OGH 8Ob554/88

OGH8Ob554/8819.5.1988

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr. Griehsler als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kropfitsch, Dr. Huber, Dr. Schwarz und Dr. Graf als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Maria M***, geboren 7. Februar 1937 in Merkengersch, Angestellte, Wien 18., Türkenschanzplatz 1/15, vertreten durch Dr. Walter Mardetschläger und Dr. Peter Mardetschläger, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Josef M***, geboren 2. Dezember 1932 in Peigarten, Pensionist, Peigarten 12 a, vertreten durch Dr. Helene Klaar, Rechtsanwalt in Wien, wegen Ehescheidung, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 9. September 1987, GZ 16 R 143/87-34, womit infolge Berufung beider Parteien das Urteil des Kreisgerichtes Krems a. d.D. vom 25. März 1987, GZ 4 Cg 300/86-26, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Klägerin ist schuldig, dem Beklagten die mit S 3.397,35 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin die Umsatzsteuer von S 308,85) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Streitteile haben am 17.2.1955 vor dem Standesamt Kautzen die beiderseits erste Ehe geschlossen. Sie sind österreichische Staatsbürger; ihr letzter gemeinsamer gewöhnlicher Aufenthalt war in Peigarten. Der Ehe entstammen zwei großjährige Kinder. Ehepakte wurden nicht geschlossen.

Die Klägerin begehrte die Scheidung der Ehe aus dem Alleinverschulden des Beklagten. Dieser habe sich lieblos verhalten, sie beschimpft, mißhandelt und vor anderen Personen schlecht gemacht und sie auch des Diebstahles bezichtigt. Der Beklagte unterhalte ehebrecherische, zumindest aber ehewidrige Beziehungen zu Herta B***, bei der er sich tagelang in Wien aufhalte und auch dort nächtige. Kurz vor Weihnachten 1984 hätten die Streitteile vereinbart, ihre Sparbücher bei einem Notar zu hinterlegen. Bei diesem Treffen habe ihr der Beklagte ihre Handtasche mit den Sparbüchern entrissen und sich entfernt. Sie habe zwar die Tasche, nicht aber die Sparbücher zurückerhalten. Außerdem habe der Beklagte Aktfotos der Klägerin in der Verwandtschaft herumgezeigt, wovon diese erst im letzten Halbjahr erfahren habe. Durch das Verhalten des Beklagten sei die Ehe unheilbar zerrüttet.

Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Für den Fall der Scheidung stellte er einen Mitschuldantrag; es möge das überwiegende Verschulden der Klägerin ausgesprochen werden. Die Klägerin sei im Jahre 1982 eine ehewidrige Beziehung eingegangen, die er ihr allerdings nach Beendigung verziehen habe. Die Klägerin habe sich danach nur kurzfristig ihm wieder zugewendet, aber schon bald über Annonce neue Männerbekanntschaften gesucht. Sein Verhalten werte die Klägerin offenbar als Schwäche und begegne ihm mit Haß und Verachtung. Sie verweigere ihm den ehelichen Verkehr, beschimpfe und beleidige ihn. Am 1.12.1984 habe sie die eheliche Gemeinschaft eigenmächtig, ohne daß er dazu Anlaß geboten hätte, aufgehoben. Sie habe bei diesem Auszug das ganze Haus ausgeräumt. Er habe zwar seine Sparbücher zurückerhalten, nicht jedoch die Einrichtungsgegenstände und sonstige Fahrnisse.

Das Erstgericht erkannte auf Scheidung der Ehe und sprach aus, daß das Verschulden der Klägerin überwiegt. Es stellte folgenden Sachverhalt fest:

Die berufstätige Klägerin verließ jeweils morgens die Ehewohnung und kam gegen 16 Uhr nach Hause. Der Beklagte, der seit dem Jahr 1980 in Pension ist, versorgte indessen den Haushalt, kochte, wusch die Wäsche und säuberte das Haus.

Der Beklagte besuchte des öfteren seine zahlreichen in Wien lebenden Geschwister, so vor allem seine Schwester Elfriede C*** in der Meyerweckstraße und seinen Bruder Ernst M*** in Meidling. Die Klägerin erhob gegen diese Fahrten nach Wien keine Einwände. Bei seinen Besuchen fuhr der Beklagte regelmäßig mit seinem PKW bis in den 21.Bezirk und parkte sein Auto in der Nähe der Wohnung seiner Schwester Elfriede C***, weil er nicht gerne mit dem Auto in Wien unterwegs war. Von dort wurde er meist von seinem Bruder mit dem PKW abgeholt. Öfters brachte der Beklagte seinen Geschwistern Lebensmittel in größeren Mengen, insbesondere Eier und Kartoffel. Außerdem war er ihnen bei Umbauarbeiten in deren Wohnungen behilflich.

