OGH 6Ob648/88

OGH6Ob648/886.9.1988

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schobel, Dr. Melber, Dr. Schlosser und Dr. Redl als weitere Richter in der Familienrechtssache der Antragstellerin Liselotte N***, Hausfrau, Thimiggasse 63-69/2/1, 1180 Wien, wider den Antragsgegner Paul N***, Pensionist, Simonygasse 2 b/9/4, 1180 Wien, vertreten durch Dr. Romeo Nowak, Rechtsanwalt in Wien, wegen Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse, infolge Revisionsrekurses des Antragsgegners gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgerichtes vom 6. Mai 1988, GZ 47 R 173/88-18b, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Döbling vom 12. Oktober 1987, GZ 2 F 5/87-9, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs, dessen Kosten der Antragsgegner selbst zu tragen hat, wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Die Parteien haben am 30. Juli 1971 die Ehe geschlossen. Zu Beginn der Ehe waren sie beide berufstätig, die Antragstellerin verdiente monatlich ca. S 7.000,-- netto. 1977 gab sie ihren Beruf auf und arbeitete ab damals bis zumindest 1982 - obwohl sie sich arbeitsunfähig fühlte - wöchentlich 10 bis 20 Stunden gegen ein Entgelt von S 50,-- pro Stunde. Der Antragsgegner verdiente etwa doppelt so viel wie die Antragstellerin in ihrer aktiven Zeit. 1981 erhielt er eine Abfertigung von S 180.000,--. Heute erhält der Antragsgegner als Pensionist S 12.800,-- 14mal im Jahr, er ist verpflichtet, der Antragstellerin einen monatlichen Unterhalt von S 4.250,-- zu leisten. Die Antragstellerin hat kein eigenes Einkommen. Zur Führung des Haushaltes trug die Antragstellerin etwas mehr bei als der Antragsgegner, der sich ebenfalls in der Haushaltsführung betätigte. Die am 14. August 1968 geborene Tochter der Parteien wurde überwiegend von der Antragstellerin betreut. Die Ehegatten trennten sich im Dezember 1982 oder Jänner 1983. Der Antragsgegner überließ der Antragstellerin die Ehewohnung samt Einrichtung. Das Erstgericht schätzte den Wert dieser Wohnung (Gemeindewohnung) samt Einrichtung auf S 100.000,--. Zur Zeit der Aufhebung des gemeinsamen Haushaltes waren Ersparnisse von insgesamt S 427.000,-- vorhanden, die der Antragsgegner an sich nahm. Er nahm auch den PKW, dessen Wert das Erstgericht für den Zeitpunkt seiner Entscheidung mit S 20.000,-- annahm, mit. Die Antragstellerin hat aus dem ehelichen Vermögen ohne Zustimmung des Antragsgegners Münzen im Wert von etwa S 5.000,-- entnommen. Die Ehe der Streitteile wurde aus dem überwiegenden Verschulden des Mannes geschieden. Die Antragstellerin begehrte auszusprechen, daß ihr die Wohnungs samt Inventar verbleibe und ihr der Antragsgegner eine Ausgleichszahlung von S 200.000,-- zu leisten habe. Der Antragsgegner wendete ein, er habe die Spareinlagen aufgelöst und daraus Auslagen im (detailliert angeführten) Umfang von S 313.000,-- gemacht. Im derzeitigen Verfahrensstand ist hinsichtlich dieser Zahlungen nur mehr die Behauptung von Bedeutung, der Antragsgegner habe im Jahre 1984 im alkoholisierten Zustand mit dem PKW einen Verkehrsunfall verursacht, als dessen Folge er Zahlungen an die Versicherung, Polizeistrafen und Reparaturkosten des PKWs sowie seiner Uhr im Gesamtbetrag von S 79.000,-- zu leisten gehabt habe.

Das Erstgericht sprach aus, daß die Ehewohnung samt Inventar der Antragstellerin verbleibt und der Antragsgegner schuldig ist, der Antragstellerin eine Ausgleichszahlung von S 80.000,-- binnen vier Wochen zu bezahlen. Das Mehrbegehren von S 120.000,-- wurde abgewiesen. Dieser Entscheidung legte das Erstgericht einen Aufteilungsschlüssel von 1 : 1 zugrunde. Es führte aus, von den ehelichen Ersparnissen von S 427.000,-- sei der Betrag von insgesamt S 79.000,-- abzuziehen, den der Antragsgegner wegen des Unfalles sowie für die Reparatur seiner Uhr habe bezahlen müssen, denn diese Ausgaben hätten der Gestaltung der Lebensverhältnisse der Ehegatten während aufrechter Ehe nicht widersprochen. Es ergebe sich daher ein Betrag von S 348.000,--, zu dem noch der Wert des PKW von S 20.000,-- käme, sodaß Ersparnisse von S 368.000,-- aufzuteilen seien und auf die Antragstellerin ein Betrag von S 184.000,-- entfalle. Da die Antragstellerin die Wohnung samt Einrichtung erhalten habe, verbleibe ein Betrag von S 84.000,--, unter Berücksichtigung der Münzen, die sie an sich genommen habe, ergebe sich eine Ausgleichszahlung von S 80.000,--.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Antragsgegners nicht Folge, wohl aber jenem der Antragstellerin und erhöhte die Ausgleichszahlung auf S 120.000,--. Der Rekurs an den Obersten Gerichtshof wurde für zulässig erklärt. Das Gericht zweiter Instanz führte aus, es entspräche nicht der Billigkeit, würde die Antragstellerin durch die Aufwendungen für den vom Antragsgegner nach Auflösung der ehelichen Gemeinschaft verschuldeten Unfall benachteiligt. Der Betrag von S 79.000,-- sei daher von den ehelichen Ersparnissen nicht abzuziehen. Zutreffend habe das Erstgericht den Wert der Wohnung samt Inventar gemäß § 273 ZPO mit S 100.000,-- ermittelt, entgegen der Ansicht des Antragsgegners sei auch die Abfertigung zur Gänze in die Aufteilung einzubeziehen. Der Antragsgegner bekämpft den Beschluß des Rekursgerichtes mit Revisionsrekurs und beantragt ihn dahin abzuändern, daß der Antrag auf Zuerkennung einer Ausgleichszahlung abgewiesen werde. Die Antragstellerin hat sich am Revisionsrekursverfahren nicht beteiligt.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.

Den Ausführungen, der Antragsgegner habe wesentlich mehr zur Ansammlung der ehelichen Ersparnisse beigetragen als die Antragstellerin, ist zu erwidern, daß als Beiträge im Sinne des § 83 Abs 1 EheG nicht nur solche finanzieller Art zu verstehen sind, sondern nach der ausdrücklichen Anordnung des § 83 Abs 2 EheG unter anderem auch die Führung des gemeinsamen Haushaltes, die Pflege und Erziehung gemeinsamer Kinder und jeder sonstige eheliche Beistand. Nach der Rechtsprechung werden grundsätzlich Beiträge in Fällen, in denen der Mann allein verdient und die Frau den Haushalt und die Kinder betreut, gegeneinander aufgewogen

(EFSlg 51.764 uva). Berücksichtigt man, daß im vorliegenden Fall die Antragstellerin das gemeinsame Kind überwiegend betreute, zur Führung des Haushaltes mehr beitrug als der Antragsgegner und daß sie überdies selbst ein Einkommen erzielte, dann ist trotz der unterschiedlichen Höhe der beiderseitigen Einkommen eine Aufteilung im Verhältnis von 1 : 1 gerechtfertigt.

Soweit der Antragsgegner rügt, daß der Wert der Wohnung samt Inventar nicht durch ein Sachverständigengutachten sondern auf Grund des § 273 ZPO ermittelt wurde, ist darauf hinzuweisen, daß gemäß § 232 AußStrG der Revisionsrekurs nur darauf gegründet werden kann, daß die Entscheidung des Rekursgerichtes auf einer unrichtigen rechtlichen Beurteilung der Sache beruht. Die Geltendmachung eines Verfahrensmangels ist nicht zulässig (EFSlg 52.933 uva). Ob die Voraussetzungen für die Anwendung des § 273 Abs 1 ZPO vorhanden sind, ist aber eine Verfahrensfrage (JBl 1973, 257; JBl 1976, 370; 1 Ob 647, 1527/87 uva). Im Verfahren über die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse kann daher die Frage, ob die Voraussetzungen für die Anwendung des § 273 Abs 1 ZPO vorlagen, nicht an den Obersten Gerichtshof herangetragen werden (2 Ob 654/87). Daß bei Anwendung dieser Bestimmung ein unrichtiger Wert angenommen wurde - dies würde eine Rechtsfrage darstellen - wird im Revisionsrekurs nicht behauptet. Verfehlt ist die Meinung, die Abfertigung wäre nicht zur Gänze zu berücksichtigen gewesen, weil sie für eine teilweise vor der Ehe geleistete berufliche Tätigkeit bezahlt worden sei. Die Abfertigung ist während der Ehe angefallen, vor der Eheschließung stand noch nicht fest, ob ein derartiger Anspruch dem Antragsgegner anfallen werde. Der Abfertigungsanspruch stellte daher vor der Eheschließung noch keinen Vermögensbestandteil des Antragsgegners dar (vgl. EFSlg 43.756). Zutreffend haben daher die Vorinstanzen die gesamte Abfertigung bei der Aufteilung berücksichtigt. Auf die Ausführungen im Revisionsrekurs, das Rekursgericht habe einen Betrag von S 79.000,-- zu Unrecht in die Aufteilungsmasse einbezogen, braucht nicht eingegangen zu werden, weil die von den Vorinstanzen vorgenommene Berechnung nicht richtig ist und die Antragstellerin benachteiligt, sodaß auch dann, wenn man den Betrag von S 79.000,-- von den Ersparnissen abzieht, eine Ausgleichszahlung von S 120.000,-- berechtigt ist. Richtig ist wohl, daß der Wert der Ehewohnung samt Inventar bei dem der Antragstellerin zustehenden Anteil zu berücksichtigen ist. Die Vorinstanzen haben jedoch nicht darauf Bedacht genommen, daß die Ehewohnung als eheliches Gebrauchsvermögen zur Aufteilungsmasse gehört. Selbst wenn man - wie das Erstgericht - Ersparnisse in der Höhe von nur S 348.000,-- berücksichtigt, ergibt sich zuzüglich des Wertes der Wohnung samt Einrichtung, des PKWs und der von der Antragstellerin an sich genommenen Münzen eine Aufteilungsmasse im Wert von S 473.000,--, auf die Antragstellerin entfallen somit S 236.500,--. Zieht man davon den Wert der Wohnung samt Inventar und der Münzen ab, verbleiben S 131.500,--. Der Antragsgegner ist daher dadurch, daß die Ausgleichszahlung mit S 120.000,-- bemessen wurde, auf keinen Fall beschwert.

Soweit die Leistungsfrist von vier Wochen als zu kurz gerügt und die Gewährung von Ratenzahlungen begehrt wird, ist darauf hinzuweisen, daß der Antragsgegner - wie das Erstgericht zutreffend ausführte - auch nach seinen eigenen Behauptungen über die Zahlungen, die er aus den an sich genommenen Ersparnissen leistete, noch über einen Betrag von etwa S 115.000,-- verfügen muß. Die Leistung der Ausgleichszahlung ist ihm daher, obwohl er nur ein Pensionseinkommen bezieht, binnen vier Wochen zumutbar. Ein Zuspruch von Kosten für den erfolglosen Revisionsrekurs würde nicht der Billigkeit im Sinne des § 234 AußStrG entsprechen.

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