OGH 5Ob31/88

OGH5Ob31/885.4.1988

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Jensik, Dr. Zehetner, Dr. Klinger und Dr. Schwarz als Richter in der Grundbuchssache des Antragstellers Dominik W***, geboren 16. Februar 1963, Student, Melk, Babenbergerstraße 11, vertreten durch Dr. Manfred Weidinger, Rechtsanwalt in Wien, wegen Vornahme von Grundbuchshandlungen in EZ 767 des Grundbuches Schallmoos KG 56537 Salzburg, infolge Revisionsrekurses des Antragstellers gegen den Beschluß des Landesgerichtes Salzburg als Rekursgerichtes vom 16. Dezember 1987, GZ 33 R 623/87 (TZ 60/88), womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Salzburg vom 13. Juli 1987, TZ 8286/87, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Es wird dem Revisionsrekurs Folge gegeben und in Abänderung des angefochtenen Beschlusses der erstgerichtliche Beschluß wiederhergestellt.

Text

Begründung

Der Nachlaß nach dem am 23. Februar 1985 verstorbenen Franz F*** wurde mit Einantwortungsurkunde des Erstgerichtes vom 4. November 1986, 1 A 51/85-25, der erblasserischen Witwe Hermine F***, die aufgrund des Testamentes vom 30. März 1971 samt Nachtrag vom 2. April 1980 die unbedingte Erbserklärung abgegeben hatte, zur Gänze eingeantwortet. Das Erstgericht sprach aus, daß aufgrund des Abhandlungsergebnisses unter anderem im Grundbuch des Gerichtsbezirkes Salzburg unter anderem ob den 435/36.061-Anteilen der Liegenschaft EZ 767 KG 56537 Salzburg Grundbuch Schallmoos, verbunden mit Wohnungseigentum an W 21 Haus A, das Eigentumsrecht für Hermine F*** mit der Beschränkung des Eigentumsrechtes durch die testamentarisch angeordnete fideikommissarische Substitution auf den Überrest zugunsten des Roten Kreuzes - Landesverband Salzburg einzuverleiben sein wird. Diese Einverleibung wurde sodann vom Erstgericht mit Beschluß vom 16. Februar 1987, 1 A 51/85-29, gemäß § 29 LiegTeilG angeordnet und zu TZ 1839/87 vollzogen. Am 10. Juli 1987 stellte Dominik W*** den Antrag, aufgrund des Schenkungsvertrages vom 5. Jänner/30. März 1987, der Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrssteuern vom 8. Mai 1987 sowie der eidesstattlichen Erklärung betreffend die österreichische Staatsbürgerschaft vom 8. Juli 1987 ob den vorgenannten Liegenschaftsanteilen die Einverleibung seines Eigentumsrechtes und die Löschung der Anmerkung der fideikommissarischen Substitution auf den Überrest zugunsten des Roten Kreuzes - Landesverband Salzburg zu bewilligen. Das Erstgericht gab dem Antrag statt.

Das vom Roten Kreuz - Landesverband Salzburg angerufene Rekursgericht wies den Antrag aus nachstehenden Erwägungen ab:

Was zunächst die Rekurslegitimation des Roten

Kreuzes - Landesverband Salzburg betreffe, so sei diese in Grundbuchssachen mangels einer besonderen Bestimmung im Grundbuchsgesetz nach den Vorschriften über das Verfahren außer Streitsachen, insbesondere nach § 9 AußStrG, zu beurteilen. Danach sei jeder, der sich durch eine Verfügung der Vorinstanz beschwert erachte und dessen Interessenssphäre durch eine solche Verfügung berührt werde, zum Rekurs berechtigt (SZ 20/35, SZ 42/38 ua). Damit sei zugleich klargestellt, daß das Rekursgericht gegen eine Grundbuchseintragung nur demjenigen zustehe, der durch die angefochtene Eintragung benachteiligt werde (Bartsch, GBG7, 602). Das Recht zum Rekurs richte sich daher nach dem grundbücherlichen Interessensstand, der für die Zeit der angefochtenen Entscheidung maßgebend war. Da im Zeitpunkt der Anbringung des Grundbuchsgesuches des Antragstellers ob der antragsgegenständlichen Liegenschaft die fideikommissarische Substitution auf den Überrest zugunsten des Roten Kreuzes - Landesverband Salzburg angemerkt war, deren Löschung unter anderem vom Antragsteller begehrt wird, sei die Rekurslegitimation des durch eine derartige Anmerkung begünstigten Nacherben nicht zu bezweifeln.

