OGH 13Os113/88

OGH13Os113/888.9.1988

Der Oberste Gerichtshof hat am 8.September 1988 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller (Berichterstatter), Dr. Brustbauer, Dr. Kuch und Dr. Massauer als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Manquet als Schriftführers in der Strafsache gegen Michael H*** wegen des Vergehens der fahrlässigen Körperverletzung nach § 88 Abs 1 und 4 StGB. über die von der Generalprokuratur zur Wahrung des Gesetzes gegen das Urteil des Bezirksgerichts Wildshut vom 19. November 1980, GZ. U 215/80-9, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalts Dr. Kodek, jedoch in Abwesenheit des Verurteilten, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Das Urteil des Bezirksgerichts Wildshut vom 19.November 1980, U 215/80-9, verletzt die Bestimmung des § 369 StPO.

Dieses Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, wird im Ausspruch über die privatrechtlichen Ansprüche der Elfriede L*** aufgehoben und gemäß §§ 292, 288 Abs 2 Z. 3 StPO. im Umfang der Aufhebung in der Sache selbst erkannt:

Die Privatbeteiligte Elfriede L*** wird mit ihren Ansprüchen auf den Zivilrechtsweg verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem Urteil des Bezirksgerichts Wildshut vom 19.November 1980, U 215/80-9, wurde Michael H*** des Vergehens der fahrlässigen Körperverletzung nach § 88 Abs 1 und 4

(erster Fall) StGB. schuldig erkannt und zu einer Geldstrafe verurteilt. Überdies wurde er gemäß § 369 StPO. unter anderm zur Zahlung von 5.000 S an die Privatbeteiligte Elfriede L*** verurteilt. Das im Schuldspruch und im Adhäsionserkenntnis unangefochten gebliebene Urteil wurde im Strafausspruch mit dem Urteil des Kreis- als Berufungsgerichts in Ried im Innkreis vom 9. März 1981, 9 Bl 21/81 (ON. 14), abgeändert.

Dem Schuldspruch liegt ein Verkehrsunfall am 2.September 1980 in Hochburg zugrunde; Michael H*** hatte als Lenker eines Personenkraftwagens, in dem sich noch Rosa G***, Elfriede L*** und Maria H*** befanden, eine Linkskurve mit überhöhter Geschwindigkeit befahren, sodaß er auf die linke Fahrbahnhälfte geriet und mit dem entgegenkommenden Personenkraftwagen des Heinrich W*** zusammenstieß; Elfriede L*** erlitt dabei eine schwere Verletzung. Im Zug der folgenden Zivilprozesse (29 C 1511/82 = 30 C 266/88 des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien; 18 Cg 737/82 des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien) ergab sich, daß Michael H*** die Fahrt im Auftrag seines Dienstgebers, der C***- Castell'schen Forstverwaltung (siehe S. 6), unternommen hatte, um drei weitere Dienstnehmerinnen, darunter auch Elfriede L***, zu befördern.

Der Zuspruch an die Privatbeteiligte Elfriede L*** verletzt die Bestimmung des § 369 StPO. Wie in dem zweitgenannten Zivilverfahren festgestellt wurde, übernahm Michael H***

einen wenn auch beschränkten Teilbereich von Vorgängen, die der Erreichung des Betriebszwecks dienten, demnach hinsichtlich der von ihm beförderten Elfriede L*** eine Aufgabe im Rahmen der betrieblichen Organisation der C***-Castell'schen Forstverwaltung und war damit "Aufseher im Betrieb" (JBl 1985, 565 mit weiteren Zitaten). Demgemäß kommt ihm das Haftungsprivileg des § 333 Abs 4 ASVG. zugute (siehe die im unfallsgegenständlichen Zivilprozeß ergangene Entscheidung des OGH. v. 21.Oktober 1987, 8 Ob 31/87). Der Zuspruch an die Privatbeteiligte Elfriede L*** war daher verfehlt, standen ihr doch aus dem gegenständlichen Betriebsunfall privatrechtliche Ansprüche gegen Michael H*** nicht zu. Die Verletzung des § 369 StPO wirkte sich zwar nicht auf die Strafe, zu der Michael H*** verurteilt worden ist, aus.

Rechtliche Beurteilung

Dennoch kann der Oberste Gerichtshof in erweiterter Auslegung des § 292 StPO. auch einen auf einer irrigen Anwendung des bürgerlichen Rechts beruhenden, von dem nicht durch einen Verteidiger vertretenen Beschuldigten unangefochten gelassenen Zuspruch im Adhäsionsverfahren aufheben (13 Os 18,19/81 und frühere Entsch.). Es war daher in Stattgebung der von der Generalprokuratur gemäß § 33 Abs 2 StPO. erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gemäß § 292 StPO. spruchgemäß zu erkennen.

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