OGH 2Ob613/87

OGH2Ob613/8728.6.1988

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Vogel, Dr. Melber und Dr. Huber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Andreas F***, Zollwacheinspektor i.R., 9602 Thörl-Maglern, vertreten durch Dr. Franz Kleinszig, Rechtsanwalt in St. Veit an der Glan, wider die beklagte Partei Rosina P***, Landwirtin, 9422 Maria Rojach, Dachberg 16, vertreten durch Dr. Georg Gorton, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wegen Abgabe einer Willenserklärung, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 10. März 1987, GZ 1 R 31/87-52, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom 28. Mai 1986, GZ 17 Cg 83/85-38, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Beklagte hat dem Kläger die mit S 15.307,05 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 1.391,55 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

In ihrem schriftlichen Testament vom 19. August 1969 bzw. 3. Februar 1972 setzte Thekla T***, eine Schwester der Streitteile, die Beklagte als Alleinerbin ein. Thekla T*** verstarb am 20. Mai 1981. Noch an diesem Tage übergab der Kläger dem Notar Dr. F***, bei welchem sich das Testament der Erblasserin befand, 337 Stück Golddukaten und drei im einzelnen bezeichnete Sparbücher der Erblasserin zur Verwahrung. Da hierauf von beiden Streitteilen Ausfolgungsansprüche gestellt wurden, hinterlegte Dr. F*** diese Wertgegenstände am 22. Juli 1982 bei Gericht. Auf Grund ihrer unbedingten Erbserklärung wurde der Beklagten der Nachlaß nach Thekla T*** rechtskräftig eingeantwortet. Mit der vorliegenden Klage begehrt der Kläger die Zustimmung der Beklagten zur Ausfolgung des Erlages und bringt zur Begründung vor:

Die Golddukaten und Sparbücher seien dem Kläger von Thekla T*** noch vor ihrem Tode am 20. Mai 1981 mit dem Auftrag übergeben worden, dieses Vermögen sofort, also noch vor dem Ableben der Genannten, unter ihren Geschwistern und Patenkindern aufzuteilen. Aus Sicherheitsgründen habe der Kläger diese Gegenstände beim Notar Dr. F*** hinterlegt. Die Beklagte sei zunächst mit der Aufteilung im Sinne des Auftrages der Thekla T*** auch einverstanden gewesen, stelle sich aber nunmehr auf den Standpunkt, daß dieses Vermögen in den Nachlaß falle und versage die Ausfolgung durch das Gericht.

Die Beklagte bestritt den vom Kläger behaupteten Auftrag der Thekla T*** zur Verteilung der genannten Gegenstände und beantragte Klagsabweisung.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es ging im Sinne der Klagsbehauptungen davon aus, daß die Dukaten und die drei Sparbücher noch vor dem Tode der Thekla T*** an den Kläger unter Mitteilung der Losungswörter übergeben wurden und daß Thekla T*** den Kläger beauftragt hatte, dieses Vermögen sofort an ihre Geschwister und Patenkinder zu gleichen Teilen geschenkweise (S. 8 des Urteiles) aufzuteilen. Es stellte auch fest, daß der Kläger die Dukaten und die drei Sparbücher noch vor dem Ableben der Thekla T*** zur Vermeidung der Gefahr eines Diebstahls (S. 2 des Urteiles) beim Notar Dr. F*** in der Meinung, der ihm erteilte Auftrag entspreche auch dem Inhalt des von Thekla T*** erwähnten Testamentes, mit der Erklärung deponiert hatte, daß diese Wertsachen im Sinne des Testamentes auf alle Verwandten aufzuteilen sind. In seiner rechtlichen Beurteilung führte das Erstgericht aus, zufolge der Übergabe der Golddukaten und Sparbücher an den Kläger und des Inhaltes des Auftrages hätten die bedachten Geschwister und Patenkinder bereits Rechte aus dem zwischen Thekla T*** und dem Kläger zur ihren Gunsten abgeschlossenen Vertrag erworben. Ein Notariatsakt hinsichtlich des Valutageschäftes sei nicht erforderlich gewesen. Der Kläger habe auf Grund des ihm erteilten Auftrages den Anspruch, die Herausgabe des Erlages an ihn zu verlangen.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten nicht Folge. Es ging wie das Erstgericht davon aus, der Kläger habe von seiner Schwester Thekla T*** erfahren, daß sich ihr Testament beim Notar Dr. F*** befinde und sei offenbar der Meinung gewesen, der ihm von Thekla T*** erteilte Auftrag entspreche dem Inhalt des Testamentes. Nach den Verfahrensergebnissen habe Thekla T*** selbst einen Zusammenhang zwischen der Erteilung des Auftrages an den Kläger und dem Inhalt des Testamentes nicht hergestellt. In der gerichtlichen Erlagsache sei vom Notar zwar Dr. K*** als Erlagsgegner angegeben worden, tatsächlich sei aber Dr. K*** der Vertreter des Klägers und dieser sowie die Beklagte seien die Erlagsgegner gewesen.

