Spruch:
Der Revision der Klägerin wird nicht Folge gegeben und das Teilurteil des Berufungsgerichtes hinsichtlich der Abweisung der Feststellungsbegehren bestätigt.
Dem Rekurs der Beklagten wird zum Teil dahin Folge gegeben, daß der Aufhebungsbeschluß des Berufungsgerichtes aufgehoben und in der Sache selbst durch Teilurteil dahin zu Recht erkannt wird, daß das Urteil des Erstgerichtes im Umfange der Abweisung des Eventualbegehrens auf Zahlung von S 20.362,50 sA wiederhergestellt wird.
Im übrigen auf Zahlung von S 16.290,-- sA gerichteten Teil des Eventualbegehrens wird der Aufhebungsbeschluß bestätigt und dem Berufungsgericht die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin war bei der Beklagten seit 6. November 1980 als sogenannte "Tagesmutter" mit der Betreuung des damals 5 Jahre alten Sohns der Beklagten beschäftigt. Mit Schreiben vom selben Tag hatten die Parteien vereinbart, daß die Klägerin eine Arbeitszeit von 24 Stunden einzuhalten habe. Nach Ablauf des Probemonats sollte ein auf einen Monat befristetes Arbeitsverhältnis beginnen, nach dessen Ende ein "reguläres Angestelltendienstverhältnis" in Kraft trete, für welches die Bestimmungen des Angestelltengesetzes und des "sachlich zuständigen Kollektivvertrages" gelten sollten. Gemäß § 20 Abs. 3 AngG konnte das Arbeitsverhältnis von beiden Seiten unter Einhaltung der jeweils gültigen Kündigungsfristen am 15. und Letzten eines Monats beendet werden.
Am 9. Jänner 1984 teilte die Klägerin der Beklagten mit, daß sie ein Kind erwarte. Nach einer Auseinandersetzung am 20. Jänner 1984 stellte die Beklagte die Klägerin für die Zeit bis zum 30. Juni 1984 unter Fortzahlung der Bezüge dienstfrei und forderte sie auf, in dieser Zeit auch ihren Urlaub zu verbrauchen. Im Anschluß an die Dienstfreistellung befand sich die Klägerin in der Mutterschutzfrist. Am 20. August 1984 brachte die Klägerin Zwillinge zur Welt, wobei nur eines der Kinder lebend geboren wurde. Mit Schreiben vom 13. September 1984 teilte die Klägerin der Beklagten mit, daß sie sich bis zum 12. November 1984 "in Mutterschutz" befinde und anschließend den Karenzurlaub für die Dauer eines Jahres in Anspruch nehme. Dies lehnte die Beklagte ab; sie forderte die Klägerin vielmehr zum Arbeitsantritt nach Ablauf der Frist des § 5 MSchG auf. Nachdem die Klägerin weder Kontakt mit der Beklagten aufgenommen noch ihre Arbeit angetreten hatte, löste die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 14. November 1984 mit sofortiger Wirkung auf.
Mit der vorliegenden Klage begehrt die Klägerin die Feststellung, daß sie berechtigt gewesen sei, einen Karenzurlaub bis zum 20. August 1985 in Anspruch zu nehmen und ihr Arbeitsverhältnis über den 14. November 1984 hinaus aufrecht fortbestehe. In eventu begehrt sie die Beklagte schuldig zu erkennen, ihr an Kündigungsentschädigung und Abfertigung S 36.652,50 sA zu zahlen. Die Beklagte habe ihr zu Unrecht die Gewährung eines Karenzurlaubs verweigert und das Arbeitsverhältnis mit der ihr am 16. November 1984 zugegangenen Entlassungserklärung ungerechtfertigt aufgelöst. Mit Schreiben vom 10. Oktober 1985 habe die Klägerin die Beklagte vom Vorliegen einer neuerlichen Schwangerschaft verständigt. Die Beklagte beantragte, die Klage abzuweisen. Die Klägerin habe nach Abschnitt IV des Mutterschutzgesetzes keinen Anspruch auf Karenzurlaub gehabt. Da sie der ausdrücklichen Aufforderung, die Arbeit am 14. November 1984 wieder anzutreten, ohne Vorliegen eines rechtmäßigen Hinderungsgrundes nicht nachgekommen sei, habe die Beklagte das Arbeitsverhältnis im Sinne des § 12 Abs. 1 Z 1 MSchG durch Entlassung beendet. Vorsichtshalber habe die Beklagte am 20. September 1985 eine Eventualkündigung zum 30. Oktober 1985 ausgesprochen. Die Klägerin habe ihre neuerliche Schwangerschaft verspätet gemeldet. Ihr Eventualbegehren sei verjährt, da die im ersten Rechtsgang allein gestellten Feststellungsbegehren die Frist des § 1162 d ABGB bzw. § 34 AngG weder unterbrochen noch gehemmt hätten.