Wie sich aus dem Akteninhalt ergebe, sei das Eigentumsrecht der Geschenkgeberin Hermine F*** an der antragsgegenständlichen Liegenschaft mit der Beschränkung der fideikommissarischen Substitution auf den Überrest zugunsten der juristischen Person "Rotes Kreuz - Landesverband Salzburg" einverleibt. Das Wesen einer fideikommissarischen Substitution auf den Überrest bestehe nach herrschender Lehre und Rechtsprechung darin, daß der Vorerbe über das Substitutionsgut unter Lebenden frei verfügen könne und der Nacherbe nur das erhalte, was von der Verlassenschaft beim Eintritt der Nacherbfolge übrig sei. Nur eine Verfügung unter Lebenden, die als sittenwidriger Rechtsmißbrauch zu beurteilen wäre, müßte als unzulässig angesehen werden und zöge die Schadenersatzpflicht des befreiten Vorerben nach sich (vgl. EvBl 1970/375 und die dort zitierte Lehre und Rechtsprechung; Welser in Rummel, ABGB, Rz 26 und 32 zu § 613). Die Beurteilung eines solchen Sachverhaltes wäre aber jedenfalls der Zuständigkeit sowohl des Abhandlungs- als auch des Grundbuchsgerichtes entzogen (RPflSlgG 1571; NZ 1977, 90), sodaß das Vorbringen des Roten Kreuzes - Landesverband Salzburg, der vorliegende zu verbüchernde Schenkungsvertrag sei sittenwidrig, weil er einzig in der Absicht errichtet worden sei, den durch die Substitution auf den Überrest begünstigten Nacherben zu schädigen, im Grundbuchsverfahren unbeachtlich und daher einer weiteren Erörterung nicht bedürftig sei. Wenn auch grundsätzlich davon auszugehen sei, daß der Vorerbe über das Substitutionsgut unter Lebenden frei verfügen könne, sodaß es hiezu einer Genehmigung des Abhandlungsgerichtes nicht bedürfe (Welser aaO Rz 30), sei doch dem Roten Kreuz - Landesverband Salzburg zuzugeben - und bilde das Fehlen dieser Voraussetzung, wie vorweggenommen sei, den einzigen Grund für eine Abweisung des Grundbuchsgesuches des Antragstellers -, daß auch bei der fideikommissarischen Substitution auf den Überrest ein Amtszeugnis des Verlassenschaftsgerichtes darüber vorzulegen sei, daß gegen die Verfügungsberechtigung des Vorerben abhandlungsbehördlich kein Hindernis bestehe und die Beschränkung des Eigentumsrechtes durch das Substitutionsband anläßlich der Eintragung des Eigentumsrechtes desjenigen, der vom Vorerben erwirbt, gelöscht werden könne (RPflSlgG 1006, 1394; EvBl 1970/375; Welser aaO Rz 31). Mit Rücksicht auf die im § 158 Abs 1 AußStrG vorgeschriebene bücherliche Eintragung des Substitutionsbandes sei demnach die Mitwirkung des Abhandlungsgerichtes erforderlich. Diese erschöpfe sich bei einer Substitution auf den Überrest im allgemeinen in der Ausstellung eines Amtszeugnisses gemäß § 281 AußStrG, daß gegen die Verfügungsberechtigung des Vorerben substitutionsbehördlich kein Hindernis bestehe. Ob Bedenken gegen die Verfügungsfähigkeit der Vorerbin aufgrund der vom Erblasser angeordneten Substitution bestehen, könne nur die Substitutionsbehörde aufgrund der Ergebnisse des Verlassenschaftsverfahrens prüfen. Unbeschadet dessen, daß bei einer fideikommissarischen Substitution auf den Überrest eine Verfügungsbeschränkung des Vorerben regelmäßig nicht vorliegen werde, sei eine solche auch nicht schlechthin ausgeschlossen, sodaß die Beibringung eines gemäß § 281 AußStrG vom Abhandlungsgericht auszustellenden Amtszeugnisses keinen sinnentleerten Formalismus bilde. Denkbar wäre etwa eine Verfügungsbeschränkung in der Form, daß es der erblasserische Wille dem Vorerben verwehre, das Substitutionsgut an bestimmte Personen zu veräußern oder zu verschenken oder auch zu bestimmten Zwecken zu belasten; dadurch ginge die angeordnete Nacherbschaft ihres Charakters als einer solchen auf den Überrest nicht verlustig, da der Vorerbe über das Substitutionsgut im übrigen frei verfügen und es daher auch verbrauchen könnte.

