Spruch:
Die Rekurse werden zurückgewiesen.
Die klagenden Parteien haben die Kosten ihrer Rekursbeantwortung selbst zu tragen.
Text
Begründung
Am 20.Dezember 1982 wurde auf dem Gelände der von der beklagten Partei betriebenen Kiesgrube ein dort in ihrem Auftrag mit seinem Löffelbagger arbeitender Erdbewegungsunternehmer durch abstürzendes Felsmaterial erdrückt.
Am 23.März 1984 brachten die Witwe und der Sohn des Getöteten gegen die Betreiberin der Grube eine Klage auf Ersatz eines Teilbetrages von 94.968,95 S samt Zinsen der in 19 Positionen aufgeschlüsselten Begräbniskosten im Gesamtbetrag von 107.759,59 S an. Die am 1.Juli 1986 abgehaltene Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung endete nach dem Inhalt des Verhandlungsprotokolles mit folgenden Parteienerklärungen:
"Nach weiterer Erörterung vereinbaren die Parteien einfaches Ruhen des Verfahrens, nachdem seitens der beklagten Partei die Erklärung abgegeben wird, daß aus dieser Verfahrensruhe heraus kein Verjährungseinwand abgeleitet wird, sofern der Fortsetzungsantrag vor dem 10.1.1987 gestellt wird." Die Streitteile führten keine Vergleichsverhandlungen. Sie vereinbarten auch keine Verlängerung der Frist (zur Stellung des Fortsetzungsantrages).
Am 9.Januar 1987, einem Freitag, brachten die Kläger durch ihren Prozeßbevollmächtigten einen Antrag auf Fortsetzung des Verfahrens an das Prozeßgericht zur Postaufgabe. Dieser Schriftsatz langte am 12. Januar 1987, einem Montag, beim Prozeßgericht ein. Sechs Baugesellschaften traten als Mitglieder einer Arbeitsgemeinschaft dem Rechtsstreit auf der Seite der beklagten Partei als Nebenintervenienten bei.
In der aufgrund des Fortsetzungsantrages der klagenden Parteien abgehaltenen Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 24. November 1987 wendete die beklagte Partei unter Berufung auf eine nicht gehörige Fortsetzung des ruhenden Verfahrens ausdrücklich Verjährung ein.
Das Prozeßgericht erster Instanz wies das Klagebegehren wegen Verjährung ab.
Das Berufungsgericht hob dieses Urteil auf und wies die Rechtssache zur Ergänzung des Verfahrens und neuerlichen Entscheidung an das Prozeßgericht erster Instanz zurück. Dazu sprach es aus, daß das Verfahren erst nach Rechtskraft seines Aufhebungsbeschlusses fortzusetzen sei.
Das Erstgericht hatte zur Rechtzeitigkeit des Fortsetzungsantrages ausgeführt:
Die beklagte Partei habe auf die Geltendmachung der Verjährung ausdrücklich nur für den Fall verzichtet, daß der Fortsetzungsantrag vor dem 10.Januar 1987 gestellt würde. Auf diese zwischen den Parteien vereinbarte Frist seien als rein materiellrechtliche Frist die Vorschriften der §§ 123 bis 129 ZPO und auch § 89 GOG nicht anwendbar. Da der Fortsetzungsantrag nicht am, sondern vor dem 10. Januar 1987 einzubringen gewesen wäre, ändere auch § 903 ABGB (im Zusammenhang mit dem Bundesgesetz über die Hemmung des Fristenablaufes durch Samstage und den Karfreitag) nichts am Fristablauf mit Freitag dem 9.Januar 1987).
Das Berufungsgericht folgerte zur umstrittenen Rechtzeitigkeit des Fortsetzungsantrages: Nach dem Wortlaut der Parteienvereinbarung sei der Fortsetzungsantrag vor dem 10.Januar 1987 zu stellen gewesen, um die beklagte Partei an ihren Verzicht auf die Verjährungseinwendung zu binden. Der Antrag auf Fortsetzung eines ruhenden Verfahrens sei eine reine Prozeßhandlung, seine Rechtzeitigkeit bestimme sich - anders als der eines Vergleichswiderrufes - nach seiner Postaufgabe. Das Berufungsgericht folge der Entscheidung SZ 23/382, diese Entscheidung sei aber die einzige, die zur Rechtzeitigkeit eines innerhalb einer vertraglich festgesetzten Frist zu stellenden Fortsetzungsantrages Stellung genommen habe und sei auch nicht unwidersprochen geblieben.
Die beklagte Partei und die auf ihrer Seite beigetretenen Nebenintervenienten fechten den berufungsgerichtlichen Aufhebungsbeschluß mit einem auf Wiederherstellung des klagsabweisenden erstinstanzlichen Urteiles zielenden Abänderungsantrag an.
Rechtliche Beurteilung
Die vom Berufungsgericht als gegeben angenommene Rechtsmittelvoraussetzung im Sinne des § 502 Abs4 Z 1 ZPO (§ 519 Abs2 ZPO) liegt nicht vor.
Der Verlust der Klagbarkeit eines Anspruches durch Verjährung tritt zwar mit der Erfüllung des gesetzlichen Verjährungstatbestandes von selbst ein, darf aber vom Gericht nur auf ausdrücklich Uinwendung wahrgenommen werden (§ 1501 ABGB). Der Verzicht auf die Verjährungseinwendung hat zwar eine Prozeßerklärung zum Gegenstand, ist aber deshalb noch keine verfahrensrechtliche Vereinbarung, sondern ein Rechtsgeschäft bürgerlich-rechtlicher Art. Als solches unterliegt es sowohl der Auslegung wie auch der Anfechtung nach den für die Rechtsgeschäfte im bürgerlichrechtlichen Sinne geltenden Grundsätzen.
Die Vereinbarung, einen Rechtsstreit ruhen zu lassen, ist eine verfahrensrechtliche Vereinbarung. Die Ruhensvereinbarung als solche steht im anhängigen Rechtsstreit außerhalb jeder Erörterung, weil das Ruhen des Verfahrens nicht für eine bestimmte Zeit vereinbart wurde, der Rechtsstreit daher nach dem Ablauf der gesetzlichen Mindestfrist fortsetzbar war. Die tatsächliche Dauer des Ruhens hing verfahrensrechtlich ausschließlich vom Fortsetzungsantrag einer der beiden Prozeßparteien ab.
Der Dauer des Verfahrensstillstandes mußten die Prozeßparteien aber schon im Zeitpunkt ihrer Ruhensvereinbarung nach dem Entstehen des klageweise erhobenen Ersatzanspruches (im ersten Halbjahr 1983), der dreijährigen Verjährungsfrist des § 1489 ABGB, der Klagseinbringung innerhalb dieser Frist (am 23.März 1984) und dem Umstand, daß diese Frist ohne Unterbrechung im Zeitpunkt der Ruhensvereinbarung (am 1. Juli 1986) abgelaufen wäre, erhebliche Bedeutung für die gehörige Fortsetzung des Rechtsstreites im Sinne des § 1497 ABGB beilegen. In dieser Lage erklärte die Beklagte gegenüber den Klägern dem Sinne nach, daß sie für den Fall eines vor dem 10.Januar 1987 gestellten Fortsetzungsantrages auf die Einwendung der Verjährung verzichte, soweit diese nur deshalb eingetreten sein werde, weil wegen des vereinbarten Verfahrensstillstandes eine nicht gehörige Fortsetzung der Klage angenommen werden müßte.
Das Interesse an einem vereinbarten Verfahrensstillstand ist grundsätzlich bei beiden Prozeßparteien zu sehen, die sich aus den verschiedensten Gründen eine Ersparnis am Prozeßaufwand erhoffen mögen. Das Interesse an jeder Art eines Verzichtes auf die Verjährungseinwendung liegt eindeutig beim anspruchsverfolgenden Teil, das Interesse an einer zeitlichen Begrenzung des Verzichtes auf die Verjährungseinwendung und an der Festlegung entsprechender Voraussetzungen aber eindeutig bei dem Teil, der auf die Einwendung verzichtet.
Ob es nun - beim Abgang eines diesbezüglich eindeutig formulierten übereinstimmenden Parteiwillens - für den Anspruchswerber, also hier für die Kläger, erkennbar gewesen sein müsse, daß es dem Verzichtenden, also hier der Beklagten, bei einer zeitlichen Begrenzung des Verfahrensstillstandes, der verjährungsrechtlich ohne Sanktion bleiben sollte, entscheidend auf ein Tätigwerden des Anspruchswerbers oder auf die Erkennbarkeit eines solchen Tätigwerdens für den Prozeßgegner ankommen sollte, ist nicht allgemein, sondern nur nach den besonderen Umständen des jeweiligen Falles zu beantworten.
Nur von der Auslegung des Parteiwillens kann es abhängen, ob der als Voraussetzung für den Verzicht auf die Verjährungseinwendung vertraglich bestimmten Antragstellung bereits mit deren Absendung eines entsprechenden Schriftsatzes an das Gericht (unter der Voraussetzung, daß die Postsendung auch tatsächlich dort einlangt) Genüge getan ist, oder erst mit dem verfahrensrechtlichen Wirksamwerden der Prozeßerklärung.
Die Regelung des § 89 GOG gelangt zwar keinesfalls als solche zur Anwendung, ihr Regelungsgehalt kann aber dem Inhalt der Parteienvereinbarung entsprechen. Dies ist eine Frage des Einzelfalles, deren Lösung die Voraussetzungen nach § 502 Abs4 Z 1 ZPO nicht erfüllt.
Die Rekurse waren aus diesen Erwägungen zurückzuweisen. Darauf haben die Rekursgegner in ihrer Rekursbeantwortung nicht hingewiesen. Ihnen gebührt daher für diesen Schriftsatz unter keinen Umständen ein Ersatz.
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