OGH 3Ob59/88

OGH3Ob59/8813.7.1988

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Egermann und Dr. Angst als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei D*** Radna Organizacija za Promet p.o. Rijeka, Rijeka, Bulevar Oslobodenja 23, Jugoslawien, vertreten durch Dr. Hans Houska, Rechtsanwalt in Wien, wider die verpflichtete Partei Hertha S***, Parkettfabrik,

(S***-P***), Linz, Linzerweg 3 (auch: Starhembergstraße 52), vertreten durch Dr. Götz Schattenberg ua, Rechtsanwälte in Linz, wegen 211.401,80 S sA infolge Revisionsrekurses der betreibenden und der verpflichteten Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes Linz als Rekursgerichtes vom 23.Februar 1988, GZ 18 R 132/88-15, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Linz vom 1.Februar 1988, GZ 13 E 13001/87-12, teils abgeändert, teils bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

1.) Der Revisionsrekurs der verpflichteten Partei wird zurückgewiesen.

2.) Dem Revisionsrekurs der betreibenden Partei wird Folge gegeben.

Der Beschluß des Gerichtes zweiter Instanz wird dahin abgeändert, daß der Beschluß des Erstgerichtes in seinem Punkte 2 wiederhergestellt wird.

Die verpflichtete Partei hat die Kosten ihres Rekurses an die zweite Instanz selbst zu tragen und ist schuldig, der betreibenden Partei die mit 9.063,45 S als weitere Exekutionskosten bestimmten Kosten des Revisionsrekurses (darin 823,95 S Umsatzsteuer) zu ersetzen.

Text

Begründung

Am 12.Jänner 1987 langte beim Erstgericht der Antrag der betreibenden Partei auf Bewilligung der Zwangsversteigerung der 801/10.000stel Anteile der verpflichteten Partei an der Liegenschaft EZ 3023 Grundbuch 45.210 Waldegg zur Hereinbringung von 211.401,80 S sA ein. Mit Beschluß vom 21.Jänner 1987 wurde die Zwangsversteigerung bewilligt und die Anmerkung der Einleitung des Versteigerungsverfahrens angeordnet.

Mit Beschluß des Landesgerichtes Linz vom 20.Februar 1987, Sa 2/87, wurde über das Vermögen der verpflichteten Partei das Ausgleichsverfahren eröffnet. Der Ausgleichsverwalter stellte den Antrag auf Einstellung des Verwertungsverfahrens gemäß § 12 Abs. 2 AO. Die betreibende Partei erstattete innerhalb der ihr aufgetragenen Frist keine Äußerung, daß ihre Forderung von den Wirkungen des Ausgleichsverfahrens nicht berührt werde. Mit Beschluß vom 16.April 1987 stellte daher das Erstgericht das Verwertungsverfahren gemäß § 12 Abs. 2 AO ein.

Mit Beschluß des Landesgerichtes Linz vom 15.Mai 1987, S 37/87, wurde der Anschlußkonkurs eröffnet. Mit Beschluß vom 13. November 1987 wurde die Ausscheidung der von der Zwangsversteigerung betroffenen Liegenschaftsanteile aus der Konkursmasse gemäß § 119 Abs. 5 KO beschlossen und mit Beschluß vom 25. November 1987 auch die Löschung der Anmerkung der Konkurseröffnung im Grundbuch bei der betroffenen Liegenschaft angeordnet.

Gestützt auf diesen Sachverhalt langte am 13.Jänner 1988 beim Erstgericht ein Antrag der verpflichteten Partei auf Einstellung der Exekution und Löschung der Anmerkung der Einleitung des Versteigerungsverfahrens (so im Kopf des Antrages) und auf Einstellung des exekutiven Verwertungsverfahrens im Sinne des § 12 KO (so am Ende der Eingabe) ein.

Die betreibende Partei sprach sich gegen die beantragte Einstellung aus und beantragte ihrerseits die Fortsetzung des Verwertungsverfahrens.

Das Erstgericht wies den Einstellungsantrag der verpflichteten Partei ab (Punkt 1 des Beschlusses) und gab dem Fortsetzungsantrag der betreibenden Partei statt (Punkt 2 des Beschlusses). Das Gericht zweiter Instanz bestätigte den Beschluß des Erstgerichtes in seinem Punkt 1, änderte den Beschluß des Erstgerichtes in seinem Punkt 2 aber dahin ab, daß auch der Fortsetzungsantrag der betreibenden Partei abgewiesen wurde, und sprach aus, daß gegen den abändernden Teil der Entscheidung ein Revisionsrekurs zulässig sei.

Das Erstgericht vertrat die Auffassung, nach Ausscheidung einer Sache aus der Konkursmasse komme es nicht mehr zu einer Einstellung des Exekutionsverfahrens nach § 12 KO. Pfandrechte, die innerhalb von 60 Tagen vor Konkurseröffnung (Ausgleichseröffnung) erworben worden seien, lebten daher wieder auf und das Versteigerungsverfahren könne fortgesetzt werden.

