OGH 3Ob558/87

OGH3Ob558/8723.3.1988

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Warta, Dr. Klinger, Dr. Angst und Dr. Kellner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei T*** H*** UND G*** reg.

Genossenschaft mbH, Innsbruck, Meinhardstraße 1, vertreten durch Dr. Paul Ladurner, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte Partei Elfriede K***, Hausfrau, Jenbach, Hubersiedlung 24, vertreten durch Dr. Bernhard Haid, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen S 478.920,-- sA, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 14. Mai 1987, GZ 1 a R 223/87-24, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Hall vom 11. Februar 1987, GZ 4 C 146/86-18, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Beklagte ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 15.307,05 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Beklagte ist mit einer Einlage von S 5.000,-- als Kommanditistin an der Bäckereibetrieb K*** Kommanditgesellschaft beteiligt. Die Gesellschaft wurde auf Grund eines am 26. Februar 1986 errichteten Gesellschaftsvertrages am 6. März 1986 im Handelsregister eingetragen. Als Beginn der Gesellschaft ist der 1. März 1986 angegeben. Persönlich haftender Gesellschafter ist der Ehegatte der Beklagten.

Ebenfalls am 26. Februar 1986 wurde von der B*** Bäckerei und Konditorei Gesellschaft m.b.H. & Co KG ein Mietvertrag über Geschäftsräumlichkeiten abgeschlossen, in dem als Mieterin die angeführte Kommanditgesellschaft bezeichnet ist. Der Punkt VI dieses Mietvertrages lautet:

"VI. Haftung:

Die Mieterin, also die Firma Bäckerei Willibald K*** KG, befindet sich erst im Gründungsstadium. Es wird daher ausdrücklich festgehalten, daß die beiden Gesellschafter der Mieterin, nämlich Herr Willibald K*** und seine Ehegattin Elfriede K***, die Haftung als Bürgen und Zahler für sämtliche Verpflichtungen der Mieterin gegenüber der Vermieterin übernehmen. Die gegenständliche Haftung der beiden Gesellschafter Willibald und Elfriede K*** zur ungeteilten Hand erstreckt sich also auf sämtliche Mietzinsforderungen samt Mehrwertsteuer, öffentlichen Abgaben und Betriebskosten sowie auf alle sonstigen allfälligen Ansprüche der Vermieterin gegenüber der Mieterin aus dem gegenständlichen Vertragsverhältnis."

Der Mietvertrag wurde vom Geschäftsführer der Komplementärin der Vermieterin und außerdem vom Ehegatten der Beklagten, von der Beklagten und von einer weiteren Person, die in einer gesonderten Erklärung für sämtliche der Vermieterin gegen die Kommanditgesellschaft, die Beklagten und deren Ehegatten zustehenden Ansprüche die Haftung als Bürge und Zahler übernahm, unterschrieben. Die Beklagte fügte bei der Unterfertigung des Vertrages ihren Namen den Beisatz "als Kommanditistin" hinzu. Das Mietverhältnis begann am 1. März und endete am 31. Oktober 1986. Die Vermieterin trat ihre Mietzinsforderungen der klagenden Partei ab.

Die klagende Partei begehrt zuletzt die Bezahlung eines Mietzinsrückstands für die Zeit von Juni bis Oktober 1986 in der Höhe von S 478.920,-- sA. Sie richtete ihre Klage gegen die Kommanditgesellschaft, den Bürgen, den Ehegatten der Beklagten und die Beklagte. Gegen die drei zuerst genannten Personen ist das Verfahren rechtskräftig im Sinne des Klagebegehrens entschieden worden.

Gegen die Beklagte stützt die klagende Partei das Klagebegehren auf den wiedergegebenen Punkt VI des Mietvertrages, in dem die Beklagte die persönliche Haftung für die Mietzinsschuld der Kommanditgesellschaft übernommen habe.

Die Beklagte wendete ein, daß ihr der Mietvertrag zur Unterfertigung vorgelegt worden sei, ohne daß sie ihn vorher habe überprüfen können. Sie habe den Vertrag daher ausdrücklich mit dem Zusatz "als Kommanditistin" unterschrieben, um klarzustellen, daß sie keine persönliche Haftung übernehme. Eine allfällige Haftung wäre überdies erloschen, als die Kommanditgesellschaft im Handelsregister eingetragen wurde.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren mit Ausnahme eines Teiles des Zinsenbegehrens auch gegenüber der Beklagten statt. Es stellte neben dem eingangs wiedergegebenen Sachverhalt im wesentlichen noch folgendes fest:

Anläßlich der zum Abschluß des Mietvertrages führenden Verhandlungen wurde dem Ehegatten der Beklagten und dem späteren Bürgen mitgeteilt, daß sie und die Beklagte die persönliche Haftung zu übernehmen hätten. Da sich die Kommanditgesellschaft im Gründungsstadium befand, wäre für die Vermieterin eine Vermietung ohne persönliche Haftung der Gesellschafter nicht in Betracht gekommen. Mit der Beklagten wurde vor der Unterfertigung des Vertrages über die darin enthaltenen Bedingungen weder verhandelt noch gesprochen. Der Mietvertrag wurde ihr von ihrem Ehegatten mit der Mitteilung vorgelegt, sie müsse ihn unterschreiben, weil sich die Gesellschaft erst in Gründung befinde. Die Vermieterin reagierte nicht darauf, daß die Beklagte den Mietvertrag mit dem Beisatz "als Kommanditistin" unterschrieb.

Rechtlich beurteilte das Erstgericht den von ihm festgestellten Sachverhalt dahin, daß die Beklagte den Inhalt des Vertrages ohne Rücksicht darauf gegen sich gelten lassen müsse, ob sie den Vertrag gelesen habe. Sie hafte daher auf Grund des Punktes VI des Vertrages. Diese Haftung sei nicht dadurch eingeschränkt, daß sie als Kommanditistin unterschrieben habe.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten nicht Folge, wobei es sich der Rechtsansicht des Erstgerichtes anschloß. Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Beklagten wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, es "aufzuheben" (gemeint wohl: abzuändern) und das Klagebegehren zur Gänze abzuweisen.

Die klagende Partei beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Die Beklagte vertritt in der Revision die Meinung, sie habe die eingeklagte Forderung deshalb nicht zu bezahlen, weil sie den Vertrag mit dem Beisatz "als Kommanditistin" unterschrieben und damit ihre Haftung auf das im § 171 Abs 1 HGB festgelegte Ausmaß beschränkt habe. Selbst wenn man davon ausgeht, daß die Beklagte mit dem Beisatz tatsächlich die Annahme des Vertrages in dieser Richtung einschränken wollte, und diesen Beisatz als Teil ihrer Annahmeerklärung ansieht, ist für sie aber nichts gewonnen. Kannte der Empfänger einer Erklärung nicht den Willen des Erklärenden, so hängen der Inhalt und die Rechtsfolgen einer Erklärung nämlich nicht davon ab, was der Erklärende zum Ausdruck bringen wollte, sondern davon, wie ein redlicher Empfänger der Erklärung diese unter Berücksichtigung aller Umstände verstehen mußte (Rummel in Rummel, ABGB, Rz 8 zu § 863; Koziol-Welser I8 86; JBl 1980, 535; SZ 49/64; SZ 54/111 ua).

Hier enthielt der Mietvertrag eine Regelung der Haftung der Kommanditistin. Die für die Vermieterin handelnde Person mußte unter diesen Umständen, auch wenn die Beklagte eine entsprechende Einschränkung gewollt hätte, aus dem erwähnten Beisatz nicht ableiten, daß die Beklagte sich mit der Erweitung ihrer Haftung nicht einverstanden erklärt. Dafür spricht nicht zuletzt, daß die Unterschrift der Beklagten überhaupt nur für die Erweitung ihrer Haftung von Bedeutung war. Hätte die Beklagte diese erweiterte Haftung nicht übernehmen wollen, hätte sie daher den Vertrag überhaupt nicht unterschreiben dürfen. Ihre Unterschrift kann unter den hier gegebenen Umständen sinnvollerweise nur als Zustimmung zur Übernahme dieser erweiterten Haftung verstanden werden, wobei die für die Vermieterin handelnde Person den Beisatz als Hinweis auf die Stellung der Beklagten in der Kommanditgesellschaft, dem ein besonderer Erklärungsinhalt nicht zukommt, auffassen durfte. Daß sie die Erklärung der Beklagten anders auffaßte, wurde nicht behauptet und ist auch nicht hervorgekommen. Es bestand für die Vermieterin und noch weniger für die klagende Partei, die am Abschluß des Mietvertrages nicht beteiligt war, entgegen der von der Beklagten vertretenen Ansicht nicht die Notwendigkeit und auch nicht die Möglichkeit, die Beklagte zu einer Änderung ihrer Erklärung aufzufordern.

Denkbar wäre es allerdings, daß die erweiterte Haftung der Beklagten nur bis zum Zeitpunkt der Wirksamkeit der Gesellschaft (vgl. § 161 Abs 2 iVm § 123 HGB) vereinbart wurde. Dies kommt im Wortlaut des Vertrages jedoch nicht zum Ausdruck. Die Beklagte hat nicht bewiesen, daß in diesem Punkt eine vom Wortlaut des Vertrages abweichende übereinstimmende Absicht der Parteien vorlag. Sie bringt im übrigen hiezu in der Revision nichts vor. Es kann daher nicht angenommen werden, daß die Haftung der Beklagten sich nicht auf den Zeitraum erstreckte, in dem die eingeklagte Mietzinsforderung entstand. Die in den Urteilen der Vorinstanzen enthaltene rechtliche Beurteilung ist somit nicht zu bemängeln.

Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

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