Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien die mit S 24.762,04 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 2.251,09 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu bezahlen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die zweitbeklagte Partei ist die Komplementärgesellschaft der erstbeklagten Partei, deren Geschäftsführer Ewald P*** ist. Der Kläger kannte die erstbeklagte Partei aus einem früheren Geschäft mit der K*** Handelsgesellschaft mbH (im folgenden nur Firma K***), deren Geschäftsführer er ist. Es war ihm bekannt, daß die erstbeklagte Partei aufgrund ihrer technischen Ausrüstung und ihres know how in der Lage war, Spritzen aus Kunststoff herzustellen. Aufgrund einer Anfrage seines Geschäftsfreundes Günther W***, des Inhabers der MFG Import-Export-Immobilien Gesellschaft mbH in der BRD (im folgenden nur Firma MFG), ob er in Österreich einen Erzeuger von Injektionsspritzen ausfindig machen könne, wandte sich der Kläger mit einem ihm von Günther W*** übergebenen Muster einer automatischen Injektionsspritze für Atropin an die erstbeklagte Partei. Neben dem Kläger war auch Dr. Foroud K*** tätig, um für den von der Armee der islamischen Republik Iran zu erteilenden Auftrag zur Lieferung von ca. 400.000 automatischen Atropin-Injektionsspritzen einen Financier zu finden. Gegenüber dem Geschäftsführer der erstbeklagten Partei verwies der Kläger darauf, daß er "ein größeres Geschäft an Land ziehen könne" und übergab ihm das Muster der Atropin-Injektionsspritze, das die Aufschrift "Duphan BV Amsterdam Holland" trug. Ewald P*** vermaß und zeichnete die Injektionsspritze und kalkulierte einen Preis. Am 7.11.1983 erstellte die erstbeklagte Partei ihr an "To whome it made concern" gerichtetes Anbot auf Lieferung von 387.000 automatischen Atropin-Injektionsspritzen mit österreichischem Ursprungszeugnis zum Stückpreis von S 18,50 gegen eine Anzahlung von S 700.000,-- bei Auftragserteilung und ein unwiderrufliches Akkreditiv einer österreichischen Bank, Kassa gegen Dokumente. Die erstbeklagte Partei garantierte, daß die Injektionsspritzen laut Muster von ihr erzeugt werden können (Beilagen A und B). Mit einem Schreiben an den Kläger vom gleichen Tag verpflichtete sich die erstbeklagte Partei, die automatischen Injektionsspritzen nur mit ausdrücklicher, schriftlicher Zustimmung des Klägers an andere als von ihm genannte Kunden zu verkaufen (Beilage C). Das Anbot und die Liefergarantie bekam Günther W***, der nunmehr mit dem von Dr. Foroud K*** als Financier gewonnenen Sägewerksbesitzer und Holzexporteur Komm. Rat Franz S*** verhandelte. Komm.Rat Franz S***
erstellte eine pro forma-Faktura an den iranischen Abnehmer, der dann eine Liefergarantie verlangte, die Komm.Rat Franz S*** in der Folge auch erstellte. In die Abwicklung des Geschäftes war auch die Botschaft der Republik Nordkorea in Österreich eingeschaltet, die dem Komm.Rat Franz S*** garantierte, daß das von iranischen Abnehmer zu eröffnende Akkreditiv der pro forma-Faktura entsprechen werde. Am 16.11.1983 trafen bei der erstbeklagten Partei Dr. Foroud K***, Komm.Rat Franz S***, der Kläger und Ewald P*** zusammen. Hiebei erteilte Komm.Rat Franz S*** der erstbeklagten Partei den Auftrag zur Herstellung von 387.000 automatischen Atropin-Injektionsspritzen zum Stückpreis von S 21,70 excl. Umsatzsteuer. Die Gesamtauftragssumme betrug S 8,397.900. Es wurde eine Anzahlung von S 1,200.000 und die Eröffnung eines Akkreditivs einer österreichischen Bank über S 7,197.000 vereinbart, sobald das Akkreditiv des iranischen Abnehmers für Komm.Rat Franz S*** eingetroffen ist. Komm.Rat Franz S*** sollte die Injektionsspritzen an den iranischen Abnehmer liefern. Mit Schreiben vom 16.11.1983 bestätigte die erstbeklagte Partei dem Kläger, daß er für die Vermittlung dieses Auftrages eine Provision von S 1,238.400 excl. Umsatzsteuer erhält. Die Provision sollte dann zu zahlen sein, wenn die erstbeklagte Partei das Geld aus dem Akkreditiv erhält. Von einem holländischen Ursprungszeugnis war weder bei den Vorgesprächen noch am 16.11.1983 die Rede. Bei allen Gesprächen gingen aber die Streitteile, Günther W*** und Komm.Rat Franz S*** davon aus, "daß das Geschäft mit den Atropin-Spritzen klappt", und es wurde nicht besprochen, was geschehen sollte, wenn das Geschäft nicht zustandekommt. Am 27.12.1983 traf der Kläger mit Günther W*** eine Vereinbarung über die Produktion der Atropin-Spritzen (Beilage 4). Danach sollten in Zukunft alle diese