Das Gericht zweiter Instanz war der Ansicht, daß der Zweck der 60-Tagesfrist des § 12 KO darin liege, dem Gleichbehandlungsgrundsatz im Konkurs zum Durchbruch zu verhelfen. Dies spreche dafür, die Wirkungen des § 12 KO bestehen zu lassen und nicht wegen der Ausscheidung einer Sache aus der Konkursmasse rückwirkend diese Wirkungen im Sinne eines Wiederauflebens des nur bedingt erloschenen Befriedigungsrechtes zu beseitigen. Erst nach Beendigung des Konkurses werde dieser Schwebezustand beseitigt.

1.) Der Revisionsrekurs der verpflichteten Partei ist gemäß § 78 EO iVm § 528 Abs. 1 Z 1 ZPO unzulässig. Die im Revisionsrekurs vorgetragene Lehre im Sinne des Judikates 56 neu ist durch die Zivilverfahrensnovelle 1983 überholt. Jetzt kann auch bei nur teilweiser Bestätigung der bestätigende Teil der Entscheidung zweiter Instanz von den hier nicht gegebenen Ausnahmefällen nach den §§ 83 Abs. 3 und 239 Abs. 3 EO abgesehen, nicht mehr durch ein Rechtsmittel in dritter Instanz bekämpft werden, denn gemäß der Neufassung des § 528 Abs. 1 Z 1 ZPO sind Rekurse gegen Entscheidungen des Gerichtes zweiter Instanz unzulässig, soweit dadurch der angefochtene erstrichterliche Beschluß bestätigt worden ist (SZ 56/165; SZ 57/40 ua).

Rechtliche Beurteilung

2. Der Revisionsrekurs der betreibenden Partei ist berechtigt. Wird gemäß § 119 Abs. 5 KO eine Sache unbedeutenden Wertes, wozu auch eine mit Absonderungsrechten überbelastete und daher für die Konkursmasse wertlose Sache zählt (SZ 55/188), dem Gemeinschuldner zur freien Verfügung überlassen, scheidet sie aus der Konkursmasse endgültig aus und kann nicht etwa später wiederum in die Konkursmasse einbezogen werden (Holzhammer, Insolvenzrecht2 95, Wegan, Insolvenzrecht 35; Rechberger in JBl 1973, 457; SZ 32/90 ua; entgegen Rechberger nicht gegenteilig JBl 1963, 323, weil sich der dort vorkommende Satz, die Konkursgläubiger könnten nachträglich auf ein ausgeschiedenes Vermögen greifen, nicht darauf beziehen muß, daß dies im Wege des Konkursverfahrens zu geschehen habe, worauf auch in 5 Ob 27,28/74 hingewiesen wurde). Die rechtskräftige Ausscheidung bedeutet damit eine Teilaufhebung des Konkurses, und das konkursfrei gewordene Vermögen fällt in die unbeschränkte Verfügungsmacht des Gemeinschuldners zurück (Holzhammer und Wegan aaO, ähnlich Bartsch-Pollak, Komm3 I Anm 37 zu § 1 KO und Petschek-Reimer-Schiemer 439).

Daraus folgt nicht nur, daß entgegen dem Standpunkt der verpflichteten Partei in den letzten 60 Tagen vor der Konkurseröffnung entstandene exekutive Befriedigungsrechte nicht etwa sofort erlöschen, sondern daß im Sinne der Auffassung des Erstgerichtes diese Absonderungsrechte so zu behandeln sind, als wenn es nie zur Konkurseröffnung gekommen wäre. So wie § 12 Abs. 1 KO auf schon im Zeitpunkt der Konkurseröffnung konkursfreie Sachen nicht anwendbar ist (Bartsch-Pollak aaO Anm 3 zu § 12 KO), so sind auch im Falle einer nachträglichen Ausscheidung einer Sache aus der Konkursmasse in den letzten 60 Tagen vor der Konkurseröffnung entstandene Pfandrechte wieder sofort voll wirksam. Mit der rechtskräftigen Ausscheidung ist ein Tatbestand wie nach Aufhebung des Konkurses gemäß § 166 KO gegeben. Wegen der Endgültigkeit der Ausscheidung kann der einzige Zweck der Bestimmung des § 12 Abs. 1 KO nie mehr erreicht werden, nämlich der Grundsatz der Gleichbehandlung aller Gläubiger in die Tat umzusetzen. Wenn auch die Ausscheidung einer Sache gemäß § 119 Abs. 5 KO kein Fall der Konkursaufhebung nach § 166 KO ist, so steht doch auch in diesem Fall sofort und endgültig fest, daß die ausgeschiedene Sache nie mehr ein Vermögen der Konkursmasse im Sinne des § 166 Abs. 2 KO darstellen kann, weshalb die bedingt erloschenen Pfandrechte so zu behandeln sind, wie wenn es bei diesen zu einer Konkursaufhebung nach § 166 Abs. 2 KO gekommen wäre. Soweit der davon betroffene Gläubiger die Befriedigung aus der konkursfreien Sache erlangen kann, scheidet er als Konkursgläubiger aus dem Konkursverfahren aus. Der Regelfall wird freilich sein, daß er bei einer exekutiven Verwertung der konkursfrei gewordenen Sache ohnedies nicht zum Zuge kommt.

Die Kostentscheidung stützt sich auf die §§ 74, 78 EO und 40, 41 und 50 ZPO.

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