OGH 9ObA130/88

OGH9ObA130/8829.6.1988

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof. Dr. Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier und Dr. Petrag sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Reinhard Drössler und Helmut Mojescick als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Alexander H***, Flugkapitän, Hausmannstätten, Prinz Eugen Weg 3, vertreten durch Dr. Franz Wiesner und Dr. Gertrud Wiesner, Rechtsanwälte in Graz, wider die beklagte Partei S***-D***-P*** Aktiengesellschaft, Wien 1., Franz-Josefs-Kai 51 (vormals Kärntner Ring 7), vertreten durch Dr. Harald H***, Referent der Sektion Industrie der Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft, Wien 4., Wiedner Hauptstraße 63, dieser vertreten durch Dr. Michael Meyenburg, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 463.788,-- sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 11. Jänner 1988, GZ 8 Ra 1126, 1127/87-19, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeitsgerichtes Graz vom 17. Dezember 1986, GZ 2 Cr 20/86-9, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 15.307,05 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 1.391,55 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger begehrt von der Beklagten S 463.788,-- sA für insgesamt 859 Überstunden. Er sei auf Grund des Dienstvertrages vom 25. Juni 1979 für die Beklagte bis 30. Juni 1985 als Fluglehrer und Pilot tätig gewesen. In Punkt 5 dieses Dienstvertrages sei unter anderem festgehalten worden, daß der Kläger in Nigeria mit dem A*** C*** of Nigeria ebenfalls einen Dienstvertrag abzuschließen habe. Da dieser Club ausschließlich von der Beklagten unterhalten worden sei, seien die Bezüge des Klägers von der Beklagten abzugelten gewesen und auch tatsächlich abgegolten worden. Nach Beendigung seiner Tätigkeit habe der Kläger über Ersuchen der Beklagten seine Forderungen aus den beiden Dienstverträgen mit Schreiben vom 19. Oktober 1984 bekanntgegeben. Bei dem Schlußgespräch vom 16. November 1984 sei zunächst festgehalten worden, daß die mit Schreiben vom 19. Oktober 1984 bekanntgegebenen Forderungen des Klägers selbstverständlich anerkannt werden, jedoch die umfangreichen Belege noch überprüft werden sollten; deshalb sei am Schluß dieser Besprechung eine Vereinbarung verfaßt worden, in deren Punkt 7 festgehalten worden sei, daß mit dieser Regelung sämtliche gegenseitigen Rechte und Ansprüche aus den Vereinbarungen vom 25. Juni 1979 verglichen seien. Die in Punkt 1 bis 6 der Vereinbarung vom 16. November 1984 festgehaltenen Rechte und Ansprüche stünden jedoch mit den nunmehr geltend gemachten Ansprüchen auf Abgeltung von Überstunden nicht im Zusammenhang. Ergänzend brachte der Kläger vor, daß er auf Grund des mit der Beklagten abgeschlossenen Beratungsvertrages keinerlei Leistungen an die Beklagte erbracht habe, sondern vereinbarungsgemäß ausschließlich in Nigeria als Pilot und Prüfer tätig gewesen sei; hiebei sei er dem Direktor von Steyr-Nigeria unterstellt gewesen. Das Österreichgehalt von S 23.334,-- sei ihm von der Beklagten auf sein Konto bei einer österreichischen Raiffeisenkasse überwiesen worden. Steyr-Nigeria habe dem Kläger seine Bezüge nach Abzug der in Nigeria zu entrichtenden Steuern auf dessen Konto bei einer Bank in Nigeria überwiesen. Der Kläger sei vor Beendigung seiner Tätigkeit vom Personalchef von Steyr-Nigeria, Ing. Manfred B***, aufgefordert worden, die entsprechenden Unterlagen für die von ihm geleisteten rund 800 Überstunden zu übersenden. Die Grundlagen für die Ermittlung der Überstunden befänden sich in den Händen der Beklagten; im Rahmen seiner Tätigkeit habe der Kläger wöchentlich von einem Herrn des Managements der Beklagten einen schriftlichen Flugauftrag für die gesamte Woche erhalten. Die Honorierung von Überstunden sei in dem - mit dem A*** C*** of Nigeria abgeschlossenen - Agreement ausdrücklich vorgesehen gewesen. Die Beklagte beantragte Abweisung des Klagebegehrens. Sie sei nicht passiv legitimiert; mit der Beklagten habe lediglich ein Konsulentenverhältnis, mit dem A*** C*** of Nigeria hingegen ein Dienstverhältnis bestanden. Der Kläger sei ausschließlich für diesen Club, der von Steyr-Nigeria Ltd. gegründet und auch finanziell "getragen" worden sei, als Pilot tätig gewesen. Sämtliche aus dem Konsulentenverhältnis zur Beklagten sowie dem Arbeitsverhältnis zum A*** C*** of Nigeria resultierenden Ansprüche seien mit Dreiparteienvereinbarung vom 16. November 1984 bereinigt worden, darunter auch die von der Beklagten stets zur Gänze bestrittenen Ansprüche des Klägers auf Überstunden. Das angerufene Gericht sei sachlich unzuständig, weil nach dem Agreement vom 25. Juni 1979 eine Schiedsvereinbarung getroffen worden sei. Weiters seien die gegenständlichen Ansprüche verfallen bzw. verjährt. Das Erstgericht wies die von der Beklagten erhobenen Einreden der mangelnden Passivlegitimation sowie der sachlichen Unzuständigkeit des Arbeitsgerichtes zurück und wies das Klagebegehren ab.

Es stellte folgenden wesentlichen Sachverhalt fest:

Für Steyr-Nigeria Ltd. wurde ein Pilot benötigt, der bestimmte von Nigeria verlangte Bedingungen - 5000 Flugstunden, 700 Nachtflugstunden, Tätigkeit als Fluglehrer und 3jährige Prüfungstätigkeit - erfüllen sollte. Er sollte Chefpilot des A*** C*** of Nigeria werden und daneben auch Check Captain des Directorate of Civil Aviation. Der Kläger erfüllte alle diese Voraussetzungen und schloß am 25. Juni 1979 Vereinbarungen sowohl mit der Beklagten als auch mit dem A*** C*** of Nigeria ab. In der letztgenannten Vereinbarung wurde der Kläger als Arbeitnehmer, der A*** C*** of Nigeria als Arbeitgeber bezeichnet, und der Kläger als Pilot und Lehrer angestellt, wobei er direkt dem Vorsitzenden des A*** C***, dem geschäftsführenden Direktor von Steyr-Nigeria, verantwortlich war. Als Entlohnung wurden 1.165,-- Naira für 40 Lehrstunden pro Woche sowie eine Auslandszulage von 835,-- Naira monatlich vereinbart. Für den Fall der Leistung von Überstunden wurde vereinbart, "daß die Bezahlung um den selben Betrag im Verhältnis zum Grundgehalt erhöht wird." Ferner wurde vereinbart, daß alle Streitigkeiten aus diesem Vertrag einem Einzelschiedsrichter in Übereinstimmung mit den Bestimmungen des Arbitration Act Cap 13 des Bundesstaates Nigerien vorgelegt werden. In der mit der Beklagten geschlossenen Vereinbarung vom 25. Juni 1979 wurden unter anderem folgende Bedingungen für die Beratungstätigkeit des Klägers als Fluglehrer bei der Tochtergesellschaft Steyr-Nigeria Ldt. festgehalten:

"1. Beginn Ihrer Tätigkeit:

25. Juni 1979 für die Dauer von 3 Jahren mit halbjährlicher Kündigungsfrist, jeweils zum 31. Dezember bzw. 30. Juni eines Jahres.

2. Honorar:

monatlich öS 23.334,-- brutto, wobei Sie sich verpflichten, die anfallenden Steuern direkt abzuführen.

..........

4. Nachstehend aufgeführte Versicherungen werden für Sie für die

Zeit ihres Aufenthaltes in Nigeria abgeschlossen:

Flugrisikoversicherung für Invalidität und Ableben in Höhe von

öS 4 Mio

Lebens- bzw. Unfallversicherung in Höhe von öS 400.000,-- bzw.

öS 800.000,--

Flugrückholversicherung

Krankenversicherung in Höhe von S 250.000,--.

5. Es ist uns bekannt, daß Sie in Nigeria mit der Firma ......

einen Dienstvertrag abschließen werden, worin Ihnen für Ihre

Tätigkeit als Fluglehrer 2.000,-- Naira brutto, 13mal p.a.

garantiert werden.

6. Bis zur Erlangung von Quota und Residence Permit und der

damit verbundenen Überweisungsmöglichkeit des halben Nettogehaltes

nach Österreich werden wir Ihnen gegen Verrechnung eine

entsprechende Summe auf Ihr Konto in Österreich überweisen

(Kursgarantie für 1979: 1 N: öS 20,--).

...........

8. S***-D***-P*** übernimmt die Ausfallhaftung für Ihr

Gehalt, die damit verbundene Währungsparitätsangleichung und die

Inflationsabgeltung, wenn diese vom nigerianischen Dienstgeber auf

Grund höherer Gewalt oder Gesetzesänderung nicht mehr ausbezahlt

werden können.........."

Auf Grund dieser Vereinbarungen flog der Kläger innerhalb Nigeriens und auch über dessen Grenzen hinaus. Er mußte auch Prüfflüge für das Directorate of Civil Aviation durchführen und Prüfprotokolle abnehmen, weil die Arbeitserlaubnis als Pilot in Nigeria von der Durchführung dieser Tätigkeiten abhing. Dies geschah mit Kenntnis und im Einvernehmen mit der Beklagten und Steyr-Nigeria. Der Managing-Director von Steyr-Nigeria war jeweils gleichzeitig der Präsident des A*** C*** of Nigeria. Der Kläger erhielt seine Bezüge in Nigeria von Steyr-Nigeria, dem tatsächlichen Partner der formal mit dem A*** C*** getroffenen Vereinbarung. Von diesem Gehalt durfte der Kläger anfangs nach Abzug der Steuern 50 % als Home-Remittance nach Österreich überweisen. Dieser Anteil wurde im Laufe der Zeit immer geringer.

Für seine Tätigkeit als Check-Captain für das Directorate of Civil Aviation, für die er 399 Stunden aufwendete, erhielt der Kläger kein Extraentgelt. Weitere 460 Überstunden leistete der Kläger für Steyr-Nigeria. Er hatte einen monatlichen Flugbericht bei der Finanzstelle von Steyr-Nigeria einzureichen, von dem er eine Kopie zurückerhielt. Auf Grund dieser Berichte waren die Flugstunden und Flugwege des Klägers sowie die geleisteten Überstunden feststellbar.

Im Jahre 1984 kam es in Nigeria zu einem politischen Umsturz, worauf Privatflüge nicht mehr durchgeführt werden durften. Der Kläger erhielt eine Sondergenehmigung, das Flugzeug aus Nigeria auszufliegen. Er brachte das Flugzeug nach Europa und führte dort für etwa 4 Wochen Flüge für die beklagte Partei durch. Dann wurde das Flugzeug an die Leasinggeberin zurückgestellt.

Zwischen den Streitteilen wurden sodann Gespräche über eine Vertragsauflösung geführt. Mit Schreiben vom 19. Oktober 1984 gab der Kläger seine Vorstellungen bezüglich einer Vertragsauflösung bekannt. Er machte darin einen Resturlaub bis 15. März 1985 sowie 460 für Steyr-Nigeria und 399 für das Directorate of Civil Aviation geleistete Überstunden geltend und bot an, auf die Bezahlung der letztgenannten Überstunden zu verzichten, wenn die Beklagte den Vertrag bis 30. Juni 1985 - der Kläger verzichte hiebei ab 16. März 1985 auf die Bezahlung der Overseas

Allowance - weiterlaufen lasse und dem Kläger ein Jagdgewehr kostenlos überlasse. Weiters begehrte der Kläger die Angleichung seines Österreichgehaltes auf Basis der in Österreich erfolgten Gehaltserhöhungen von 5,9 % ab November 1980, 6 % ab November 1981 und 4,4 % ab November 1982, ferner ab Jänner 1984 50,-- Naira pro Monat siebenmal. Schließlich begehrte der Kläger die umgehende Bezahlung von bereits geltend gemachten Forderungen aus den Titeln Offstation und Expenses.

Es fanden sodann Vorgespräche statt, deren Gegenstände die Auflösung des Vertragsverhältnisses (Auflösungszeitpunkt und einzuhaltende Kündigungsfrist), die Überweisung der vom Kläger in Nigeria angesparten Geldbeträge unter Hilfestellung der Beklagten bei der Lösung devisenrechtlicher Probleme und die Überstundenfrage waren. Bei den Gesprächen wurde der Standpunkt vertreten, daß die vom Kläger behaupteten Überstunden von der Beklagten nur schwer überprüft werden könnten. Eine Überstundenforderung des Klägers wurde daher in die Vereinbarung vom 16. November 1984, die eine Generalbereinigung zwischen den Streitteilen herbeiführen sollte, nicht aufgenommen; dem Kläger sollte aber die Möglichkeit offenbleiben, allenfalls geleistete Überstunden gegenüber Steyr-Nigeria oder dem A*** C*** of Nigeria geltend zu machen. Die Vereinbarung vom 16. November 1984 hat folgenden Wortlaut:

"1. Die Vereinbarungen gemäß Schreiben sowie Agreement vom 25. Juni 1979 werden im guten Einvernehmen per 30. Juni 1985 aufgelöst.

  1. 2. Herr H*** ist seit 6. Oktober 1984 vom Dienst freigestellt.
  2. 3. Herr H*** verzichtet ab 16. März 1985 auf die Bezahlung der "Overseas-Allowance".

    4. Es wird die Angleichung des Österreichshonorars wie folgt berücksichtigt:

    ab 1. November 1980 plus 5,9 %

    ab 1. November 1981 plus 6,0 %

    ab 1. November 1982 plus 4,4 %

    ab 1. November 1983 plus 3,0 %

    ab 1. November 1984 plus 4,8 %

    Auf diese Erhöhungen angerechnet wird jedoch die

    außerordentliche Honoraranhebung vom 2. Juli 1982.

    5. Aus dem Titel der Inflationsabgeltung erhält Herr H*** eine Nachzahlung in Höhe von Naira 350 zum Durchschnittskurs der Monate Jänner bis Juli 1984, das sind öS 8.886,50.

    6. Als Abgeltung für Barauslagen bei der Betreuung von Geschäftsfreunden wird Herrn H*** ein Betrag von

    öS 13.000,-- pauschal angewiesen.

    7. Mit dieser Regelung sind sämtliche gegenseitigen Rechte und Ansprüche aus den oben angeführten Vereinbarungen verglichen."

    Diese Vereinbarung wurde vor Unterfertigung erörtert und vom Kläger durchgelesen. Sie wurde auch erfüllt.

    Das Erstgericht vertrat die Rechtsauffassung die beklagte Partei sei passiv legitimiert, weil zwischen den Streitteilen sowohl die Vertragsgrundlage als auch die Vertragsauflösung vereinbart worden sei. Die vom Kläger mit Schreiben vom 19. Oktober 1984 erhobene Überstundenforderung, über die dann auch verhandelt worden sei, sei von der Generalbereinigungsklausel der Vereinbarung vom 16. November 1984 erfaßt worden, so daß sie gegenüber der Beklagten nicht mehr geltend gemacht werden könne.

    Das Berufungsgericht gab mit einem in das angefochtene Urteil aufgenommenen Beschluß dem Rekurs der beklagten Partei gegen die Zurückweisung der Einrede der mangelnden Passivlegitimation statt und hob diesen Beschluß ersatzlos auf. Der Berufung der klagenden Partei gab das Berufungsgericht nicht Folge. Es übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes - ausgenommen die vom Kläger in der Berufung bekämpften Feststellungen über die Gründe für die Nichtaufnahme der Überstundenforderung in die Vereinbarung vom 16. November 1984 - und stellte nach teilweiser Beweiswiederholung durch Verlesung der Vertragsurkunden ergänzend fest, daß es am 16. November 1984 zwischen der Beklagten sowie namens und auftrags der Steyr-Nigeria als Sponsor des A*** C*** of Nigeria einerseits und dem Kläger andererseits zu einer Vereinbarung gekommen sei, womit sämtliche gegenseitigen Rechte und Ansprüche aus den Vereinbarungen (gemäß Schreiben und Agreement vom 25. Juni 1979) verglichen sind.

    Das Berufungsgericht vertrat die Rechtsauffasssung, daß in der Vereinbarung mit der Beklagten ausdrücklich eine Trennung zwischen dem Vertragsverhältnis des Klägers mit der Beklagten und dem über seine Tätigkeit in Nigeria mit einem anderen Arbeitgeber abzuschließenden Arbeitsverhältnis vorgenommen worden sei. Auch bei der Vereinbarung vom 16. November 1984 sei die Beklagte nicht nur im eigenen Namen, sondern auch im Namen von Steyr-Nigeria Ltd. aufgetreten. Die Beklagte habe keine Verpflichtung übernommen, Überstundenleistungen des Klägers, die dieser im Rahmen seines Arbeitsverhältnisses in Nigeria erbracht habe, zu bezahlen; sie sei daher bezüglich der gegenständlichen Ansprüche nicht passiv legitimiert.

    Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Klägers aus den Revisionsgründen der Nichtigkeit, Mangelhaftigkeit des Verfahrens, der Aktenwidrigkeit und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne des Klagebegehrens abzuändern oder es aufzuheben und die Sache (an die Vorinstanzen) zurückzuverweisen.

    Die beklagte Partei beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Der Nichtigkeitsgrund der mangelnden Begründung nach § 477 Abs 1 Z 9 ZPO ist nur dann gegeben, wenn die Entscheidung gar nicht oder so unzureichend begründet ist, daß sie nicht überprüfbar ist. Der vom Revisionswerber unter diesem Revisionsgrund ins Treffen geführte Umstand, ein von ihm beantragter Zeuge sei nicht vernommen worden, macht das Urteil nicht unüberprüfbar, so daß der geltend gemachte Nichtigkeitsgrund nicht vorliegt.

Auch die vom Revisionswerber behaupteten Revisionsgründe der Mangehaftigkeit und der Aktenwidrigkeit liegen nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO). In diesem Zusammenhang ist ergänzend darauf hinzuweisen, daß die Bekämpfung von im Berufungsverfahren unbekämpft gebliebenen Feststellungen - bei der Frage der Passivlegitimation handelt es sich hingegen nicht um eine Tat- sondern um eine Rechtsfrage - im Revisionsverfahren nicht nachgeholt werden kann. Auch die Rechtsrüge ist unberechtigt.

Zunächst sei bemerkt, daß die Rechtsrüge, soweit damit Tatsachenfeststellungen der Vorinstanzen bekämpft und Neuerungen vorgebracht werden, nicht gesetzmäßig ausgeführt ist, so daß sich ein Eingehen auf diesen Teil der Ausführungen erübrigt. Da die Rechtsrüge aber wenigstens in einem Punkt - bezüglich der rechtlichen Folgerung aus der Textierung der Vereinbarung vom 16. November 1984 auf die Passivlegitimation der Beklagten - gesetzmäßig ausgeführt ist, ist die rechtliche Beurteilung der Sache vom Obersten Gerichtshof zu prüfen. Im Hinblick auf die starke Auslandsbeziehung der zu beurteilenden Rechtsverhältnisse ist zunächst die Frage des anzuwendenden Rechtes zu erörtern. Gemäß § 44 Abs 1 Satz 1 IPRG sind Arbeitsverträge nach dem Recht des Staates zu beurteilen, im dem der Arbeitnehmer seine Arbeit gewöhnlich verrichtet. Da der Kläger als Pilot zum Einsatz in Nigerien aufgenommen und dort auch überwiegend beschäftigt wurde, ist auf das zwischen ihm und dem A*** C*** of Nigeria bzw. Steyr-Nigeria Ltd. begründete Arbeitsverhältnis nigerianisches Recht anzuwenden. Die Anwendung österreichischen Rechtes kommt auch nicht nach Satz 2 der zitierten Gesetzesbestimmung in Frage, weil der Schwerpunkt des Arbeitsverhältnisses nicht in Österreich, sondern in Nigeria lag und der Kläger nicht in den Betrieb der Beklagten, sondern in den von Steyr-Nigeria Ltd. organisatorisch eingegliedert wurde (vgl. Schwimann in Rummel ABGB Rz 3 zu § 44 IPRG). Mit dem Agreement vom 25. Juni 1979 (Beilage 2 = Beilage 6) wurde daher ein nach nigerianischem Recht zu beurteilendes Arbeitsverhältnis begründet.

Im Hinblick auf den Zweck dieses Arbeitsverhältnisses - Erfüllung

der formalen Voraussetzungen für die Beschäftigung eines von

Steyr-Nigeria Ltd., für geschäftliche Flüge benötigten Piloten -,

auf die organisatorische Eingliederung in den Betrieb von

Steyr-Nigeria Ltd. und die Entlohnung durch dieses Unternehmen war

hiebei tatsächlich Steyr-Nigeria Ltd. als Arbeitgeber des Klägers

anzusehen. Der gleichzeitig mit der Beklagten abgeschlossene Vertrag

vom 25. Juni 1979 (Beilage 4) steht in engem Zusammenhang mit diesem

Arbeitsverhältnis. In diesem Vertrag verpflichtete sich die

Beklagte, dem Kläger zu dem von Steyr-Nigeria Ltd., in dortiger

Landeswährung auszuzahlenden und dort zu versteuernden Entgelt ein

zusätzliches Honorar in österreichischen Schillingen zu zahlen, den

Kläger für die Zeit seines Aufenthaltes in Nigeria gegen

verschiedene Risken zu versichern und die Ausfallshaftung für

das - von Steyr-Nigeria Ltd. zu zahlende - Gehalt samt

Währungsparitätenangleichung und Inflationsabgeltung zu übernehmen,

wenn es vom nigerianischen Arbeitgeber auf Grund höherer Gewalt und

Gesetzesänderung nicht mehr ausgezahlt werden könne. Damit übernahm

die Beklagte zwar einige den Arbeitgeber grundsätzlich treffende

finanzielle Verpflichtungen, insbesondere die Zahlung eines Teiles

des insgesamt vereinbarten Entgeltes und die Versicherung des

Arbeitnehmers gegen bestimmte mit der Arbeitsleistung verbundene

Risken, wurde aber damit nicht Arbeitgeber des Klägers, weil dieser

nicht nach ihren Weisungen im Rahmen ihres Betriebes tätig werden,

sondern in den Betrieb von Steyr-Nigeria Ltd. eingegliedert werden

sollte und mit diesem Unternehmen einen eigenen Arbeitsvertrag

abschloß. Da die Gegenleistung des Klägers für die von der Beklagten

zu erbringenden Leistungen einem Dritten, nämlich dem nigerianischen

Arbeitgeber des Klägers zugute kommen sollten, handelte es sich bei

diesem Teil des Vertrages um einen Vertrag zugunsten Dritter. Mit

Punkt 8 dieses Vertrages übernahm die Beklagte darüberhinaus die

Ausfallshaftung für das vom nigerianischen Arbeitgeber zu zahlende

Gehalt, sollte dieses auf Grund höherer Gewalt oder Gesetzesänderung

nicht mehr ausgezahlt werden können. Insgesamt handelt es sich bei

diesem zwischen den Streitteilen abgeschlossenen Vertrag um ein

akzessorisches Rechtsgeschäft zu dem mit dem nigerianischen

Arbeitgeber abgeschlossenen Arbeitsvertrag, auf das gemäß § 45 IPRG

gleichfalls nigerianisches Recht anzuwenden wäre. Zieht man aber in

Betracht, daß mit Punkt 8 die Zahlung des mit dem nigerianischen

Arbeitgeber vereinbarten Gehaltes samt Währungsparitätenangleichung

und Inflationsabgeltung insbesondere auch für den Fall garantiert

wurde, daß es vom Arbeitgeber wegen Gesetzesänderung nicht mehr

ausgezahlt werden konnte, dann widerspräche eine Beurteilung dieser

Verpflichtung nach nigerianischem Recht dem Zweck dieser

Vereinbarung, dem Kläger die vereinbarten Zahlungen auch dann zu

sichern, wenn der nigerianische Arbeitgeber durch geänderte

nigerianische Gesetze an der Auszahlung dieser Bezüge gehindert

würde. Auch dieser Teil des Vertrages diente ebenso wie die

Zusicherung eines in österreichischen Schillingen (in Österreich) zu

zahlenden Entgeltes der Sicherung des Klägers durch einen in

Österreich durchsetzbaren Rechtsanspruch gegen einen

österreichischen Vertragspartner unabhängig von der

wirtschaftlichen, politischen und rechtlichen Situation im Land der

Beschäftigung. Da damit die von den Streitteilen getroffene

Vereinbarung nur bei Anwendung österreichischen Rechtes unabhängig

von den Gesetzen des Staates der Beschäftigung in sinnvoller Weise

erfüllbar ist, wird die starre akzessorische Anknüpfung des

§ 45 IPRG den berechtigten Interessen der Vertragspartnern nicht

gerecht; sie ist daher nach dem in § 1 Abs 1 IPRG ganz allgemein

normierten Grundsatz der stärksten Beziehung im Sinne einer

Anknüpfung an das Österreichische Recht zu korrigieren

(vgl. Schwimann aaO Rz 5 zu § 45 IPRG sowie Rz 5 zu § 1 IPRG).

Da nun, wie oben ausgeführt, die Beklagte nicht als Arbeitgeber

des Klägers anzusehen ist, kann der Kläger den ihm gegen den

nigerianischen Arbeitgeber zustehenden Anspruch auf Ersatz von

Überstunden gegen die Beklagte nur im Rahmen der von ihr mit Vertrag

vom 25. Juni 1979 übernommenen Verpflichtungen geltend machen. Ein

Anspruch gegen die Beklagte könnte nur aus der mit Punkt 8

übernommenen Ausfallshaftung abgeleitet werden. Da darin die Haftung

insbesondere auch für den Fall übernommen wurde, daß den

nigerianischen Arbeitgeber nach den dortigen Gesetzen keine

Verpflichtung zur Bezahlung des vereinbarten Entgeltes trifft,

handelt es sich nicht um eine akzessorische

Bürgschaftsverpflichtung, sondern um eine rechtlich selbständige

Garantie. Auch wenn man diese Garantie nicht nur auf das in Punkt 5

der Vereinbarung erwähnte Grundgehalt, sondern auch auf Überstundenentgelte bezieht, ist darauf Bedacht zu nehmen, daß die Garantie nur für den Fall übernommen wurde, daß der nigerianische Arbeitgeber auf Grund höherer Gewalt oder Gesetzesänderung das vereinbarte Entgelt nicht mehr ausbezahlen kann. Der Eintritt dieses Garantiefalles wurde vom Kläger nicht einmal behauptet. Entgegen der Ansicht des Revisionswerbers hat die Beklagte auch im Rahmen der Vereinbarung über die Auflösung der beiden Verträge vom 25. Juni 1979 ihre Haftung und damit auch ihre Passivlegitimation für die gegenständlichen Überstundenentgelte nicht anerkannt. Dem Einleitungssatz der Vereinbarung vom 16. November 1984 "zwischen der S***-D***-P*** AG, sowie namens und auftrags der Steyr-Nigeria Ltd. als Sponsor des A*** C*** of Nigeria einerseits und Herrn Alexander H*** andererseits" ist vielmehr zu entnehmen, daß die Beklagte, soweit mit dieser Vereinbarung Ansprüche aus dem mit dem A*** C*** of Nigeria abgeschlossenen Agreement vom 25. Juni 1979 bereinigt wurden, nicht im eigenen Namen, sondern im Namen des nigerianischen Arbeitgebers des Klägers als dessen Stellvertreter aufgetreten ist und dies auch mit hinreichender Deutlichkeit offengelegt hat. Eine eigene - vom Eintritt des Garantiefalles unabhängige - Verpflichtung zur Begleichung der dem Kläger gegen seinen nigerianischen Arbeitgeber zustehenden Ansprüche auf Vergütung von Überstunden hat die Beklagte damit jedenfalls nicht übernommen.

Da sich damit auch die Rechtsrüge als unberechtigt erweist, war der Revision ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

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