OGH 4Ob557/88

OGH4Ob557/8825.10.1988

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr. Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith, Dr. Kodek, Dr. Niederreiter und Dr. Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ina Maria A***, Hausfrau, Graz, Brandhofgasse 16, vertreten durch Dr. Heimo Hofstätter und Dr. Alexander Isola, Rechtsanwälte in Graz, wider die beklagte Patei Dipl.Ing. Christoph M***, Pensionist, Stanz Nr. 4, vertreten durch Dr. Rudolf Griss und Dr. Gunter Griss, Rechtsanwälte in Graz, wegen S 1,316.158,50 sA (Streitwert im Revisionsverfahren S 673.946,50), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 2. März 1988, GZ 2 R 8/88-49, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Kreisgerichtes Leoben vom 6. November 1987, GZ 6 Cg 231/85-41, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 16.305,30 (darin enthalten S 1.482,30 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Beklagte ist als Universalerbe nach seiner am 15. Jänner 1964 verstorbenen Tante Elisabeth M*** zu 1/4 Eigentümer des "Malburg'schen Gutes" in Stanz/Mürztal, das von der M***'S*** G*** Gesellschaft nach bürgerlichem Recht und der M*** & Co KG betrieben wird. In ihrem Testament vom 3. Dezember 1957 hatte Elisabeth M*** dem Beklagten die Auflage erteilt, der Klägerin - ihrer Tochter - eine monatliche Leibrente zu zahlen, für deren Höhe in Punkt II des Testaments folgende Anordnungen getroffen wurden:

"a) Die Leibrente muß mindestens in der Höhe eines Sektionschefbezuges der höchsten Rang- und Altersklasse gewährt werden..... Überdies ist ein 13. Bezug zur Hälfte Mitte Juni und Mitte Dezember jeden Jahres zu bezahlen.

b) Sollte der meinem Universalerben zukommende Gewinnanteil aus dem von mir übernommenen 1/4 Anteil am Gute Stanz in einem Geschäftsjahr (einschließlich der für ihn vom Gute Stanz aus geleisteten Zahlungen für Einkommen- und Vermögenssteuer oder dgl.) die Höhe der für meine Tochter Ina Maria laut lit a bestimmten Leibrente übersteigen, soll mein Universalerbe in dem dieser Ausschüttung folgenden Jahr verpflichtet sein, diese Leibrente um so viele halbe Sektionschefbezüge zu erhöhen, als der auf ihn entfallende Gewinn einen Sektionschefbezug übersteigt; Gewinnanteile unter einem halben Sektionschefbezug sind hiebei zu vernachlässigen. Bei der Berechnung des Gewinnanteiles meines Universalerben am Gute Stanz ist von der Steuerbemessungsgrundlage auszugehen, es sind jedoch die anteiligen rein steuerlichen Gewinnminderungsposten und Erträgnisse aus Überschlägerungen und Kalamitätsnutzungen zuzuschlagen."

Der auf Grund des Gewinns zu ermittelnde Teil der Leibrente der Klägerin beträgt für die Jahre 1978 bis einschließlich 1984 (unter Berücksichtigung unstrittiger Minder- bzw. Überzahlungen in den Jahren 1981, 1983 und 1984) insgesamt S 673.946,50. Die Klägerin begehrte mit ihrer am 24. Juni 1985 beim Landesgericht Klagenfurt eingebrachten Klage (zuletzt ON 39 S 183) vom Beklagten die Zahlung von S 1,316.158,50 sA als rückständige Leibrente für die Jahre 1978 bis einschließlich 1984. Der Beklagte habe - entgegen den ausdrücklichen Anordnungen im Testament - den Rentenanspruch nach dem versteuerten Gewinn errechnet, ohne rein steuerliche Gewinnminderungsposten zuzuschlagen. Er habe der Klägerin auch die Bucheinsicht verwehrt, so daß diese gezwungen gewesen sei, auf Rechnungslegung und Bucheinsicht zu klagen. Der Beklagte habe die Klägerin offenbar bewußt über seinen Gewinnanteil getäuscht. Bei dem auf Grund des Gewinnanteils des Beklagten zu ermittelnden Teil der Leibrente handle es sich nicht um eine jährlich wiederkehrende Leistung. Von dem durch die Vorgangsweise des Beklagten verursachten Schaden habe die Klägerin erst im Jahr 1985 erfahren.

Der Beklagte beantragte die Abweisung der Klage. Die Klägerin habe den von seinem Gewinnanteil zu berechnenden Teil der Leibrente unrichtig ermittelt. Der geltend gemachte Anspruch sei aber auch verjährt. Auch dieser Teil der Leibrente unterliege der in § 1480 ABGB normierten kurzen Verjährung; in dem nicht der Verjährung unterliegenden Zeitraum aber sei die Leibrente überzahlt worden. Von einer Irreführung über den Gewinnanteil könne keine Rede sein; es lägen lediglich Auffassungsunterschiede über steuerliche Gewinnminderungsposten vor.

Das Erstgericht erkannte den Beklagten schuldig, der Klägerin S 673.946,50 sA zu zahlen, und wies das auf Zahlung weiterer S 642.212,-- sA gerichtete Mehrbegehren ab. Die aus dem Gewinnanteil des Beklagten zu berechnende Leibrente sei nicht verjährt, weil nach Gewinnanteilen zu berechnende Leibrenten wegen der Ungewißheit ihres Anfalls, der schwankenden Höhe des Gewinnes eines Unternehmens und der schwierigen Feststellbarkeit seiner Voraussetzungen nicht zu den jährlichen Leistungen im Sinne des § 1480 ABGB gehörten; es könnte nämlich auch der Fall eintreten, daß mehrere Jahre hindurch kein Gewinn anfalle. Daher sei lediglich der auf Grund einer unrichtigen Berechnung erhobene Teil des Anspruchs von S 642.212,-- sA abzuweisen gewesen.

Das Berufungsgericht gab der nur gegen den stattgebenden Teil des Ersturteils erhobenen, ausschließlich auf Verjährung gestützten Berufung des Beklagten nicht Folge und trat der rechtlichen Beurteilung des Erstgerichtes bei.

Gegen dieses Urteil richtet sich die wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobene Revision des Beklagten mit dem Antrag, die Urteile der Vorinstanzen im Sinne der gänzlichen Abweisung der Klage abzuändern; hilfsweise stellt der Beklagte auch einen Aufhebungsantrag.

Die Klägerin beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Der Beklagte wiederholt in der Revision seinen Standpunkt, daß auch der auf Grund des Gewinnanteils zu ermittelnde Teil der Leibrente der kurzen Verjährung unterliege. Es gehe nicht an, diesen Teil anders zu behandeln als die auf der Grundlage eines Sektionschefbezuges zu ermittelnde "Grundrente". Schwierigkeiten bei der Ermittlung des Gewinnanteils seien kein Grund, die Verjährung unterschiedlich zu beurteilen, ebensowenig die jährlichen Schwankungen des Gewinnanteils. Dem kann nicht beigepflichtet werden:

Gemäß § 1480 AGBG (idF des § 192 der 3. TN) verjähren Forderungen von rückständigen jährlichen Leistungen, insbesondere Zinsen, Renten, Unterhaltsbeiträgen, Ausgedingsleistungen, sowie zur Kapitalstilgung vereinbarte Annuitäten in drei Jahren; das Recht selbst wird durch einen Nichtgebrauch von 30 Jahren verjährt. Nach der Absicht des Novellengesetzgebers sollte durch diese Fassung klargestellt werden, daß die verschiedenen Arten von Leistungen nur beispielsweise aufgezählt werden (Klang in Klang2 VI 610; Sprung-König, Die Verjährung der von einem gewerbsmäßigen Hausverwalter zur Bestreitung der laufenden Betriebsausgaben einer Wohnungseigentumsanlage bevorschußten Auslagen, JBl. 1977, 247 ff !252 f ). Zu den jährlich wiederkehrenden Leistungen gehören auch solche, die in kürzeren Abständen periodisch wiederkehren; Leistungen aber, die in längeren Abständen als einem Jahr periodisch wiederkehren, fallen nicht darunter (Schubert in Rummel, ABGB, Rz 2 zu § 1480; Mader in Schwimann, ABGB, Rz 3 zu § 1480; kritisch dagegen Klang aaO 611; SZ 30/58). Ist ungewiß, ob eine Leistung - mag ihre Höhe auch nach einem vorausbestimmten Plan wechseln - jährlich wiederkehrend zu erbringen ist, dann handelt es sich nicht um eine jährlich wiederkehrende Leistung (Schubert aaO;

Sprung-König aaO 252 f), weil die Wiederkehr nach § 1480 ABGB bloß durch die Zeit, nicht aber durch andere, wenn auch regelmäßig wiederkehrende Ereignisse bestimmt wird (Klang aaO 611; GlU 2098;

Rsp 1931/179). In diesem Sinn wurde bereits in SZ 30/58 (ebenso HS 535, 578, 583) ausgesprochen, daß der Anspruch des (stillen) Gesellschafters auf Auszahlung seines Gewinnanteils nicht der dreijährigen Verjährung nach § 1480 ABGB unterliegt, weil die Möglichkeit besteht, daß sich bei der laufenden jährlichen Gewinnberechnung in manchen Jahren kein Gewinn ergibt. Dieser Auffassung ist beizupflichten: Zwar kommt es bei der Beurteilung einer jährlichen Leistung nicht darauf an, ob der zu zahlende Betrag immer gleich hoch ist. Die Höhe der einzelnen Leistungen muß nicht von vornherein festgelegt sein; sie kann schwanken, und es kann sich ergeben, daß zu einzelnen Terminen keine Leistungen zu erbringen sind (Johannsen im RGRK z BGB12 Rz 7 zu § 197). Wird aber ein Gewinnanteil - hier des Gesellschafters einer bürgerlichen Erwerbsgesellschaft gemäß § 1199 ABGB und einer Kommanditgesellschaft gemäß §§ 120, 167 HGB - jeweils nur nach einem rechtsbegründenden Gesellschafterbeschluß fällig, dann ist seine jährliche Auszahlung nicht von vornherein festgelegt. Ehrenzweig (2. Aufl. I/1, 310) bietet für seine Auffassung, daß der Gewinnanspruch eines Gesellschafters der kurzen Verjährung unterliege, keine Begründung (ebensowenig GlUNF 1111). Klang vertritt trotz seiner kritischen Stellungnahme (aaO B.2.) die Auffassung, daß Gewinnanteile keine wiederkehrenden Leistungen im Sinne des § 1480 ABGB sind.

Leibrenten sind nach der Rechtsprechung zwar Renten im Sinne der demonstrativen Aufzählung in § 1480 ABGB (Rz 1967, 36); sie unterliegen der kurzen Verjährung aber nur dann, wenn sie zumindest einmal jährlich wiederkehren. Hängt ihre Wiederkehr nicht bloß von der Zeit, sondern von anderen, wenn auch regelmäßig wiederkehrenden Umständen - hier von der Festsetzung des Gewinnanteils des Leibrentenverpflichteten durch Gesellschafterbeschluß - ab, dann sind sie ebenfalls keine jährlich wiederkehrenden Leistungen. Dem Argument der Revision, daß auch der auf Grund einer Gewinnberechnung zu ermittelnde Teil der Leibrente eine Rente sei, kommt daher keine entscheidungswesentliche Bedeutung zu. Auch der Umstand, daß der jährlich wiederkehrende Teil der Leibrente, der auf Grund eines Sektionschefbezuges ermittelt wird, der kurzen Verjährung unterliegt, ist nicht wesentlich: So wie die beiden Teile des Leibrentenanspruches der Klägerin für dieselbe Berechnungsperiode zu verschiedenen Zeitpunkten fällig werden, können sie auch unabhängig voneinander nach verschiedenen Zeitabläufen verjähren. Auch mit dem Hinweis der Revision, daß Aufwertungsbeträge einer Darlehensschuld der gleichen (30jährigen!) Verjährung unterliegen wie die Forderung auf Rückzahlung des Darlehens (SZ 34/106), ist für den Standpunkt des Beklagten nichts zu gewinnen; derartige Aufwertungsbeträge sind nämlich nur ein Teil der Darlehensschuld und können daher nicht unabhängig vom Darlehensbetrag der kurzen Verjährung unterliegen. Von einer - wenn auch jährlich vorzunehmenden - Gewinnermittlung abhängige Leibrentenbeträge sind aber nicht nach Ablauf einer bestimmten Zeit, sondern nur dann zu erbringen, wenn der Rechnungsabschluß (Gesellschafterbeschluß!) einen Gewinn ergibt. Daß aber ein derartiger Gesellschafterbeschluß jedes Jahr gefaßt werde, ist nicht gewiß.

Der Revision war somit ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte