OGH 12Os118/88

OGH12Os118/881.9.1988

Der Oberste Gerichtshof hat am 1.September 1988 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Horak, Dr. Hörburger, Hon.Prof. Dr. Brustbauer und Dr. Rzeszut als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Bogensberger als Schriftführer in der Strafsache gegen Richard L*** wegen des Verbrechens der versuchten schweren Erpressung nach §§ 15, 144 Abs 1, 145 Abs 1 Z 1 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 14.Juli 1988, GZ 12 Vr 1369/88-27, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Richard L*** des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 und 2 StGB (Punkt 1 des Urteilssatzes), des Verbrechens der versuchten schweren Erpressung nach "§§ 15, 145 Abs 1 Z 1" (richtig: §§ 15, 144 Abs 1, 145 Abs 1 Z 1) StGB (Punkt 2) sowie der Vergehen des Hausfriedensbruches nach § 109 Abs 1 StGB (Punkt 3), der versuchten Erpressung nach §§ 15, 144 Abs 1 StGB (Punkt 4), des Diebstahls nach § 127 StGB (Punkt 5), des Betruges nach § 146 StGB (Punkt 6) und der Sachbeschädigung nach § 125 StGB (Punkt 7) schuldig erkannt.

Darnach hat er

(zu 1) am 28.April 1988 in Weitendorf den Herbert F*** durch die Äußerung: "Dich erwürge ich auch noch", wobei er ihn mit der rechten Hand am Halse ergriff, mit dem Tod gefährlich bedroht, um ihn in Furcht und Unruhe zu versetzen,

(zu 2) am 28.April 1988 in Weitendorf mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten des Genötigten unrechtmäßig zu bereichern, Johann H*** durch die Äußerung: "Wenn du mir nicht jedes Monat 1.000 S gibst, verlierst du auch dein zweites Auge", wobei er gleichzeitig dessen Nase ergriff und herumdrehte, mithin durch Drohung mit einer erheblichen Verstümmelung und mit Gewalt zu einer Handlung, die ihn am Vermögen schädigen sollte, nämlich zur Übergabe des genannten Geldbetrages zu nötigen versucht,

(zu 3) am 3.Mai 1988 in Weitendorf den Eintritt in die Wohnstätte des Johann H*** mit Gewalt, indem er das Schlafzimmerfenster einschlug, erzwungen,

(zu 4) am 3.Mai 1988 in Weitendorf mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten des Genötigten unrechtmäßig zu bereichern, Johann H*** mit Gewalt, indem er dessen Nase ergriff und herumdrehte, zu einer Handlung, die ihn am Vermögen schädigen sollte und zwar zur Herausgabe des Sparbuches sowie von Bargeld, zu nötigen versucht, (zu 5) am 28.April 1988 in Weitendorf eine fremde bewegliche Sache, nämlich einen Bargeldbetrag von 750 S dem Johann H*** mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern,

(zu 6) mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, nachgenannte Personen durch die Vorgabe, ein zahlungsfähiger und -williger Gast bzw Fahrgast zu sein, mithin durch Täuschung über Tatsachen zu Handlungen verleitet, welche die Genannten an ihrem Vermögen schädigten, und zwar

a) am 28.April 1988 in Weitendorf Elfriede K*** zur Abgabe von Getränken im Werte von 100 S;

b) am 9.Mai 1988 in Graz Karl W*** zu einer Taxifahrt vom Messeplatz zum Lendplatz im Betrage von 58 S,

(zu 7) am 3.Mai 1988 in Weitendorf durch Einschlagen einer Fensterscheibe der Wohnung des Johann H*** fremde Sachen im Werte von 300 S beschädigt.

Rechtliche Beurteilung

Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Z 5 a, 9 lit a, b und c des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

In seinen Ausführungen zur Z 5 a des § 281 Abs 1 StPO vermag der Beschwerdeführer erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch des Gerichts über die Schuld des Angeklagten zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen nicht aufzuzeigen. Der Hinweis der Tatsachenrüge auf die Aussage des Zeugen Johann H*** vor dem Untersuchungsrichter (ON 11), er habe mit dem Angeklagten früher wiederholt Auseinandersetzungen gehabt, sei dabei aber weder bedroht noch bestohlen worden, vermag ebensowenig wie der weiters ins Treffen geführte Umstand, daß der Zeuge den Beschwerdeführer beim Vorfall am 3.Mai 1988 (Urteilsfakten 3, 4 und 7) wegen seiner Verletzung Hilfe leistete (vgl. S 84 unten) die durch die Gesamtheit der Verfahrensergebnisse vermittelte Sach- und Beweislage in einem Maße zugunsten des Angeklagten zu verändern, daß die Erwägungen der Tatrichter zur Beweiswürdigung unvertretbar erscheinen würden.