Kein Zweifel über das Ausmaß der dem Vorerben zustehenden Verfügungsgewalt könnte nur dann bestehen, wenn, wie es die herrschende Lehre fordere, die Beschränkung des Eigentums des Vorerben an Liegenschaften durch Substitution auf den Überrest im Grundbuch mit der Maßgabe ersichtlich gemacht wird, daß der Vorerbe zur freien Verfügung über die mit der Anordnung der Nacherbfolge belastete Liegenschaft berechtigt sei (RPflSlgG 1394 mit Literaturhinweisen). Dies sei nach der Aktenlage im vorliegenden Fall nicht gegeben, da die Anmerkung im B-Blatt der antragsgegenständlichen Liegenschaft nur zum Ausdruck bringe, daß das Eigentumsrecht der Vorerbin durch fideikommissarische Substitution auf den Überrest für das Rote Kreuz - Landesverband Salzburg beschränkt sei, ohne daß diese Substitution im Hinblick auf die Verfügungsgewalt der Vorerbin näher bestimmt wäre. Wenn aber nicht auch die Befugnis der Vorerbin verbüchert sei, über die Liegenschaft (Substitutionsmasse) durch Vertrag (Rechtsgeschäft) unter Lebenden frei zu verfügen, bestünden im Sinne des § 94 Abs 1 Z 2 GBG mehrfache Möglichkeiten, über das Ausmaß der dem Bucheigentümer durch die Substitution auferlegten Beschränkung zu zweifeln (vgl. RPflSlgG 1006, 1394).

Nach Auffassung des erkennenden Rekurssenates sei daher eine Mitwirkung des Abhandlungsgerichtes durch Ausstellung eines Amtszeugnisses nach § 281 AußStrG nur dann entbehrlich, wenn das Ausmaß der Verfügungsgewalt des befreiten Vorerben im Grundbuch klar und deutlich umrissen sei oder aber durch Vorlage geeigneter Urkunden, etwa der Einantwortungsurkunde oder des der Abhandlung zugrunde gelegten Testamentes, die Berechtigung des Vorerben nachgewiesen wird, über die in die Substitutionsmasse fallende Liegenschaft unter Lebenden frei zu verfügen. In diesem Sinne habe etwa das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien in seiner Entscheidung vom 14. Jänner 1975, 46 R 616/74, RPflSlgG 1571, ausgesprochen, daß Bedenken gegen die Verfügungsfähigkeit des Vorerben dann unbegründet seien und eine Zustimmung des Substitutionsgerichtes insoferne nicht erforderlich sei, wenn aus der (dem Grundbuchsgericht vorliegenden) Einantwortungsurkunde eine vom Regelfall abweichende Beschränkung der Befugnisse des Vorerben nicht hervorgehe.

Wende man nun die dargelegten, in Lehre und Rechtsprechung entwickelten Grundsätze auf den vorliegenden Fall an, so ergebe sich, daß weder aus dem Grundbuchsstand noch aus einem Amtszeugnis des Abhandlungsgerichtes ersichtlich war, daß die Vorerbin über das Substitutionsgut unter Lebenden frei zu verfügen berechtigt sei, und dies aus der Anmerkung der "fideikommissarischen Substitution auf den Überrest" als einem zu unbestimmten Begriff allein nicht abgeleitet werden könne.

Mangels Beibringung eines vom Abhandlungsgericht gemäß § 281 AußStrG auszustellenden Amtszeugnisses durch den Antragsteller sei daher in Stattgebung des Rekurses der Beschluß des Erstgerichtes im Sinne einer Abweisung des Antrages des Antragstellers abzuändern gewesen.

