OGH 8Ob616/88

OGH8Ob616/8815.9.1988

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr. Griehsler als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kropfitsch, Dr. Huber, Dr. Schwarz und Dr. Graf als Richter in der Sachwalterschaftssache des am 13. März 1938 geborenen Adolf B***, Arbeitsinvalide, 3160 Traisen, Gölsensiedlung 47, vertreten durch den einstweiligen Sachwalter Dr. Franz Amler, Rechtsanwalt in St. Pölten, infolge Revisionsrekurses des Betroffenen gegen den Beschluß des Landesgerichtes St. Pölten als Rekursgerichtes vom 16. März 1988, GZ R 156-158/88-15, womit a) der Rekurs gegen die Beschlüsse des Bezirksgerichtes Lilienfeld vom 28. Oktober 1987, GZ SW 2/87-5,6, zurückgewiesen wurde und b) der Beschluß dieses Gerichtes vom 21. Jänner 1988, GZ SW 2/87-11, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Das Erstgericht leitete auf Grund einer Anregung des Rekursgerichtes gegen Adolf B*** das Sachwalterschaftsverfahren ein. Nach einer ersten Anhörung des Betroffenen bestellte es mit dem Beschluß ON 5 Rechtsanwalt Dr. Franz A*** zum einstweiligen Sachwalter für das Verfahren und betraute diesen mit dem Beschluß ON 6 auch mit der Besorgung dringender Angelegenheiten, weil der Betroffene bis zur Entscheidung im Sachwalterschaftsverfahren die Hilfe einer rechtskundigen Person benötige. Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung unter Beiziehung eines Sachverständigen dehnte das Erstgericht mit dem Beschluß ON 11 den Umfang der zu besorgenden dringenden Angelegenheiten (§ 238 Abs 2 AußStrG) auf die Vertretung des Betroffenen in sämtlichen Verfahren vor allen übrigen Gerichten und Verwaltungsbehörden, insbesondere auch vor Gebietskörperschaften, aus.

Das Rekursgericht wies den Rekurs des Betroffenen gegen die Beschlüsse ON 5 und 6 als verspätet zurück und gab dem Rekurs gegen den Beschluß ON 11 nicht Folge.

Dagegen erhebt der Betroffene mit der am 28. April 1988 zur Post gegebenen, aber an das Landesgericht St. Pölten gerichteten Eingabe, welche erst am 4. Mai 1988 beim Erstgericht einlangte, Rekurs an das Oberlandesgericht Wien, der zutreffend dem Obersten Gerichtshof vorgelegt wurde.

Rechtliche Beurteilung

Das Rechtsmittel ist, soweit es die Zurückweisung des Rekurses wegen Verspätung bekämpft, verspätet; soweit es sich gegen den bestätigenden Teil der rekursgerichtlichen Entscheidung richtet, ist es unzulässig.

1.) Rekurse sind auch in Verfahren in Außerstreitsachen beim Erstgericht einzubringen. Die Anwendung des § 89 Abs 1 GOG, wonach die Tage des Postenlaufes ua in die Rechtsmittelfristen nicht eingerechnet werden, hat zur Voraussetzung, daß das Rechtsmittel an das zuständige Gericht adressiert ist; andernfalls kommt es nur auf den Tag seines Einlanges bei dem zuständigen Gericht an (SZ 24/10;

EFSlg 39.669; 7 Ob 734/86; 1 Ob 593/85; 1 Ob 6/88 uva;

Fasching II 672 und LB Rz 549). Die Rekursfrist beträgt gemäß § 11 Abs 1 AußStrG 14 Tage. Berücksichtigt man, daß dem Betroffenen der Beschluß des Rekursgerichtes am 14. April 1988 zugestellt wurde, dessen an das unrichtige Gericht adressiertes Rechtsmittel aber erst am 4. Mai 1988 beim Erstgericht einlangte, ist die hiefür vorgesehene Frist überschritten, das Rechtsmittel als verspätet zu beurteilen und im dargestellten Belang wegen Verspätung zurückzuweisen. Seine Berücksichtigung im Sinne des § 11 Abs 2 AußStrG kommt nicht in Betracht, weil ein Beschluß über die Bestellung des Sachwalters auf Grund eines verspäteten Rechtsmittels nicht mehr beseitigt werden kann (1 Ob 607/87 in Der Österreichische Amtsvormund 1988 Heft 2).

2.) Es entspricht der herrschenden Auffassung, daß vor der Entscheidung über die Rechtzeitigkeit eines Rechtsmittels seine Zulässigkeit zu prüfen ist (Fasching IV, 10, 25; 5 Ob 1/75; 5 Ob 529/78 ua). Der bestätigende Entscheidungsteil des rekursgerichtlichen Beschlusses kann gemäß § 16 Abs 1 AußStrG nur wegen offenbarer Gesetz- oder Aktenwidrigkeit der Entscheidung oder wegen einer begangenen Nullität angefochten werden. Keinen dieser Anfechtungsgründe zeigt der Rechtsmittelwerber auf. Es ist nicht richtig, daß die Entscheidung des Rekursgerichtes mangelhaft begründet wäre. Die summarischen Ausführungen des Rechtsmittelswerbers verkennen das Wesen der Nullität. Darunter ist nur eine durch Nichtigkeit qualifizierte Verfahrensmangelhaftigkeit zu verstehen (5 Ob 529/78 ua). Eine solche zeigt der Rechtsmittelwerber aber weder auf, noch ist sie dem Akteninhalt zu entnehmen. Worin eine offenbare unrichtige rechtliche Beurteilung des Rekursgerichtes gelegen sein soll, wird ebenfalls nicht dargelegt. Die Ansicht der Vorinstanzen, daß es zum Wohle des Betroffenen dringend erforderlich sei, ihm für sämtliche Verfahren vor Gerichten und Verwaltungsbehörden einen rechtskundigen Vertreter beizustellen, liegt im wohlverstandenen Interesse des Rechtsmittelswerbers. Für eine gegenteilige Annahme fehlt jeglicher Anhaltspunkt.

Der Revisionsrekurs ist daher in dem hier behandelten Umfang unzulässig. Er ist zurückzuweisen, ohne daß es notwendig gewesen wäre, infolge seiner Verspätung die Voraussetzungen für die Ausübung des Ermessens nach § 11 Abs 2 AußStrG zu prüfen (RZ 1966, 149; 3 Ob 636/76; 5 Ob 529/78 ua).

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