Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 17.112,15 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 1.555,65 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Mit schriftlichem Kaufvertrag vom 21. Dezember 1984 verkaufte die Klägerin als grundbücherliche Alleineigentümerin der Liegenschaft EZ 678 des Grundbuches über die KG Gießhübl, bestehend aus dem Grundstück 229/2, diese an die Beklagte zum Kaufpreis von S 2,050.000,--, hievon S 1,050.000,-- zahlbar sofort und die Restsumme von S 1,000.000,-- zahlbar bis 30. Mai 1985. Nach dem Text des Kaufvertrages erwarb die Beklagte die Liegenschaft, um diese zu verbauen und an den geschaffenen Wohnungen Wohnungseigentum zu begründen. Sie kaufte und übernahm die Liegenschaft mit allem rechtlichen und tatsächlichen Zubehör, so wie sie die Klägerin besaß oder zu besitzen berechtigt war. Die Beklagte bestätigte auch, die Liegenschaft zu kennen, weshalb die Klägerin weder für ein bestimmtes Ausmaß, noch für einen bestimmten Ertrag, noch eine bestimmte Beschaffenheit oder Verwendbarkeit haften sollte, wohl aber dafür, daß sie der Beklagten frei von bücherlichen und außerbücherlichen Lasten übergeben wird.
Die Klägerin begehrte mit der am 11. Juli 1985 beim Erstgericht eingelangten Klage von der Beklagten die Bezahlung des Restkaufpreises von S 1,000.000,-- s.A.
Für das Revisionsverfahren ist nur mehr die von der Beklagten in der Streitverhandlung vom 8. Oktober 1985 einredeweise erhobene Anfechtung des Kaufvertrages wegen eines von der Klägerin verschuldeten Irrtums von Bedeutung. Diese wurde damit begründet, daß die Klägerin vor Abschluß des Kaufvertrages der Beklagten zugesichert habe, auf der Liegenschaft könnten die vier vorgesehenen Häuser errichtet werden. Zum Nachweis dieser, den Kaufvertragsabschluß der Beklagten bestimmenden Zusicherung sei ihr sogar ein entsprechender Bebauungsplan mit Genehmigungsstempel der Gemeinde Gießhübl übergeben worden. Nunmehr habe sich aber herausgestellt, daß eine solche Verbauung nicht möglich sei (ON 3, AS 14). In der Folge brachte die Beklagte am 20. Juni 1986 vor, der Gemeinderat der Gemeinde Gießhübl habe zwar am 28. April 1986 die Anhebung der Verbauungsdichte auf 30 % beschlossen und es sei in Kürze mit einer Baubewilligung im beantragten Umfang zu rechnen, dennoch bleibe die von ihr erhobene Irrtumsanfechtung aufrecht. Sie hätte die Liegenschaft nie gekauft, wenn sie gewußt hätte, daß diese erst jetzt bebaubar sein werde. Bei Abschluß des Kaufvertrages habe die Liegenschaft die zugesagte Eigenschaft einer möglichen Verbauungsdichte von mehr als 25 % nicht gehabt. Der Beklagten seien durch die Verzögerung bei der Erteilung der Baubewilligung Zinsen aufgelaufen und es sei zu einer Erhöhung der Baupreise gekommen, so daß die Durchführung des seinerzeit in Aussicht genommenen Projektes unmöglich geworden sei. Die Kaufinteressenten hätten sich verlaufen, die in Aussicht genommene Baufirma M*** B*** UND
E*** MHB (im folgenden "M***" genannt) sei
zwischenzeitig in Konkurs gegangen. Eventualiter stützte sich die Beklagte noch "auf eine Anpassung des Vertrages wegen des von der Klägerin verursachten Irrtums bzw. auf die Geltendmachung von Gewährleistungsansprüchen" (ON 7, AS 39 f).