Hingegen lägen - wie in Erfüllung der Vollständigkeitspflicht gemäß § 95 Abs 3 GBG auszuführen sei - die übrigen vom Roten Kreuz - Landesverband Salzburg relevierten oder sonst von Amts wegen wahrzunehmenden Abweisungsgründe nicht vor.

Dies gelte zunächst für die Auffassung des Roten

Kreuzes - Landesverband Salzburg, daß aus der vom Antragsteller vorgelegten Urkunde des Schenkungsvertrages die wirkliche Übergabe der Liegenschaft nicht hervorgehe. Während Punkt II des Vertrages die im Präsens gehaltene Formulierung enthaltene "Hermine Fagerer schenkt und übergibt", sei - so meint das Rote Kreuz - Landesverband Salzburg - in Punkt V des Vertrages davon die Rede, daß die Übergabe der vertragsgegenständlichen Liegenschaft und des auf der Liegenschaft errichteten Gebäudes nach Willensübereinstimmung über diese Schenkung, aber noch vor Errichtung der Vertragsurkunde "heute" durch gemeinsames Begehen und Übergabe der Verwaltungsunterlagen in der erkennbaren Absicht vollzogen worden sei, Gewahrsame des Schenkungsnehmers zu begründen. Aus der Urkunde des Schenkungsvertrages gehe daher nicht hervor, an welchem Tag die Übergabe der Liegenschaft erfolgt sei, da die Unterfertigung durch den Geschenknehmer mit 30. März 1987, jene durch die Geschenkgeberin jedoch mit 5. Jänner 1987 datiert sei. Da gemäß § 1 Abs 1 lit d. NZwG Schenkungsverträge ohne wirkliche Übergabe zu ihrer Gültigkeit der Aufnahme eines Notariatsaktes bedürften, mangle es an einer gemäß § 26 Abs 1 GBG in der zu ihrer Gültigkeit vorgeschriebenen Form ausgefertigten Urkunde.

Der Auffassung des Roten Kreuzes - Landesverband Salzburg, daß ein Schenkungsvertrag ohne wirkliche Übergabe vorliege, dessen Gültigkeit gemäß § 1 Abs 1 lit d NZwG von der Aufnahme eines Notariatsaktes abhänge, könne jedoch nicht gefolgt werden. Nach Lehre und Rechtsprechung bedeute der Ausdruck "wirkliche Übergabe" im Sinne des § 943 ABGB und des § 1 Abs 1 lit d NZwG nichts anderes als das Gegenteil des bloßen Schenkungsvertrages. Auch bei Schenkungsverträgen über Liegenschaften sei eine wirkliche Übergabe der Liegenschaft vor der Einverleibung möglich, in welchem Falle sie zu ihrer Gültigkeit keines Notariatsaktes bedürften (MGA GBG3 § 26/33). Die wirkliche Übergabe sei ein sinnfälliger, nach außen hin erkennbarer Akt, aus dem der ernstliche Wille des Schenkers hervorgehe, die Sache einem anderen zu überlassen (JBl 1967, 623). Wenn nun auch nach der überwiegenden Rechtsprechung Wendungen in Schenkungsverträgen wie "die Übergabe erfolgt mit heutigem Tag" oder "die Liegenschaft wird durch Unterfertigung des Vertrages übergeben" usw. nicht ausreichten, um beurteilen zu können, ob eine wirkliche Übergabe des Schenkungsobjektes bereits stattgefunden habe, es vielmehr der Angabe konkreter Übergabsakte bedürfe (MGA GBG3 § 26/35), so sei doch eine ins Detail gehende Beschreibung der einzelnen Übergabs- und Übernahmsakte nicht erforderlich.

