OGH 1Ob11/88

OGH1Ob11/8813.4.1988

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert, Dr. Hofmann, Dr. Schlosser und Dr. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Eva K***, Hauseigentümerin, Wien 1., Rauhensteingasse 10, vertreten durch Dr. Theodor Strohal, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei R*** Ö***, vertreten durch die Finanzprokuratur, Wien 1., Singerstraße 17-19, wegen S 79.967,93 s.A., infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 21. Oktober 1987, GZ 14 R 122/87-12, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Eisenstadt vom 11. Februar 1987, GZ 13 Cg 33/86-8, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird teilweise Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß die Entscheidung unter Einschluß des bestätigten Ausspruches insgesamt zu lauten hat:

"Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei den Betrag von S 77.912,53 samt 4 % Zinsen aus S 74.979,20 seit 7. Mai 1986 binnen 14 Tagen zu bezahlen.

Das Mehrbegehren von S 2.055,40 samt 4 % Zinsen seit 7. Mai 1986 wird abgewiesen".

Die beklagte Partei ist weiters schuldig, der klagenden Partei die mit S 28.649,30 bestimmten Kosten des Verfahrens aller drei Instanzen (darin S 1.586,30 Umsatzsteuer und S 11.200,- Barauslagen) binnen 14 Tagen zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin ist Eigentümerin des Hauses Wien 2.,

Volkertplatz 12. Im Jahre 1981 erfuhr Manuela M***, die mit ihrem damaligen Verlobten Josef T*** eine Wohnung suchte, von einem Verwandten dieses Verlobten, daß in diesem Haus eine Wohnung frei sei. Ihr wurde empfohlen, sich an Emmerich C***, der dort ein Geschäftslokal betrieb, zu wenden. Sie setzte sich darauf mit ihm in Verbindung; er zeigte ihr und Josef T*** die Wohnung und erklärte, daß für die Wohnung eine Ablöse von S 40.000,- zu zahlen sei, was Manuela M*** zur Kenntnis nahm. Sie entschloß sich, die Wohnung zu mieten, und teilte dies Emmerich C*** mit, welcher einen Termin mit der Gebäudeverwaltung Franz T*** vereinbarte. Am 13. April 1981 unterfertigte sie in der Hausverwaltungskanzlei das dort ausgefüllte Mietvertragsformular. Dann übergab sie Emmerich C*** den Betrag von S 40.000,-, von dem Emmerich C*** erklärte, er werde ihn an die Hausverwaltung weiterleiten, dieser Betrag solle zur teilweisen Abdeckung des Kaufpreises für den Rückkauf des Hauses dienen, und verließ die Kanzlei. Emmerich C*** zahlte noch am selben Tag den Betrag von S 40.000,- an den Hausverwalter Franz T*** auf Abschlag seiner Mietzinsschulden in der Höhe von rund S 150.000,-. Auch die Klägerin schuldete dem Hausverwalter ungefähr S 150.000,-, weil er für sie einen Betrag in dieser Höhe im Zuge einer Abrechnung nach § 7 MG ausgelegt hatte. Durch die Zahlung von S 40.000,- durch Emmerich C*** verringerte sich dessen Mietzinsrückstand entsprechend; gleichzeitig wurde damit auch die Forderung des Hausverwalters Franz T*** gegen die Klägerin in diesem Ausmaß verringert. Der Betrag von S 40.000,- stammte zur Hälfte von Manuela M*** und zur anderen Hälfte von Josef T***; nach Auflösung des Verlöbnisses zahlte sie ihm den Betrag von S 20.000,- zurück. Sie wurde alleinige Hauptmieterin der Wohnung, gab aber die Mietrechte im Februar 1984 auf. Als sie an Emmerich C*** mit dem Verlangen herantrat, die Ablöse von S 40.000,- zurückzuerstatten, weigerte er sich. Er ist Mieter der top. Nr. 3, 4, 6, 6 a und 12 im Hause Wien 2., Volkertplatz 12. Seine Gattin ist die ehemalige Schwiegermutter der Klägerin.

