OGH 10Ob503/88

OGH10Ob503/8826.4.1988

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Resch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag.Engelmaier, Dr.Angst, Dr.Bauer und Dr.Kellner als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach dem am 22.Feber 1987 verstorbenen Karl Andreas H***, Pensionist, zuletzt wohnhaft gewesen in 8010 Graz, Gleisdorfergasse 9, infolge Revisionsrekurses der erblasserischen Nichte Herta P***, 8966 Aich-Assach 49, vertreten durch Dr.Sieglinde Lindmayr, Rechtsanwalt in Liezen, gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgerichtes vom 20.Oktober 1987, GZ 3 R 265/87-30, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 17. September 1987, GZ 16 A 106/87-24, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Karl Andreas H*** ist am 22.Februar 1987 verstorben. Er hinterließ eine mit 20.Juni 1980 und 7.Juni 1980 datierte, aus mehreren Blättern bestehende letztwillige Verfügung, nach der sein gesamtes Vermögen in Anteile zerlegt und auf insgesamt 19 Personen aufgeteilt werden soll. Diese Personen haben, mit Ausnahme einer bereits Verstorbenen, quotenmäßige bedingte Erbserklärungen, gestützt auf den Titel des Testamentes abgegeben.

Die Nichte des Erblassers, Herta P***, gab, ebenfalls bedingt auf Grund des Gesetzes eine Erbserklärung ab, bestritt die Echtheit und Gültigkeit des Testamentes sowie die Testierfähigkeit des Erblassers und beantragte, den erbserklärten Testamentserben die Klägerrolle im Erbrechtsstreit zuzuteilen.

Das Erstgericht nahm sämtliche Erbserklärungen an und bestimmte, daß die erblasserische Nichte Herta P*** gemäß §§ 125, 126 AußStrG gegenüber den Testamentserben als Klägerin aufzutreten habe. Gegen die äußere Form des Testamentes bestünden keine Bedenken, auf die materielle Gültigkeit des Testamentes sei nicht einzugehen. Der gesetzlichen Erbin sei wegen ihres schwächeren Erbrechtstitels die Klägerrolle zuzuteilen.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der erblasserischen Nichte, in welchem die Annahme der Erbserklärungen der Testamentserben sowie die Zuteilung der Klägerrolle an die Rekurswerberin bekämpft wurde, keine Folge. Es erachtete das vorliegende Testament der äußeren Form nach für gültig, weil trotz der Beifügung zweier verschiedener Daten die Einheitlichkeit des Testamentes nicht verneint werden könne und gegen dessen Echtheit keine Bedenken bestünden.

Gegen diese bestätigende Entscheidung macht die ao. Revisionsrekurswerberin Aktenwidrigkeit und Verfahrensverstöße vom Gewicht einer Nullität geltend.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist unzulässig.

Die in einem verschlossenen Kuvert vom Kurator des seit 1984 voll entmündigten Erblassers vorgefundene letztwillige Verfügung wurde am 26.Februar 1987 vom Bezirksgericht für Zivilrechtssachen Graz ordnungsgemäß kundgemacht, unter UV 652/85 vorschriftsgemäß hinterlegt und eine Fotokopie mit dem Kundmachungsprotokoll dem Verlassenschaftsakt angeschlossen.

Die Revisionsrekurswerberin war am Verfahren erster Instanz beteiligt. Sie hat dort zwar die Echtheit des kundgemachten Testamentes bestritten, sich in den Ausführungen hiezu aber nie darauf berufen, daß das Testament nicht vom Erblasser stamme oder verfälscht sei sondern auch noch im Rekurs gegen den erstgerichtlichen Beschluß ausschließlich die Formungültigkeit dieses Testamentes, inhaltliche Widersprüche und die mangelnde Testierfähigkeit des Verstorbenen behauptet. Erst in einem als "Mitteilung an das Rekursgericht" bezeichneten Nachtrag zum Rekurs, welcher vom Rekursgericht zutreffend als unzulässig zurückgewiesen wurde (E 24 zu § 9 MGA Verfahrens außer Streitsachen2) behauptete sie erstmals, die dem Verlassenschaftsakt angeschlossene Kopie des kundgemachten Testamentes sei nicht vollständig, aus ihr lasse sich überdies nicht erkennen, daß im Original nicht durchwegs mit demselben Kugelschreiber geschrieben worden sei.

Aus diesen Umständen wird im ao. Revisionsrekurs eine Aktenwidrigkeit und aus der Tatsache, daß den Vorinstanzen die letztwillige Verfügung nicht im Original bekannt gewesen sei, ein Verfahrensverstoß im Gewicht einer Nullität abgeleitet. Eine Aktenwidrigkeit liegt nur vor, wenn das Rekursgericht in seiner Entscheidung in einem wesentlichen Punkt den Akteninhalt (also den Inhalt einer Parteibehauptung, eines Protokolles, einer Aussage, einer Urkunde oder eines sonstigen Aktenstückes) unrichtig wiedergegeben und so ein fehlerhaftes Sachverhaltsbild der rechtlichen Beurteilung unterzogen hat (EvBl 1950/13 uva), oder wenn für einen angenommenen Sachverhalt überhaupt keine beweismäßige Grundlage vorhanden ist (ZfRV 1980, 149). Schlußfolgerungen im Tatsachenbereich können nie aktenwidrig sein, neuer Tatsachenstoff kann den Vorwurf der Aktenwidrigkeit nicht begründen (EFSlg.39.780, JBl 1954, 45). Nur ein offensichtlicher und aus den Akten selbst erkennbarer Widerspruch zwischen dem angenommenen Sachverhalt und seinen Grundlagen begründet eine Aktenwidrigkeit. Wenn daher die Vorinstanzen nach Anhörung aller Beteiligter, auch der Revisionsrekurswerberin, die die Übereinstimmung der im Akt erliegenden Kopie der letztwilligen Verfügung mit dem Original in keiner Weise bestritten oder auch nur in Frage gestellt haben, bei der Beurteilung der Echtheit dieser letztwilligen Verfügung von der im Akt befindlichen Kopie des Originales ausgegangen sind, kann darin weder eine offenbare Aktenwidrigkeit erblickt werden noch auch von einem Verfahrensmangel im Gewicht einer Nullität gesprochen werden. Einem als nichtig angreifbaren Verfahrensverstoß, der nicht sinngemäß den Nichtigkeitsgründen des § 477 ZPO zu unterstellen ist, könnte nur dann wegen seiner einschneidenden Bedeutung das Gewicht einer Nullität im Sinne des § 16 AußStrG beigemessen werden, wenn er geradezu eine Rechtsverweigerung zur Folge hätte (EvBl 1975/111). Davon kann aber im vorliegenden Fall keine Rede sein. Der ao. Revisionsrekurs war daher zurückzuweisen.

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