Wenn, wie im vorliegenden Fall, konkrete Übergabsakte wie das Begehen in der Absicht der Besitznahme und die Übernahme von Verwaltungsunterlagen beurkundet würden, so reiche dies im Sinne der überwiegenden Rechtsprechung aus, um eine Befreiung von der Formunterworfenheit des der Eintragung zugrunde liegenden Rechtsvorganges, hier eines Schenkungsvertrages, darzutun, zumal aus der in Punkt V gewählten Vertragsformulierung im Zusammenhalt mit der Aufsandungserklärung in Punkt VII des Vertrages, wonach die Geschenkgeberin ihre ausdrückliche Einwilligung erkläre, daß das Eigentumsrecht für den Geschenknehmer einverleibt werde, der ernstliche Wille der Geschenkgeberin erschlossen werden könne, dem Geschenknehmer die Sache zu überlassen (MGA GBG3 § 26/41). Entgegen der Ansicht des Roten Kreuzes - Landesverband Salzburg könne aus den angeführten Vertragsbestimmungen mit hinreichender Deutlichkeit abgeleitet werden, daß die außerbücherliche Übergabe der Liegenschaft vor Vertragserrichtung erfolgte (verbo: Die Übergabe der vertragsgegenständlichen Liegenschaft ..... wurde ..... noch vor Errichtung der Vertragsurkunde heute vollzogen .....). Damit stehe fest, daß die Übergabe jedenfalls spätestens am 5. Jänner 1987, dem Datum der Vertragsunterfertigung durch die Geschenkgeberin, erfolgt sei. Eine nähere Eingrenzung des Übergabedatums sei aber im Sinne der oben angeführten Lehre und Rechtsprechung nicht erforderlich. Der vom Roten Kreuz - Landesverband Salzburg aufgezeigte Widerspruch des Passus in Punkt V des Vertrages zur Vertragsbestimmung Punkt II sei ein bloß scheinbarer, da die letztgenannte Vertragsbestimmung ersichtlich nur den Zweck habe, die Willensübereinstimmung der Kontrahenten zu beurkunden, sodaß aus der Gegenwartsform des Wortes "übergibt" nicht geschlossen werden könne, daß die wirkliche Übergabe im Zeitpunkt der Vertragserrichtung noch bevorgestanden sei. Somit sei dem Erfordernis der wirklichen Übergabe im vorliegenden Fall Genüge getan, sodaß der dem Einverleibungsgesuch zugrunde liegende Schenkungsvertrag nicht in Form eines Notariatsaktes errichtet werden habe müssen und der vom Roten Kreuz - Landesverband Salzburg angezogene Abweisungsgrund daher nicht vorliege.

Auch die Argumentation des Roten Kreuzes - Landesverband Salzburg, daß die Urkunde des Schenkungsvertrages an einem Mangel leide, der im Sinne des § 27 Abs 1 GBG ihre Glaubwürdigkeit schwäche, sei unbegründet. Wenn in diesem Zusammenhang auf eine Entscheidung des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien verwiesen werde, wonach ein Mangel im Sinne des § 27 Abs 1 GBG vorliege, wenn das Datum der Urkundenausstellung auf einen späteren Tag als den der Beglaubigung der Unterschrift laute, so sei diese Rechtsprechung auf den vorliegenden, anders gelagerten Fall nicht anwendbar, da das Datum der Urkundenausstellung (5. Jänner 1987) hier mit dem der Beglaubigung der Unterschrift der Geschenkgeberin identisch sei. Im übrigen werde von der überwiegenden Rechtsprechung zu § 27 Abs 2 GBG die Ansicht vertreten, daß dann, wenn der Ausstellungsort und das Austellungsdatum aus der Urkunde nicht zu entnehmen seien, sich aber aus der Beglaubigungsklausel ergebe, daß die Urkunde vor dem die Beglaubigung vornehmenden öffentlichen Organ durch die Partei gefertigt werde, ein Mangel nicht vorliege (Feil, GBG-Kurzkommentar für die Praxis - 166 Rz 4 zu § 27 mit zahlreichen Judikaturnachweisen). Aus dem Beglaubigungsakt des Erstgerichtes vom 5. Jänner 1987 gehe hervor, daß die Geschenkgeberin die Urkunde vor dem beglaubigenden Organ eigenhändig unterschrieben habe. In einem solchen Fall sei davon auszugehen, daß das Datum der Legalisierung jenem der tatsächlichen Ausfertigung der Urkunde entspreche. Der Umstand, daß der Geschenknehmer die vorliegende Vertragsurkunde erst am 30. März 1987, mithin mehr als 2 Monate nach Unterzeichnung des Vertrages durch die Geschenkgeberin, unterfertigt habe, sei belanglos, weil im Sinne des § 27 Abs 2 GBG die zu verbüchernde Urkunde den Zeitpunkt der Ausfertigung der Urkunde, nicht jedoch jenen der vollständigen Errichtung der Vertragsurkunde, worauf das Rote Kreuz - Landesverband Salzburg abstelle, enthalten müsse. Hätten, wie im vorliegenden Fall, die Kontrahenten die Vertragsurkunde nicht am selben Tag unterzeichnet, so fielen der Zeitpunkt der Ausfertigung der Urkunde und jener der (vollständigen) Errichtung des Vertrages auseinander. Da schon begrifflich die Vertragsurkunde ausgefertigt worden sein müsse, bevor sie von einem Kontrahenten unterzeichnet werden könne, sei die Ausfertigung der Vertragsurkunde spätestens mit dem Zeitpunkt gegeben, ab dem einer der Kontrahenten die Vertragsurkunde unterzeichnet habe. Es lasse sich somit auch aus der Bestimmung des § 27 GBG ein Abweisungsgrund nicht ableiten.

