OGH 10ObS147/88

OGH10ObS147/8828.6.1988

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Resch als Vorsitzenden, durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag. Engelmaier und Dr. Angst als weitere Richter und durch die fachkundigen Laienrichter Dr. Karlheinz Kux (AG) und Gerald Kopecky (AN) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Erna K***, Pensionistin, 8010 Graz, Starhemberggasse 9, vertreten durch Dr. Ingrid Huber, Rechtsanwalt in Graz, wider die beklagte Partei P*** DER A***,

1021 Wien, Friedrich Hillegeist-Straße 1, vor dem Obersten Gerichtshof nicht vertreten, wegen Witwenpension infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 23. Dezember 1987, GZ 7 Rs 1142/87-23, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgerichtes vom 30. Juli 1987, GZ 34 Cgs 127/87-17, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Klägerin hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit Bescheid vom 4. September 1986 wies die beklagte Partei den Antrag der Klägerin vom 1. Oktober 1985 auf Gewährung einer Witwenpension nach dem am 28. August 1985 verstorbenen Versicherten Johann K*** ab.

In der dagegen rechtzeitig erhobenen Klage behauptete die Klägerin, es habe keine Vermögensteilung (zwischen den geschiedenen Ehegatten) stattgefunden, weil ihr geschiedener Mann vorher gestorben sei. Sie begehre aber eine Witwenpension. In der Tagsatzung vom 21. November 1986 ergänzte sie, sie habe mit Othmar P***, dem seinerzeitigen Sachwalter ihres Ehemannes, vereinbart, daß ihr (monatlich) S 1.000,-- auch für die Zeit nach Auflösung der Ehe als Unterhalt zu zahlen seien.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung der Klage. Im zweiten Rechtsgang wies das Erstgericht die Klage ab.

Dabei ging es von folgenden Feststellungen aus:

Die Klägerin wurde am 27. Juli 1979 zum Beistand ihres entmündigten Ehegatten Johann K*** bestellt. Am 22. August 1979 wurde ihr dessen Pension rechnungsfrei überlassen. Am 21. August 1984 wurde sie auf eigenen Wunsch ihres Amtes enthoben und Othmar P*** zum Sachwalter bestellt. Noch am selben Tag brachte die Klägerin eine Scheidungsklage ein, aufgrund der die Ehe mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 5. März 1985 nach § 49 EheG wegen Alleinverschuldens des Ehemannes geschieden wurde. Der schwer erkrankte Sachwalter Othmar P*** wurde am 17. Oktober 1984 durch Johann S*** ersetzt. Dieser berichtete dem Sachwalterschaftsgericht am 25. Oktober 1984 ua: "Eine Aussprache mit der Ehegattin läßt den Schluß zu, daß sie einer einverständlichen Scheidung zustimmen werde. Eine Teilung des Gebrauchsvermögens müsse noch besprochen werden, gleichfalls nähere Bedingungen hinsichtlich eines wechselseitigen Unterhaltsverzichtes. Johann K*** bezieht eine monatliche Pension von ca. S 7.000,--, welche durch den Fürsorgeträger belastet ist. 50 % der Pension und 80 % des Hilflosenzuschusses werden einbehalten. Vergleichsweise bekommt die Ehegattin einen monatlichen Unterhalt von S 1.000,--, da sie arbeitslos ist ..." Am 30. November 1984 ersuchte die Klägerin das Sachwalterschaftsgericht, daß ihr nach wie vor aus dem 50 %-igen Pensionsanteil wenigstens S 1.000,-- zur teilweisen Mietzinszahlung überwiesen werden mögen. Daraufhin teilte der Sachwalter dem Gericht am 3. Dezember 1984 mit, daß er seit Bezug der Pension S 1.000,-- an die Klägerin überweise. Nach dem Tod Johann K***s am 28. August 1985 ersuchte das Sachwalterschaftsgericht den Sachwalter am 24. September 1985 um Mitteilung, wie lange und aufgrund welchen Titels der Klägerin S 1.000,-- an Unterhalt gezahlt wurden. Der Sachwalter berichtete, daß von seinem Vorgänger aus Kostenersparnisgründen mit der Klägerin ein monatlicher Unterhaltsbetrag von S 1.000,-- ab Oktober 1984 vereinbart worden sei. Ab April 1985 seien die Zahlungen vorerst eingestellt worden, weil zu wenig Barmittel vorhanden gewesen seien. Etwa im September 1984 vereinbarte die Klägerin mündlich und mit Zustimmung des Sachwalterschaftsrichters mit dem damaligen Sachwalter P***, daß ihr ein monatlicher Unterhaltsbetrag von S 1.000,-- von der Pension ihres Ehegatten überwiesen werde. Es wurde nicht konkret vereinbart, daß die Unterhaltszahlung über die Scheidung hinaus erfolgen solle; anderseits wurde auch nicht vereinbart, daß der monatliche Unterhaltsbetrag von S 1.000,-- nach der Scheidung nicht mehr gezahlt werden sollte. Die Klägerin erhielt diesen Betrag zuletzt im März 1985, weil ab April kein Geld mehr vorhanden war. Daraus zog das Erstgericht den Schluß, daß die vor Auflösung der Ehe eingegangene Vereinbarung durch die Scheidung unwirksam geworden sei, weshalb der von der Klägerin geschiedene Versicherte ihr zur Zeit seines Todes aufgrund dieser Vereinbarung keinen Unterhalt zu leisten hatte.

Dagegen erhob die Klägerin Berufung wegen unrichtiger Beweiswürdigung und Tatsachenfeststellung, Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit den Anträgen, das angefochtene Urteil im klagestattgebenden Sinn abzuändern oder es allenfalls aufzuheben. Die Berufungswerberin meinte im wesentlichen, das Erstgericht hätte feststellen müssen, daß zwischen ihr und dem damaligen Sachwalter P*** auch für die Zeit nach der Scheidung ein monatlicher Unterhalt von S 1.000,-- vereinbart wurde und - ausgehend von dieser Feststellung - die Witwenpension zuerkennen müssen.

Das Berufungsgericht gab der Berufung nicht Folge.

Es verneinte eine Mangelhaftigkeit des erstgerichtlichen Verfahrens und begründete eingehend, warum es gegen die bekämpften Feststellungen keine Bedenken habe.

Dagegen richtet sich die Revision der Klägerin wegen Nichtigkeit, Mangelhaftigkeit, Aktenwidrigkeit und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit den Anträgen, das angefochtene Urteil im klagestattgebenden Sinn abzuändern oder es allenfalls aufzuheben. Die beklagte Partei erstattete keine Revisionsbeantwortung.

Rechtliche Beurteilung

Die nach § 46 Abs. 4 ASGG ohne die Beschränkungen des Abs. 2 lc zulässige Revision ist nicht berechtigt.

Das Urteil des Berufungsgerichtes ist nicht iS des § 477 Abs. 1 Z 9 2. Fall ZPO mit sich selbst im Widerspruch und nichtig, weil sich diese Gesetzesstelle nur auf einen Widerspruch im Spruch des Urteils, nicht aber auf einen - nach Meinung der Revisionswerberin vorhandenen - Widerspruch in den Entscheidungsgründen bezieht (Fasching, Komm. IV 138; ders., ZPR Rz 1760). Die Richtigkeit der Bemerkungen Faschings (Komm. IV 136; ZPR aaO), daß die Formulierung dieser Gesetzesstelle Rechtsmittelwerber oft dazu verleite, das volle und uneingeschränkte Verbot der Tatsachenbekämpfung im Revisionsverfahren zu umgehen, erweist sich auch im vorliegenden Fall. Übrigens stehen die beiden Feststellungen miteinander gar nicht in Widerspruch.

Selbst wenn die zweite Feststellung mit der Parteiaussage der Klägerin in Widerspruch stünde, läge dieser Widerspruch nicht in einem bloßen Übertragungsfehler, sondern wäre das Ergebnis einer Bewertung dieser Aussage, weshalb auch der im § 503 Abs. 1 Z 3 ZPO bezeichnete Revisionsgrund der Aktenwidrigkeit nicht vorliegt (Fasching, Komm. IV 317 f; ders., ZPR Rz 1914). Auch die diesbezüglichen Revisionsausführungen bestätigen die Meinung Faschings (Komm. aaO), daß dieser Revisionsgrund meist zu dem Zweck geltend gemacht werde, auf diesem Umweg die im Revisionsverfahren unüberprüfbaren Tatsachenfeststellungen des Berufungsgerichtes dennoch anzufechten.

Die geltend gemachte Mangelhaftigkeit (§ 503 Abs. 1 Z 2 ZPO) liegt nicht vor (§ 510 Abs. 3 ZPO).

Der im § 503 Abs. 1 Z 4 ZPO bezeichnete Revisionsgrund, daß das Urteil des Berufungsgerichtes auf einer unrichtigen rechtlichen Beurteilung der Sache beruht, kann schon deshalb nicht vorliegen, weil das Berufungsgericht mangels einer gesetzgemäßen Ausführung des entsprechenden Berufungsgrundes - die Berufungswerberin hatte nämlich nicht ausgeführt, daß der vom Erstgericht festgestellte Sachverhalt rechtlich unrichtig beurteilt wurde, sondern nur dargelegt, wie der ihrer Meinung nach festzustellende Sachverhalt rechtlich zu beurteilen wäre - keine rechtliche Beurteilung der Sache vornehmen konnte. Im übrigen stellen auch die diesbezüglichen Revisionsausführungen wieder nur den unzulässigen Versuch dar, die Tatsachenfeststellungen und die Beweiswürdigung der Vorinstanzen zu bekämpfen.

Der Revision war daher nicht Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs. 1 Z 2 lit. b ASSG.

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