Die Klägerin brachte hiezu vor, sie habe im Kaufvertrag nur die Lastenfreiheit zugesichert, jedoch keine Gewähr für andere Eigenschaften übernommen. Die Gemeinde Gießhübl habe sich an die durch die neue NÖ Bauordnung geschaffenen Richtlinien über die Verbauungsdichte gehalten und dabei immer eine solche von 30 % als zulässig angenommen. Die NÖ Landesregierung habe dem Bürgermeister der Gemeinde Gießhübl erklärt, es bestehe ein Rechtsanspruch auf Erlassung des Baubescheides, wenn die Bauabsicht mit den schon erkennbar beabsichtigten Änderungen des Bebauungsplanes übereinstimme. Die Beklagte habe das Bauvorhaben nicht in angemessener Form betrieben.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren in der Hauptsache zur Gänze und bezüglich der Nebenforderungen überwiegend statt. Lediglich ein Teil der von der Klägerin begehrten Nebenforderungen wurde (mittlerweile rechtskräftig) abgewiesen. Das Erstgericht stellte über den eingangs dargelegten Sachverhalt hinaus im wesentlichen noch folgende Tatsachen fest:
Die Liegenschaft EZ 678 KG Gießhübl ist ein Grundstück von 1268 m2 und liegt in der Berggasse. Der Ehegatte der Klägerin hat in deren Vertretung bereits im Jahre 1980 bei der Gemeinde Geißhübl einen Vorentwurf zur Errichtung zweier Doppelwohnhäuser auf der von ihr 1974 erworbenen Liegenschaft eingereicht. Dieser Entwurf sah eine Verbauungsdichte von 26,5 % vor. Es erging damals die briefliche Mitteilung des Bürgermeisters der Gemeinde Gießhübl vom 14. August 1980, wonach der Gemeinderatsausschuß für Bauangelegenheiten diesen Vorentwurf begutachtet und ihm seine grundsätzliche Zustimmung erteilt habe. Es dürften maximal 30 % der Parzelle verbaut werden.
Die Klägerin erteilte der I*** MBH
(im folgenden "I***" genannt), die ihr Gatte schon vorher mit der Vermittlung des Liegenschaftsverkaufes betraut hatte, am 29. Oktober 1984 eine bis zum 2. November 1984 befristete Verkaufsvollmacht. Bereits vorher hatten die Geschäftsführer der M*** und der Beklagten über Vermittlung der I*** die Liegenschaft besichtigt. Auf Wunsch der Interessenten sprach der Geschäftsführer der I*** im Gemeindeamt Gießhübl wegen einer für den Kaufabschluß der Beklagten wesentlichen Bestätigung über die Verbaubarkeit des Grundstückes vor. Er erhielt dort die Mitteilung des Baureferenten, wonach eine Verbauungsdichte von 25 % zugelassen werde, "das Projekt werde schon gehen". Zugleich bestätigte ihm das Gemeindeamt Gießhübl auf einer Fotokopie eines Modelles eines Vorentwurfes am 31. Oktober 1984, daß "eine Verbaubarkeit laut vorliegender Darstellung grundsätzlich möglich" sei, wobei die Höhen- und Seitenabstände der NÖ Bauordnung entsprechen müßten; zugleich wurde auf die "verglichene Höhe" verwiesen.
Die Beklagte beabsichtigte, auf der zu erwerbenden Liegenschaft gemeinsam mit M*** vier Einfamilienhäuser in gekuppelter Bauweise zu errichten, wobei die verbaute Fläche mit jener des Vorprojektes der Klägerin übereinstimmte. Nach der zwischen M*** und der Beklagten am 6. November 1984 geschlossenen Vereinbarung sollte Erstere die Bauführung und alle mit dem Geschäft zusammenhängenden Kosten übernehmen, den Grundstückskauf und den Verkauf der Reihenhäuser sollte aus steuerlichen Gründen die Beklagte gegen eine Provision von S 140.000,-- durchführen.
Mit Schreiben vom 30. Oktober 1984 bot die I*** der Beklagten die Liegenschaft mit der Erklärung zum Ankauf an, es dürften 25 % des Grundstückes mit einer Toleranz von 2 % verbaut werden, das vorgelegte Bauprojekt habe die grundsätzliche Zustimmung der Gemeinde Gießhübl erhalten. Mit Schreiben vom 31. Oktober 1984 an die Beklagte verpflichtete sich die I*** unter der Voraussetzung des Kaufes des Baugrundes durch sie, des Abschlusses der von ihr zu veranlassenden Planung bis 31. Dezember 1984, des Baubeginnes mit April 1985 und der Übergabe der schlüsselfertigen Häuser bis 1. Juni 1986 zum Verkauf der Häuser "vom Plan weg" zu bestimmten, im einzelnen näher festgelegten Bedingungen und Preisen bis 31. Mai 1985.
Am 5. November 1984 unterfertigten die I*** als Vertreterin der Klägerin und die Beklagte eine "Kaufvereinbarung" über die Liegenschaft EZ 678 KG Gießhübl, in welcher der Kaufpreis mit S 2,050.000,-- festgelegt wurde. Die Beklagte verpflichtete sich darin, bis spätestens 20. Dezember 1984 einen grundbuchsfähigen Kaufvertrag zu unterfertigen. Vom Kaufpreis sollte der Teilbetrag von S 1,050.000,-- bei Unterfertigung des Kaufvertrages, der Rest von S 1,000.000,-- am 30. Mai 1985 gezahlt werden. Die Beklagte ging dabei von der Erwartung aus, daß bis zum 30. Mai 1985 zumindest zwei oder alle Häuser verkauft und der Kaufpreis bei ihr eingegangen sein werde.
Die Klägerin und der Geschäftsführer der Beklagten trafen sich erstmals am 21. Dezember 1984 in der Kanzlei des Rechtsanwaltes Dr. VAN DE V***, der dem Geschäftsführer der I*** zwecks Verfassung des Kaufvertrages eingeschaltet worden war. Dr. VAN DE V*** vertrat bei der Vertragsverfassung beide Parteien, die sich bereits einig waren. Er wurde von ihnen nicht aufgefordert, den Gewährleistungsausspruch gemäß Punkt IV des Kaufvertrages anders zu formulieren. In diesem Kaufvertrag gab die Klägerin ihre Einwilligung zur Einverleibung des Eigentumsrechtes an der verkauften Liegenschaft für die Beklagte ohne ihr weiteres Zutun, jedoch nicht auf ihre Kosten. Der Verkauf der von der M*** zu errichtenden Häuser war keine Bedingung des Kaufvertrages. Dr. VAN DE V*** behielt als Sicherheit für die Restkaufpreiszahlung den Kaufvertrag zurück. Der Ehegatte der Klägerin hatte sich durch eine Bankauskunft und durch die Erklärung des Rechtsanwaltes, der Geschäftsführer der Beklagten pflege seine vertraglichen Verpflichtungen einzuhalten, zur Stundung des restlichen Kaufpreises von S 1,000.000,-- bis zum 30. Mai 1985 entschlossen.
Die Beklagte wandelte nun das klägerische Vorprojekt bezüglich Fassade und Innenräume, nicht aber bezüglich der verbauten Flächen, etwas um. Bis Weihnachten 1984 wurden Pläne, sowie ein Verkaufsmodell hergestellt und an I*** übergeben, damit der Verkauf der zu errichtenden Einfamilienhäuser begonnen werden konnte. Die Einreichpläne behielt die Beklagte vorläufig zurück, um allfällige Änderungswünsche von Käufern berücksichtigen zu können. Trotz der von I*** entfalteten Aquisitionstätigkeit, mit welcher Kontakte zu etwa 100 Interessenten hergestellt wurden, gelang es nicht, auch nur eines der Reihenhäuser zu verkaufen. In Gießhübl wurden damals auch andere Reihenhäuser und billiger als jene der Beklagten - angeboten. 1985 ging das Immobiliengeschäft schlecht, es sanken die Preise und den Interessenten war das Projekt der Beklagten zu teuer.