Abschließend sei auszuführen, daß auch sonstige, von Amts wegen wahrzunehmende weitere Abweisungsgründe nicht vorlägen. Gegen den Beschluß des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs des Antragstellers mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß dahin abzuändern, daß der Rekurs des Roten Kreuzes - Landesverband Salzburg zurück-, in eventu abgewiesen werde. Hilfsweise wird beantragt, die Vormerkung der beantragten Grundbuchshandlungen zu bewilligen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist berechtigt.

Die Rekurslegitimation des Roten Kreuzes - Landesverband Salzburg wurde vom Rekursgericht allerdings zutreffend bejaht. In Grundbuchssachen sind diejenigen Personen rekursberechtigt, deren grundbücherliche Rechte durch die angefochtene Eintragung beeinträchtigt werden, sei es, daß diese Rechte belastet, abgetreten, beschränkt oder aufgehoben werden

(RPflSlgG 1544, 1548, 1555; NZ 1977, 42; EvBl 1978/124 ua). Zu den grundbücherlichen Rechten gehört (jedenfalls) auch das (verbücherte) Nacherbrecht (vgl. Welser in Rummel, ABGB, Rz 16 zu § 613; Feil, GBG-Kurzkommentar für die Praxis - 122 Rz 17 zu § 20; SZ 21/22, SZ 41/151; 5 Ob 17/88 ua), und zwar auch das Nacherbrecht auf den Überrest, das im Grundbuch gleichfalls einzutragen ist (Welser aaO Rz 28 mwN; Koziol-Welser7 II 321; Feil aaO). Der Oberste Gerichtshof vermag sich aber der Ansicht des Rekursgerichtes nicht anzuschließen, daß die Bewilligung des gegenständlichen Antrages die Vorlage eines vom Abhandlungsgericht auszustellenden Amtszeugnisses (§ 281 AußStrG) vorausgesetzt hätte; dies aus folgenden Gründen:

Die fideikommissarische Substitution auf den Überrest (befreite Vorerbschaft, fideicommissum eius quod supererit) ist im Gesetz nicht ausdrücklich geregelt, aber nach herrschender Auffassung zulässig. Der Vorerbe, dessen Befreiung in Form einer letztwilligen Verfügung angeordnet sein muß, kann darnach über das Substitutionsgut zwar unter Lebenden (auch durch Schenkung), nicht aber von Todes wegen frei verfügen; der Nacherbe erhält, was beim Tod des Vorerben übrig ist (Welser aaO Rz 26 mwN;

Koziol-Welser7 II 320; Ehrenzweig-Kralik, Erbrecht 195 f;

MGA ABGB32 § 608/20 und 21). Es ist zwar auch eine teilweise befreite Vorerbschaft möglich (Welser aaO), doch müßte eine solche aus der letztwilligen Anordnung hervorgehen; im Zweifel ist dem Vorerben die Befugnis eingeräumt, über die (gesamte) Substitutionsmasse unter Lebenden frei zu verfügen

(vgl. Ehrenzweig2 II/2, 469; Weiß in Klang2 III 430 spricht davon, daß bei der Nacherbschaft auf den Überrest eine Verfügungsbeschränkung des Vorerben regelmäßig nicht vorliegen werde). Der Vorerbe bedarf zu dieser Verfügung weder einer substitutionsbehördlichen Genehmigung noch der Zustimmung der bereits vorhandenen und der allenfalls noch zu erwartenden, von einem Substitutionskurator zu vertretenden Nacherben (Welser aaO Rz 30).

Es ist dem Rekursgericht zuzugeben, daß in Lehre (Weiß in Klang2 II 430; Welser aaO Rz 31; Koziol-Welser7 II 321; Feil, Angewandtes Grundbuchsrecht 210; derselbe, Österreichisches Grundbuchsrecht, Systematische Darstellung 284) und Rechtsprechung (Kreisgericht Wels in RPflSlgG 1006; Kreisgericht Steyr in RPflSlgG 1394; vgl. auch Ehrenzweig2 II/2, 470 FN 75) zum Teil verlangt wird, daß - um die Bewilligungsvoraussetzung des § 94 Abs 1 Z 2 GBG bejahen zu können, daß kein gegründetes Bedenken gegen die persönliche Fähigkeit der bei der Eintragung Beteiligten zur Verfügung über den Gegenstand vorhanden ist - im Grundbuch bzw. in der Einantwortungsurkunde die Beschränkung des Eigentumsrechtes des Vorerben durch die fideikommissarische Substitution auf den Überrest mit der Maßgabe ersichtlich gemacht ist, daß der Vorerbe zur freien Verfügung über die mit der Anordnung der Nacherbfolge belastete Liegenschaft berechtigt sei oder ein Amtszeugnis des Abhandlungsgerichtes vorgelegt wird, wonach gegen die Verfügungsberechtigung des Vorerben abhandlungsbehördlich kein Hindernis besteht und die Beschränkung des Eigentumsrechtes dessen, der vom Vorerben erwirbt, durch das Substitutionsband zugunsten des Nacherben gelöscht werden kann. Kralik (in Ehrenzweig3, Erbrecht 197) führt demgegenüber aus, daß das Abhandlungsgericht jede vom befreiten Vorerben über das Substitutionsgut begehrte Verfügung unbesehen bewilligen müsse, sodaß die Eintragung des Substitionsbandes auf Liegenschaften im Fall einer fideikommissarischen Substitution auf den Überrest praktisch sinnlos sei und daher unterbleiben sollte (vgl. dazu auch Welser aaO Rz 30 und NZ 1977, 90, wonach die Beurteilung der Zulässigkeit einer Verfügung des befreiten Vorerben dem Abhandlungsgericht überhaupt entzogen ist). Das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien vertritt die Auffassung (RPflSlgG 1571 ua), daß Bedenken gegen die Verfügungsfähigkeit des Vorerben unbegründet seien, wenn aus dem Grundbuch oder aus der Einantwortungsurkunde eine vom Regelfall abweichende Beschränkung der Befugnisse des befreiten Vorerben nicht hervorgehe.

Letzterer Meinung ist der Vorzug zu geben. Da die fideikommissarische Substitution auf den Überrest dem Vorerben im Zweifel/im Regelfall die freie Verfügung über den gesamten Nachlaß unter Lebenden einräumt und die Frage einer allfälligen Rechtsmißbräuchlichkeit dieser Verfügung - wie bereits das Rekursgericht zutreffend hervorgehoben hat - weder vom Grundbuchsgericht noch vom Abhandlungsgericht zu prüfen ist, bestehen schon dann keine auf die fideikommissarische Substitution gegründeten Bedenken gegen die Verfügungsfähigkeit des Vorerben im Sinne des § 94 Abs 1 Z 2 GBG, wenn sich - wie hier - aus der Einantwortungsurkunde und der auf dieser beruhenden Grundbuchseintragung ohne Einschränkung ergibt, daß eine fideikommissarische Substitution auf den Überrest vorliegt, ohne daß noch besonders ersichtlich gemacht worden sein müßte, daß der Vorerbe zur freien Verfügung auch über die mit der Anordnung der Nacherbfolge belastete Liegenschaft berechtigt sei, oder bei Fehlen einer solchen Ersichtlichmachung ein Amtszeugnis des Abhandlungsgerichtes zu verlangen wäre.

Da der vom Rekursgericht angenommene Abweisungsgrund nach Ansicht des Obersten Gerichtshofes nicht gegeben ist und weitere Abweisungsgründe, wie das Rekursgericht richtig erkannt hat, nicht vorhanden sind, war dem Revisionsrekurs Folge zu geben und der erstgerichtliche Beschluß wiederherzustellen.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte