Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei hat den Klägern die mit S 10.195,02 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (davon S 926,82 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Kläger waren bei der beklagten Partei beschäftigt, über deren Vermögen mit Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 17. Juni 1986 das Ausgleichsverfahren eröffnet wurde. Das Ausgleichsgericht stellte die Ausgleichsschuldnerin im Sinne des § 3 Abs 2 AO ("Zur Sicherung der Unternehmensfortführung können dem Schuldner auch diejenigen Beschränkungen auferlegt werden, die einen Gemeinschuldner kraft Gesetzes treffen") einem Gemeinschuldner gleich. Der Ausgleichsverwalter kündigte die Arbeitsverhältnisse der Kläger nach der Eröffnung des Ausgleichsverfahrens auf. Der Insolvenz-Ausfallgeld-Fonds zahlte an die Kläger die ihnen (gemäß § 1 Abs 3 Z 2 IESG) gebührenden Abfertigungen aus.
Da der Geschäftsführer der beklagten Partei die Kläger für die Erfüllung des Ausgleiches benötigte, machte er ihnen den Vorschlag, neue Arbeitsverhältnisse zu begründen. Der Geschäftsführer der beklagten Partei sagte den Klägern - und zwar, wie das Berufungsgericht feststellte, ohne irgendwelche weitere Bedingungen - zu, ihnen im Falle des Wiedereintrittes jene Dienstzeiten, für die sie vom Insolvenz-Ausfallgeld-Fonds keine Abfertigung erhalten hatten, auf die neuen Arbeitsverhältnisse anzurechnen. Dementsprechend wurden in die vom Geschäftsführer der beklagten Partei unterfertigten Dienstzettel der Kläger folgende für ihre künftigen Abfertigungsansprüche anzurechnenden Dienstzeiten aufgenommen:
Erstkläger 4 Jahre 7 Monate
Zweitkläger 3 Jahre 11 Monate
Drittkläger 4 Jahre 7 Monate
Viertkläger 2 Jahre 8 Monate
Dem Ausgleichsverwalter wurden diese Dienstzettel zur Kenntnis gebracht, doch stimmte er der Vordienstzeitenanrechnung nicht zu. Im Sinne der getroffenen Vereinbarungen wurden mit den Klägern neue Arbeitsverhältnisse begründet und zwar ab 4. August 1986 mit dem Drittkläger, ab 5. September 1986 mit dem Viertkläger und ab 22. September 1986 mit dem Erst- und Zweitkläger. Da die beklagte Partei in der Folge die Entgeltansprüche der Kläger aus den neuen Arbeitsverhältnissen nicht erfüllen konnte, traten sie nach zweimaliger Nachfristsetzung mit 31. Dezember 1986 vorzeitig aus. In der Tagsatzung vom 21. Oktober 1986 wurde zwischen der beklagten Partei und ihren Gläubigern ein Ausgleich abgeschlossen. Dieser wurde am 23. April 1987 bestätigt und das Ausgleichsverfahren am 21. Mai 1987 gemäß § 57 Abs 1 AO aufgehoben.
Die Kläger begehren nach Befriedigung ihrer sonstigen Ansprüche aus dem vorzeitigen Austritt zuletzt (AS 15 f) Zahlung folgender, der Höhe nach außer Streit stehender Abfertigungsbeträge:
Der Erstkläger S 89.262,65, der Zweitkläger S 54.453,90, der Drittkläger S 48.211,39 und der Viertkläger S 39.313,32 netto jeweils samt Stufenzinsen.
Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens, weil der Ausgleichsverwalter der Anrechnung der Vordienstzeiten auf die Abfertigungsansprüche nicht zugestimmt habe, so daß diese Vereinbarung nicht rechtswirksam geworden sei.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren (mit Ausnahme des Zuspruchs von Zinsen für die von der beklagten Partei befriedigten Teile der Klagebegehren) ab. Die zwischen den Streitteilen getroffene Vereinbarung der Anrechnung der Vordienstzeiten sei nach Bestätigung des Ausgleichs wirksam zustandegekommen. Die Anrechnung der Vordienstzeiten sollte jedoch nur unter der Bedingung erfolgen, daß die Kläger zum Zeitpunkte der Ausgleichsbestätigung noch Arbeitnehmer der beklagten Partei seien. Diese Bedingung sei nicht eingetreten.
Das Berufungsgericht nahm - von den erstgerichtlichen Feststellungen abweichend - als erwiesen an, daß die Anrechnung von Vordienstzeiten auf den Abfertigungsanspruch nicht davon abhängig gemacht worden sei, daß die Kläger im Zeitpunkte der Bestätigung des Ausgleiches noch bei der beklagten Partei beschäftigt seien. Die Anrechnung der Vordienstzeiten auf die Abfertigungsansprüche sei vielmehr bedingungslos erfolgt. Die beklagte Partei sei infolge der vom Ausgleichsgericht angeordneten Verfügungsbeschränkung (§ 3 Abs 2 AO) wie ein Gemeinschuldner (§ 3 KO) zu behandeln. Die Verfügungsbeschränkung des Gemeinschuldners nach § 3 KO äußere sich darin, daß Rechtshandlungen, die er nach Konkurseröffnung vornehme, zwar dem Kontrahenten gegenüber wirksam, den Konkursgläubigern gegenüber jedoch unwirksam seien. Diese relative Unwirksamkeit dauere aber nicht über den Konkurs hinaus. Die von einem Gemeinschuldner während des Konkurses vorgenommenen relativ unwirksamen Rechtshandlungen seien daher nach der Konkursaufhebung wirksam. Dasselbe gelte für die beklagte Partei als Ausgleichsschuldnerin, da ihr die Beschränkungen eines Gemeinschuldners auferlegt worden seien. Gemäß § 58 Abs 1 AO sei sie durch die Aufhebung des Ausgleichs wieder in ihr Recht, über ihr Vermögen frei zu verfügen, eingetreten. Die Vereinbarung der Streitteile über die Anrechnung von Vordienstzeiten auf die Abfertigungsansprüche sei daher wirksam.
Die beklagte Partei erhebt gegen das Urteil des Berufungsgerichtes Revision mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, daß das Ersturteil wiederhergestellt werde. Hilfsweise stellt sie einen Aufhebungsantrag. Die Kläger beantragen in ihrer Revisionsbeantwortung, der Revision der beklagten Partei nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Der Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).
Wie das Berufungsgericht zutreffend erkannte, ist die Frage der Wirksamkeit der Rechtshandlungen des Ausgleichsschuldners nach § 3 Abs 1 KO zu beurteilen, wenn dem Ausgleichsschuldner zur Sicherung der Unternehmensfortführung gemäß § 3 Abs 2 AO diejenigen Beschränkungen auferlegt wurden, die kraft Gesetzes einen Gemeinschuldner treffen. Da der Ausgleichsverwalter der von den Streitteilen anläßlich der Begründung der neuen Arbeitsverhältnisse nach Ausgleichseröffnung getroffenen Vereinbarung, den Klägern bestimmte, vom Insolvenz-Ausfallgeld-Fonds nicht berücksichtigte Vordienstzeiten für die Bemessung ihrer Abfertigungsansprüche anzurechnen, nicht genehmigte, war diese Vereinbarung den Ausgleichsgläubigern gegenüber unwirksam. Die Unwirksamkeit solcher Rechtshandlungen gegenüber den Konkursgläubigern (hier: den Ausgleichsgläubigern) dauert jedoch nicht über den Konkurs (hier: Ausgleich) hinaus fort, weil sie nur gegenüber den Konkursgläubigern (hier: Ausgleichsgläubigern) besteht, mit der Aufhebung des Konkursverfahrens (Ausgleichsverfahrens) aber keine Konkursgläubiger (Ausgleichsgläubiger) mehr vorhanden sind (Bartsch-Pollak3 I 34, 49, 313 f; Bartsch-Heil, Grundriß des Ausgleichs- und Konkursrechtes4 125 Rz 189; auch Petschek-Reimer-Schiemer, Insolvenzrecht 459;
SZ 34/72; Arb. 7.672; EvBl 1973/165 ua). Da das Ausgleichsverfahren
aufgehoben wurde und die Revisionswerberin dadurch wieder in ihr
Recht, über ihr Vermögen frei zu verfügen, getreten ist (§ 58
Abs 1 KO), ist die Vereinbarung der Streitteile über die Anrechnung
von Dienstzeiten auf die Abfertigungsansprüche voll wirksam. Dieser
Anspruch kann daher gegen die beklagte Partei ohne Beschränkungen
geltend gemacht werden. Die Berufung der Revision auf die
Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 7. Februar 1968, RZ 1969, 34, ist verfehlt, weil es dort nicht um Erfüllungsansprüche aus einem während des Konkurses abgeschlossenen Rechtsgeschäft, sondern um Anfechtungsansprüche des Masseverwalters ging. Diese wurden (im zweiten Konkurs desselben Gemeinschuldners) mit der Begründung abgewiesen, daß sie nach Aufhebung des Konkurses nicht mehr geltend gemacht werden könnten.
Die Revisionswerberin hat die Ansprüche des Klägers nur mit der Begründung bestritten, daß die Vereinbarung mangels Zustimmung des Masseverwalters rechtsunwirksam sei. Die Höhe der geltend gemachten Ansprüche stellte sie außer Streit. Der Geschäftsführer der beklagten Partei gab als richtig zu, daß die beklagte Partei im Dezember 1986 mit der Zahlung des Entgelts wieder in Rückstand war, so daß der Austritt der Kläger zu Recht erfolgte. Die erstmalige Berufung auf die schlechte wirtschaftliche Lage des Unternehmens (§ 23 Abs 2 AngG) ist eine im Revisionsverfahren unzulässige Neuerung. Im übrigen entfällt die Verpflichtung zur Gewährung einer Abfertigung nur wegen Verschlechterung der persönlichen Wirtschaftslage des Dienstgebers (also nicht bei einer GesmbH und Co KG) und zudem nur im Falle der Auflösung des Unternehmens. Die behaupteten Feststellungsmängel bestehen daher nicht. Der Revision ist daher ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 41, 50 ZPO.
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