Im Verfahren 41 C 388/84 des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien klagte Manuela M*** die (nunmehrige) Klägerin mit der Begründung auf Rückzahlung des Betrages von S 40.000,- s.A.; sie habe diese Ablöse in den Räumen der Gebäudeverwaltung Franz T*** an Emmerich C*** gezahlt, der als Bevollmächtigter der Hausinhabung aufgetreten sei. Sie habe erst vor etwa einem Jahr erfahren, daß der Betrag rückforderbar sei. Die Klägerin, die Abweisung des Klagebegehrens beantragte, stellte in Abrede, daß Emmerich C*** jemals ihr Bevollmächtigter gewesen sei; auch eine Anscheinsvollmacht habe nicht bestanden. Der Ablösebetrag sei ihr niemals zugeflossen.

Mit Urteil vom 18. September 1985, ON 16, erkannte das Bezirksgericht Innere Stadt Wien die Klägerin schuldig, Manuela M*** den Betrag von S 40.000,- samt 4 % Zinsen seit 27. Juni 1984 und die Prozeßkosten von S 14.685,55 zu zahlen. Es stellte fest, Manuela M*** habe über die Rechtmäßigkeit oder Unrechtmäßigkeit von Ablösen nicht Bescheid gewußt. Sie habe den Eindruck gehabt, daß Emmerich C*** bevollmächtigt gewesen sei, Verhandlungen im Zuge des Mietvertragsabschlusses zu führen. Emmerich C*** habe dies aber nicht ausdrücklich erklärt. Der Klägerin sei der Betrag von S 40.000,- zugutegekommen. Soweit die Klägerin angebe, Emmerich C*** habe niemals Vertretungsbefugnis besessen, werde dieser Aussage nicht gefolgt. Rechtlich meinte das Bezirksgericht Innere Stadt Wien, daß eine verbotene Ablöse nach § 17 Abs.1 lit.a MG geleistet worden sei. Da sich die Klägerin bei der Zahlung in einem Rechtsirrtum befunden habe, gelte nicht die Verjährungsfrist des § 17 Abs.2 MG, sondern die allgemeine 30-jährige Frist. Das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien gab der von der Klägerin erhobenen Berufung nicht Folge. Der Klägerin sei allerdings darin beizupflichten, daß sich weder aus der Parteiaussage der Manuela M*** noch aus der Aussage des Zeugen Otto P*** eine Bevollmächtigung des Emmerich C*** durch die Klägerin entnehmen lasse. Diese - gerügte - erstrichterliche Feststellung werde sohin der Berufungsentscheidung nicht zugrundegelegt. Die übrigen Feststellungen übernahm jedoch das Gericht zweiter Instanz als das Ergebnis einer unbedenklichen Beweiswürdigung. Rechtlich führte es aus, zur Rückzahlung der Ablöse könne nach § 17 MG nur jener verpflichtet werden, dem der Ablösebetrag im rechtlichen Sinn nach dem Ablösevertrag habe zukommen sollen oder tatsächlich zugekommen sei. Nur wenn der Dritte im eigenen Namen und auf eigene Rechnung die unzulässige Ablöse entgegengenommen habe, sei er passiv legitimiert. Aus der Angabe des Emmerich C*** über den Zahlungszweck habe sich für Manuela M*** keinerlei Hinweise darauf ergeben, daß die Zahlung ihm selbst zukommen solle. Sie habe vielmehr annehmen müssen, daß der Betrag für die Klägerin bestimmt sei. Die Ablöse sei zwar zunächst - entgegen dem Ablösevertrag - Emmerich C*** zugekommen, habe aber in der Folge das Vermögen der Klägerin vermehrt, weil dadurch ihre Schuld bei der Hausverwaltung Franz T*** um S 40.000,- gemindert worden sei. Die Zahlung sei sohin letztlich der Klägerin zugekommen. Im Hinblick auf den Rechtsirrtum der Manuela M*** gelte die allgemeine Verjährungsfrist von 30 Jahren.

