OGH 3Ob627/77

OGH3Ob627/777.6.1978

SZ 51/82

Normen

ABGB §881 Abs1
ABGB §882 Abs1
ABGB §938 Abs1
ABGB §943
ABGB §881 Abs1
ABGB §882 Abs1
ABGB §938 Abs1
ABGB §943

 

Spruch:

Auch dann, wenn der Dritte durch den Versprechensempfänger beschenkt werden soll, bedarf es nicht der Annahme der Schenkung durch den Begünstigten und auch nicht der für Schenkungen vorgeschriebenen Form, vorausgesetzt, daß der Vertrag zugunsten Dritter selbst formfrei abgeschlossen werden dürfte. Wenngleich der Versprechensempfänger neben dem Dritten forderungsberechtigt bleibt, kann er aus dieser Vereinbarung einen Anspruch auf Unterfertigung eines Schenkungsvertrages zwischen dem Versprechenden und dem Dritten nicht ableiten (hier: Scheidungsvergleich sieht Liegenschaftsschenkung an Kinder vor)

OGH 7. Juni 1978, 3 Ob 627/77 (OLG Linz 2 R 75/77; LG Salzburg 12 a Cg 456/76)

Text

Die Ehe der Streitteile wurde mit Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 4. September 1975 rechtskräftig geschieden. Anläßlich der Scheidungsverhandlung vereinbarten die Streitteile in Gegenwart ihrer Rechtsbeistände, daß die Beklagte ihre Miteigentumsanteile an den Liegenschaften EZ 167 KG T und EZ 144 und 150 KG E den drei gemeinsamen minderjährigen Kindern überträgt. Als Gegenleistung sollte der Kläger die auf diesen Liegenschaften intabulierten Lasten übernehmen und die Klägerin hiefür schad- und klaglos halten. Der Kläger verzichtete weiters auf die Geltendmachung der ihm auf Grund des Schuldscheines vom 17. Mai 1975 gegen die Beklagte zustehenden Forderung. Schließlich war auch eine generelle Verzichtserklärung des Klägers bezüglich aller gegenüber der Beklagten zustehenden Forderungen vorgesehen. In der Folge verfaßten die Anwälte der Streitteile Entwürfe eines zwischen der Beklagten und ihren Kindern abzuschließenden Schenkungsvertrages, der Vertreter der Beklagten auch eine Verzichtserklärung des Klägers.

Mit der vorliegenden Klage begehrt der Kläger die Verurteilung der Beklagten zur Unterfertigung des von den Anwälten einvernehmlich entworfenen Schenkungsvertrages in notariell beglaubigter Form. Er brachte hiezu vor, daß nach mehrfachen Besprechungen vereinbart worden sei, am 28. November 1975 die bereits vorgefertigten Verträge und Erklärungen in der Kanzlei des öffentlichen Notars Dr. P in Form eines Notariatsaktes zu unterfertigen. Die Beklagte sei zwar in der Notariatskanzlei erschienen, habe jedoch die Unterfertigung des Vertrages davon abhängig gemacht, daß auch der Kläger seine Liegenschaftsanteile den Kindern übertrage. Dies habe der Kläger abgelehnt.

Die Beklagte wendete ein, daß sich der Kläger in einer zwischen den Streitteilen getroffenen Vereinbarung verpflichtet habe, seine Liegenschaftsanteile gleichfalls den Kindern zu übertragen. Diese Vereinbarung bilde mit dem anläßlich der Scheidung geschlossenen mündlichen Vertrag eine untrennbare Einheit. Hilfsweise begehrte die Beklagte die Aufhebung des Schenkungsvertrages wegen Verletzung über die Hälfte des wahren Wertes.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es stellte außer dem bereits wiedergegebenen unbestrittenen Sachverhalt folgendes fest:

Die Beklagte hatte die strittigen Liegenschaftsanteile mit Übergabsvertrag vom 3. März 1972 von der Mutter des Klägers zum Übergabspreis von 130 000 S erworben. Die Übergeberin hatte sich ein Ausgedinge, das ein Wohnungsrecht und persönliche Wartung und Pflege durch die Übernehmer umfaßte, einräumen lassen. Nach der Scheidung der Streitteile hatten zwischen ihnen sowie auch zwischen dem Kläger und dem Vater der Beklagten Gespräche über vermögensrechtliche Fragen und das Schicksal der Kinder stattgefunden. Der Kläger lehnte den Vorschlag der Beklagten bzw. ihres Vaters, seine Liegenschaftsanteile den Kindern zu schenken, ab. Die von der Beklagten behauptete zusätzliche Vereinbarung kam nicht zustande.

