Spruch:
Das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 19.Feber 1988, GZ 18 a Vr 2800/87-60, verletzt im Ausspruch, daß das Suchtgift in Verkehr gesetzt worden ist, und demgemäß in der Beurteilung der Tat als das vollendete Verbrechen nach § 12 Abs 1 und Abs 3 Z 3 SGG das Gesetz in der eben zitierten Bestimmung.
Dieses Urteil, das im übrigen (insbesondere auch im Einziehungs- und Verfallserkenntnis) unberührt bleibt, wird im bezeichneten Ausspruch und in der darauf beruhenden rechtlichen Beurteilung sowie in den die Angeklagten Ismail B*** und Mehmet AY betreffenden Strafaussprüchen gemäß § 12 Abs 3 SGG und § 12 Abs 5 SGG (einschließlich der Aussprüche über die Vorhaftanrechnung) aufgehoben und es wird gemäß §§ 288 Abs 2 Z 3, 292 StPO in der Sache selbst erkannt:
Ismail B*** und Mehmet AY sind schuldig, sie haben am 12. Oktober 1987 in Salzburg Suchtgift, dessen Menge zumindest das Fünfundzwanzigfache der im § 12 Abs 1 SGG angeführten großen Menge ausmachte, den bestehenden Vorschriften zuwider in Verkehr zu setzen versucht, indem
1. Ismail B*** 1330 Gramm Heroin an einen verdeckten Fahnder der Bundespolizeidirektion Salzburg verkaufte und
2. Mehmet AY zur Ausführung dieser Tat dadurch beitrug, daß er mit seinem PKW Ismail B*** samt dem Suchtgift zum vereinbarten Übergabeort brachte.
Ismail B*** und Mehmet AY haben hiedurch das versuchte Verbrechen nach §§ 15 StGB, 12 Abs 1 und Abs 3 Z 3 SGG, Mehmet AY als Beteiligter nach § 12 dritter Fall StGB, begangen. Mehmet AY wird hiefür nach § 12 Abs 3 SGG zu einer Freiheitsstrafe von 16 (sechzehn) Monaten sowie gemäß § 12 Abs 5 SGG zu einer Geldstrafe von 100.000 (einhunderttausend) S, für den Fall der Uneinbringlichkeit 1 (ein) Monat Ersatzfreiheitsstrafe, verurteilt.
Gemäß § 38 Abs 1 StGB wird dem Mehmet AY die Vorhaft vom 12. Oktober 1987, 22.18 Uhr, bis 19.Feber 1988, 13.30 Uhr, auf die über ihn verhängten Strafen angerechnet.
Mit seiner Berufung wird Mehmet AY auf diese Entscheidung verwiesen.
Zur Strafneubemessung hinsichtlich Ismail B*** wird die Sache an das Landesgericht Salzburg zurückverwiesen.
Text
Gründe:
Mit dem oben bezeichneten Urteil wurden die Angeklagten Ismail B*** und Mehmet AY des (vollendeten) Verbrechens nach § 12 Abs 1 und Abs 3 Z 3 SGG, Mehmet AY als Beteiligter nach § 12 dritter Fall StGB, schuldig erkannt und hiefür gemäß § 12 Abs 3 SGG zu Freiheitsstrafen sowie gemäß § 12 Abs 5 SGG zu Geldstrafen verurteilt. Nach dem Inhalt des Schuldspruchs hat Ismail B*** am 12. Oktober 1987 in Salzburg 1330 Gramm Heroin, somit Suchtgift, dessen Menge zumindest das Fünfundzwanzigfache der im § 12 Abs 1 SGG angeführten (großen) Menge ausmachte, an einen verdeckten Fahnder der Bundespolizeidirektion Salzburg verkauft, wozu Mehmet AY dadurch beigetragen hat, daß er mit seinem PKW den Ismail B*** samt dem Suchtgift zum (vereinbarten) Übergabeort brachte. Gemäß § 13 Abs 1 SGG wurde das sichergestellte Heroin eingezogen; der zur Beförderung des Heroins verwendete PKW des Mehmet AY wurde gemäß § 13 Abs 3 SGG für verfallen erklärt. Dieses Urteil ist hinsichtlich des Angeklagten B*** (unangefochten) in Rechtskraft erwachsen; vom Angeklagten AY wurde es hingegen im Strafausspruch mit Berufung bekämpft, über welche vom Oberlandesgericht Linz noch nicht entschieden worden ist.
Rechtliche Beurteilung
Das erwähnte Urteil steht, wie die Generalprokuratur in ihrer gemäß § 33 Abs 2 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zutreffend aufzeigt, insoweit mit dem Gesetz nicht im Einklang, als den Angeklagten vollendetes Inverkehrsetzen des Suchtgifts (§ 12 Abs 1 vierter Fall SGG) und damit Deliktsvollendung angelastet wird. Denn die Übergabe des Suchtgifts an einen verdeckten Fahnder der Polizei stellt unter den konstatierten konkreten Begleitumständen (US 3 ff) bloß versuchtes Inverkehrsetzen und demnach auch nur den Versuch des Verbrechens nach § 12 (Abs 1 und Abs 3 Z 3) SGG dar (vgl. SSt. 54/67; EvBl 1979/73; ÖJZ-LSK 1984/122 ua). Das Urteil ist daher mit einer Nichtigkeit nach § 281 Abs 1 Z 10 StPO behaftet, die sich zum Nachteil der beiden Angeklagten auswirkt. Von einem (absolut) untauglichen (und demnach straflosen) Versuch, wie ihn der Verteidiger des Angeklagten Mehmet AY im Gerichtstag reklamiert, kann allerdings keine Rede sein, war doch die Tathandlung bei der gebotenen generalisierenden Betrachtung, also unabhängig von den Besonderheiten des Einzelfalls, keineswegs generell ungeeignet, den beabsichtigten Deliktserfolg herbeizuführen (sh. erneut:
EvBl 1979/73; ÖJZ-LSK 1984/121,122 ua).
In Stattgebung der Beschwerde war somit der Schuldspruch entsprechend zu korrigieren, woraus folgt, daß die Strafen neu zu bemessen sind. Dabei war zu berücksichtigen, daß sich beide Angeklagten in Haft befinden, weshalb sie zum Gerichtstag über die Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nicht selbst erscheinen, sondern sich nur durch einen Verteidiger vertreten lassen können (§§ 286 Abs 2, 292 StPO). Die sofortige Neubemessung der Strafen kam infolgedessen nur beim Angeklagten Mehmet AY in Betracht, weil dieser durch einen Wahlverteidiger vertreten ist (ON 50/S 199), der im Gerichtstag vor dem Obersten Gerichtshof dessen Rechte in bezug auf die Straffrage wahrnehmen konnte (Art. 6 Abs 3 lit. c MRK). Der Angeklagte Ismail B*** hingegen war in erster Instanz (zuletzt) durch einen Verteidiger gemäß § 41 Abs 2 StPO vertreten (ON 52/S 204). Da die Beigabe eines solchen Verteidigers für das Verfahren nach §§ 33, 292 StPO nicht wirksam ist (JBl. 1985, 505 = EvBl 1986/17) und der Angeklagte B*** im Gerichtstag daher nicht durch einen Verteidiger vertreten war, ist hinsichtlich seiner Person eine Strafneubemessung durch den Obersten
Gerichtshof nicht möglich (vgl. abermals JBl. 1985, 505 =
EvBl 1986/17; weiters 10 Os 143,144/86 = JusExtra 1987/24 S 15, 13 Os 38/88). Zur Bemessung der von B*** verwirkten Strafen war demnach die Sache an das Gericht erster Instanz zurückzuverweisen (vgl. idS auch 10 Os 143,144/86); eine Verweisung an den Gerichtshof zweiter Instanz kam vorliegend schon deshalb nicht in Betracht, weil B*** keine Berufung ergriffen hat, womit aber die seinerzeitige Verteidigerbeigabe (mangels eines Rechtsmittelverfahrens) auch vor dem Oberlandesgericht nicht (mehr) wirksam ist.
Beim Angeklagten AY wertete der Oberste Gerichtshof als erschwerend die das Fünfundzwanzigfache der großen Menge weit übersteigende Suchtgiftmenge, als mildernd hingegen den bisherigen ordentlichen Lebenswandel in Verbindung mit dem auffallenden Widerspruch der Tat zu seinem sonstigen Verhalten, das reumütige Geständnis, daß er vom Mitangeklagten B*** zur Beteiligung an der Tat verleitet wurde und daß die Tat beim Versuch geblieben ist. Entgegen dem Vorbringen des Angeklagten AY in seiner Berufungsschrift kann nach den Verfahrensergebnissen weder von einem bloß untergeordneten Tatbeitrag noch von einer Tatbegehung "aus achtenswerten Beweggründen" die Rede sein: Immerhin ermöglichte AY dem unmittelbaren Täter B*** den Transport des Heroins zum Übergabeort, womit er ihn bei der geplanten Tatausführung wesentlich unterstützte; der Umstand hinwieder, daß er um seine Familie fürchtete, nachdem ihm von B*** mitgeteilt worden war, das Suchtgift befinde sich in dem von ihm und seinen Eltern bewohnten Haus, weshalb er bestrebt war, es wegschaffen zu lassen, kann keineswegs als achtenswerter Beweggrund für seine Tatbeteiligung angesehen werden. Dem Einwand schließlich, er habe aus dem beabsichtigten Verkauf des Heroins "praktisch keinen Nutzen" zu erwarten gehabt, steht schon die Tatsache entgegen, daß er jedenfalls aus dem Erlös Geld zur Bezahlung von Schulden erhalten sollte. Da B*** - unabhängig von einer Einwirkung eines Fahnders der Polizei - von sich aus zur Tat entschlossen war, kann letztlich auch keine Rede davon sein, daß die Tat erst über "Anstiftung" eines Polizeiorganes begangen wurde.
Ausgehend von den gegebenen besonderen Strafzumessungsgründen und unter entsprechender Berücksichtigung der allgemeinen Grundsätze für die Strafbemessung, in welchem Zusammenhang vor allem die weit über der sogenannten übergroßen Menge gelegene Suchtgiftquantität zu Lasten des Angeklagten ins Gewicht fällt, erachtete der Oberste Gerichtshof eine Freiheitsstrafe in dem aus dem Spruch ersichtlichen Ausmaß als der Schuld des Angeklagten AY entsprechend; die (geringfügige) Reduzierung gegenüber der über den Genannten vom Gericht erster Instanz verhängten Strafe ist lediglich darauf zurückzuführen, daß die Tat - entgegen der Annahme des Schöffengerichtes - nur beim Versuch geblieben ist. Die vom Verteidiger angestrebte bedingte Nachsicht eines Teiles der Strafe gemäß §§ 43, 43 a Abs 3 StGB (nF) konnte (schon) im Hinblick auf die enorme Menge an Heroin, die in Verkehr gesetzt werden sollte, nicht in Erwägung gezogen werden.
Zutreffend wurde bereits vom Gericht erster Instanz neben der Freiheitsstrafe gemäß § 12 Abs 5 SGG auf eine Geldstrafe erkannt. Die Höhe dieser Geldstrafe (und der für den Fall der Uneinbringlichkeit festgesetzten Ersatzfreiheitsstrafe) entspricht den im § 12 Abs 5 zweiter Satz SGG normierten Grundsätzen, wobei hinreichend berücksichtigt wurde, daß Mehmet AY einen geringeren Nutzen als Ismail B*** durch die strafbare Handlung erzielen wollte. Da die Verfahrensergebnisse keine Anhaltspunkte dafür ergeben haben, daß Mehmet AY dem Mißbrauch eines Suchtigfts ergeben sei, kam ein Absehen von der Verhängung der Geldstrafe im Sinn des § 12 Abs 5 vierter Satz SGG nicht in Betracht.
Der - gegenüber dem Ersturteil richtiggestellte - Ausspruch über die Anrechnung der von Mehmet AY erlittenen Vorhaft gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.
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