Mit der Behauptung, das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien habe als Berufungsgericht den richtig festgestellten Sachverhalt trotz klarer Rechtslage einer denkunmöglichen Subsumtion unterzogen und somit rechtswidrig und schuldhaft gehandelt, begehrt die Klägerin, gestützt auf das Amtshaftungsgesetz, den Ersatz des ihr entstandenen Schadens in der Höhe von S 79.967,93 samt 4 % Zinsen aus S 77.034,60 seit 7. Mai 1986 (ON 6). Auf Grund des erwähnten Berufungsurteiles habe sie das Kapital von S 40.000,-, 4 % Zinsen vom 27. Juni 1984 bis 23. April 1986 in der Höhe von S 2.933,33 und die Prozeßkosten von S 19.799,25 sowie die eigenen Kosten von S 17.235,35 zu zahlen gehabt.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Nach ständiger Rechtsprechung begründe eine unrichtige, aber vertretbare Rechtsansicht keinen Amtshaftungsanspruch. Habe derjenige, der die Ablöse verlangt und entgegengenommen habe, in erkennbarer Vertretungsabsicht gehandelt, sei selbst bei einem Vollmachtsmangel der Vermieter bei nachträglicher Zuwendung des Vorteils nach § 1016 ABGB passiv legitimiert. Ein Scheinvertreter, der eine Leistung im fremden Namen in Empfang nehme, werde insofern für bevollmächtigt gehalten, als er die Leistung an den Scheinvertretenen weiterleite. Die vom Berufungsgericht im vorangegangenen Verfahren vertretene Auffassung sei auf Grund dieser rechtlichen Gesichtspunkte vertretbar. Manuela M*** habe auf Grund des Verhaltens des Emmerich C*** annehmen müssen, daß er der Bevollmächtigte der Klägerin sei, habe er doch mit der späteren Mieterin verhandelt, über die Wohnungsschlüssel verfügt, mit ihr die Wohnung besichtigt und sich mit ihr zusammen in die Hausverwaltungskanzlei begeben, wo der Mietvertrag abgeschlossen worden sei. Er habe von der Klägerin eine Ablöse verlangt und sich unmißverständlich dahin geäußert, daß die Ablöse der Klägerin als Hauseigentümerin zukommen solle. Mit keinem Wort habe er erwähnt, daß er mit der verlangten Ablöse eine persönliche Mietzinsschuld gegenüber der Hauseigentümerin abzudecken beabsichtige. Da die Ablöse letztlich wirklich der Klägerin zugekommen sei, sei der geltend gemachte Amtshaftungsanspruch nicht berechtigt. Das Gericht zweiter Instanz bestätigte dieses Urteil und sprach aus, daß die Revision nicht zulässig sei. Anders als in einem Rechtsmittelverfahren sei im Amtshaftungsprozeß nicht zu prüfen, ob die in Betracht kommende Entscheidung richtig gewesen sei, sondern ob sie auf einer vertretbaren Gesetzesauslegung oder Rechtsanwendung beruht habe. Im Interesse der Rechtspflege und der Rechtssicherheit gehe es nicht an, jede im Ermessensrahmen zu entscheidende Frage in einem nachfolgenden Amtshaftungsprozeß einer neuerlichen Prüfung zu unterziehen. Nach Auffassung des Berufungsgerichtes sei nicht nur auf die vom Organ vertretene Rechtsansicht abzustellen, sondern ein Amtshaftungsanspruch auch dann zu verneinen, wenn irgendeine andere vertretbare Rechtsansicht zum selben Ergebnis führe. Der