Bis zum Jahr 1982 verlief die Ehe der Streitteile, von kleineren Differenzen abgesehen, ohne größere Streitigkeiten und durchaus harmonisch. Im Jahr 1982 lernte die Klägerin Eduard E*** kennen, begann ein Verhältnis mit ihm und verbrachte des öfteren gemeinsam mit ihm Wochenenden in Wien. Schon damals erwog sie erstmals, sich vom Beklagten scheiden zu lassen und nach der Scheidung mit Eduard E*** gemeinsam eine Wohnung zu beziehen. Aus diesem Grund übergab sie Eduard E*** im Herbst 1982 ihre drei Sparbücher der Sparkasse Waidhofen/Thaya mit einem Kontostand von insgesamt S 262.000,-- und trug ihm auf, diese finanziellen Mittel für die Anschaffung einer Wohnung, deren Mietrechte ausschließlich ihr zustehen sollten, zu verwenden. Entgegen dieser ausdrücklichen Vereinbarung mietete Eduard E*** jedoch die Wohnung in Wien, Türkenschanzplatz 1/15 in seinem eigenen Namen, sodaß die Klägerin gezwungen war, in einem Zivilprozeß vor dem Landesgericht für ZRS Wien, der bis zum Jahr 1984 dauerte, die Übertragung der Mietrechte an der Wohnung an sie zu erwirken. Das Verhältnis mit Eduard E*** wurde von der Klägerin nach kurzer Zeit noch im Jahr 1982 wieder aufgelöst. Der Beklagte erlangte von der zumindest ehewidrigen Beziehung seiner Gattin durch Fotos, die ihm Eduard E*** zusandte und die Klägerin - lediglich mit Unterwäsche bekleidet - darstellten, Kenntnis. Er verzieh ihr jedoch. Die Klägerin wandte sich hierauf wieder mehr dem Beklagten zu und die Streitteile setzten ihr gewohntes Eheleben fort. Die Ehepartner verbrachten ihre Freizeit, so auch die Wochenenden, wieder miteinander, gingen mitsammen spazieren und besuchten gemeinsam Verwandte und Bekannte.

Der Beklagte besuchte nach wie vor mit dem Einverständnis der Klägerin seine Geschwister in Wien und gelegentlich auch gemeinsam mit seinem Bruder Ernst M*** oder mit seiner Schwester Elfriede C*** deren langjährige Freundin Herta B***, die in derselben Wohnhausanlage wie Elfriede C*** in der Meyerweckstraße wohnt und die er etwa Mitte 1982 kennengelernt hatte. Wenn seine Schwester Elfriede C*** nicht zu Hause anzutreffen war, brachte er die Lebensmittel des öfteren zu Herta B*** und brachte ihr ab und zu auch selbst Lebensmittel mit. Einmal gab er Herta B*** auch Ratschläge bezüglich der Austapezierung ihrer Wohnung und half ihr dabei. Zweimal besuchte er mit ihr, seinem Bruder Ernst M*** und dessen Lebensgefährtin Editha D*** sowie einigen anderen Bekannten einen Heurigen. Bei einem dieser Heurigenbesuche tranken Herta B*** und der Beklagte auch Bruderschaft und gebrauchten seither das Du-Wort. Einmal kochte der Beklagte für Herta B*** und seine Schwester in der Wohnung B*** Schnitzel und Salat. Der Beklagte nahm Herta B*** auch manchmal mit dem Auto mit. Einmal ging er mit ihr zusammen, nachdem er sie zufällig auf der Straße getroffen hatte, von der Wohnung seiner Schwester kommend, zur Schnellbahn.

Bereits im Jahr 1983 verschlechterte sich das Verhältnis der Streitteile zueinander wieder, was vor allem darauf zurückzuführen war, daß die Klägerin dem Beklagten grundlos den ehelichen Verkehr verweigerte. Die Freizeit verbrachten die Ehepartner dennoch überwiegend gemeinsam und waren häufig zu den Wochenenden in Wien, wo sie sich zunächst bei Verwandten und ab 1984 auch in der nunmehr der Klägerin gehörigen Wohnung am Türkenschanzplatz aufhielten. Nach einem Kuraufenthalt der Klägerin im Juli 1984 mußte der Beklagte feststellen, daß die Klägerin an der Fortsetzung der Ehe mit ihm keinerlei Interesse mehr zeigte. Sie übte ständig Kritik an ihm und forderte ihn immer wieder auf, daß er sich scheiden lassen solle, weil sie sonst selbst die Scheidungsklage einbringen würde. Trotz dieses kränkenden Verhaltens der Klägerin ihm gegenüber war der Beklagte bemüht, die Ehe zu retten, indem er sich weiterhin liebevoll um die Klägerin kümmerte. Als er erkannte, daß sein Streben vergeblich war, unterbreitete er der Klägerin den Vorschlag, allenfalls eine einvernehmliche Scheidung vor dem Bezirksgericht Waidhofen an der Thaya durchzuführen, was von der Klägerin jedoch abgelehnt wurde.

Im Oktober oder November 1984 verbreitete die tratschsüchtige Maria C***, die die Wohnung unterhalb jener der Herta B*** bewohnt, das Gerücht, daß der Beklagte ein Verhältnis mit dieser habe. Deshalb von der Klägerin zur Rede gestellt, bestritt der Beklagte dieses angebliche Verhältnis. Anläßlich eines Besuches der Streitteile bei den Ehegatten H*** am 24.11.1986 kam es dazu, daß die Klägerin dem Beklagten das angebliche Verhältnis mit Herta B*** vorhielt und Erika H*** sich in die Auseinandersetzung einmischte. Schließlich wurde der Beklagte aus der Wohnung der Familie H*** gewiesen und begab sich zu seinem Bruder Ernst. Der Klägerin war dieses Gerücht ein willkommener Anlaß, den Beklagten nun endgültig zu verlassen. Sie unternahm gar keinen Versuch, der Angelegenheit auf den Grund zu gehen oder diese mit dem Beklagten zu bereinigen. Statt dessen holte sie sich noch am selben Tag einige Einrichtungsgegenstände aus dem gemeinsamen Haus in Peigarten und übersiedelte in die Wohnung am Türkenschanzplatz in Wien, wo sie seither wohnhaft ist. Außerdem nahm sie aus dem Haus in Peigarten die beiden Sparbücher der Waldviertler Sparkasse von 1842, lautend auf den Beklagten, mit den Kontonummern 0110-106374, mit einem Einlagenstand von S 374.398,64 zum 2.11.1984, sowie 0110-106424, mit einem Einlagenstand von S 403.799,90 zum 4.1.1984 an sich. Diese Sparbücher hatte der Beklagte vor dem Verlassen der Ehewohnung versteckt; die Losungsworte waren der Klägerin bekannt. Der Beklagte befürchtete, daß die Klägerin die Sparbücher an sich gebracht haben könnte, weil sie im Zuge ihrer Beziehung mit Eduard E*** den Großteil ihrer eigenen Ersparnisse aufgebraucht hatte. Er fuhr daher ebenfalls noch am 24.11.1986 nach Peigarten, mußte jedoch feststellen, daß die Sparbücher aus dem Versteck entfernt worden waren und veranlaßte daher bei der Waldviertler Sparkasse eine Sperre der Sparbücher.

Werner M***, ein Sohn der Streitteile, schlug vor, die genannten Sparbücher bei einem Notar zu hinterlegen, was von beiden Streitteilen akzeptiert wurde. Als die Klägerin einige Tage später in der Kanzlei des Notars ihre Handtasche niederstellte, um ihren Mantel abzulegen, nahm der Beklagte die Handtasche an sich und verließ mit dieser die Kanzlei. In der Folge erhielt die Klägerin zwar ihre Handtasche samt Inhalt, nicht aber die beiden genannten Sparbücher vom Beklagten zurück, weil dieser um seine Ersparnisse fürchtete.

Einige Tage, nachdem die Klägerin ihn verlassen hatte, unternahm der Beklagte noch einen Racheakt, indem er beim Vorgesetzten der Klägerin anrief, diesem erzählte, daß seine Ehefrau ihm davongelaufen sei und sie des Diebstahls bezichtigte. Ob er hiebei lediglich die beiden genannten Sparbücher erwähnte oder auch behauptete, die Klägerin habe aus der Fabrik Sachen gestohlen, konnte nicht festgestellt werden. Der Beklagte telefonierte am nächsten Tag neuerlich mit dem Vorgesetzten der Klägerin und entschuldigte sich für sein Verhalten. Zur Zeit dieser Anrufe befand sich die Klägerin im Krankenstand. Als sie ihren Dienst wieder antrat, wurde sie wegen dieser Anrufe zu ihrem Vorgesetzten zitiert, welcher sie jedoch nicht zu einer Rechtfertigung aufforderte, sondern zu verstehen gab, daß die Sache erledigt sei. Im Dezember 1984, etwa um Weihnachten, traf der Beklagte einen Neffen der Klägerin, der bei der Firma M*** in Waidhofen an der Thaya beschäftigt ist, und besprach seine eheliche Situation mit ihm. Im Zuge dieses Gespräches zeigte er ihm auch ein Foto, das von Eduard E*** angefertigt worden war und die Klägerin nur spärlich bekleidet darstellte.

Im letzten Jahr vor dem Auszug der Klägerin kam es deshalb zu häufigeren Streitigkeiten, weil die Klägerin oftmals den Wunsch äußerte, daß sie sich scheiden lassen wolle, und weil sie außerdem dem Beklagten nahezu gänzlich den ehelichen Verkehr verweigerte. Es konnten keinerlei Feststellungen hinsichtlich der von der Klägerin behaupteten Beschimpfungen durch den Beklagten sowie der tätlichen Auseinandersetzungen, Mißhandlungen und Drohungen zwischen beiden Streitteilen getroffen werden. Ebensowenig konnte festgestellt werden, daß der Beklagte die Klägerin einmal mit dem Messer bedroht hätte oder daß die Klägerin über Annoncen in Zeitungen Männerbekanntschaften suchte.

Rechtlich war das Erstgericht der Ansicht, daß beiden Ehegatten schwere Eheverfehlungen im Sinne des § 49 EheG zur Last fielen. Die Ehe sei durch die Eheverfehlungen der Streitteile derart zerrüttet, daß die Wiederherstellung einer dem Wesen der Ehe entsprechenden Lebensgemeinschaft nicht mehr erwartet werden könne. Eine Abwägung der beiderseitigen Eheverfehlungen ergebe ein überwiegendes Verschulden der Klägerin, weil diese die einleitenden ehezerstörenden Handlungen gesetzt habe und ihre Eheverfehlungen, insbesondere das grundlose Verlassen der Ehewohnung, weitaus schwerer wiegen würden als die Verfehlung des Beklagten. Das Berufungsgericht gab den Berufungen der Streitteile nicht Folge. Zur hier allein noch relevanten Berufung der Klägerin verwies es darauf, daß nach der erwiesenen Art der Beziehungen des Beklagten zu Herta B*** diese bloß freundschaftlicher Natur gewesen seien. Daß sie geeignet gewesen wären, eine Entfremdung zwischen den Streitteilen herbeizuführen oder zu vertiefen, habe sich nicht herausgestellt. Die Klägerin habe praktisch zugleich mit dem Vorwurf dieses angeblichen Verhältnisses die eheliche Gemeinschaft mit dem Beklagten aufgelöst, ohne überhaupt den Versuch der Aufklärung des wahren Sachverhaltes zu unternehmen, ja ohne überhaupt mit dem Beklagten noch einmal unter vier Augen zu reden, was einer ehelichen Gesinnung als selbstverständlich entsprochen hätte. Die Folgerung des Erstgerichtes, daß die Klägerin das Gerücht zum willkommenen Anlaß nahm, den Beklagten zu verlassen, sei daher durch die Beweisergebnisse voll gedeckt und frei von Rechtsirrtum. Die Abwägung des Gesamtverhaltens beider Streitteile ergebe jedenfalls, daß die Klägerin mit der schuldhaften Zerrüttung der Ehe begonnen und - durch die grundlose Aufhebung der häuslichen

Gemeinschaft - den entscheidenden Beitrag zur unheilbaren Zerrüttung der Ehe geleistet hat. Hiebei sei zu bedenken, daß das Vorliegen auch nur einer nicht verfristeten und nicht verziehenen Eheverfehlung gemäß § 59 Abs 2 EheG zur Folge hatte, daß auch die verziehenen, zumindest ehewidrigen Beziehungen der Klägerin zu Eduard E*** nicht außer Betracht bleiben konnten. Der Ausspruch des überwiegenden Verschuldens der Klägerin sei daher berechtigt. Gegen die Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz richtet sich die Revision der Klägerin aus dem Anfechtungsgrund des § 503 Abs 1 Z 4 ZPO mit dem Antrag, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, daß die Ehe aus dem Alleinverschulden, allenfalls aus dem überwiegenden oder gleichteiligen Verschulden des Beklagten geschieden werden möge.

Der Beklagte beantragt in der Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Die Klägerin stellt sich in der Revision auf den Standpunkt, daß nicht sie, sondern der Beklagte zu keiner Aussprache über das Verhältnis zu Herta B*** bereit gewesen sei. Auch sei nicht sie, sondern er mit den Sparbüchern widerrechtlich umgegangen. Die Aktfotos, die Eduard E*** von ihr gemacht habe, hätte der Beklagte nicht herzeigen dürfen. Sein Verhältnis zu Herta B*** sei als schwere Eheverfehlung zu werten.

Der Revision ist jedoch entgegenzuhalten, daß sie in ihrem wesentlichen Gehalt nicht von dem Sachverhalt ausgeht, den die Vorinstanzen festgestellt haben. Danach war es ein bloßes Gerücht einer tratschsüchtigen Wohnungsnachbarin, daß der Beklagte ein ehewidriges Verhältnis zu Herta B*** hatte. Dieses Gerede nahm die Klägerin aber zum willkommenen Anlaß, den Beklagten zu verlassen. Sie unternahm gar keinen Versuch, der Angelegenheit auf den Grund zu gehen. Ihre oben wiedergegebenen Ausführungen zu diesem Streitpunkt drehen daher die Feststellungen der Vorinstanzen ins Gegenteil um; sie sind als feststellungsfremd somit unbeachtlich. Es ist richtig, daß die Vorgangsweise des Beklagten, wieder zu seinen Sparbüchern zu gelangen, nicht zu billigen ist; die Klägerin übersieht aber in diesem Zusammenhang, daß sie es war, die diese auf den Namen des Beklagten lautenden Sparbücher widerrechtlich aus dem vom Beklagten hiefür vorgesehenen Versteck entwendete und nach Wien verbrachte. Daß sie schließlich dem Beklagten als Eheverfehlung anlastet, eines der oben beschriebenen verfänglichen Fotos herumgezeigt zu haben, mag zwar auf einen Mangel der ehelichen Gesinnung auch des Beklagten hinweisen; dieser Umstand ändert aber nichts an der wesentlich gravierenderen Tatsache ihres ehewidrigen Verhältnisses zu Eduard E*** in seiner Gesamtheit. Daß die Eheverfehlungen des Beklagten in diesem Zusammenhang trotz deren Verzeihung auch jetzt noch zu berücksichtigen sind, hat das Berufungsgericht zutreffend mit dem Hinweis auf § 59 Abs 2 EheG begründet.

Nach § 60 Abs 2 EheG ist das überwiegende Verschulden eines Teiles dann auszusprechen, wenn sein Verschulden erheblich schwerer wiegt als das des anderen. Der Unterschied der beiderseitigen Verschuldensanteile muß augenscheinlich hervortreten (EFSlg 48.834, 46.243, 43.691 uva), so daß es subtiler Erwägungen nicht bedarf (Schwind, Eherecht2 251); das Verschulden des anderen Ehegatten muß fast völlig in den Hintergrund treten (EFSlg 48.832, 46.242, 43.692 uva; Pichler in Rummel, ABGB, Rz 2 zu § 60 EheG). Für die beiderseitige Verschuldensabwägung ist das Gesamtverhalten beider Ehegatten maßgebend (EFSlg 48.815, 46.230, 46.231, 43.684); zu berücksichtigen ist, wer den entscheidenden Beitrag zur unheilbaren Zerrüttung der Ehe geleistet hat (EFSlg 48.821, 46.234, 43.679); die Ursächlichkeit der Verfehlungen für den Eintritt der unheilbaren Zerrüttung ist von ausschlaggebender Bedeutung (EFSlg 43.680, 43.677, 41.271 ua).

Die Klägerin zeigte in allen Phasen der sich zunehmend verschlechternden ehelichen Beziehungen einen gravierenden Mangel ehelicher Gesinnung gegenüber ihrem Ehegatten. Seine Reaktionen auf ihr ehewidriges Verhalten sind zwar durchaus nicht zu billigen, sie treten aber unter Berücksichtigung der oben dargestellten Grundsätze augenscheinlich und stark in den Hintergrund. Der dominierende, das eheliche Verhältnis beherrschende Teil war zweifellos die Klägerin. Sie hatte es in der Hand, ein gedeihliches Eheleben mit dem Beklagten zu führen, hat dies aber aus Gründen ihrer eigenen Sphäre nicht für erstrebenswert erachtet und sich von dem Beklagten gänzlich abgewendet. Unter diesen Umständen haben die Vorinstanzen zutreffend erkannt, daß ihr Verschulden an der Zerrüttung der Ehe überwiegt.

Ihrer Revision war der Erfolg zu versagen.

Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

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