche - Tätigkeit des Klägers in der Schule der Käthe S*** gekannt und auch gewußt, in welch großem Umfang diese Arbeit ihn beanspruchte. Sie hoffte aber, daß die Arbeitssituation des Klägers sich nach der Eheschließung und der Geburt des gemeinsamen Kindes in der Richtung bessern werde, daß der Kläger selbstverständlich die Nächte bei ihr in der Ehewohnung verbringen und auch die üblicherweise mögliche Freizeit sich für die Familie nehmen werde.

Nach dem Tode der Mutter des Klägers, die die Wohnung Nr. 3 im Haus Ungergasse 4 in Graz bewohnt hatte, schenkte der Kläger diese Eigentumswohnung der Beklagten, um im Falle seines Vorablebens Schwierigkeiten mit seiner Schwester hinsichtlich der Eigentumsverhältnisse an dieser Wohnung zu vermeiden. Ab 1981 war diese Wohnung nach der Anschaffung von Kücheneinrichtung, Kindermöbeln und Vorzimmereinrichtungsgegenständen in erster Linie die Ehewohnung; in ihr befand sich alles, was Bezug auf die Beklagte und das gemeinsame Kind hatte, teilweise waren dort auch Fahrnisse (Teile der Kleider) des Klägers. Die Wohnung Nr. 2 wurde dann nur mehr fallweise bei gegebenen Anlässen, etwa bei Besuchen, benützt. Die Beklagte war um diese Zeit über den Verlauf ihrer Ehe zunehmend enttäuscht und betrübt. Da der Kläger in seinem Verhalten allgemein ein hektischer Mensch war, der lauter als üblich redete und Türen laut schloß, sein Verhalten der Beklagten gegenüber vom Standpunkt des Überlegenen bestimmte und auf ihre Äußerungen mit lautstarker heftiger Ablehnung und Distanz reagierte, wenn diese seinen Ansichten widersprachen, suchte die Beklagte Rat bei Außenstehenden. Nach Kontakten zur Baptistengemeinde in Graz überreichte sie dem Kläger in der Absicht, mit ihm darüber zur Rettung der Ehe ein Gespräch herbeizuführen, persönlich das von ihr am 16. Juli 1981 verfaßte Schreiben (Beilage 1) mit der Äußerung, sie hätte darin aufgeschrieben, was sie ihm persönlich sagen wolle. In diesem Schreiben unternahm sie den Versuch, dem Kläger die Gründe der bestehenden Entfremdung bewußt zu machen, wobei sie insbesondere darauf verwies, daß er zu Beginn der zwischen ihnen entstandenen Zuneigung wegen der persönlichen Betreuung der Käthe S*** und der Arbeit in deren Schule eigentlich nicht frei gewesen sei und auch sie sich in diese Arbeit einspannen habe lassen, worunter die persönliche Entfaltung ihrer Beziehung gelitten habe. Wegen der Erfolglosigkeit ihres Bestrebens, diesen Zustand zu ändern, habe sie resigniert, was sich auch im körperlich-seelischen Bereich als Gefühlskälte dem Kläger gegenüber ausgewirkt habe. Wenn der Kläger, dessen materielle Leistungen sie nicht übersehe, nicht mehr Zeit und Zuwendung für seine Familie aufbringe, habe die Ehe keine Zukunft. Von Seiten des Klägers gab es gegenüber der