OGH 6Ob599/88

OGH6Ob599/8816.6.1988

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schobel, Dr. Melber, Dr. Schlosser und Dr. Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei N*** H***-T***, Gemeinnützige Wohnungs- und Siedlungsgesellschaft, Gesellschaft m. b.H., Gumppstraße 47, 6020 Innsbruck, vertreten durch DDr. Hubert Fuchshuber, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte Partei Luise R***, Journalistin, Sepp-Innerkofler-Straße 13, 9900 Lienz, vertreten durch Dr. Peter Rohracher, Rechtsanwalt in Lienz, wegen Unterlassung und Ermächtigung zur Veröffentlichung (Streitwert 550.000 S), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 17. März 1988, GZ 2 R 358/87-20, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 27. Oktober 1987, GZ 18 Cg 126/87-15, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 15.998,40 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten 1.454,40 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die klagende Partei hat die "Südtiroler Siedlung" in Lienz im Jahre 1976 von der "N*** H***", Gemeinnützigen Wohnungs- und Siedlungsgesellschaft Kärnten, Gesellschaft m.b.H. in Klagenfurt erworben. Die Beklagte ist Mieterin einer Wohnung in dieser Siedlung. Die klagende Partei begehrte die Verurteilung der Beklagten zur Unterlassung der unwahren Behauptungen, a) die klagende Partei habe in sieben Jahren (von 1979 bis 1985) innerhalb des auf zehn Jahre beschränkten Sanierungsprogrammes die 235 Mieter der N***-H***-Siedlung in Lienz um mindestens 15 Mill S geschädigt,

b) die Mieter der N***-H***-Siedlung in Lienz hätten die Leistungen für Baukosten zweimal bezahlen müssen, und c) es sei mit Sicherheit anzunehmen, daß die Klägerin in die Sanierungskosten überhöhte Rechnungen eingesetzt habe, sowie die Ermächtigung zur Veröffentlichung des stattgebenden Teiles des Urteilsspruches binnen drei Monaten ab Rechtskraft in zwei Samstagsausgaben der "Tiroler Tageszeitung" und zwei Ausgaben des "Osttiroler Boten" im Textteil in Normallettern mit Fettdruckumrandung, Fettdrucküberschrift sowie mit gesperrt und fettgeschriebener Bezeichnung der Prozeßparteien auf Kosten der Beklagten. Sie brachte hiezu vor, die Beklagte habe diese unwahren Behauptungen im Schreiben an den Landeshauptmannstellvertreter Ernst F*** am 24. November 1986 und in Schreiben an Presseorgane, so an die "Wochenpresse", aufgestellt, obgleich sie die Unwahrheit dieser Behauptungen gekannt habe oder habe kennen müssen. Der Beklagten sei nämlich aufgrund früherer, in einem Schreiben an den Geschäftsführer der klagenden Partei vom 25. Juli 1986 erhobener ähnlicher Vorwürfe der Prüfungsbericht des Österreichischen Verbandes gemeinnütziger

Bauvereinigungen - Revisionsverband vom 29. Oktober 1986 zur Verfügung gestellt worden, in dem festgestellt worden sei, daß für die von der Beklagten erhobenen Vorwürfe keine Anhaltspunkte gegeben seien.

Die Beklagte gestand zwar zu, die zum Gegenstand der Klage gemachten Behauptungen in den von der klagenden Partei genannten Schreiben erhoben zu haben, sie wendete jedoch ein, sie sei von der Wahrheit ihrer Behauptungen überzeugt und diese Überzeugung habe ihre Grundlage in unrichtigen Abrechnungen der klagenden Partei. Im übrigen sei die Wiederholungsgefahr zu verneinen.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es traf nachstehende Feststellungen:

Die Wohnanlage befand sich beim Erwerb durch die klagende Partei in schlechtem Zustand und bedurfte einer umfassenden Sanierung. Mit Beschluß vom 11. Dezember 1978 erhöhte deshalb das Bezirksgericht Lienz auf Antrag der klagenden Partei die Hauptmietzinse zur Durchführung von Erhaltungs(Instandsetzungs-)arbeiten für die Dauer vom 1. Jänner 1979 bis 31. Dezember 1988 um 7,80 S je Monat und Quadratmeter Nutzfläche, verpflichtete aber gleichzeitig die klagende Partei, die im Beschluß beispielhaft aufgezählten Erhaltungs(Instandsetzungs-)arbeiten aus den laufenden Instandhaltungseinnahmen durchzuführen, und führte zur Begründung aus, die Beschlußfassung beruhe auf dem Einvernehmen und der ausdrücklichen Zustimmung der Antragsgegner. Durch die Verpflichtung der klagenden Partei zur Bestreitung der Instandsetzungskosten aus den laufenden Einnahmen bleibe den Mietern die Aufnahme kostspieliger Darlehen erspart (MSch 17/78). Dieser Beschluß wurde allen Mietern und damit auch der Beklagten zugestellt und erwuchs am 8. Februar 1979 in Rechtskraft. Seit 1978 gab es laufend Besprechungen zwischen Vertretern der klagenden Partei und der Mieter. Gegenstand dieser Erörterungen waren die jeweils durchzuführenden Erhaltungs- und Instandsetzungsarbeiten, deren Finanzierung und die Aufnahme von Darlehen. Die Beklagte hat an den Besprechungen am 17. April 1978, 22. Februar 1979, 19. August 1980 und 3. August 1981 teilgenommen und war auch bei der Mieterversammlung am 15. April 1982 anwesend. Über die jeweils in Angriff zu nehmenden Arbeiten, ihre Vergabe und ihre Finanzierung wurde stets zwischen der klagenden Partei und den Mietervertretern das Einvernehmen hergestellt.

Ohne Aufnahme von Darlehen wäre eine prompte Durchführung der Sanierungsarbeiten nicht möglich gewesen. Zur Finanzierung dieser Arbeiten nahm die klagende Partei bei der Stadtgemeinde Lienz ein zinsenloses Darlehen auf, das schon im September 1986 getilgt war. Bei der Landeshypothekenbank für Tirol wurde ein weiteres Darlehen aufgenommen, für das das Land Tirol Annuitätenzuschüsse für die Dauer von zehn Jahren gewährte, so daß die Mieter mit den Zinsen während der voraussichtlichen Laufzeit des Darlehens nicht belastet sind. Die Instandhaltungsarbeiten, die durch die Darlehensmittel nicht gedeckt waren, finanzierte die klagende Partei aus Eigenmitteln und berechnete den Mietern für den durchschnittlichen Kapitaleinsatz im jeweiligen Jahr Zinsen nur in gesetzlich zulässiger Höhe. Diese Darlehen wurden von der klagenden Partei zurückgezahlt.

Die geplanten und beschlossenen Erhaltungs- und Instandsetzungsarbeiten wurden von der klagenden Partei ordnungsgemäß ausgeführt und den Mietern gegenüber auch ordnungsgemäß abgerechnet. Sämtlichen Mietern und damit auch der Beklagten stand die Möglichkeit offen, jederzeit in die Abrechnungsunterlagen Einblick zu nehmen.

Am 25. Juli 1986 richtete die Beklagte ein Schreiben an den Geschäftsführer der klagenden Partei, Josef T***, dessen erster und zweiter Absatz wie folgt lauten:

"Die provokante Art wie die Mieter der Siedlung Lienz durch andauernde und grundlose Mietzinserhöhungen geschröpft werden, hat mich veranlaßt, die Baukostenabrechnungen der bisherigen Instandsetzung ab 1.1.1979 bis einschließlich 31.12.1985 einer pedantischen Überprüfung zu unterziehen.

Das Ergebnis ist, schlicht gesagt, ein Horror, denn es fehlen aufgrund der zur Verfügung stehenden Unterlagen mindestens 10 - zehn - Millionen Schilling, die sich mit Sicherheit noch weiter nach oben verschieben, wenn die Ein- und Ausgangsbelege innerhalb dieser 7 Jahre einer lückenlosen Kontrolle unterzogen werden. Diese Millionen wurden den 235 Mietern der Bautengruppe 1 von denen der überwiegende Teil der untersten Einkommensgrenze angehören, vorenthalten ....".

Aufgrund dieses Schreibens veranlaßte die klagende Partei eine außerordentliche Prüfung durch den Österreichischen Verband gemeinnütziger Bauvereinigungen - Revisionsverband, der die Gebarung der klagenden Partei in bezug auf die Sanierungsarbeiten in der Folge prüfte und im abschließenden Bericht vom 29. September 1986 feststellte, es bestehe kein Zweifel, daß die von der Beklagten erhobenen Vorwürfe nicht berechtigt seien. Gegenstand der Prüfung waren die Einnahmen und Ausgaben der klagenden Partei in bezug auf die Siedlung in Lienz während des Zeitraumes vom 1. Jänner 1977 bis 31. Dezember 1985. Der Prüfungsbericht bestätigte der klagenden Partei eine korrekte und gesetzmäßige Vorgangsweise. Der Bericht wurde der Beklagten zur Kenntnis gebracht.

Mit Schreiben vom 17. Oktober 1986 teilte die Beklagte dem Geschäftsführer der Klägerin, Josef T***, mit, sie habe den Prüfungsbericht erhalten und "einer gründlichen Revision unterzogen". Die in diesem Schreiben vorgebrachten Einwände gegen die Richtigkeit des Prüfungsberichtes sind nicht "nachvollziehbar". Aus dem Schreiben geht lediglich hervor, daß die Beklagte "offensichtlich" schon vor dem Vorliegen des Prüfungsberichtes grundsätzlich nicht bereit war, ein allenfalls ihrem Standpunkt widersprechendes Ergebnis hinzunehmen.

Am 24. November 1986 richtete die Beklagte ein Schreiben an den Landeshauptmannstellvertreter von Tirol, Ernst F***, das wie folgt lautet:

"Da ich mich seit Juli dieses Jahres vergeblich bemüht habe, auf internem Weg mit der NHT bezüglich der diffusen Baukostenabrechnung der letzten 7 Jahre für die Bautengruppe 1 in Lienz zu einigen, habe ich die Anzeige an die Staatsanwaltschaft gemacht, weil jeder Staatsbürger verpflichtet ist, strafbare Handlungen zur Anzeige zu bringen, will er sich nicht selbst damit identifizieren. Die NHT dachte wohl, sie könne mir mit dem Revisionsbericht beweisen, daß alles in Ordnung sei. So gesehen ist eine Revisionstätigkeit und die damit verbundenen Kosten absurd, unglaubwürdig und überflüssig, wenn nicht laufend die Gebarung der Buchhaltung kontrolliert wird.

Es geht mir eigentlich nicht so sehr darum, mit welchem Raffinesse die veruntreuten Summen in noch unbekannte Kanäle abgezweigt wurden, sondern darum, daß die 235 Mieter der NHT Lienz, die gutgläubig, brav ihre Beiträge für die Sanierung bezahlt haben, durch die andauernden gesetzlich nicht fundierten Erhöhungen der NHT (die Grundmiete wurde von 1985 auf 1986 bei der Bautengruppe 1 um 114,17 % erhöht) immer mehr in ihrem bescheidenen Leben eingeschränkt werden. Diese schamlose Ausbeutung hat mich schließlich bewogen, auch die Baukostenabrechnung einer genauen Prüfung zu unterziehen. Meine Anzeige habe ich unserem Bürgermeister Hubert H***, einem höheren Beamten der BH Lienz und einem Richter des Bezirksgerichtes Lienz zur Kenntnis gebracht. Daß meine ursprünglichen Befürchtungen Realität sind, hat ein Magister des Buchhaltungswesens bestätigt.

So gesehen ist es nicht meine Schuld, wenn es nunmehr auch in Tirol einen handfesten Skandal gibt, weil es wohl Revisionen und Aufsichtsräte gibt, aber nicht eine laufende Kontrolle."

Diesem Schreiben legte die Beklagte eine Kopie ihrer Anzeige an die Staatsanwaltschaft Innsbruck bei. Diese Anzeige war von der Beklagten auch den Schreiben an den Lienzer Bürgermeister Hubert H*** und an weitere namentlich nicht bekannte Personen angeschlossen worden. In der erwähnten Anzeige an die Staatsanwaltschaft Innsbruck erhob die Beklagte unter anderem die Vorwürfe, die die klagende Partei zum Gegenstand ihrer Klage machte. Die von der Beklagten erhobenen Vorwürfe sind nicht richtig und entbehren jeder Grundlage. In dem Zeitpunkt, in dem die Beklagte Anzeige erstattete und Kopien der Anzeige an verschiedene Personen versandte, lag der Prüfungsbericht vom 29. September 1986 bereits vor. Schon aufgrund des Prüfungsberichtes hätte der Beklagten klar sein müssen, daß ihre Vorwürfe unrichtig sind. Die Beklagte hat sich, obwohl sie selbst 17 Jahre ein Geschäft geführt hatte und daher durchaus in der Lage ist, die Abrechnungen der klagenden Partei zu überprüfen, mit den ihr von dieser zur Verfügung gestellten Unterlagen entweder nicht befaßt oder die Vorwürfe wider besseres Wissen erhoben. Die Beklagte vertritt nach wie vor in der Öffentlichkeit ihren unrichtigen Standpunkt über die Geschäftsgebarung der klagenden Partei.

Aufgrund von Informationen seitens der Beklagten erschien in der

51. Ausgabe der "Wochenpresse" im Dezember 1986 ein Bericht, laut Information der Beklagten habe die klagende Partei "von 1979 bis 1985 235 Mieter um mindestens 15 Millionen Schilling geschädigt, indem sie Baukostenabrechnungen in Höhe von 14,285.485,32 Schilling aus unberechtigt aufgenommenen Darlehen abgedeckt, mit denselben Rechnungen jedoch auch die Mieter belastet hat".

Der Österreichische Verband gemeinnütziger

Bauvereinigungen - Revisionsverband prüft die Geschäftsgebarung der klagenden Partei jährlich. Etwa alle zehn Jahre wird sie auch vom Rechnungshof geprüft.

In rechtlicher Hinsicht hielt das Erstgericht die Voraussetzungen des § 1330 Abs 2 ABGB für gegeben, weil die Beklagte die Unwahrheit der von ihr verbreiteten Tatsachen entweder gekannt habe oder aber habe kennen müssen.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes 300.000 S übersteige. Es übernahm die erstinstanzlichen Feststellungen und führte in rechtlicher Hinsicht aus, es sei von den zum Gegenstand der Klage gemachten Tatsachenbehauptungen der Beklagten auszugehen, die Klägerin habe die Mieter von 1978 bis 1985 um mindestens 15 Mill. S geschädigt, die Mieter hätten die Baukosten zweimal bezahlen müssen und es sei mit Sicherheit anzunehmen, daß die klagende Partei überhöhte Rechnungen eingesetzt habe. Die Frage, ob die Kosten der vom Bezirksgericht Lienz bewilligten Instandsetzungsarbeiten ausschließlich aus den erhöhten Hauptmietzinsen bestritten worden seien, sei nicht entscheidungswesentlich, weil unbekämpft festgestellt sei, daß die klagende Partei zur Finanzierung dieser Arbeiten bei der Stadtgemeinde Lienz ein zinsenloses Darlehen aufgenommen habe und das bei der Hypothekenbank für Tirol aufgenommene Darlehen infolge von Annuitätenzuschüssen mit keiner Zinsenbelastung für die Mieter verbunden gewesen sei. Die Beklagte könne sich daher wegen dieser Darlehen nicht darauf berufen, daß ihr ihre Behauptungen deshalb subjektiv nicht vorzuwerfen seien, zumal die Darlehen von der klagenden Partei und nicht von den Mietern zurückgezahlt worden seien. Auf welche Weise die Beklagte bei ihren Berechnungen zu Finanzierungsmitteln in Höhe von 22,356.717,36 S gelange, sei unerfindlich und könne auch ihrer Parteiaussage nicht entnommen werden. In dieser Richtung lägen jedenfalls keine Feststellungsmängel vor. Daß die Mieter die von Wohnbaugesellschaften vorgelegten Abrechnungen über die Instandsetzungskosten und deren Finanzierung nicht immer nachzuvollziehen imstande seien, möge zwar richtig sein, doch habe die Beklagte selbst ausgesagt, sie sei sehr wohl in der Lage, Abrechnungen der Klägerin zu überprüfen. Habe sie aber, wie sie gleichfalls selbst bekunde, gar nicht versucht, bei der klagenden Partei in deren Abrechnungsunterlagen Einsicht zu nehmen, könne sie nicht damit argumentieren, das Erstgericht habe sich mit der "rechnerischen Vorgangsweise" der Beklagten nicht auseinandergesetzt, zumal deren Aufstellung in der Klagebeantwortung nicht nachvollziehbar sei, die Beklagte die Einholung eines Sachbefundes nicht beantragt habe und angesichts des Prüfungsberichtes des Revisionsverbandes die amtswegige Aufnahme eines Sachbefundes nicht erforderlich gewesen sei.

Feststellungsmängel lägen daher auch in diesem Belange nicht vor. Die von der Beklagten verbreiteten Vorwürfe seien Tatsachenbehauptungen im Sinne des § 1330 Abs 2 ABGB, die geeignet seien, den Kredit, den Erwerb oder das Fortkommen der klagenden Partei zu gefährden. Das bekämpfe die Beklagte auch nicht mehr. Sie wende nur mehr ein, der klagenden Partei sei der Beweis der Unwahrheit ihrer Behauptungen nicht gelungen. Im Falle einer Rufschädigung habe der Kläger zwar "neben der Tatsachenverbreitung und deren Ursächlichkeit für die Rufgefährdung auch die Tatsachenunrichtigkeit zu beweisen", doch sei der klagenden Partei dieser Beweis im Hinblick auf den Prüfungsbericht gelungen. Es wäre nun Aufgabe der Beklagten gewesen, das Fehlen subjektiver Vorwerfbarkeit und demnach zu beweisen, daß ihr bei der Verbreitung der unrichtigen Tatsachenbehauptungen keine grobe Fahrlässigkeit zur Last falle und sie für die Wahrheit der verbreiteten Tatsachen gewisse Anhaltspunkte gehabt habe. Diesen Gegenbeweis habe die Beklagte aber nicht angetreten. Sie habe vielmehr in ihrer Parteiaussage trotz der vorliegenden Beweisergebnisse, wonach die Darlehen von der klagenden Partei aufgenommen und zurückbezahlt worden seien, und obwohl sie in ihrer Parteiaussage zunächst selbst eingeräumt habe, die Darlehen seien von der klagenden Partei zurückbezahlt worden, auf dem Standpunkt beharrt, daß die Darlehen von den Mietern zurückgezahlt würden. Andererseits habe die Beklagte auch keine konkreten Anhaltspunkte für ihre Behauptung gehabt, daß die klagende Partei "in die Sanierungsarbeiten überhöhte Rechnungen eingesetzt" habe. Sie habe daher offenkundig die Tatsachen wider besseres Wissen, zumindest aber grob fahrlässig verbreitet. Da angesichts des festgestellten Verhaltens der Beklagten Wiederholungsgefahr anzunehmen sei, erweise sich auch das Unterlassungsbegehren als berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Die von der Beklagten gegen das berufungsgerichtliche Urteil erhobene Revision ist nicht berechtigt.

Als Verfahrensmangel rügt die Beklagte unter anderem, das Berufungsgericht habe in Erledigung ihrer Rechtsrüge ausgeführt, daß sie im Verfahren erster Instanz die Einholung eines Sachbefundes nicht beantragt habe. Diese Darlegung sei jedoch aktenwidrig, habe die Beklagte doch schon in der Klagebeantwortung zum Beweis ihres dort unter C) erstatteten Vorbringens die Aufnahme eines Sachbefundes aus dem Buchhaltungswesen begehrt.

Dem Gericht zweiter Instanz ist diese Aktenwidrigkeit in der Tat unterlaufen, doch sind Aktenwidrigkeiten nur dann aufzugreifen, wenn sie den Ausgang des Rechtsstreites zu beeinflussen vermögen. Der Grundsatz, daß Verfahrensmängel erster Instanz nicht auch noch mit der Revision geltend gemacht werden können, wenn sie das Berufungsgericht nicht als gegeben erachtet hat, setzt zwar voraus, daß die darauf Bezug nehmenden Ausführungen des Gerichtes zweiter Instanz nicht etwa auf einer aktenwidrigen Annahme beruhen, doch kann die Beklagte ihren Antrag auf Einholung des Gutachtens eines Buchsachverständigen schon deshalb nicht mehr mit der Revision ins Treffen führen, weil sie die Verweigerung der beantragten Begutachtung (der Richtigkeit des Verbandsprüfungsberichtes) in ihrer Berufung nicht gerügt hat und diese Rüge daher nach ständiger Rechtsprechung (ZBl. 1922/213; MietSlg. 37.771 uva) in ihrer Revision nicht mehr nachholen kann. Die aktenwidrige Darlegung des Berufungsgerichtes hat auch nicht etwa eine entsprechende Mängelrüge der Beklagten zum Gegenstand, sondern erfolgte lediglich zur Widerlegung behaupteter Feststellungsmängel, die aber nicht schon in der Ablehnung von Beweisanträgen durch das Erstgericht gelegen sein können, sofern dieses für die Sachbeurteilung ausreichende Feststellungen getroffen hat. Ob dies zutrifft, ist erst bei der Erledigung der Rechtsrüge zu erörtern.

Die geltend gemachte Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt, wie der Oberste Gerichtshof geprüft hat, auch in bezug auf die übrigen Ausführungen in der Mängelrüge der Beklagten nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).

Die Sachbeurteilung durch die Vorinstanzen ist zu billigen. Zweck der Bestimmung des § 1330 Abs 2 ABGB ist es, den durch die Verbreitung unwahrer Tatsachen verursachten Diskriminierungsschaden abzuwehren. Das Begehren auf Veröffentlichung hat zur Voraussetzung, daß der Schädiger die Unwahrheit seiner Behauptung kannte oder doch zumindest kennen mußte (§ 1330 Abs 2 erster und zweiter Satz ABGB), wogegen der Anspruch auf Unterlassung weiterer Verbreitung verschuldensunabhängig ist (EvBl. 1988/32; SZ 56/124; Reischauer in Rummel, ABGB, § 1330 Rz 23). Nur für eine nicht öffentlich vorgebrachte Mitteilung, deren Unwahrheit der Mitteilende nicht kennt, haftet er nicht, wenn er oder der Empfänger der Mitteilung an ihr ein berechtigtes Interesse hatte. In diesem Fall ist Vorsatz des Mitteilenden Anspruchsvoraussetzung - und zwar auch für das Unterlassungsbegehren (EvBl. 1988/32; SZ 56/124). Nicht öffentlich ist eine Mitteilung aber nur, wenn sie nach den konkreten Umständen - selbst bei Zugänglichkeit für mehrere Personen (ZAS 1980, 16 ua) - als vertraulich anzusehen ist oder gegenüber einer zur Verschwiegenheit verpflichteten Behörde vorgebracht wurde (EvBl. 1988/32; SZ 27/298; SZ 23/4; Koziol, Haftpflichtrecht2 II 177; Reischauer aaO Rz 26). Die von der klagenden Partei zum Gegenstand ihrer Klage gemachten Vorwürfe der Beklagten sind schon deshalb keine nicht öffentlich vorgebrachten Mitteilungen im Sinne des § 1330 Abs 2 dritter Satz ABGB, weil die Beklagte nicht bloß ihre Anzeige an die Staatsanwaltschaft Innsbruck mit ihren Anwürfen gegen die klagende Partei dem Landeshauptmannstellvertreter Ernst F***, dem Bürgermeister der Stadtgemeinde Lienz, Hubert H***, und anderen namentlich allerdings nicht bekannten Personen übermittelte, sondern diese Vorwürfe einem österreichweit verbreiteten Wochenmagazin zur Veröffentlichung mitteilte. Daß ihre Anwürfe für die Veröffentlichung bestimmt waren und auch veröffentlicht wurden, bestreitet die Beklagte im übrigen ebensowenig wie, daß ihre Vorwürfe als Tatsachenbehauptungen im Sinne des § 1330 Abs 2 ABGB zu beurteilen sind. Soweit die Beklagte nach wie vor die Unwahrheit ihrer von ihr verbreiteten Vorwürfe bestreitet, entfernt sie sich von dem von den Vorinstanzen festgestellten Sachverhalt und ist ihre Revision in dieser Hinsicht somit nicht gesetzmäßig ausgeführt. Zu ihrem Vorbringen, daß der klagenden Partei nicht bloß die besonderen Leistungen der Mieter, sondern auch die Mittel der von ihr aufgenommenen Darlehen zur Verfügung gestanden seien, obgleich die zur Deckung der Instandsetzungskosten aufgenommenen Darlehen - für welche die Mieter nicht einzustehen hatten - von der klagenden Partei gerade aus den besonderen Leistungen der Mieter zurückzuzahlen waren, so daß ihr deshalb zusätzliche, im Ergebnis nicht zur Bestreitung der Instandsetzungskosten erforderliche Mittel zugekommen wären, muß schon deshalb nicht weiter Stellung genommen werden.

Kann aber die Verbreitung des unwahren Vorwurfes infolge der Weitergabe an Presseorgane nicht mehr als nicht öffentlich vorgebrachte Mitteilung beurteilt werden, so muß der klagenden Partei - (auch leichte) Fahrlässigkeit der Beklagten in bezug auf die Kenntnis von der Unwahrheit ihres Vorwurfes vorausgesetzt - die Berechtigung zugebilligt werden, nicht bloß die von keinem Verschulden abhängige Unterlassung weiterer Verbreitung, sondern auch die Veröffentlichung des stattgebenden Teiles des Urteilsspruches zu begehren.

Den Vorinstanzen ist aber auch bei Beurteilung des Verschuldens der Beklagten kein Rechtsirrtum unterlaufen. Die klagende Partei hat, nachdem ihr die Vorwürfe der Beklagten zur Kenntnis gelangt waren, unverzüglich die Prüfung durch den gesetzlich hiezu berufenen Revisionsverband veranlaßt und den Prüfungsbericht der Beklagten ebenso unverzüglich zur Kentnnis gebracht. Diese hat den Bericht - ihrer eigenen Mitteilung an den Geschäftsführer der klagenden Partei zufolge - sofort einer "gründlichen Revision" unterzogen und dennoch ihre jeder Grundlage entbehrenden Vorwürfe - im wesentlichen dahin, daß die klagende Partei sowohl Darlehen zur Deckung der Instandsetzungskosten aufgenommen als auch die Instandhaltungsbeiträge der Mieter vereinnahmt habe, die Mieter aber dennoch auch die aufgenommenen Darlehen zurückzuzahlen hätten, so daß die klagende Partei entweder die Instandhaltungsbeiträge oder die Darlehensmittel zweckentfremdend für sich verwendet habe - nicht nur aufrecht erhalten, sondern zumindest einem über das gesamte Bundesgebiet verbreiteten Wochenmagazin zur weiteren Verbreitung übergeben. Bei Anwendung der gerade bei Verbreitung von Tatsachenbehauptungen gebotenen Sorgfalt und Aufmerksamkeit (EvBl. 1988/32) hätte die Beklagte schon deshalb, weil sie selbst 17 Jahre hindurch ein Geschäft geführt hat und daher in der Lage ist, Abrechnungen zu überprüfen, solche verfehlte Schlußfolgerungen nicht ziehen, jedenfalls aber das Ergebnis dieser Schlußfolgerungen nicht verbreiten dürfen. Da der Ersatz des Vermögensschadens, der Widerruf und die Veröffentlichung gemäß § 1330 Abs 2 erster und zweiter Satz ABGB bei jedem Grad des Verschuldens begehrt werden können (EvBl. 1988/32; RZ 1979/69; EvBl. 1978/99 ua; Koziol aaO 176 f; Reischauer aaO Rz 16), hat die Beklagte die von ihr verbreitete Behauptung unwahrer Tatsachen auch in subjektiver Hinsicht zu verantworten. Soweit die Beklagte in diesem Zusammenhang behauptet, die klagende Partei habe ihr verwehrt, in die Unterlagen für die Baukostenabrechnung Einsicht zu nehmen, und ihr auch trotz zahlreicher Kontakte keine Aufklärung zuteil werden lassen, entfernt sich die Revision auch in dieser Hinsicht vom festgestellten Sachverhalt und ist insoweit nicht gesetzmäßig ausgeführt. Auch durch den Hinweis, sie sei von ihrer Auffassung überzeugt gewesen, kann sich die Beklagte nicht vom Vorwurf zumindest fahrlässiger Unkenntnis der Unwahrheit ihrer Anschuldigungen entlasten, zumal sie - angesichts ihrer einschlägigen Kenntnisse - den Sachverhalt notfalls vor dessen Verbreitung einem sachverständigen Dritten zur Überprüfung ihrer Verdachtsmomente hätte vorlegen müssen. Die schon durch die Bestreitung der Unterlassungspflicht indizierte Wiederholungsgefahr, bei deren Prüfung nicht engherzig vorgegangen werden darf (Reischauer aaO § 1294 Rz 23 mwN), wird von der Beklagten nicht mehr in Zweifel gezogen. Auch die der Sache nach unzweifelhafte Gefährdung des wirtschaftlichen Rufes der klagenden Partei bestreitet die Beklagte nicht.

Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

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