Berufungssenat des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien habe mit der Nichtübernahme der erstrichterlichen Feststellung, daß Emmerich C*** von der Klägerin bevollmächtigt gewesen sei, nur zum Ausdruck gebracht, daß keine Anhaltspunkte für eine ausdrückliche Bevollmächtigung vorgelegen seien. Auch für die Vollmachtserteilung gelte § 863 Abs.1 ABGB. Voraussetzung für eine schlüssige Bevollmächtigung sei ein bestimmter Sachverhalt, aus dem ein Wille auf Vollmachtserteilung erschlossen werden könne; der Nachweis, daß dieser Sachverhalt durch ein dem Geschäftsherrn zurechenbares Verhalten veranlaßt worden sei, und weiters, daß der Anerklärte weder gewußt habe noch habe wissen können, daß der Verhandlungspartner gar nicht wirklich bevollmächtigt sei. Da die Hausverwaltertätigkeit mangels ausdrücklicher Vereinbarung nicht höchstpersönlich auszuführen sei, dürfe sich der Hausverwalter bei Erfüllung seiner Aufgaben eines oder mehrerer Gehilfen bedienen, die ihn Dritten gegenüber repräsentierten. Durch die Überlassung der Abwicklung der Mietanbahnung im Hause Wien 2., Volkertplatz 12, an Emmerich C*** und durch die in seiner Anwesenheit in der Hausverwaltungskanzlei geführten und zum Abschluß führenden Mietvertragsverhandlungen sei gegenüber Manuela M*** ein Tatbestand geschaffen worden, aus dem diese, ohne Mißtrauen schöpfen zu müssen, habe ableiten dürfen, daß Emmerich C*** ein vertretungs- und abschlußbefugter Mitarbeiter des Hausverwalters Franz T*** und als solcher auch zur Entgegennahme der von ihm im Namen der Klägerin als Hauseigentümerin geforderten Ablöse bevollmächtigt gewesen sei. Auf Grund des von Emmerich C*** mitgeteilten Motives für die Ablöseforderung - Verwendung zum Rückkauf des Hauses - habe in Manuela M*** kein Zweifel daran aufkommen können, daß die Ablöse tatsächlich der Hauseigentümerin zugute kommen werde. Die dann vorgenommene interne Abrechnung zwischen Emmerich C***, Franz T*** und der Klägerin sei Manuela M*** in keiner Weise erkennbar gewesen. Die Tatsache, daß die Ablösezahlung eine Schuld der Klägerin gegenüber Franz T*** verringert habe, schließe aus, daß der Hausverwalter auf eigene Rechnung als falsus procurator gehandelt habe, vielmehr habe Franz T*** das Verlangen nach und die Entgegennahme der Ablöse von Manuela M*** akzeptiert. Daß der Hausverwalter letztlich eine möglicherweise Emmerich C*** begünstigende Verbuchung des entgegengenommenen Betrages vorgenommen habe, müsse die Klägerin mit ihrem früheren Hausverwalter und Emmerich C*** austragen. Die Annahme der Manuela M***, daß der von ihr geleistete Betrag von S 40.000,- der Klägerin zukommen werde und ihr in der Folge auch tatsächlich wirtschaftlich zugekommen sei, sei demnach berechtigt gewesen. Die Klägerin habe den von ihrem Hausverwalter geschaffenen äußeren Tatbestand zu vertreten. Die vom Berufungssenat des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien getroffene Entscheidung sei daher in ihrem Ergebnis richtig, jedenfalls aber vertretbar.