Beklagten auf dieses Schreiben keine Reaktion. Er sah sich dazu nicht veranlaßt, weil sich seiner Ansicht nach die Beklagte trotz dieses Briefes ihm gegenüber in allen Belangen weiterhin "als Ehefrau" verhielt. Nach der Rückkehr der Beklagten von einem mit Zustimmung des Klägers im Juli 1985 in Lindau besuchten Seelsorgetherapiekurs legte sie dem Kläger dar, daß sie die körperlichen intimen Beziehungen mit ihm, die sie in den vergangenen Jahren nur noch aus Pflichtgefühl geschehen habe lassen, nicht mehr weiterführen wolle. Der Kläger zeigte sich auf diese Äußerungen der Beklagten hin zunächst überrascht und erstaunt. Einige Tage danach machte er der Beklagten wütend Vorwürfe, sie sei undankbar und unrealistisch. Eine Änderung der nunmehr neuen Situation versuchte aber auch der Kläger nicht herbeizuführen. Das tägliche Leben der Streitteile ging - allerdings ohne intime Beziehungen, weswegen der Kläger an die Beklagte allerdings nicht mehr herantrat - weiter wie vorher. Die Beklagte forderte den Kläger mehrmals zu klärenden Gesprächen auf, was dieser jedoch ablehnte. Gegen den Willen des Klägers nahm die Beklagte zu Ostern 1986 neuerlich an einem Kurs in Lindau teil. Nach der Rückkehr von diesem Kurs erklärte sie dem Kläger, die Ehe mit ihm nicht mehr fortsetzen zu können und zu wollen. Darüber zeigte sich der Kläger erstaunt und äußerte, er habe nicht gedacht, daß es so ernst sei. Er übernahm aber auch nachher nichts, um ein Eheleben nach den Vorstellungen der Beklagten herbeizuführen. Schon nach Beiziehung des Rechtsvertreters der Beklagten kam es von Mai bis Juli 1986 zu sechs Gesprächen im Rahmen einer katholischen Eheberatung, die jedoch letztlich erfolglos blieben. Mit Scheidungsklage vom 2. Oktober 1986 begehrte der Kläger die Scheidung der Ehe aus dem Verschulden der Beklagten, weil sie sich ihm gegenüber lieb- und interesselos verhalten, die Hausfrauenpflichten verschiedentlich vernachlässigt, zuletzt den ehelichen Verkehr verweigert, fallwesie sich aus der ehelichen Wohnung (in welcher das Kind allein geblieben sei) entfernt, Fahrnisse des Klägers aus der Ehewohnung verbracht und ihn aus dieser ausgesperrt habe. Die Beklagte bestritt die ihr vorgeworfenen Eheverfehlungen und beantragte die Abweisung des Scheidungsbegehrens des Klägers. Mit Widerklage vom 16. Oktober 1986 begehrte sie die Scheidung der Ehe aus dem Verschulden des Klägers (Widerbeklagten), weil dieser sie ab Beginn der Ehe persönlich vernachlässigt habe, der ehelichen Wohnung ferngeblieben sei und sein Leben bei einer anderen Frau (Käthe S***) geführt habe; er habe auch seine Unterhaltspflichten vernachlässigt. Der Kläger (Widerbeklagte) bestritt dieses Klagebegehren und beantragte die Abweisung des Scheidungsbegehrens der Beklagten (Widerklägerin).

