OGH 1Ob35/88

OGH1Ob35/8811.10.1988

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schobel, Dr.Hofmann, Dr.Schlosser und Dr.Graf als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dipl.Ing.Wilhelm P***, Bad Goisern, Bahnhofstraße 218, wider die beklagte Partei Mag.Werner H***, Richter des Kreisgerichtes Wels, wegen Feststellung und in den Rechtssachen der klagenden Parteien Wilhelm P***, Hochund Tiefbau Gesellschaft mbH & Co. KG, Wilhelm P***, Hoch- und Tiefbau Gesellschaft mbH, H*** Eigentumswohnungen Gesellschaft mbH, D*** Eigentumswohnungen Gesellschaft mbH, Wilhelm P***, Internationale Hoch- und Tiefbau Gesellschaft mbH, Dipl.Ing.Wilhelm P*** und Karin P***, alle Bad Goisern, Bahnhofstraße 218, wider die beklagten Parteien Dr.Christian W***, Dr.Horst S***, Dr.Ingrid W***, Dr.Bernhard W***, Dr.Anton S***, Dr.Georg W*** und Dr.Benedikt W***, sämtliche Richter des Kreisgerichtes Wels, wegen Anerkennung, Unterlassung, Leistung und Feststellung infolge Rekurses der klagenden Parteien gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz vom 7.Juli 1988, GZ Nc 124-131/88-1, womit Befangenheitsanzeigen sämtlicher Richter des Kreisgerichtes Wels als gerechtfertigt erkannt wurden und zur Entscheidung über die Befangenheitsanzeigen der Richter des Bezirksgerichtes Wels das Landesgericht Linz bestimmt wurde sowie über Anträge der klagenden Parteien auf Delegierung eines Gerichtes außerhalb des Sprengels des Oberlandesgerichtes Linz gemäß § 31 JN und § 9 Abs. 5 AHG folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Antrag der klagenden Parteien auf Delegierung eines Gerichtes außerhalb des Sprengels des Oberlandesgerichtes Linz wird abgewiesen.

Text

Begründung

Dipl.Ing.Wilhelm P***, über dessen Vermögen der Konkurs eröffnet ist, brachte beim Bezirksgericht Wels gegen Mag.Werner H***, Richter des Kreisgerichtes Wels, als Privatperson eine von ihm als Feststellungsklage bezeichnete Klage mit dem Begehren ein, es sei öffentlich erlaubt, Mag.H*** als Lügner und Betrüger sowie aktenkundigen gerichtsnotorischen Lügner zu bezeichnen. Sämtliche klagenden Parteien brachten weiters gesonderte Klagen gegen die im Spruch genannten Richter des Kreisgerichtes Wels mit dem Begehren ein, die beklagten Parteien mögen verurteilt werden, bei sonstiger Exekution die Rechtskraft des Befangenheitsbeschlusses Jv 147-17/85 vom 22.Februar 1985 in allen Verfahren anzuerkennen, ferner das Recht der klagenden Parteien auf den unparteiischen Richter gemäß Art. 6 MRK anzuerkennen, ferner alle Handlungen zu unterlassen, die diese Rechte in irgendeiner Weise schmälern, weiters alles zu unternehmen, was in ihrem Vermögen steht, diese Rechte durchzusetzen und alle ihre bisher dagegen verstoßenden Handlungen aufzuheben und rückgängig zu machen. Schließlich möge festgestellt werden, daß die beklagten Parteien den klagenden Parteien persönlich haftbar seien für alle Schäden, die den klagenden Parteien bisher bereits entstanden seien und noch entstehen werden, die auf die Verweigerung dieser Rechte zurückzuführen sind.

Da sowohl die nach der Geschäftsverteilung zuständigen als auch alle anderen Richter des Bezirksgerichtes Wels wegen ihrer beruflichen und privaten Kontakte zu den Beklagten ihre Befangenheit angezeigt hatten, legte der Vorsteher dieses Gerichtes die Akten dem Kreisgericht Wels zur Entscheidung über die Befangenheitsanzeigen vor. Darauf zeigten auch die Richter des Kreisgerichtes Wels aus gleichen oder ähnlichen Gründen ihre Befangenheit an. Das gemäß § 30 ZPO zur Entscheidung berufene Oberlandesgericht Linz sprach aus, daß die Befangenheitsanzeigen aller Richter des Kreisgerichtes Wels gerechtfertigt seien und bestimmte zur Entscheidung über die Befangenheitsanzeigen aller Richter des Bezirksgerichtes Wels das Landesgericht Linz. Der Richter, der seine Befangenheit anzeige, wisse im allgemeinen selbst am besten, inwieweit die tatsächliche Besorgnis bestehe oder entstehen könne, daß er sich im konkreten Fall nicht ausschließlich von objektiven Gesichtspunkten leiten lassen werde. Wenngleich es bezweifelt werden könne, ob die angezeigte Befangenheit der Richter des Kreisgerichtes Wels auch an einer objektiven Entscheidung über die Befangenheitsanzeigen der Richter des Bezirksgerichtes Wels hindern würde, sei es zur Vermeidung jedes Anscheines einer Befangenheit geboten, die Befangenheitsanzeigen der Richter des Kreisgerichtes Wels auch insoweit als gerechtfertigt anzusehen. Wegen Verhinderung aller Richter des Kreisgerichtes Wels werde das Landesgericht Linz als der nächstgelegene Gerichtshof erster Instanz zur Entscheidung über die Befangenheitsanzeigen der Richter des Bezirksgerichtes Wels bestimmt.