Geschäfte über die Firma MFG abgewickelt werden, und dem Kläger sollte für seine Bemühungen beim ersten Geschäft und bei allen weiteren Geschäften eine Produtkionsprovision von S 1,85 zustehen. Am 26.1.1984 eröffnete die Bank M***, Teheran, im Auftrag des Logistischen Kommandos der Bodenstreitkräfte der iranischen Armee ein bis 15.5.1984 gültiges Akkreditiv über sfrs 2,128.500 zugunsten des Komm.Rat Franz S***. Neben anderen Dokumenten verlangte die iranische Bank auch ein Zeugnis in zweifacher Ausfertigung, daß die Ware holländischen Ursprungs ist. Vergeblich versuchten die nordkoreanische Botschaft, Dr. Foroud K*** und Komm.Rat Franz S*** den iranischen Abnehmer von der Forderung nach einem holländischen Ursprungszeugnis abzubringen. Zwischenzeitig lief das Akkreditiv ab, die von Kom.Rat Franz S*** über rund S 1,800.000 erstellte Liefergarantie wurde vom iranischen Abnehmer eingezogen. Der Vertrag zwischen der erstbeklagten Partei und Komm. Rat Franz S*** wurde einverständlich aufgehoben. Ohne Zutun des Klägers gelang es der erstbeklagten Partei, ein Geschäft mit einer westeuropäischen Armee abzuschließen, für welches von der erstbeklagten Partei die Atropin-Spritzen neu konstruiert wurden. Die Neukonstruktion wurde zum Patent angemeldet. Zur Erfüllung dieses Auftrages konnte aber ein Teil der für das gescheiterte Irangeschäft produzierten Spritzen verwendet werden. Insgesamt lieferte die erstbeklagte Partei 250.000 Atropin-Spritzen zum Stückpreis von S 38,30 an eine namentlich nicht bekannte westeuropäische Armee.
Nach der Auffassung des Erstgerichtes sei der Kläger als Gelegenheitsvermittler im Sinne des § 29 HVG anzusehen. Für ihn würden daher auch die Bestimmungen des § 6 HVG gelten. Nach dessen Abs.3 habe der Handelsvertreter zwar Anspruch auf Provision auch dann, wenn das Geschäft nicht ausgeführt worden sei, es sei denn, daß hiefür wichtige Gründe vorlägen. Im vorliegenden Fall sei das Geschäft, ohne daß die erstbeklagte Partei daran ein Verschulden treffe, allein daran gescheitert, daß der iranische Abnehmer ein holländisches Ursprungszeugnis für die in Österreich hergestellten Atropin-Spritzen verlangt habe. Dies sei ein wichtiger Grund für die Aufhebung des Vertrages zwischen der erstbeklagten Partei und Komm.Rat Franz S*** gewesen. Dem Kläger stehe daher kein Provisionsanspruch aus diesem Rechtsgeschäft zu. Aber auch aus der Verpflichtungserklärung der erstbeklagten Partei vom 7.11.1983 könne der Kläger einen Anspruch auf Provision für das mit einer westeuropäischen Armee abgeschlossene Rechtsgeschäft nicht ableiten. Diese Verpflichtungserklärung widerspreche den guten Sitten. Sie enthalte nämlich keine zeitliche Begrenzung. Außerdem sei es in das Belieben des Klägers gestellt, den Verkauf von Atropin-Spritzen durch die erstbeklagte Partei zu unterbinden. Durch diese Verpflichtungserklärung würde der erstbeklagten Partei jede Verfügungsmöglichkeit über die von ihr erzeugten Atropin-Spritzen entzogen. Durch die Vereinbarung mit Günther W*** vom 27.12.1983 habe der Kläger überdies schlüssig auf Provisionsansprüche gegen die erstbeklagte Partei verzichtet.
Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil. Es verneinte das Vorliegen von Verfahrensmängeln, übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes und teilte auch die Rechtsansicht des Erstgerichtes, daß ein wichtiger Grund für die Nichtausführung des Geschäftes mit Komm.Rat Franz S*** im Sinne des § 6 Abs.3 HVG vorliege. Die Durchführung des Geschäftes mit dem iranischen Abnehmer durch Komm.Rat Franz S*** sei Voraussetzung (Geschäftsgrundlage) der Auftragserteilung an die erstbeklagte Partei gewesen. Mit dem iranischen Abnehmer sei eine wirksame Vereinbarung nicht zustande gekommen, weil dieser ein holländisches Ursprungszeugnis verlangt habe. Demgegenüber seien aber alle anderen Beteiligten irrtümlich davon ausgegangen, daß ein österreichisches Ursprungszeugnis genüge. Bei dieser Sachlage sei der erstbeklagten Partei zuzubilligen gewesen, von einer Klagsführung gegen Komm.Rat Franz S*** abzusehen und in die Aufhebung des Vertrages einzuwilligen. Das Berufungsgericht verneinte auch einen Anspruch des Klägers aus der Verpflichtungserklärung der erstbeklagten Partei vom 7.11.1983. Ein vertraglicher Provisionsanspruch sei daraus nicht ableitbar. Denkbar wäre ein Schadenersatzanspruch wegen Vertragsverletzung. Hiezu fehlten jedoch konkrete Behauptungen über Art, Entstehung und Verursachung eines vom Kläger erlittenen Schadens.