Rechtlich vertrat das Berufungsgericht die Ansicht, die Sparguthaben seien durch Übergabe der Sparbücher und Bekanntgabe des Losungswortes durch Thekla T*** an den Kläger in dessen (Rechts-)Besitz gelangt. Die Rechtsbeziehung zwischen Thekla T*** und dem Kläger sei als ein Bevollmächtigungsvertrag verbunden mit einem bestimmten Auftrag anzusehen und zufolge des Inhaltes desselben sei das Rechtsgeschäft zugleich auch Vertrag zu Gunsten Dritter. Für die Form eines Vertrages zu Gunsten Dritter sei das zwischen den Parteien bestehende Rechtsverhältnis (Bevollmächtigung und Auftrag) maßgebend und nicht das zum Dritten. Die Übergabe einer Sache mit dem Auftrag der schenkungsweisen Ausfolgung an Dritte bedürfe also keines Notariatsaktes und es sei auch die Annahme der Schenkung durch den Dritten nicht erforderlich. Der Vertrag zwischen Thekla T*** und dem Kläger sei daher rechtswirksam zustandegekommen und es hätten dadurch die Bedachten bereits Rechte erworben. Dies bedeute, daß die gegenständlichen Golddukaten und Sparbücher nicht in das Nachlaßvermögen fielen. Der Kläger erscheine gegenüber dem Notar berechtigt, die Herausgabe der diesem seinerzeit zur Verwahrung übergebenen Golddukaten und Sparbücher zu verlangen, damit er auftragsgemäß die Verteilung dieses Erlages an die Bedachten, wozu die Beklagte auch selbst zähle, durchführen könne. Das Berufungsgericht sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 300.000,-- übersteigt.

Gegen die berufungsgerichtliche Entscheidung erhebt die Beklagte eine auf die Anfechtungsgründe des § 503 Abs 1 Z 2 bis 4 ZPO gestützte Revision mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne der Klagsabweisung; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Der Kläger beantragt in seiner Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht gerechtfertigt.

Als Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens rügt die Revisionswerberin, das Erstgericht und auch das Berufungsgericht hätten sich mit dem Umstand, daß der Kläger die Todfallsaufnahme, in welcher die Golddukaten und die drei Sparbücher angeführt seien, eigenhändig unterschrieben habe, nicht auseinandergesetzt. Dem ist zu entgegnen, daß das Erstgericht diese Anführung in der Todfallsaufnahme ohnehin ausdrücklich erwähnte und sie auf die Rechtsunkundigkeit des Klägers zurückführte (Urteil S. 7) und daß das Berufungsgericht nach Behandlung der Beweisrüge der Beklagten zusammenfassend erklärte, die erstgerichtlichen Feststellungen erschienen ihm insgesamt unbedenklich und die Beweiswürdigung einwandfrei.

