OGH 7Ob28/88

OGH7Ob28/8822.9.1988

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Flick als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz, Dr. Egermann, Dr. Niederreiter und Dr. Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei prot. Firma A*** Dr. Johann S***, Handel mit Kraftfahrzeugen,

Alleininhaber Dr. Johann S***, Wien 2., Franzensbrückenstraße 20, vertreten durch Dr. Johannes Schuster, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Z*** K*** Versicherungs-Aktiengesellschaft, Wien 1., Schwarzenbergplatz 15, vertreten durch Dr. Ingo Ubl, Rechtsanwalt in Wien, wegen restlicher S 118.750,-- s.A., infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 21. April 1988, GZ 5 R 176/87-15, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 3. Juli 1987, GZ 38 Cg 9/87-10, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Der Antrag der klagenden Partei auf Zuspruch von Kosten für das Revisionsverfahren wird abgewiesen.

Text

Begründung

Rosa W*** schloß mit der beklagten Partei für einen von der klagenden Partei geleasten PKW eine Neuwertkaskoversicherung ab, der die Allgemeinen Bedingungen für die Kasko- und Insassenunfallversicherung von Kraftfahrzeugen und Anhängern (AKIB) zugrundliegen. Nach deren Art. 7 dürfen Versicherungsansprüche vor ihrer endgültigen Feststellung ohne ausdrückliche Zustimmung des Versicherers weder abgetreten noch verpfändet werden. Die Versicherung wurde zugunsten der klagenden Partei vinkuliert. Am 13. Dezember 1986 wurde das versicherte Fahrzeug bei einem Unfall beschädigt.

Die klagende Partei begehrt, gestützt auf die Abtretung der Versicherungsansprüche durch die Versicherungsnehmerin, die Versicherungsleistung von S 118.750 und die Rückzahlung einer von ihr doppelt bezahlten Versicherungsprämie von S 3.620,--, zusammen S 122.370,-- s.A.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Das Berufungsgericht bestätigte das nur im Umfang des Zuspruches der Versicherungsleistung angefochtene Ersturteil und erklärte die Revision für zulässig.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen die Entscheidung der zweiten Instanz erhobene Revision der beklagten Partei ist mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs. 4 Z 1 ZPO unzulässig. Nach § 502 Abs. 4 Z 1 ZPO ist bei einem S 300.000,-- nicht übersteigenden Streitwert die Revision nur zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts abhängt, der zur Wahrung der Rechtssicherheit, Rechtseinheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt. Die Kasuistik des Einzelfalles schließt in der Regel eine beispielgebende Entscheidung im Sinne dieser Grundsätze aus. Wurden die grundsätzlichen Rechtsfragen in Übereinstimmung mit der Lehre und der Judikatur gelöst, wird diese Lösung gar nicht bekämpft und richtet sich die Anfechtung nur gegen die zu der richtigen Lösung der grundsätzliche Rechtsfragen nicht in einem unlösbaren Widerspruch stehende Anwendung auf den konkreten Einzelfall, sind diesbezüglich die Voraussetzungen des § 502 Abs. 4 Z 1 ZPO nicht gegeben (7 Ob 30/87; 7 Ob 701/86). Die Rechtsmeinung der zweiten Instanz, daß die Zustimmung des Versicherers zur Abtretung der Versicherungsansprüche auch schlüssig durch konkludentes Verhalten erteilt werden kann, entspricht der einhelligen Ansicht (Prölss-Martin VVG24 1130; Stiefel-Hofmann, Kraftfahrtversicherung13 Rz 85; Pienitz-Flöter, Allgemeine Bedingungen für die Kraftfahrtversicherung4 80 § 32 je mwN). Richtig ist auch, daß das Verhalten des Versicherers den Konkludenzerfordernissen des § 863 ABGB entsprechen muß. Davon ausgehend und unter Berücksichtigung des Umstandes, daß es als konkludente Zustimmung angesehen wurde, wenn sich der Versicherer auf die Schadensmeldung des Zessionars einläßt, ohne auf das Abtretungsverbot hinzuweisen (Prölss-Martin aaO; Stiefel-Hofmann aaO Rz 86), hat das Berufungsgericht im vorliegenden Fall aus der Korrespondenz der Streitteile (Anspruchserhebung durch die klagende Partei unter Hinweis auf die Zession und Einlassung der beklagten Partei ohne Hinweis auf das Abtretungsverbot) eine konkludente Zustimmung der beklagten Partei zur Forderungsabtretung angenommen. Die Richtigkeit der Lösung der grundsätzlichen Rechtsfragen durch das Berufungsgericht wird von der Revision gar nicht bestritten, sondern lediglich die Anwendung dieser Rechtsgrundsätze auf den hier gegebenen Einzelfall durch Heranziehung von vom vorliegenden Fall erheblich abweichenden Beispielen aus der Rechtsprechung bekämpft. Nach den obigen Darlegungen liegt somit eine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs. 4 Z 1 ZPO nicht vor.

Demgemäß ist die Revision zurückzuweisen (3 Ob 610/83). Der Antrag der klagenden Partei auf Zuspruch von Kosten für die Revisionsbeantwortung war abzuweisen, weil die klagende Partei auf die Unzulässigkeit der Revision nicht hingewiesen hat und ihre Revisionsbeantwortung demnach einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nicht dienlich war (§ 41 Abs. 1 ZPO).

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