Rechtliche Beurteilung

Der von den klagenden Parteien selbst verfaßte schriftliche Rekurs, mit dem sie, soweit erkennbar, nicht den Ausspruch über die Befangenheit, sondern lediglich die Bestimmung eines Gerichtes im Sprengel des Oberlandesgerichtes Linz bekämpfen, ist zwar zulässig (Fasching, Zivilprozeßrecht Rz 209), aber nicht berechtigt. Da das Oberlandesgericht Linz nicht als Rechtsmittelgericht, sondern im Ablehnungsverfahren entschieden hatte und es ihm deshalb verwehrt blieb, die Rechtswegzulässigkeit zu prüfen, kann diese Frage auch vom Obersten Gerichtshof als Rechtsmittelinstanz im Ablehnungsverfahren nicht aufgegriffen werden. Gleichwohl sind die klagenden Parteien darauf hinzuweisen, daß sie Ansprüche auf den Rechtsweg nur im privatrechtlichen Bereich, in dem einander zwei Rechtssubjekte gleichberechtigt gegenüberstehen, verfolgen können (SZ 57/154; SZ 56/33 uva). Die klagenden Parteien nehmen die Beklagten jedoch wegen ihrer in Vollziehung der Gesetze erfolgten Tätigkeit in Anspruch. Auch das gegen Mag.Werner H*** gerichtete Klagebegehrdnrwird aus seiner Tätigkeit als Konkursrichter des Kreisgerichtes Wels und einer von ihm gegen den Kläger Dipl.Ing.Wilhelm P*** wegen gleichartiger Äußerungen verhängten Ordnungsstrafe abgeleitet. Damit kann es nicht zweifelhaft sein, daß alle geltend gemachten Ansprüche nicht privatrechtlicher Natur sind, sondern dem öffentlichen Recht zugehören.

Gegenstand der Anfechtung ist, wie bereits erwähnt, die Bestimmung eines Gerichtes, das seinen Sitz im Sprengel des Oberlandesgerichtes Linz hat; die klagenden Parteien begründen ihren Antrag, ein Gericht außerhalb dieses Sprengels zu bestimmen, im wesentlichen damit, daß die Rechtsverweigerung in diesem Sprengel immer groteskere Formen annehme. Zur Dartuung dieser Behauptung erheben sie gegen die Beklagten, die in ihren Rechtssachen jeweils ohnehin gemäß § 20 Z 1 JN von der Ausübung des Richteramtes ausgeschlossen sind, schwere und in unqualifizierter Form vorgetragene Vorwürfe wegen derer Amtsführung und unterstellen darüber hinaus dem Oberlandesgericht Linz, insbesondere dessen Präsidenten und Vizepräsidenten, wie auch in anderen Ablehnungserklärungen, die kriminellen Vorgänge beim Kreisgericht Wels zu decken. Wie den klagenden Parteien bereits jedoch wiederholt eröffnet wurde, müssen sich Ablehnungserklärungen stets gegen bestimmte Personen als Organwalter in bestimmten Verfahren richten. Die Ablehnung eines ganzen Gerichtes ist nur durch Ablehnung eines jeden einzelnen seiner Richter unter genauer Angabe der einzelnen Ablehnungsgründe (§ 22 Abs. 1 JN) zulässig (Fasching aaO Rz 165; derselbe, Kommentar I 200; SZ 33/122 ua, zuletzt 8 N 11/88). Dem auf eine solche Pauschalablehnung gestützten Antrag auf Bestimmung eines Gerichtes außerhalb des Sprengels des Oberlandesgerichtes Linz kann schon deshalb kein Erfolg beschieden sein.

Der auf § 31 JN gestützte Delegierungsantrag ist abzuweisen, weil der Kläger - allerdings nicht näher

konkretisierte - Befangenheitsgründe geltend macht, die Delegierung aus Zweckmäßigkeitsgründen jedoch nicht auf Befangenheitsgründe gestützt werden kann. Aus § 9 Abs. 5 AHG kann der Antrag auf Delegierung schon deshalb nicht gestellt werden, weil die klagenden Parteien durch die Einbringung der Klagen gegen das Organ beim Bezirksgericht selbst kein Amtshaftungsverfahren eingeleitet haben. Dem Rekurs ist somit ein Erfolg zu versagen; die Delegierungsanträge sind als nicht begründet abzuweisen.

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