Das Erstgericht schied in Stattgebung der Widerklage die Ehe der Streitteile für den österreichischen Rechtsbereich aus dem Verschulden des Klägers und wies dessen Scheidungsklagebegehren ab. Es beurteilte den eingangs dargestellten Sachverhalt im wesentlichen dahin, daß die Hauptursachen für die Zerrüttung und das Scheitern der Ehe der Streitteile vom Kläger zu vertreten seien, weil er gegen den erklärten Willen der Beklagten kein Ehe- oder Familienleben mit ihr aufgenommen habe; es seien keine Umstände hervorgekommen, die es ihm - auch bei der schuldigen Dankbarkeit gegenüber Käthe S*** - unmöglich gemacht hätten, mit der Beklagten jene Ehegemeinschaft zu leben, die sie sich gewünscht habe und die den gesellschaftlichen Vorstellungen entspreche. Die Beklagte sei zunächst untertänig genug gewesen, die ursprünglich gegebene Situation und das anfängliche Verhalten des Klägers, der trotz Äußerung ihrer Bedenken und Wünsche nicht auf sie eingegangen sei, zu akzeptieren; sie sei aber auch so sensibel gewesen, daß sie diese Lebensführung des Klägers nicht weiterhin auf Dauer tragen konnte. In Anbetracht des Verhaltens des Klägers erscheine es nicht gerechtfertigt, der Beklagten deshalb Vorwürfe zu machen, daß sie letztlich dem Kläger das "Ultimatum" stellte, entweder die Ehegemeinschaft zu beginnen oder die Ehe zu beenden. Es könne kein schweres Verschulden im Sinne des § 49 EheG darstellen, daß sie mangels entsprechender Reaktion des Klägers die ehelichen Beziehungen in der Folge abgelehnt und die vom Kläger als Ehewohnung praktisch nicht mehr benützte Wohnung Nr. 3 in der Ungergasse 4 durch Änderung des Schlosses dem Zugang des Klägers entzogen hat. Infolge Berufung des Klägers bestätigte das Berufungsgericht diese Entscheidung. Es billigte - auf der Grundlage der übernommenen Feststellungen der ersten Instanz - auch die Rechtsansicht des Erstgerichtes, daß die der Beklagten vom Kläger angelasteten Verfehlungen (nämlich die Mitte 1985 abgegebene Erklärung, keine intimen Kontakte mit dem Kläger zu wollen und im Jahr 1986 nach dem Scheitern der letzten Sanierungsversuche die Entfernung von Fahrnissen des Klägers aus der Ehewohnung sowie die Änderung des Schlosses unter Ausperrung des Klägers aus der Ehewohnung) bei Würdigung aller Umstände des vorliegenden Scheidungsstreites und unter Berücksichtigung des Wesens der Ehe nach dem Gesamtverhalten beider Ehegatten und in Anbetracht der Zeitabfolge keinen Verschuldensausspruch gegen die Beklagte rechtfertigten. Vielmehr habe der Kläger von Beginn der Ehe an und gegen den ausdrücklich ihm gegenüber erklärten Willen der Beklagten ein Ehe- und Familienleben geradezu verweigert und auf derartige - im Juli 1981 sogar brieflich erstattete - Vorhaltungen der Beklagten überhaupt nicht oder nicht entsprechend reagiert. Die Entfremdung der Ehegatten und die Zerrüttung ihrer Ehe sei daher ausschließlich vom Kläger verursacht worden, sodaß dessen Alleinverschulden an der Ehescheidung vorliege. Diese Entscheidung bekämpft der Kläger mit Revision wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung der Sache. Er stellt den Hauptantrag, in Abänderung des angefochtenen Urteils das überwiegende Verschulden der Beklagten auszusprechen, und begehrt hilfsweise, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Rechtssache zur Verfahrensergänzung "zurückzuverweisen".

