Spruch:
Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Ausspruch, der Raub sei ohne Anwendung erheblicher Gewalt an einer Sache geringen Wertes begangen worden und die Tat habe nur unbedeutende Folgen nach sich gezogen, sowie in der darauf beruhenden Unterstellung des Raubes (auch) unter § 142 Abs. 2 StGB und demzufolge im Strafausspruch aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird gemäß § 288 Abs. 2 Z 3 StPO in der Sache selbst erkannt:
Markus W*** ist schuldig, er hat durch die ihm nach dem aufrecht gebliebenen Schuldspruch weiterhin zur Last fallende Tat das Verbrechen des versuchten Raubes nach §§ 15, 142 Abs. 1 StGB begangen und wird hiefür nach der zuletzt genannten Gesetzesstelle zu 2 (zwei) Jahren Freiheitsstrafe verurteilt.
Mit ihrer Berufung wird die Staatsanwaltschaft auf diese Entscheidung verwiesen.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 3.März 1962 geborene, zuletzt beschäftigungslose Markus W*** des Verbrechens des versuchten Raubes nach §§ 15, 142 (zu ergänzen: Abs. 1 und) Abs. 2 StGB (vgl. SSt. 51/50, ÖJZ-LSK 1985/8) schuldig erkannt. Darnach liegt ihm zur Last, am 6.Jänner 1988 in Kufstein versucht zu haben, der Brigitte S*** mit Gewalt, indem er ihr Schläge ins Gesicht versetzte und sie in den Würgegriff nahm, eine Geldtasche mit ca. 1.400 S Bargeld mit dem Vorsatz wegzunehmen, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, wobei der Raub ohne Anwendung erheblicher Gewalt an einer Sache geringen Wertes begangen wurde und die Tat nur unbedeutende Folgen nach sich gezogen hat.
Rechtliche Beurteilung
Diesen Schuldspruch bekämpft die Staatsanwaltschaft allein aus der Z 10 des § 281 Abs. 1 StPO mit Nichtigkeitsbeschwerde. Der Beschwerdeauffassung, die Tat des Angeklagten sei rechtsrichtig als Verbrechen des versuchten Raubes nach §§ 15, 142 Abs. 1 StGB zu beurteilen, weil das Versetzen zweier Schläge in das Gesicht des Opfers, das überdies in den Würgegriff genommen wurde und dadurch Verletzungen an den Händen (Kratzspuren und blaue Flecken) und am Hals (leichte Rötung) erlitt, die Annahme eines Raubes ohne Anwendung "erheblicher Gewalt" ausschließe, kommt Berechtigung zu. Die privilegierte Form des sogenannten "minderschweren" Raubes nach § 142 Abs. 1 und Abs. 2 StGB setzt voraus, daß die Tat ohne Anwendung erheblicher Gewalt an einer Sache geringen Wertes begangen wurde, nur unbedeutende Folgen nach sich gezogen hat und es sich um keinen schweren Raub (§ 143 StGB) handelt, wobei sämtliche dieser Voraussetzungen kumulativ gegeben sein müssen (ÖJZ-LSK 1975/188). Eine Raubverübung ohne Anwendung erheblicher Gewalt (gegen die Person des Tatopfers) kommt nicht in Betracht, wenn der Täter bei seinem Angriff beachtliche physische Kräfte in vehementer Weise einsetzt (Leukauf-Steininger, Komm.2, RN 35; Kienapfel, BT II2, RN 109 zu § 142 StGB; EvBl. 1981/136 = SSt. 51/50; 11 Os 75/85 = JUS EXTRA 8/15) und demgemäß die Belastung des Opfers durch die räuberische Gewaltanwendung im Vergleich zu Durchschnittsfällen nicht mehr geringfügig bleibt (13 Os 157/85 = JUS EXTRA 13/16), wobei unter Anlegung eines objektiv-individualisierenden Maßstabes auch die jeweiligen Umstände des konkreten Einzelfalles (insbesondere der Zustand des Angegriffenen) zu berücksichtigen sind (vgl. 11 Os 75/85 und die dort zitierte weitere Judikatur und Literatur, insbesondere Zipf im WK, Rz 47 zu § 142 StGB). Unter Zugrundelegung dieser Rechtsauffassung zeigt sich aber im konkreten Fall, daß die tataktuelle Gewaltanwendung - Versetzen zweier Schläge in das Gesicht der körperlich unterlegenen Taxilenkerin, die zudem noch in den Würgegriff (AS 141: "Schwitzkasten") genommen wurde - entgegen der Meinung des Erstgerichtes deutlich über jener Erheblichkeitsschwelle lag, welche § 142 Abs. 2 StGB als entsprechendes Privilegierungskriterium normiert. Solcherart fehlt es aber bereits an einer der kumulativen gesetzlichen Voraussetzungen des sogenannten minder schweren Raubes. Nur der Vollständigkeit halber sei hinzugefügt, daß im vorliegenden Fall eine Tatbeurteilung nach § 142 Abs. 2 StGB umso weniger in Betracht kommt, als die angestrebte Raubbeute von 1.400 S Bargeld nach aktuellen wirtschaftlichen Bewertungsmaßstäben unter keinen Umständen als Sache geringen Wertes angesehen werden kann. In Stattgebung der Subsumtionsrüge der Staatsanwaltschaft war daher das angefochtene Urteil spruchgemäß dahingehend abzuändern, daß der Angeklagte das Verbrechen des versuchten Raubes nach §§ 15, 142 Abs. 1 StGB zu verantworten hat.
Bei der notwendig gewordenen Neubemessung der Strafe nach § 142 Abs. 1 StGB war mit der Einschränkung, daß die "nahezu erhebliche Gewaltanwendung" als Erschwerungsgrund entfällt, von den vom Erstgericht im übrigen richtig und vollständig festgestellten Strafzumessungsgründen auszugehen. Unter Mitberücksichtigung des Umstands, daß in der Resignation des Angeklagten angesichts des Widerstands des Tatopfers immerhin eine nur begrenzte kriminelle Willensintensität zum Ausdruck kommt, erweist sich die ausgesprochene Freiheitsstrafe in der Dauer von zwei Jahren als tatgerecht und schuldangemessen.
Mit ihrer Berufung war die Staatsanwaltschaft auf diese Entscheidung zu verweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.
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