OGH 5Ob578/88

OGH5Ob578/885.7.1988

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Zehetner als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Jensik, Dr. Klinger, Dr. Maier und Dr. Schwarz als Richter in der Vormundschaftssache der mj. Kinder Marcus Gerhard S***, geboren 11.Dezember 1982, und Jacqueline S***, geboren 27.Oktober 1986, infolge Revisionsrekurses des S*** S*** gegen den Beschluß des Landesgerichtes

Salzburg als Rekursgerichtes vom 9.Mai 1988, GZ 33 c R 127,133/87-48, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Mittersill vom 19.November 1987, GZ P 52/87-37, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Der mj. Marcus Gerhard S***, geboren 11.12.1982, und die mj. Jacqueline S***, geboren 27.10.1986, sind die unehelichen Kinder der Manuela Katharina S***, seit 10.10.1987 verehelichte H***, geboren 11.11.1963, und des Gerhard Franz H***, geboren 31.8.1951 (Vaterschaftsanerkenntnisse AS 7 und 129). Amtsvormund ist das S*** S***.

Mit Bescheid des S*** S*** vom 19.3.1987 wurde

den Kindern freiwillige Erziehungshilfe in der Form gewährt, daß sie bei Erich und Renate G*** in Fremdpflege untergebracht werden. Am 11.6.1987 widerrief die Mutter ihre Zustimmung zu deren Durchführung, worauf das S*** S*** mit der am 19.6.1987 beim Erstgericht eingelangten Eingabe gemäß § 26 Abs 3 JWG die Anordnung der gerichtlichen Erziehungshilfe und die Genehmigung des Weiterverbleibs der Kinder bei den Pflegeeltern Erich und Renate G*** beantragte.

Am 22.6.1987 gab die Mutter beim Bezirksgericht Salzburg den Antrag zu Protokoll, den genannten Pflegeeltern aufzutragen, den mj. Marcus in ihre (der Mutter) ständige Obhut zurückzugeben bzw. - für den Fall, daß das S*** S*** die

gerichtliche Erziehungshilfe oder eine sonstige derartige Erziehungsmaßnahme beantragen sollte - zu genehmigen, daß sie ihren Sohn wieder in ihre ständige Obhut zurückholen dürfe. Das Erstgericht gab dem Antrag des S*** S***

statt und wies den Antrag der Mutter ab.

Die Feststellungen des Erstgerichtes lassen sich wie folgt zusammenfassen: Nach der Geburt des mj. Marcus am 11.12.1982 ging die Mutter der Prostitution nach, und zwar in ihrer Wohnung, wodurch auch das Kind in Mitleidenschaft gezogen wurde. Die Aufsichtspflicht dem Kind gegenüber wurde vernachlässigt, was in einem Vorfall vom 6.10.1985 insofern einen Höhepunkt fand, als das Kind in die Kinderchirurgie des Landeskrankenhauses Salzburg eingeliefert werden mußte, weil es sich mit einer Gaspistole der Mutter in den Bauch geschossen hatte. Versuche des Magistrates Salzburg und der Mutter, den mj. Marcus bei Tagespflegeeltern oder in einem Kindergarten unterzubringen, scheiterten. Auch nach der Geburt der mj. Jacqueline am 27.10.1986 trat in den Verhältnissen der Mutter und insbesondere in ihrer Erwerbstätigkeit keine Veränderung ein, wobei das Jugendamt auch seitens der Polizei davon in Kenntnis gesetzt wurde, daß die Mutter der Straßenprostitution nachgehe. Die Mutter rechtfertigte dies mit ihren angespannten finanziellen Verhältnissen und erklärte sich in der Folge mit einer Unterbringung der Kinder auf einem Pflegeplatz im Rahmen der freiwilligen Erziehungshilfe einverstanden. So wurden die beiden Kinder am 19.3.1987 bei den Pflegeeltern G*** in Mittersill untergebracht, wo sie sich inzwischen eingelebt haben. In den folgenden Monaten stellte sich heraus, daß der mj. Marcus aufgrund seines Verhaltens von der Mutter viel alleine gelassen worden war. Auf dem Pflegeplatz machte das Kind gute Entwicklungsfortschritte, ebenso die mj. Jacqueline. Am 11.6.1987 widerrief die Mutter ihre Zustimmung zur freiwilligen Erziehungshilfe und kündigte an, die Kinder wieder zu sich nehmen zu wollen. Sie teilte dem S*** S*** mit, daß sie nunmehr wieder eine Lebensgemeinschaft eingegangen sei und nicht mehr der Prostitution nachgehen werde. Demgegenüber ergibt sich aus einer Auskunft der Polizei an das Stadtjugendamt, daß die Mutter weiter bei ihrer Tätigkeit als Prostituierte auffällig geworden ist, daß also eine Änderung der bisherigen Verhältnisse nicht eintrat. Indessen hat auf Seiten der mj. Kinder in den letzten Monaten ein Einwurzelungsprozeß in der Pflegefamilie stattgefunden und widerspräche ein Herausreißen der Kinder aus den derzeitigen Verhältnissen dem Kindeswohl.

In rechtlicher Hinsicht ging das Erstgericht davon aus, daß bei dem geschilderten Sachverhalt die Voraussetzungen für die Anordnung der gerichtlichen Erziehungshilfe gemäß § 26 JWG gegeben seien, weil die Mutter als Erziehungsberechtigte ihren damit verbundenen Pflichten nicht nachkomme und die große Gefahr bestehe, daß sie diesen auch in Zukunft nicht nachkommen werde.

Das von der Mutter angerufene Rekursgericht wies den Antrag des

S*** S*** ab und gab dem Antrag der Mutter statt.

Das Rekursgericht führte aus:

Nach einer vom Rekursgericht eingeholten Auskunft der Bundespolizeidirektion Salzburg vom 3.2.1988, einer vom Rekursgericht durchgeführten ergänzenden Vernehmung der Mutter und ihres nunmehrigen Ehegatten Stefan H*** am 21.3.1988 sowie der Einholung eines Gutachtens des Sachverständigen für Jugendpsychiatrie Dr. Manfred B*** ließen sich folgende ergänzende Sachverhaltsfeststellungen treffen:

Die Mutter hat am 10.10.1987 den Autoverkäufer Stefan Anton H*** geehelicht und bewohnt zusammen mit ihm ihre Zweizimmerwohnung in Salzburg. Sie ist seit 1.10.1987 als Serviererin - derzeit ganztägig - im Restaurant "R & S" in Salzburg beschäftigt, wo sie die Möglichkeit hat, künftig auch nur einer Teilzeitbeschäftigung an drei Tagen pro Woche nachzugehen. Zumindest seit Oktober 1987 geht die Mutter nicht mehr der Straßenprostitution nach. Sowohl die Mutter als auch ihr nunmehriger Ehegatte verfolgen nach wie vor das Ziel, die Kinder wiederum in eigene Pflege und Erziehung zurückzuübernehmen. Seitens des Wohnungsamtes der Stadt Salzburg besteht eine Zusage für die Zuteilung einer größeren Wohnung. Der Gatte der Mutter, Stefan H***, erzielt als selbständiger Autoverkäufer nach eigenen Angaben ein Einkommen von rund 20.000 S netto monatlich und hat sich darüber hinaus bereit erklärt, erforderlichenfalls auch für den Unterhalt der Kinder aufzukommen. Für die Zeit einer künftigen Teilzeitbeschäftigung der Mutter besteht zum einen die Möglichkeit, daß Stefan H*** die Kinder betreut, darüber hinaus könnten die Kinder in dem dem Wohnhaus der Mutter angeschlossenen Kindergarten untergebracht werden. Die bisherigen Besuche der Mutter bei den Kindern an deren Pflegeplatz sind im wesentlichen ohne Probleme verlaufen; auch Stefan H*** hat einen guten Kontakt zu den Kindern gefunden. Die Kinder selbst genießen bei den Pflegeeltern eine sehr gute Betreuung und sind zwischenzeitig bestens mit ihnen vertraut. Nach Besuchen der Mutter ergeben sich beim mj. Marcus Probleme dahingehend, daß er durch etwa 2 Wochen hindurch wiederum einnäßt, was jedoch nicht mit der Persönlichkeit der Mutter zusammenhängt, sondern eine Reaktion auf die Besuchssituation als solche darstellt. Der mj. Marcus hat bestehende Entwicklungsverzögerungen aufgeholt, mittlerweile sehr gut sprechen gelernt und auch schrittweise seine Ängstlichkeit abgelegt. Er besucht den Kindergarten und hat sich auch dort sehr gut eingelebt. Die Ehegatten H***, die ebenso wie die Pflegeeltern und die Kinder in das jugendpsychiatrische Gutachten einbezogen wurden, haben ihre in der Vergangenheit begangenen jeweiligen Fehler einzusehen begonnen; insbesondere die Mutter vermittelt den Eindruck, daß sie wie eine solche denkt und fühlt und sich ihrer Verantwortung für die Kinder auch bewußt ist. Der psychiatrische Sachverständige gelangt deshalb zusammenfassend zu dem Schluß, daß keine Gründe mehr dagegen sprechen, den Ehegatten H*** die Kinder anzuvertrauen. Er vertritt die Auffassung, daß ein neuer Konflikt für die Kinder entstehen würde, wenn die derzeitige Situation aufrecht erhalten bliebe. Für das psychische Wohl der Kinder kämen nur zwei Wege in Betracht, nämlich einerseits das Verbleiben bei der Familie G*** mit Besuchsverbot der Eltern oder andererseits die Rückkehr zur leiblichen Mutter. Bei Aufrechterhaltung der derzeitigen Situation würde der mj. Marcus gezwungen werden, weiterhin zwischen geliebten Menschen zu balancieren. Die Kinder sind jetzt bei nahezu idealen Pflegeeltern, die auch aufgrund ihrer Persönlichkeit und Geschichte lebenslange Eltern sein wollen. Andererseits vermag der Sachverständige aus psychiatrischer Sicht bei den Eltern und aus kinderpsychiatrischer Sicht bei den Kindern keinen Grund dafür zu finden, daß die Ehegatten H*** die Kinder nicht selbst großziehen dürfen. Er befürwortet deshalb eine Rückkehr der Kinder zur leiblichen Mutter. Rechtlich ergäben sich daraus für das Rekursgericht folgende Erwägungen: Zutreffend sei das Erstgericht davon ausgegangen, daß gemäß § 26 Abs 1 JWG das Vormundschaftsgericht gegen den Willen der Erziehungsberechtigten die gerichtliche Erziehungshilfe nur dann anordnen dürfe, wenn sie deshalb geboten sei, weil die Erziehungsberechtigten ihre Erziehungsgewalt mißbrauchten oder die damit verbundenen Pflichten nicht erfüllten. Während von einem Mißbrauch der Erziehungsgewalt derzeit schon deshalb nicht gesprochen werden könne, weil sich die Kinder ohnedies seit gut einem Jahr bei den Pflegeeltern befänden, könne andererseits auch nicht von einer mangelnden Pflichterfüllung bzw. davon, daß im Fall der Rückkehr der Kinder zur Mutter eine solche Gefahr unmittelbar zu besorgen wäre, gesprochen werden. Nach den Feststellungen seien die Kinder derzeit zwar bei den Pflegeeltern bestens untergebracht, betreut und auch integriert; dies dürfe jedoch nicht dazu führen, daß einem leiblichen Elternteil, bei dem vorübergehend Erziehungsschwierigkeiten aufgetreten sind, auf Dauer sein Elternrecht entzogen werde, auch wenn sich - wie im vorliegenden Fall - in der Folge die Verhältnisse zum Besseren gewendet hätten. Nach der derzeitigen Lage der Dinge erscheine das Wohl der Kinder bei der Mutter und ihrem Ehegatten nicht gefährdet und sei sicherlich dem Umstand Rechnung zu tragen, daß die Mutter eine entsprechende Verbesserung ihrer seinerzeitigen Situation erreicht habe und nunmehr, soweit dies das Gericht zu überblicken vermöge, geordnete Verhältnisse vorlägen. Wie der Sachverständige überzeugend dargelegt habe, würde ein Verbleiben der Kinder am Pflegeplatz zum Wohle der Kinder überdies bedingen, daß der Mutter künftig jeglicher Kontakt mit den Kindern untersagt wird, damit diese nicht im Spannungsfeld zwischen verschiedenen Bezugspersonen hin- und hergerissen werden. Mit anderen Worten: Soweit es derzeit beurteilt werden könne, wäre das Verbleiben der Kinder am Pflegeplatz nur dann sinnvoll, wenn dies für dauernd und bei Abbruch der Beziehungen der Kinder zur Mutter geschieht. Gemäß § 170 ABGB gehe aber das Gesetz grundsätzlich davon aus, daß der Mutter eines unehelichen Kindes die Pflege und Erziehung zukomme. Zu einer solchen weitreichenden Maßnahme wie dem Entzug dieses Rechtes, die praktisch die Beendigung der Mutter-Kind-Beziehung bedeuten würde, seien aber die Voraussetzungen nicht gegeben. Immerhin habe die Mutter, die trotz der relativ weiten Entfernung die Kinder regelmäßig besucht hat, dadurch zu erkennen gegeben, daß sie an den Kindern hänge. Es besteht kein Anhaltspunkt dafür, daß es ihr allenfalls nur um äußere Vorteile wie z.B. um die Erlangung einer günstigen Wohnung und dgl. gehe, da ein Ehepaar ohne Kinder meist leichter eine Wohnung finde. Auch der Umstand, daß der nunmehrige Gatte der Mutter und Stiefvater der Kinder schwer vorbestraft sei und eine längere Freiheitsstrafe verbüßt habe, reiche nicht aus, der Mutter die ihr zukommenden Rechte zu entziehen. Gegen den Stiefvater sei aus neuerer Zeit nichts Nachteiliges bekannt. Wenn die Mutter die Absicht haben sollte, wieder der Prostitution nachzugehen, oder ihr Mann sie dazu veranlassen wollte, sei nicht zu sehen, welches Interesse die Ehegatten haben sollten, die Kinder bei sich zu haben, da sie dann wohl eher ein Hindernis darstellen würden. Immerhin sei damit zu rechnen,daß das zuständige Vormundschaftsgericht bzw. das Jugendamt entsprechende Überprüfungen durchführen werden. Es solle nicht verkannt werden, daß sich im Nachhinein allenfalls herausstellen könnte, daß es besser gewesen wäre, wenn die Kinder nicht zur Mutter zurückgekommen wären. Bloß abstrakte Befürchtungen reichten aber nicht aus. Andererseits sei der Mutter und ihrem Mann vor Augen zu halten, welch große Verantwortung sie auf sich nehmen, wenn sie die Kinder aus ihrer jetzigen Umgebung, in der sie geborgen sind und sich wohl fühlen, herausnehmen.

Aufgrund aller dieser Überlegungen sei der Antrag auf Anordnung der gerichtlichen Erziehungshilfe abzuweisen. Als Folge davon sei die Mutter auch berechtigt, den mj. Marcus zu sich zu nehmen. Eine ausdrückliche Entscheidung über die Möglichkeit der Mutter, auch die mj. Jacqueline in ihre Pflege und Erziehung zurückzuholen, habe zu unterbleiben gehabt, weil in dieser Hinsicht in erster Instanz kein Antrag gestellt worden sei. Die Mutter habe aber die Möglichkeit, die Einwilligung zur freiwilligen Erziehungshilfe zurückzunehmen. Gegen den Beschluß des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs des S*** S*** mit dem Antrag auf Wiederherstellung des erstgerichtlichen Beschlusses.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.

Das S*** S*** macht zusammengefaßt folgende

Bedenken gegen die rekursgerichtliche Entscheidung geltend: Die beiden Kinder lebten jetzt in geordneten Verhältnissen bei den Pflegeeltern G***. Die Pflegemutter sei nicht berufstätig und widme sich den ganzen Tag den Kindern. Eine Trennung der Geschwister könnte schwerwiegende Entwicklungsstörungen nach sich ziehen. Die Mutter der Kinder sei derzeit ganztägig im Gastgewerbe tätig. Bei der Zuteilung von Sozialwohnungen bestimme die Anzahl der im Haushalt lebenden Personen die Wohnungsgröße; dieser Umstand dürfte dem gegenständlichen Antrag der Mutter zugrundeliegen, nach deren Vorbringen eine Zusage der Stadt Salzburg betreffend die Zuteilung einer größeren Wohnung bestehe. Stefan H***, der Ehemann der Mutter, der zahlreiche Vorstrafen - unter anderem wegen Zuhälterei - aufweise, werde als selbständiger Autohändler nicht in der Lage sein, den mj. Marcus im Haushalt zu betreuen. Aufgrund des Vorlebens der Ehegatten H*** sei zu befürchten, daß die Mutter wieder der Geheimprostitution nachgehen werde. Unter diesen Voraussetzungen würde eine Rückführung des mj. Marcus in den Haushalt der Mutter den weiteren Reifungsprozeß des Kindes gefährden. Bloß abstrakte Befürchtungen müßten sehr wohl Grundlage für Maßnahmen nach dem Jugendwohlfahrtsgesetz sein. Der Aufgabe der Jugendwohlfahrtspflege werde nur die Entscheidung des Erstgerichtes gerecht, zumal eine Kontinuität der Pflege und Erziehung anzustreben und ein Pflegeplatzwechsel zu vermeiden sei.

Diese Bedenken sind nicht geeignet darzutun, daß die rekursgerichtliche Entscheidung nicht dem Gesetz entspricht: Es ist davon auszugehen, daß Pflege und Erziehung eines unehelichen Kindes primär der Mutter allein zustehen (§ 170 ABGB) und Erziehungshilfe gegen den Willen der Erziehungsberechtigten nur durch Anordnung des Vormundschaftsgerichtes gewährt werden kann, wenn sie deshalb geboten ist, weil die Erziehungsberechtigten ihre Erziehungsgewalt mißbrauchen oder die damit verbundenen Pflichten nicht erfüllen (§ 26 JWG). Der Erziehungsberechtigte muß seine Pflichten bereits ganz konkret nicht erfüllt haben; eine ungünstige Zukunftsprognose allein genügt nicht (1 Ob 646/87). Die bloße Möglichkeit, daß die Mutter ihren Erziehungspflichten nicht werde nachkommen können, reicht zur Anordnung der gerichtlichen Erziehungshilfe und schon gar zur Unterbringung des Kindes in einer Pflegefamilie nicht aus (1 Ob 646/87). Aufgrund der von ihm ergänzten Beweisaufnahmen und Sachverhaltsfeststellungen gelangte das Rekursgericht zu dem auch vom Obersten Gerichtshof gebilligten rechtlichen Ergebnis,daß derzeit die Voraussetzungen für die Anordnung der gerichtlichen Erziehungshilfe, nämlich daß die Mutter ihre Erziehungsgewalt (etwa dadurch, daß sie auf der Rückholung des mj. Marcus in ihren Haushalt beharrt) mißbraucht oder die damit verbundenen Pflichten nicht erfüllt (nicht erfüllen kann), nicht vorliegen. Ist dem aber so, dann kann selbst der Umstand, daß die Verhältnisse bei den Pflegeeltern besser sind, nichts daran ändern. Eine vorübergehende seelische Beeinträchtigung der Kinder durch den Pflegeplatzwechsel und eine etwaige kurzfristige Trennung der Geschwister (während die Mutter am 22.6.1987 erklärte, gegen den Weiterverbleib der mj. Jacqueline bei den Pflegeeltern G*** nichts einzuwenden zu haben, solange das Kind noch nicht den Kindergarten oder eine Krabbelstube besuchen kann - AS 118 - , möchte sie nunmehr nach ihren Angaben vor dem Rekursgericht am 21.3.1988 auch die mj. Jacqueline zu sich nehmen, und zwar insbesondere deswegen, weil sie festgestellt habe, daß der mj. Marcus sehr an seiner Schwester hänge und sie die Geschwister nicht trennen wolle - AS 192) muß in einem solchen Fall in Kauf genommen werden (vgl. EFSlg.35.984, 45.837 ua). Daß sich die Mutter und der Stiefvater der großen Verantwortung bewußt sein müssen, die sie auf sich nehmen, wenn sie die Kinder aus ihrer jetzigen Umgebung, in der sie geborgen sind und sich wohlfühlen, herausnehmen, wurde bereits vom Rekursgericht zutreffend betont.

Es war daher dem Revisionsrekurs ein Erfolg zu versagen.

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