Rechtliche Beurteilung

Die von der Klägerin erhobene außerordentliche Revision ist zulässig und größtenteils auch berechtigt.

Wird ein gegen den Rechtsträger gerichteter Amtshaftungsanspruch aus einer einer rechtskräftigen Entscheidung zugrundegelegten Rechtsansicht abgeleitet, liegt nach Rechtsprechung und Lehre ein Verschulden der Organe nicht vor, wenn die Entscheidung bei pflichtgemäßer Überlegung aller Umstände auf einer vertretbaren Gesetzesauslegung oder Rechtsanwendung beruhte

(JBl. 1986, 728 = SZ 59/83; SZ 56/93; SZ 55/81; SZ 53/83; SZ 52/56 ua; Loebenstein-Kaniak, AHG2 147 f). Unvertretbarkeit der Rechtsansicht und Verschulden der Organe wird hingegen angenommen, wenn die Entscheidung von einer klaren Gesetzeslage oder einer ständigen Rechtsprechung ohne sorgfältige Überlegung und Darlegung der Gründe abwich (JBl. 1986, 182; JBl. 1985, 171; SZ 52/56 ua). Das gleiche muß gelten, wenn den Organen in unvertretbarer Weise Aktenwidrigkeiten oder Verstöße gegen Denkgesetze unterliefen. Die Tatsachenannahme des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien, Emmerich C*** sei von der Klägerin bevollmächtigt gewesen, Manuela M*** gegenüber als ihr Vertreter aufzutreten, legte das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien seiner Entscheidung zu Recht nicht zugrunde, weil sie sich den Beweisergebnissen nicht entnehmen ließ. Es hat sohin diese gerügte gewesene Feststellung nicht wegen rechtlicher Unerheblichkeit ungeprüft gelassen (vgl. Fasching IV 221), sondern sie mangels Grundlage in den Akten, somit als aktenwidrig (vgl. Fasching IV 318), beseitigt. Von einer ausdrücklichen Bevollmächtigung des Emmerich C*** durch die Klägerin konnte daher, wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat, nicht ausgegangen werden. Es fehlten aber auch die Voraussetzungen für eine schlüssige (stillschweigende) Bevollmächtigung bzw. einer Vollmacht kraft äußeren Tatbestandes. Das Vertrauen auf den äußeren Tatbestand muß seine Grundlage im Verhalten des Vollmachtgebers haben, ein solches muß die Überzeugung des Dritten vom Vorhandensein der Vertretungsmacht begründet haben (SZ 57/209; SZ 45/71 uva; Koziol-Welser8 I 162). Ein dem entsprechendes Verhalten der Klägerin oder des Hausverwalters wurde aber im vorangegangenen Verfahren nicht festgestellt. Die Klägerin ist überhaupt nicht in Erscheinung getreten. Die Argumentation des Berufungsgerichtes, der Hausverwalter Franz T*** habe (ua) durch die Überlassung der Abwicklung der Mietanbahnung im Hause Volkertplatz 12 an Emmerich C*** einen äußeren Tatbestand geschaffen, entbehrt der Feststellungsgrundlage. Das Bezirksgericht Innere Stadt Wien hatte nur als erwiesen angenommen, daß Manuela M*** (offenbar von dem Verwandten des Verlobten Josef T***, der sie auf die Wohnung aufmerksam gemacht hatte) empfohlen wurde, sich an Emmerich C*** zu wenden. Daß der Verwalter Franz T*** sie an Emmerich C*** verwiesen hätte, wurde nicht festgestellt. Daraus allein, daß Emmerich C*** in der Lage war, Manuela M*** die Wohnung zu zeigen, und daß er für sie einen Termin beim Hausverwalter vereinbarte, ergibt sich weder ein Verhalten des Hausverwalters noch der Klägerin selbst, aus dem Manuela M*** bei objektiver Würdigung der Umstände den Schluß ziehen mußte, ihr Gesprächspartner Emmerich C*** wäre bevollmächtigt gewesen, im Namen der Klägerin über den Mietvertrag zu verhandeln und eine Ablöse zu vereinbaren und für die Klägerin entgegenzunehmen. Da Emmerich C*** selbst einen Termin bei der Hausverwaltung vereinbarte, war nur der Schluß möglich, daß er nicht verfügungs- und vereinbarungsberechtigt war. Zur Annahme, Emmerich C*** wäre von der Hausverwaltung ermächtigt gewesen, eine Ablöse für die Klägerin zu vereinbaren und entgegenzunehmen, konnten die Gerichte im Vorverfahren gar nicht gelangen, hatte doch Manuela M*** (S 24) selbst ausgesagt, der maßgebliche Angestellte der Hausverwaltung habe erklärt, er wolle mit dem Geld (den S 40.000,-) nichts zu tun haben, und habe den Raum verlassen; erst dann hätten sie und ihr damaliger Verlobter dem Emmerich C*** die S 40.000,-

übergeben. Daß Emmerich C*** in den Räumen der Hausverwaltungskanzlei Franz T*** an Verhandlungen über den Vertragsabschluß teilgenommen und vor den Augen des Hausverwalters die Ablöse in Empfang genommen hätte, läßt sich auch dem Urteil des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien nicht entnehmen. Die Rechtsauffassung des Berufungsgerichtes ist somit nicht zu billigen, da sie mit der ständigen Rechtsprechung über die Voraussetzungen der Vollmacht kraft äußeren Tatbestandes nicht im Einklang steht. Das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien hat das erstgerichtliche Urteil auch nur aus der Erwägung bestätigt, die von Manuela M*** geleistete Ablöse sei nur zunächst Emmerich C*** zugekommen, habe jedoch in der Folge das Vermögen der Klägerin dadurch vermehrt, daß damit ihre Schuld bei Franz T*** um S 40.000,- gemindert worden sei. Diese Auffassung war aber auf Grund der Feststellungen, die es seiner rechtlichen Beurteilung zugrundelegte, unvertretbar. Durch die Ablösezahlung ist es zu keiner Vermehrung des Vermögens der Klägerin gekommen. Emmerich C*** hat die empfangene Summe von S 40.000,- dem Hausverwalter Franz T*** übergeben, um damit seine Mietzinsschulden teilweise zu begleichen. Damit wurde die Mietzinsforderung der Klägerin gegen Emmerich C*** zum Teil getilgt. Daß diese ihrerseits Schulden von mehr als S 40.000,- bei Franz T*** hatte und dieser ihr daher den eingegangenen Mietzinsbetrag nicht ausbezahlt, sondern zur teilweisen Abdeckung seiner Forderung gegen sie einbehalten hat, ändert nichts daran, daß der Vermögensstand der Klägerin unverändert geblieben ist.

Das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien gelangte somit auf Grund einer denkgesetzwidrigen und damit unvertretbaren Ansicht zu seiner für die Klägerin nicht mehr anfechtbaren (§ 502 Abs.3 ZPO) Entscheidung. Da dieser Entscheidung auch nicht auf Grund einer anderen vertretbaren Rechtsansicht hätte getroffen werden können, bedarf die Frage, ob andernfalls der Amtshaftungsanspruch zu verneinen wäre (vgl. Vrba-Zechner, Kommentar zum Amtshaftungsrecht 101 mit Hinweis auf 7 R 161/78 des Oberlandesgerichtes Wien), keiner Untersuchung.

Aus diesen Erwägungen ist der Amtshaftungsanspruch der Klägerin zu bejahen. Ihr ist der durch die auf einer unvertretbaren Rechtsansicht beruhenden Entscheidung des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien entstandene Schaden zu ersetzen. Dieser setzt sich aus den Beträgen zusammen, die sie auf Grund dieses Urteiles zu zahlen hatte (S 40.000,- plus Zinsen von S 2.933,33 und Prozeßkosten erster und zweiter Instanz von S 19.799,25), sowie jenen eigenen Kosten, die ihr, hätte das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien zutreffend entschieden, zuzusprechen gewesen wären. Diese Kosten hätten für das Verfahren erster Instanz allerdings nicht mit S 12.121,65 bemessen werden können, hat doch die Klägerin dort nur S 10.121,65 verzeichnet und sich dabei insoferne geirrt, als sie auch von den Barauslagen 10 % Umsatzsteuer verrechnet hat (S 59 dA 41 C 388/84 des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien). Bei richtiger Berechnung ergibt sich eine Kostensumme von S 10.066,25. Weiters stehen ihr die von ihr in zweiter Instanz des vorangegangenen Verfahrens verzeichneten Kosten in Höhe von S 5.113,70 zu.

Aus diesen Erwägungen ist der Revision teilweise Folge zu geben und dem Klagebegehren in Abänderung der vorinstanzlichen Entscheidungen mit dem Betrag von S 77.912,53 samt 4 % Zinsen aus S 74.101,27 seit 7. Mai 1966 stattzugeben; das Mehrbegehren von S 2.055,40 s.A. bleibt abgewiesen.

Der Kostenausspruch für das Verfahren erster Instanz gründet sich auf § 43 Abs.2 ZPO, jener für das Rechtsmittelverfahren auf dieselbe Gesetzesstelle iVm § 50 ZPO.

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