Ob im Urteilsfaktum 1 (Vergehen der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 und 2 StGB) die Drohung im Bedrohten Herbert F*** tatsächlich Besorgnis erweckt hat, ist ohne Belang

(vgl. Leukauf-Steininger, Komm.2, § 74 Z 5, RN 18;

Mayerhofer-Rieder, StGB2 § 74 ENr 41), sodaß die Ausführungen der Rüge dazu keine entscheidenden Tatsachen betreffen. Die Rechtsrüge (Z 9 lit a, b und c) ist zur Gänze nicht prozeßordnungsgemäß ausgeführt.

Wenn zunächst zu den Urteilsfakten 2, 4 und 5 behauptet wird, das Urteil lasse Feststellungen zur subjektiven Tatseite, im besonderen zum Bereicherungsvorsatz vermissen, so übergeht die Beschwerde, daß ein solcher Vorsatz ausdrücklich im (zusammen mit den Urteilsgründen eine Einheit bildenden) Urteilsspruch angeführt wird und ein solches vorsätzliches Handeln auch in den Gründen des Urteils mit hinreichender Deutlichkeit festgestellt ist. Hat doch das Erstgericht die Aussage des Zeugen Johann H*** ersichtlich zur Feststellungsgrundlage erhoben und damit - der Verantwortung des Angeklagten, dieser schulde ihm Geld, zuwider - auch im Sinne der Darstellung des genannten Zeugen (vgl. S 84) als erwiesen angenommen, daß er dem Beschwerdeführer nichts schuldig sei. Weil die Rüge dies übergeht, entbehrt sie einer prozeßordnungsgemäßen Darstellung.

Ein prozeßordnungsgemäßer Vergleich des Urteilssachverhalts mit dem darauf angewendeten Strafgesetz wird aber auch zum Faktum 1 des Urteilssatzes nicht unternommen, wenn die Rüge lediglich bestreitet, den Herbert F*** in Furcht und Unruhe versetzt zu haben und daraus - ohne nähere Substantiierung - ableitet, daß die "objektiven Tatbestandsmerkmale des § 107 Abs 1 und 2 nicht vorliegen". Gleiches gilt für jene Beschwerdeausführungen, mit welchen unter Hinweis darauf, daß es sich bei der inkriminierten Äußerung "offensichtlich um eine milieubedingte Aussage handelt", die Absicht, den genannten Zeugen in Furcht und Unruhe zu versetzen, in Abrede gestellt und die bezüglichen Urteilsfeststellungen negiert werden.

In Ansehung der Betrugstat Faktum 6 b des Urteilssatzes verweist der Angeklagte lediglich auf die nachträgliche Schadensgutmachung, sohin auf einen im Rahmen der Strafbemessung zu berücksichtigenden Umstand. Sein Vorbringen im Rahmen der Rechtsrüge zur Urteilstat Faktum 6 a läuft auf eine Wiederholung seiner vom Erstgericht (laut S 150 unten und 151) als unglaubwürdig abgelehnten leugnenden Verantwortung und somit auf eine versuchte Umwertung der Verfahrensergebnisse hinaus.

Unter Berufung auf § 281 Abs 1 Z 9 lit b StPO nimmt der Angeklagte in Ansehung der Erpressungsfakten (2 und 4) den Strafaufhebungsgrund des Rücktritts vom Versuch (§ 16 Abs 1 StGB) für sich in Anspruch, bringt jedoch den herangezogenen materiellen Nichtigkeitsgrund gleichfalls nicht zur gesetzmäßigen Darstellung:

Hinsichtlich der Urteilstat 2 hat das Erstgericht keine die Aufgabe der Tatausführung durch den Angeklagten auch nur andeutende Feststellung getroffen, sondern ist davon ausgegangen, daß dieser seinen Versuch keineswegs abgebrochen, sondern seinem Vorhaben entsprechend beendet hat (weshalb es zur Annahme eines straflosen Rücktritts eines contratius actus iS einer freiwilligen Erfolgsabwendung bedurft hätte). Hinsichtlich der Urteilstat 4 hinwieder übergeht der Beschwerdeführer, daß er nach den erstgerichtlichen Feststellungen (S 150 zweiter Abs ) keineswegs freiwillig, sondern erst dann vom Opfer abließ, nachdem er darüber aufgeklärt worden war, daß dieses weder Bargeld noch ein Sparbuch bei sich hatte (sohin eine dem Tatplan entsprechende Vollendung der Tat unmöglich war).

Das auf lit c (der Sache nach jedoch auf lit b) der Z 9 des § 281 Abs 1 StPO gestützte Beschwerdevorbringen, es fehle an einer Ermächtigung des Verletzten in Ansehung des Vergehens des Hausfriedensbruches nach § 109 Abs 1 StGB (Urteilstat 3) übersieht, daß der Zeuge H*** eine schriftliche Ermächtigung (S 33) erteilt hat.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher teils gemäß § 285 d Abs 1 Z 2 StPO, teils gemäß der Z 1 (iVm § 285 a Z 2 StPO) dieser Gesetzesstelle bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen.

Über die Berufung wird das Oberlandesgericht Graz zu entscheiden haben (§ 285 i nF StPO).

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