Das Erstgericht wies die Klagebegehren ab. Es traf im wesentlichen noch folgende Feststellungen:
Nachdem die Klägerin der Beklagten am 9. Jänner 1984 mitgeteilt hatte, daß sie ein Kind erwarte, kam es zwischen den Parteien zu einer Aussprache, in deren Verlauf die Klägerin äußerte, daß sie nicht daran denke, nach der Geburt des Kindes weiterhin für die Beklagte tätig zu sein, sondern ihr eigenes Kind aufziehen wolle. Ab 20. Jänner 1984 verrichtete die Klägerin keine Arbeiten mehr für die Beklagte.
Nach der am 20. August 1984 erfolgten Entbindung der Zwillinge teilte die Klägerin der Beklagten mit Schreiben vom 13. September 1984 mit, daß sie sich bis 12. November 1984 "im Mutterschutz befinde" und anschließend einen Karenzurlaub in der Dauer eines Jahres in Anspruch nehme. Dieser Ankündigung trat die Beklagte noch persönlich entgegen. In der Folge ließen sich beide Parteien durch Rechtsanwälte vertreten.
Mit Schreiben vom 12. Oktober 1984 machte der Beklagtenvertreter den Klagevertreter darauf aufmerksam, daß hinsichtlich des Arbeitsverhältnisses der Klägerin nach dem IV. Abschnitt des Mutterschutzgesetzes kein Anspruch auf Karenzurlaub gegeben sei. Die Beklagte bestehe daher darauf, daß die Klägerin nach dem Ende der Frist des § 5 MSchG die Arbeit ordnungsgemäß antrete. Dieser Aufforderung kam die Klägerin nicht nach. Sie nahm weder persönlich noch durch ihren Vertreter Kontakt mit der Beklagten auf, sondern blieb nach dem Ende der Mutterschutzfrist der Arbeit ohne Angabe von Gründen fern. Ausgehend von der Fristberechnung der Klägerin und der zwischen den Parteien getroffenen Arbeitseinteilung wäre für sie der 14. November 1984 der erste Arbeitstag gewesen.
Da die Klägerin keinerlei Reaktion auf das Schreiben vom 12. Oktober 1984 zeigte, erklärte der Beklagtenvertreter mit Schreiben vom 14. November 1984, das Arbeitsverhältnis mit sofortiger Wirkung gemäß § 14 HGHAngG (§ 12/1 a MSchG) für aufgelöst. Die Klägerin habe durch ihr Nichterscheinen zum Dienst und die Erklärung, einen Karenzurlaub in Anspruch zu nehmen, der ihr nicht zustehe, die Dienstausübung verweigert.
Mit Schreiben vom 12. August 1985 teilte die Klägerin der Beklagten mit, daß sie nach Ablauf des Karenzjahres mit 21. August 1985 wiederum ihren Dienst antreten wolle. Die Beklagte erwiderte am 16. August 1985, daß sie das Arbeitsverhältnis durch Entlassung als beendet betrachte und sprach mit einem weiteren Schreiben vom 20. September 1985 unter Aufrechterhaltung der von ihr vertretenen Rechtsansicht eine Eventualkündigung zum 30. November 1985 aus. Dieses Schreiben ging der Klägerin am 23. September 1985 zu. Am 2. Oktober 1985 erfuhr die Klägerin anläßlich einer ärztlichen Untersuchung, daß sie neuerlich schwanger sei. Die am selben Tag ausgestellte Bestätigung wurde dem Beklagtenvertreter jedoch erst mit Schreiben vom 10. Oktober 1985 am 11. Oktober 1985 übermittelt.
Am 25. April 1986 gebar die Klägerin neuerlich Zwillinge. Mit Schreiben vom 30. April 1986 erklärte sie gegenüber der Beklagten, wiederum Karenzurlaub in Anspruch nehmen zu wollen. Das Erstgericht vertrat die Rechtsauffassung, daß die Klägerin gemäß § 24 Z 2 MSchG keinen Anspruch auf Karenzurlaub gehabt habe. Durch die Vereinbarung eines Angestelltendienstverhältnisses sei keine Änderung der rechtlichen Voraussetzungen eingetreten. Die Klägerin habe trotz schriftlicher Aufforderung, die Arbeit wieder anzutreten, einen Arbeitsantritt gar nicht in Erwägung gezogen und nicht einmal im Kalender nachgesehen, wann ihr erster Arbeitstag gewesen wäre. Dieses Verhalten könne nur als unentschuldigtes Fernbleiben von der Arbeit gewertet werden, zumal es die Klägerin nicht einmal der Mühe wert gefunden habe, die Beklagte davon zu verständigen, daß sie nicht zur Arbeit kommen werde. Die Klägerin habe dadurch einen Entlassungsgrund im Sinne des Angestelltengesetzes verwirklicht.
Das Berufungsgericht bestätigte die Abweisung der Feststellungsbegehren und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes, über den es entschieden habe, S 30.000,-- übersteige. Im übrigen hob es die angefochtene Entscheidung über das in eventu gestellte Leistungsbegehren unter Rechtskraftvorbehalt auf. Es billigte die Rechtsansicht des Erstgerichtes, daß der Klägerin kein Anspruch auf Karenzurlaub zugestanden sei. Hinsichtlich des Eventualbegehrens sei die Rechtssache aber noch nicht spruchreif, weil das Erstgericht die näheren Umstände des Nichterscheinens der Klägerin zur Arbeit nicht geprüft habe. Die Bestimmung des § 27 Z 4 AngG setze ein schuldhaftes Verhalten des Arbeitnehmers voraus. Diesem könne aber auch ein Rechtsirrtum mit schuldausschließender Wirkung unterlaufen. In der Berufung habe die Klägerin zulässigerweise neu vorgebracht, daß ihr sowohl beim Arbeitsamt, bei der Arbeiterkammer als auch bei der Gewerkschaft ihr Recht auf Karenzurlaub bestätigt worden sei. Das Erstgericht werde sich daher noch mit der Behauptung der erteilten Rechtsauskünfte ebenso auseinanderzusetzen haben wie mit der ebenfalls in der Berufung neu aufgestellten Behauptung, daß sich die Klägerin in einem extremen psychischen Ausnahmezustand befunden habe. Gegen diese Entscheidung richten sich die Revision der Klägerin und der Rekurs der Beklagten. Die Klägerin macht als Revisionsgrund unrichtige rechtliche Beurteilung geltend und beantragt die Abänderung des angefochtenen Teilurteils im Sinne der Feststellungsbegehren. Die Beklagte begehrt in ihrem Rekurs, den Aufhebungsbeschluß des Berufungsgerichtes aufzuheben und dem Berufungsgericht eine neuerliche Entscheidung über das gestellte Eventualbegehren aufzutragen.
In ihrer Revisions- bzw. Rekursbeantwortung beantragen die Parteien, dem Rechtsmittel der Gegenseite nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Lediglich dem Rekurs kommt zum Teil Berechtigung zu.
Zur Revision der Klägerin:
Im Revisionsverfahren ist nicht mehr strittig, daß das Arbeitsverhältnis der Klägerin, die als sogenannte "Tagesmutter" ausschließlich mit der Betreuung des Sohnes der Beklagten tagsüber befaßt war, an sich in den Geltungsbereich des HGHAngG fiel (§ 1 Abs. 1 und 2 HGHAngG; Arb. 10.430 mwH). Die Revisionswerberin wiederholt lediglich ihre schon im Berufungsverfahren vorgetragenen Argumente, daß ihr zufolge der vertraglich zuerkannten Angestellteneigenschaft die Rechtsstellung einer Angestellten kraft Gesetzes zugekommen und damit die Anwendbarkeit des Abschnitts IV des Mutterschutzgesetzes auszuschließen sei. Soweit die Klägerin dazu darauf verweist, es sei ein "reguläres Angestelltendienstverhältnis" begründet worden, kann ihr nicht beigepflichtet werden, daß damit mehr als die bloße Anwendbarkeit des Angestelltengesetzes vereinbart worden wäre. Der Begriff "regulär" grenzt nämlich nach dem Wortlaut und dem Sinn der Vereinbarung nur das unbefristete Arbeitsverhältnis vom Probemonat und dem befristeten Arbeitsverhältnis ab.
Bei der Behandlung der Angestellten ex contractu ist entgegen der Ansicht der Revisionswerberin zwischen dem Arbeitsvertragsrecht, dem Kollektivvertragsrecht, dem Betriebsverfassungsrecht und dem Sozialversicherungsrecht zu unterscheiden. In arbeitsvertragsrechtlicher Hinsicht bewirkt zwar die Zuerkennung der Angestellteneigenschaft die vertragsmäßige Behandlung des Arbeitnehmers als Angestellten, sie macht ihn aber deshalb nicht zum Angestellten. Das Angestelltengesetz erfüllt hier die Funktion einer Vertragsschablone und der Arbeitsvertrag rezipiert lediglich den Inhalt dieses Gesetzes, ohne daß dadurch der grundsätzliche Unterschied zwischen Arbeitern oder Hausgehilfen und Hausangestellten einerseits und Angestellten andererseits beseitigt wird. Aus diesem Grund kommt aber den vom Arbeitnehmer geleisteten Arbeiten weiterhin eine entscheidende Bedeutung zu; sie bestimmen letztlich den Umfang der unabdingbaren Rechte des Arbeitnehmers (vgl. Schrammel, Der "Angestellte ex contractu" im Arbeits- und Sozialversicherungsrecht ZAS 1973, 163 ff, insbesondere 164;
Mayer-Maly/Marhold, Österreichisches Arbeitsrecht I 48 f;
Spielbüchler in Floretta-Spielbüchler-Strasser, Arbeitsrecht2 I 37;
Schwarz-Löschnigg, Arbeitsrecht 116; Wachter, Beitrags- und kollektivvertragsrechtliche Fragen zum Angestellten ex contractu, ZAS 1978, 43 ff; Arb. 9.774 mwH).
Aus diesen Erwägungen folgt, daß die Übernahme der Regelungen des Angestelltengesetzes als Inhalt des Arbeitsvertrages für sich allein noch keinen vertraglichen Anspruch der Klägerin auf Karenzurlaub im Sinne des § 15 Abs. 1 MSchG, wie er den Angestellten ex lege zusteht, bewirken konnte. Im Rahmen des Anwendungsbereiches des Mutterschutzgesetzes 1979 muß die Klägerin daher die Sonderbestimmungen für die in privaten Haushalten beschäftigten Arbeitnehmerinnen gegen sich gelten lassen, die, was sie nicht bezweifelt, ebenfalls an die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit anknüpfen. Da sie unbestritten dem im § 24 Z 2 MSchG erwähnten Personenkreis angehört, galten für sie gemäß § 28 leg cit zwar die Vorschriften über den Kündigungsschutz (§ 27) und über den Entlassungsschutz (§ 12), nicht aber die Bestimmungen des § 15 leg cit über den Karenzurlaub (§ 25 MSchG). Diese Sonderregelungen widersprechen nicht dem verfassungsrechtlichen Sachlichkeitsgebot, wie die Revisionswerberin meint, sondern haben ihren Grund darin, daß in einem privaten Haushalt berufsspezifisch eine andere Art des Zusammenarbeitens und Zusammenlebens besteht als in einem Betrieb (vgl. Knöfler-Martinek MSchG7 § 27 Erl. 1). Gerade die Art der Tätigkeit der Klägerin als sogenannte "Tagesmutter" zeigt deutlich, daß es nicht zweckmäßig ist, mit der Betreuung eines Kindes ein volles Jahr auszusetzen, da dieses dadurch den Kontakt zur Bezugsperson verlieren kann. Es besteht daher kein Anlaß, der Anregung der Revisionswerberin zu folgen und die Bestimmung des § 25 MSchG wegen Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes beim Verfassungsgerichtshof anzufechten.
Die Klägerin war somit nicht berechtigt, einen Karenzurlaub durch einseitige Gestaltungserklärung gemäß § 15 Abs. 1 MSchG in Anspruch zu nehmen. Ihr stand jedoch gemäß § 28 MSchG Entlassungsschutz bis 20. Dezember 1984 zu, so daß es auch schon bei Prüfung der Berechtigung des weiteren Feststellungsbegehrens hinsichtlich des Fortbestehens des Arbeitsverhältnisses über den 14. November 1984 hinaus, welche Dauer die Klägerin in ihrer Berufung allerdings einschränkend mit 30. November 1985 begrenzte (§ 483 Abs. 3 ZPO), darauf ankommt, ob sie einen Entlassungsgrund im Sinne des § 12 Abs. 1 Z 1 MSchG, erster Tatbestand, verwirklichte. Wäre die Entlassung nämlich als ungerechtfertigt unwirksam gewesen, hätte das Arbeitsverhältnis erst durch die Eventualkündigung der Beklagten aufgelöst werden können (vgl. Knöfler-Martinek MSchG7 § 12 Erl. 4). Abgestellt auf den Schluß der Verhandlung in erster Instanz am 25. November 1986 ergibt sich aber, daß hinsichtlich des gesamten Zeitraumes, auf den sich das Feststellungsbegehren erstreckt, bereits eine Leistungsklage auf das gebührende Entgelt möglich gewesen wäre, bei der das Weiterbestehen des Arbeitsverhältnisses ohnehin als Vorfrage zu prüfen war. Es fehlt diesem Begehren daher das erforderliche Feststellungsinteresse, sodaß es schon aus diesem Grunde auch diesbezüglich bei der Abweisung des weiteren Feststellungsbegehrens zu verbleiben hat (vgl. Fasching ZPR Rz 1101).
Zum Rekurs der Beklagten:
Der Entlassungsgrund des § 12 Abs. 1 Z 1 MSchG, erster Tatbestand, stimmt wörtlich mit dem Entlassungstatbestand des § 82 lit. f GewO 1859 überein, der nach ständiger Rechtsprechung im Sinne des § 27 Z 4 AngG auszulegen ist (Arb. 9.991 ua). Er umfaßt nicht nur das unbefugte Verlassen der Arbeit, sondern jede pflichtwidrige, erhebliche und schuldhafte Arbeitsversäumnis, die eines rechtmäßigen Hinderungsgrundes entbehrt (Kuderna Entlassungsrecht 66 ff, 94; Knöfler-Martinek MSchG7
§ 12 Erl. 2.5.1 mwH; Martinek-Schwarz Angestelltengesetz6
§ 27 Erl. 20 und 21; Arb. 8.564, 9.690 ua). Nach den maßgeblichen
Feststellungen trug sich die Klägerin von vorneherein mit der Absicht, nach der Geburt ihres Kindes nicht mehr für die Beklagte tätig zu sein. Sie kam weder der ausdrücklichen schriftlichen Aufforderung der Beklagten vom 12. Oktober 1984, die Arbeit wieder anzutreten, nach noch zeigte sie irgendeine Reaktion auf diese Aufforderung. Im Hinblick darauf, daß die Klägerin der Beklagten am 13. September 1984 mitgeteilt hatte, daß sie einen Karenzurlaub in der Dauer eines Jahres in Anspruch nehme, war es sohin für die Beklagte am 14. November 1984, dem ersten Arbeitstag der Klägerin, klar, daß die nicht erschienene Klägerin ihre Tätigkeit für längere Zeit nicht mehr aufnehmen werde. Dieses Verhalten war mit der Verpflichtung der Klägerin zum Antritt der Arbeit unvereinbar. Einer weiteren Aufforderung zur Arbeitsaufnahme, welcher die Klägerin nach den Feststellungen ohnehin nicht nachgekommen wäre, oder einer vorhergehenden Drohung mit der Entlassung bedurfte es entgegen der Ansicht der Klägerin bei dieser Sachlage nicht (vgl. Arb. 10.379). Ein Bewußtsein der Pflichtwidrigkeit in dem Sinn, daß dem Arbeitnehmer bewußt sein müsse, daß die Unterlassung der Arbeitsleistung nicht durch einen rechtmäßigen Hinderungsgrund gerechtfertigt sei, ist nicht erforderlich. Die Unterlassung der Arbeitsleistung war nur dann gerechtfertigt, wenn die Klägerin ohne Verschulden annehmen hätte können, sie habe einen rechtmäßigen Hinderungsgrund (Arb. 9.075, 9.106, 9.690 ua). Richtig ist, daß einem Arbeitnehmer auch ein Rechtsirrtum mit schuldausschließender Wirkung unterlaufen kann (Kuderna aaO 50), doch kann im vorliegenden Fall der vom Wortlaut des Gesetzes abweichenden Rechtsansicht der Klägerin kein solches schuldausschließendes Gewicht beigemessen werden. In einer Vielzahl von arbeitsrechtlichen Streitigkeiten geht es auch um divergierende Rechtsansichten, die nicht zuletzt auf konträren Rechtsauskünften beruhen. So machte etwa die Beklagte für sich geltend, daß auch sie für ihren Rechtsstandpunkt sprechende Rechtsauskünfte teils bei den gleichen Institutionen und teils von einem Ordinarius für Arbeits- und Sozialrecht eingeholt habe. Selbst wenn die Klägerin Rechtsauskünfte erhielt, die ihren Standpunkt bestätigten, wobei es nach wie vor an jeglicher Behauptung fehlt, welchen Sachverhalt sie zur Beurteilung vortrug, ist ihr immerhin anzulasten, daß sie trotz des Schreibens des Beklagtenvertreters vom 12. Oktober 1984, der sie ausdrücklich auf den für sie geltenden Abschnitt IV des Mutterschutzgesetzes hinwies, über einen Monat lang nicht einmal den Versuch unternahm, eine Klärung der Lage mit der Beklagten herbeizuführen oder der Beklagten wenigstens ihren Standpunkt zu begründen. Sie zog vielmehr, wie das Erstgericht zutreffend ausführte, einen Arbeitsantritt von vorneherein nicht in Erwägung und nahm damit aber auch in Kauf, daß sich ihre im Gesetz nicht begründete Rechtsansicht letztlich als unrichtig herausstellen werde. Die Klägerin ging dabei ein in Streitsachen zwar nicht ungewöhnliches Risiko ein, sie kann sich aber nicht darauf berufen, daß sie ohne jedes Verschulden, das schon in der gänzlichen Nichtzurkenntnisnahme des begründeten Schreibens des Beklagtenvertreters vom 12. Oktober 1984 lag, von einem rechtmäßigen Hinderungsgrund ausgegangen sei. Soweit die Klägerin in ihrer Rekursbeantwortung ausführt, die Beklagte hätte zur Betreuung ihres Sohnes ohnehin schon eine Ersatzkraft angestellt, ist damit für ihren Standpunkt nichts gewonnen. Ob ihr tatsächlich Karenzurlaubsgeld gewährt wurde, ist für den arbeitsrechtlichen Anspruch gegen die Beklagte auf Karenzurlaub ohne Belang (infas 1988/S 25). Da es weiters auf einen schuldausschließenden Rechtsirrtum im Zeitpunkt der Entlassung ankommt, ist auch der Einwand, sogar das Erstgericht hätte ihren Anspruch auf Karenzurlaub anerkannt, nicht zielführend. Abgesehen davon vertrat das Erstgericht im ersten Rechtsgang lediglich die unrichtige Ansicht, die Klägerin sei nicht für die Hauswirtschaft der Beklagten beschäftigt gewesen.
Soweit das Berufungsgericht allerdings bemängelte, es fehle noch an Feststellungen betreffend den von der Klägerin zulässigerweise neu behaupteten (§ 101 Abs. 2 ASGG) extremen psychischen Ausnahmezustand, kann der Oberste Gerichtshof, der nicht Tatsacheninstanz ist, diesen Ausführungen nicht entgegentreten. Da gemäß § 12 Abs. 2 MSchG im Falle des § 12 Abs. 1 Z 1 leg cit der durch die Entbindung der Arbeitnehmerin bedingte außerordentliche Gemütszustand zu berücksichtigen ist, hat diesbezüglich noch eine Ergänzung der Feststellungen zu erfolgen. Die dazu erforderliche Verfahrensergänzung ist gemäß § 496 Abs. 3 ZPO vom Berufungsgericht selbst vorzunehmen (Fasching ZPR Rz 1817).
Hinsichtlich der geltend gemachten Kündigungsentschädigung ist aber ungeachtet des im Rekurs allein gestellten Aufhebungsantrages wegen Spruchreife mit Sachentscheidung vorzugehen (§ 519 Abs. 2, letzter Satz ZPO; Fasching ZPR Rz 1823), da die Beklagte einen Verfallseinwand im Sinne der §§ 19 HGHAngG, 1162 d ABGB und 34 AngG erhob, dem Berechtigung zukommt. Die Entlassung der Klägerin erfolgte am 14. November 1984 und das nicht mehr auf den aufrechten Bestand des Arbeitsverhältnisses gestützte Eventualbegehren wurde erstmals mit in der Tagsatzung vom 27. Mai 1986 vorgetragenen Schriftsatz vom 14. April 1986, sohin nach Ablauf der Sechsmonatsfrist, erhoben (vgl. Martinek-Schwarz AngG6 § 34 Erl. 4; Arb. 10.097). Der Abfertigungsanspruch, dessen Höhe bestritten wurde, unterliegt dieser Verfallsfrist nicht.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf § 52 ZPO.
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