Die Beklagte begehrt, diesem Rechtsmittel nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Im Unterschied zum Gericht zweiter Instanz hat das Erstgericht ausdrücklich darauf hingewiesen, daß ein Sachverhalt mit Auslandsbeziehung zur Entscheidung steht und amtswegig die Frage der Rechtsanwendung aufzuwerfen und zu beantworten ist (§ 2 IPRG). Es hat auch richtig erkannt, daß die Anknüpfung aufgrund der Tatsache beiderseitiger Ehescheidungsklagen (Klage und Widerklage) des österreichischen Ehemannes und der deutschen (Bundesrepublik Deutschland) Ehefrau mit letzten gemeinsamen und weiter fortbestehenden gewöhnlichen Aufenthalt in Österreich gemäß den §§ 18 Abs 1 Z 2 und 20 Abs 1 IPRG zu erfolgen hat und demnach österreichisches Ehescheidungsrecht anzuwenden ist. In der Revision wird gegen die von beiden Vorinstanzen vertretenen Auffassung über die Ursachen des Scheiterns der vorliegenden Ehe und den zeitlichen Ablauf der ehewidrigen Fakten nichts Stichhältiges vorgetragen. Der Revisionswerber verkennt die Rechtsausführungen der Vorinstanzen, soweit diese die von ihm der Beklagten vorgeworfenen und festgestellten "Eheverfehlungen" nicht als entschuldbare "Reaktionshandlungen" der Beklagten auf sein vorangegangenes Verhalten beurteilt haben. Die Gesamtbeurteilung des Verhaltens der Beklagten durch die Vorinstanzen geht nämlich zutreffend davon aus, daß diese - und nur diese - lange Jahre hindurch dem Kläger sein ehewidriges Verhalten vorhielt, ihn zu einer Änderung dieses Verhaltens im Sinne eines normalen Ehe- und Familienlebens vergeblich zu bewegen versuchte und letztlich erst nach Erkennen des Scheiterns all dieser Bemühungen Fakten setzte, die bei anderen Sachverhaltsvoraussetzungen möglicherweise als Eheverfehlungen angesehen werden könnten, im vorliegenden Fall jedoch solche nicht darzustellen vermögen. Es kann einem um die Aufrechterhaltung der Ehe jahrelang ringenden Ehegatten nicht zum Verschulden zugerechnet werden, wenn er letztlich in Erkenntnis des Scheiterns seiner Bemühungen den Willen zur Fortsetzung der Ehe verliert und diesem Willen entsprechende Handlungen (Aufgabe des ehelichen Verkehrs, Versperren der Ehewohnung oder ähnliches) setzt. Zwar schließt der Umstand, daß eine Ehe bereits tief zerrüttet ist, die Berücksichtigung nachfolgender Eheverfehlungen nicht aus; wenn jedoch - wie hier - die Zerrüttung bereits zum völligen Erlöschen der ehelichen Gesinnung geführt, so daß eine weitere "Zerrüttung" nicht mehr möglich ist, darf ein an sich ehewidriges Verhalten der hier festgestellten Art nicht mehr als schuldhafter Beitrag zum Scheitern der Ehe beurteilt werden. Die Vorinstanzen haben umfassend und zutreffend das Gesamtverhalten beider Ehegatten in die Beurteilung der Scheidungssache einbezogen und sind dabei zu dem unbedenklichen Ergebnis gelangt, daß keine Umstände vorliegen, die es dem Kläger unmöglich gemacht hätten, mit der Beklagten jene Ehegemeinschaft einzugehen und zu führen, wie sie von dieser gewünscht wurde und den gesellschaftlichen Vorstellungen auch entspricht. Der Kläger hat vom Beginn der Ehe an seine persönliche Zuwendung - sei es aus Dankbarkeit oder aus anderen Gründen - praktisch ausschließlich Käthe S*** und deren Schule gegeben, jedoch für die Beklagte und das Kind wenig oder gar keine Zeit erübrigt; das Scheitern der Ehe nahm von ihm den Ausgang und ist auch ihm allein anzulasten. Zutreffend erkennt auch die Revision, daß es nicht auf die Zahl, sondern auf das Gewicht einzelner Eheverfehlungen ankommt. Die vom Kläger von Beginn der Ehe an gezeigte Vernachlässigung der Beklagten als Partner und der Ehe als Gemeinschaft übertrifft in diesem Sinn an Gewicht alle anderen Fakten. Der Kläger kann für sich nicht beanspruchen, daß er die Auswirkungen seines Verhaltens auf die schon kurz nach der Eheschließung beginnende und letztlich konsequent eingetretene Zerrüttung der Ehe nicht oder zu spät bemerkt habe, denn die Beklagte hat ihm von Beginn an das von ihr mit Grund als ehewidrig empfundene Verhalten vorgehalten, und dessen Änderung begehrt, ohne ihn freilich zu einer Änderung seines Verhaltens im Sinne der Aufnahme eines normalen Familienlebens bewegen zu können. Die Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz ist daher zu bestätigen.

Die Revisionskostenentscheidung beruht auf den §§ 50, 41 ZPO.

Stichworte