Der behauptete Revisionsgrund des § 503 Abs 1 Z 2 ZPO ist daher nicht gegeben (§ 510 Abs 3 ZPO).

Unter dem Revisionsgrund der Aktenwidrigkeit bekämpft die Revisionswerberin ausschließlich die vor dem Revisionsgericht nicht überprüfbare Beweiswürdigung der Tatsacheninstanzen (erstgerichtliches Urteil S. 7 f, berufungsgerichtliches Urteil S. 7).

Auch der Revisionsgrund des § 503 Abs 1 Z 3 ZPO liegt daher nicht vor.

In der Rechtsrüge macht die Beklagte geltend, aus der Anführung der Golddukaten und der Sparbücher in der vom Kläger unterfertigten Todfallsaufnahme und seiner mangelnden Anmeldung von Ansprüchen im Verlassenschaftsverfahren ergebe sich rechtlich ein Anerkenntnis des Klägers dahin, daß diese Gegenstände in den Nachlaß gehörten und der Beklagten als Alleinerbin zufielen. Auch die Frage des Besitzüberganges noch vor dem Tode der Thekla T*** sei unrichtig gelöst worden, da allein die Mitteilung des Aufbewahrungsortes der Vermögensgegenstände und die Bekanntgabe der Losungswörter der Sparbücher einen solchen Besitzübergang nicht herbeiführten, sondern hiezu auch die tatsächliche Auffindung der Sachen erforderlich sei, der diesbezügliche Zeitpunkt aber nicht feststehe.

Diesen Ausführungen kann nicht gefolgt werden.

Nach der Annahme der Vorinstanzen hat der Kläger die klagsgegenständlichen Vermögensgegenstände aus Rechtsunkenntnis in die von ihm unterzeichnete Todfallsaufnahme aufgenommen. Aus dieser irrtümlichen Anführung kann entgegen der Ansicht der Revisionswerberin keinesfalls ein konstitutives Anerkenntnis ihrer Zugehörigkeit zum Nachlaßvermögen abgeleitet werden. Mit ihrer Behauptung, die Vorinstanzen hätten auch die Frage des Besitzüberganges an den Kläger unrichtig gelöst, weil der Zeitpunkt der Auffindung der Sachen nicht feststehe, entfernt sich die Revisionswerberin in gesetzwidriger Weise von den ausdrücklichen Feststellungen der Tatsacheninstanzen. Nach diesen steht für den Obersten Gerichtshof bindend fest, daß die vorgenannten Vermögensgegenstände dem Kläger von Thekla T*** übergeben wurden und daß er seinerseits diese Gegenstände noch vor dem Ableben der Thekla T*** beim Notar Dr. F*** deponierte. Die gegenteiligen Revisionsausführungen sind daher unbeachtlich.

Anders als in den Fällen der Entscheidung SZ 24/213 und SZ 53/135 sowie auch JBl 1984, 609, JBl 1986, 185 und 8 Ob 609/87 hat hier die Erblasserin die Ausfolgung der Wertgegenstände an die Begünstigten nicht erst für den Fall ihres Todes angeordnet, sondern diese Ausfolgung sollte sofort vorgenommen werden und ist im Wege des Auftrages an den Kläger und der Deponierung beim Notar auch noch vor ihrem Tode erfolgt (vgl. SZ 51/25; zum Eigentumserwerb siehe SZ 51/82). Der Ausfolgungsanspruch gegenüber der Beklagten als Erbin ist somit grundsätzlich nicht von der Einhaltung der Formvorschriften des § 956 ABGB abhängig, der Auftrag selbst war formlos gültig (Rummel in Rummel ABGB Rz 8 zu § 881 und die dort zitierte Judikatur).

Auch die Rechtsrüge der Beklagten versagt somit. Der Revision war nicht Folge zu geben.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 41 und 50 ZPO.

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