Rechtlich folgerte das Erstgericht aus diesem Sachverhalt, daß der Kläger Anspruch auf Zuhaltung der anläßlich der Ehescheidung mit der Beklagten zugunsten der ehelichen Kinder getroffenen Vereinbarung habe. Da es sich um die Schenkung von Liegenschaften handle, bedürfe der Schenkungsvertrag zu seiner Gültigkeit eines Notariatsaktes. Die Einrede der laesio enormis sei bei gemischten Schenkungen ausgeschlossen.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten dahin Folge, daß es das Klagebegehren in Abänderung des angefochtenen Urteiles abwies.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Klägers nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Das Berufungsgericht hat in der von den Streitteilen anläßlich der Scheidungsverhandlung geschlossenen Vereinbarung zutreffend einen echten Vertrag zugunsten Dritter (§ 881 ABGB) erblickt, denn es kann keinem Zweifel unterliegen, daß die von der Beklagten versprochene Leistung (Übertragung ihrer Liegenschaftsanteile) hauptsächlich den Kindern als Dritten zum Vorteil gereichen sollte (§ 881 Abs. 2 ABGB; Gschnitzer in Klang[2] IV/1, 227; Koziol - Welser, Grundriß des bürgerlichen Rechts[4] I, 242). Das Recht des begünstigten Dritten wurzelt in dem zwischen Versprechensempfänger (Kläger) und Versprechenden (Beklagter) abgeschlossenen Vertrag. Nur dieses Rechtsverhältnis zwischen den unmittelbaren Vertragspartnern, das sogenannte Deckungsverhältnis, nicht etwa das Valutaverhältnis zwischen Versprechensempfänger und Drittem oder das Einlösungsverhältnis zwischen diesem und dem Versprechenden, ist nicht nur für den Inhalt und den Umfang der Leistung des Versprechenden an den Dritten, sondern auch für die Form des Rechtsgeschäftes maßgebend (Gschnitzer a. a. O., 227 f.; Ehrenzweig, System[2] II/1, 210; 1 Ob 12/69; 5 Ob 17/73 u. a.). Titel zum Eigentumserwerb des Dritten ist der zwischen dem Versprechensempfänger und dem Versprechenden geschlossene Vertrag zugunsten Dritter. Zwischen dem Versprechenden und dem Dritten besteht keine Kausalbeziehung (Gschnitzer a. a. O., 225). Der Vertragsentwurf, dessen Unterfertigung durch die Beklagte nunmehr vom Kläger begehrt wird, beruht auf einer Verkennung der Rechtsfigur des Vertrages zugunsten Dritter durch die Streitteile und der zwischen den Parteien anläßlich der Ehescheidung getroffenen Vereinbarung, derzufolge nur dem Valutaverhältnis (zwischen Versprechensempfänger und Drittem), nicht aber dem Einlösungsverhältnis (zwischen der Beklagten und ihren Kindern) eine Schenkung zugrundeliegen konnte. Da das Gesetz beim Vertrag zugunsten Dritter bewußt von der Annahme, ja auch nur von einer Benachrichtigung des Dritten absieht und dem Dritten nur die Möglichkeit gibt, das aus dem Vertrag erworbene Recht zurückzuweisen (§ 882 erster Satz ABGB), bedarf es auch dann, wenn der Dritte durch den Versprechensempfänger beschenkt werden soll, nicht der Annahme der Schenkung durch den Begünstigten und auch nicht der für Schenkungen vorgeschriebenen Form, vorausgesetzt, daß der Vertrag zugunsten Dritter selbst formfrei abgeschlossen werden dürfte (Gschnitzer a. a. O., 228; 1 Ob 12/69), Wenngleich der Versprechensempfänger neben dem Dritten forderungsberechtigt bleibt (Gschnitzer a. a. O., 226), kann daher der Kläger aus dieser Vereinbarung einen Anspruch auf Unterfertigung eines Schenkungsvertrages zwischen der Beklagten und den gemeinsamen Kindern der Streitteile nicht ableiten. Die für die Übertragung der Liegenschaftsanteile erforderliche Grundbuchsurkunde wäre über den zwischen den Streitteilen geschlossenen Vertrag zugunsten Dritter zu errichten gewesen.

Für den Revisionswerber wäre auch nichts gewonnen, wenn unterstellt würde, daß nach der anläßlich der Scheidungsverhandlung 12. getroffenen Vereinbarung zwischen der Beklagten und ihren Kindern ein Schenkungsvertrag zustandekam und die Beklagte die Unterfertigung dieses Vertrages in notariell beglaubigter Form zusagte. Parteien des nach dem Begehren des Klägers von der Beklagten zu unterfertigenden Schenkungsvertrages sind die Beklagte und deren Kinder. Diesen Vertrag hätte der Kläger nur als gesetzlicher Vertreter seiner Kinder schließen können. Zur Klage auf Unterfertigung dieses Schenkungsvertrages durch die Beklagte wären daher nur die Kinder, nicht aber der Kläger legitimiert.

Im übrigen ist der zutreffenden Ansicht des Berufungsgerichtes beizupflichten, daß eine Verurteilung der Beklagten zur Unterfertigung einer Aufsandungserklärung gegen die Vorschrift des § 405 ZPO verstieße, weil ein solcher Ausspruch gegenüber dem Begehren des Klägers ein aliud darstellte.

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