Rechtliche Beurteilung
Die gegen die Entscheidung der zweiten Instanz erhobene Revision des Klägers ist nicht berechtigt.
Der behauptete Verfahrensmangel liegt nicht vor (§ 510 Abs.3 ZPO).
Das Rechtsgeschäft zwischen der erstbeklagten Partei und Komm.Rat Franz S*** wurde einvernehmlich aufgehoben. Erfolgte diese Aufhebung wegen eines dem Rechtsgeschäft anhaftenden Wurzelmangels (List, Zwang, Irrtum) zu Recht, steht dem Vermittler ein Provisionsanspruch nicht zu (MietSlg.32.579; HS 4520/58; Jabornegg, HVG 247). Aus den Feststellungen ergibt sich, daß Gegenstand des Rechtsgeschäftes nicht der Kauf einer von der erstbeklagten Partei bereits hergestellten Sache war, die dann vom Käufer bloß nicht abgesetzt werden konnte. In diesem Falle läge bei Irrtum des Käufers über die Absetzbarkeit ein unbeachtlicher Motivirrtum auf seiner Seite vor (SZ 23/272). Gegenstand des Auftrages war vielmehr die Herstellung von bisher von der erstbeklagten Partei nicht erzeugten Atropin-Injektionsspritzen nach einem ihr übergebenen Muster für einen bestimmten, nicht näher bezeichneten iranischen Abnehmer, für den Komm.Rat Franz S*** als Auftraggeber (Financier) nur eingeschaltet wurde, um die Zwischenfinanzierung zu übernehmen. Beide Vertragspartner waren jedoch in Unkenntnis, daß der iranische Abnehmer nur am Erwerb von Atropin-Injektionsspritzen mit holländischem Ursprungszeugnis interessiert ist. Es liegt somit ein gemeinsamer Geschäftsirrtum vor, der wesentlich ist, weil ohne ihn das Rechtsgeschäft nicht abgeschlossen worden wäre. Ein gemeinsamer wesentlicher Geschäftsirrtum bewirkt aber nach ständiger Rechtsprechung die Anfechtbarkeit des Vertrages unabhängig von den Voraussetzungen des § 871 ABGB (SZ 57/108; SZ 56/96, VersRdsch 1975, 193 uva). Nach dem eingangs Gesagten steht demnach dem Kläger ein Provisionsanspruch aus dem von der erstbeklagten Partei mit Komm. Rat Franz S*** abgeschlossenen Rechtsgeschäft nicht zu.
Der Kläger hat aber auch aus dem ohne sein Zutun von der erstbeklagten Partei mit einer westeuropäischen Armee abgeschlossenen Rechtsgeschäft keinen Provisionsanspruch. Der Kläger hat sein erweitertes Klagebegehren nicht auf den Rechtsgrund des Schadenersatzes, sondern auf die laut Beilage C vertraglich begründete Provisionspflicht gestützt (AS 45 ON 11). Ob durch die Willenserklärung der erstbeklagten Partei vom 7.11.1983 (Beilage C) eine Provisionspflicht der erstbeklagten Partei auch für den Fall vereinbart wurde, daß ein Geschäft ohne Zutun des Klägers mit einem Dritten zustandekommt, hängt von der Auslegung dieser Willenserklärung ab. Ihr Aussagewert ist insoweit nicht ganz unzweifelhaft (vgl. hiezu Koziol-Welser8 I 87). Der Kläger hat aber konkrete Umstände, aus denen sich eine auf die Begründung einer solchen Provisionspflicht gerichtete Parteienabsicht ergebe, nicht nur nicht behauptet, sondern vielmehr selbst vorgebracht, diese Verpflichtungserklärung vom 7.11.1983 sollte lediglich verhindern, daß die erstbeklagte Partei eventuell direkt mit dem Interessenten des Klägers, dem iranischen Abnehmer, "kontaktiert" (AS 14 ON 5). Dafür spricht auch der Zeitpunkt der Abgabe dieser Erklärung. War aber die Parteienabsicht lediglich darauf gerichtet, ein Direktgeschäft der erstbeklagten Partei mit dem iranischen Abnehmer zu verhindern, kann aus der Verpflichtungserklärung eine Provisionspflicht für das ohne Zutun des Klägers zustande gekommene weitere Rechtsgeschäft nicht abgeleitet werden.
Demgemäß ist der Revision ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.
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