Am 10. April 1985 reichte die M*** das Bauansuchen für die Errichtung von zwei Doppelwohnhäusern und vier Garagen auf der Liegenschaft EZ 678 KG Gießhübl mit Bauplänen (dreifach) bei der Gemeinde Gießhübl ein. Die Bauverhandlung wurde für den 24. September 1985 anberaumt. Mit Schreiben vom 23. September 1985 erhob die Anrainerin Hiltrud J***, vertreten durch Architekt Prof.Dipl.Ing. Richard D***, Einspruch mit der Begründung, der Seitenabstand sei zu gering; weiters entspreche die vorgesehene Verbauung zwar dem gültigen Flächenwidmungsplan, nicht jedoch dem derzeit noch gültigen Bebauungsplan vom 3. Februar 1959, Zl. X-G-29/2-1959, wonach bei offener oder gekuppelter Bauweise nur 20 % der Grundfläche verbaut werden dürften. Der Bürgermeister und die Mitglieder des Bauausschusses der Gemeinde Gießhübl waren vor Erhebung dieses Einspruches der Meinung gewesen, durch die Erlassung eines neuen Flächenwidmungsplanes sei mit Jänner 1981 auch der alte Bebauungsplan hinfällig, der neue Flächenwidmungsplan lasse eine Verbauung von 25 % bis 30 % (einschließlich Nebengebäude). Die Gemeinde Gießhübl hat auch seit 1981 ständig Bauvorhaben mit einer Bebauungsdichte von 25 % bis 30 % genehmigt. Dabei ist allerdings die Frage der Bebauungsdichte nie aktualisiert worden. Die Funktionäre und er Bauausschuß der Gemeinde Gießhübl waren durch den Einspruch der Anrainerin Hiltrud J*** "in ihrer Rechtsmeinung irritiert", zumal das eingereichte Bauprojekt den Vorstellungen der Gemeinde Gießhübl über die Verbauung entsprachen. Eine telefonische Rückfrage beim Amt der NÖ Landesregierung ergab, daß dort die Rechtsauffassung des Architekt Prof.Dipl.Ing. Richard D*** geteilt wurde, jedoch "noch eine zweite Rechtsmeinung vorhanden war", wonach die Gemeinde Gießhübl 30 % der Grundfläche verbauen lassen könne, weil sie neue "Bebauungsvorschriften" erlassen habe, die von zwei Referenten der Nö Landesregierung genehmigt worden seien. Bei der Bauverhandlung am 24. September 1985 wurde die Beklagte von den Funktionären der Gemeinde Gießhübl mit diesen beiden Rechtsmeinungen konfrontiert und ihr der Vorschlag gemacht, sie möge vorerst nur um die Baugenehmigung für ein Doppelwohnhaus einreichen, welche erteilt würde. Der Geschäftsführer der Beklagten erklärte, vorerst das zur Kenntnis zu nehmen, was von der NÖ Landesregierung bestätigt wird. Er gab namens der Bauwerberin die Erklärung ab, nur das "rückwärtige Doppelwohnhaus" errichten zu wollen und entsprechende Pläne vorzulegen. Der Beklagten wurde aufgetragen, vor Ausschreibung einer neuen Bauverhandlung einen Geometerplan mit Höhenkoten und die schriftliche Zustimmung der Klägerin als grundbücherliche Eigentümerin zur Bauführung, allenfalls einen Grundbuchsauszug über neue Eigentumsverhältnisse, vorzulegen. Die Bauverhandlung wurde zur Vorlage der neuen Einreichunterlagen vertagt. Der Hauptgrund hiefür war jedoch die ungeklärte Frage der Bebauungsdichte.
Mit Schreiben vom 16. Oktober 1985 teilte der Klagevertreter der Gemeinde Gießhübl mit, die Klägerin stimme als grundbücherliche Eigentümerin der von der Beklagten geplanten Bauführung zu. Er ersuchte unter Hinweis auf die 1980 und 1984 von der Gemeinde Gießhübl abgegebenen Erklärungen über eine zulässige Bebauungsdichte von 30 % bzw. 25 % um eine "verbindliche Mitteilung". Unter Bezugnahme auf Bestimmungen der NÖ Bauordnung und des NÖ Raumordnungsgesetzes vertrat er den Standpunkt, daß die Gemeinde trotz der im noch gültigen Bebauungsplan vorgesehenen Bebauungsdichte von 20 % für das von der Beklagten eingereichte Projekt eine Ausnahme machen könne, weil dieses Bauvorhaben "dem bereits erkennbaren Willen der Gemeinde" (gemeint offenbar: zur Änderung des Bebauungsplanes) entspreche. Daraufhin informierte der Bürgermeister der Gemeinde Gießhübl die Beklagte mit Schreiben vom 26. November 1985 davon, daß mit der Abänderung des Bebauungsplanes demnächst zu rechnen sei. Um ihr jede Zeitversäumnis zu ersparen, werde er die Bauverhandlung zum nächstmöglichen Termin abführen. Mit dem weiteren Schreiben vom 13. Februar 1986 wurde die Beklagte zur Beibringung des Geometerplanes mit Höhenkoten und der schriftlichen Zustimmung des grundbücherlichen Eigentümers zum Bauvorhaben aufgefordert. Architekt Prof.Dipl.Ing. Richard D*** hielt mit Brief vom 13. März 1986 den Einspruch der Anrainerin Hiltrud J*** gegenüber der Gemeinde Gießhübl aufrecht und verwies darauf, daß kein rechtsgültiger Bebauungsplan vorliege. Am 19. März 1986 ging bei der Gemeinde Gießhübl ein Schreiben des Klagevertreters ein, mit dem eine schriftliche Zustimmungserklärung der Klägerin vom 17. März 1986 (im Ersturteil irrig: 1984) zum Bauvorhaben der Beklagten, ein Grundbuchsauszug und eine Kopie des Kaufvertrages vorgelegt wurden. Am 25. März 1986 legte die Beklagte der Gemeinde Gießhübl das Bauansuchen vom 10. April 1984 unter Anschluß einer Aufstellung über die verglichenen Höhen und der Einreichpläne vom 20. Jänner 1985 wieder vor; der Aufforderung vom 24. September 1985 zur Vorlage neuer Baupläne habe sie nicht entsprochen, weil die Errichtung nur eines Doppelwohnhauses nicht rentabel gewesen wäre. Im Bauausschuß der Gemeinde Gießhübl war abgesprochen, daß die Beklagte bei Vorlage der Höhenkoten und der Zustimmung der Klägerin die Baugenehmigung erhält.
Am 3. April 1986 wurde über das Vermögen der M*** zu 4 S 44/86 des Handelsgerichtes Wien der Anschlußkonkurs eröffnet. Am 28. April 1986 erfolgte die neuerliche Anberaumung einer Bauverhandlung über das Projekt der Beklagten für den 10. Juni 1986. Dort wurde niederschriftlich festgehalten, mit Gemeinderatsverordnung vom 28. April 1986 sei eine Bebauungsdichte von 30 % für das gegenständliche Grundstück beschlossen worden. Dieser Prozentsatz werde in den vorgelegten Plänen nicht überschritten. Bei Einhaltung verschiedener Vorschriften der Bauordnung könne daher die Baubewilligung erteilt werden. Die Anrainerin Hiltrud J*** deponierte, sie erhebe gegen das Bauvorhaben keine Einwände, wenn bei der Bauführung die Bestimmungen der NÖ Bauordnung beachtet würden. Mit Bescheid vom 24. Juni 1986 erteilte die Gemeinde Gießhübl daraufhin der Beklagten die beantragte Baubewilligung.
Die Beklagte, die die Zahlung des ersten Kaufpreisteilbetrages von S 1,050.000,-- durch Kreditaufnahme finanziert hatte, mußte hiefür an Zinsen bis 31. August 1986 S 230.128,90 an den Kreditgeber E*** Ö*** S*** bezahlen. Bei den Baukosten
tritt jährlich eine Erhöhung um etwa 5 % ein. Da die Grundstückskosten zwischenzeitig sanken, hält die Beklagte eine Realisierung des Bauvorhabens nur bei Reduzierung des Kaufpreises für möglich.
Rechtlich folgerte das Erstgericht daraus, die Klägerin habe einen Irrtum der Beklagten weder arglistig herbeigeführt, noch überhaupt veranlaßt, weil sie - ebenso wie I*** - auf die Erklärungen der Gemeinde Gießhübl habe vertrauen dürfen. Sie habe beim Vertragsabschluß im Dezember 1984 gar nicht wissen können, daß die Gemeinde Gießhübl am 24. September 1985 von ihrer bisherigen Haltung zur zulässigen Verbauungsdichte abweichen werde. Überdies sei im Kaufvertrag die Haftung der Klägerin für eine bestimmte Beschaffenheit oder Verwendbarkeit der Liegenschaft ausgeschlossen worden. Im Punkt III des Kaufvertrages sei zwar der Zweck des Kaufes dargelegt, dieser damit aber nicht im Sinne des § 901 ABGB zur Bedingung gemacht worden. Die von der Beklagten mit der I*** und der M*** getroffenen Vereinbarungen hätten mit dem zwischen den Streitteilen abgeschlossenen Kaufvertrag nichts zu tun. Dieser werde auch durch die Konkurseröffnung über das Vermögen der M*** nicht berührt. Die Erwartung der Beklagten, daß die I*** die Reihenhäuser vom Plan weg bis 31. Mai 1985 verkaufen werde, sei lediglich das Motiv der Beklagten für den Kaufvertragsabschluß gewesen. Dasselbe gelte für die Erwartung über eine Bebauungsdichte von mehr als 25 % und den Erhalt einer Baubewilligung innerhalb angemessener Zeit. In all diesen Punkten liege nur ein unbeachtlicher Motivirrtum der Beklagten vor. Das Grundstück habe auch keinen Rechtsmangel aufgewiesen, da die Gemeinde Gießhübl früher eine Bebauungsdichte von 30 % toleriert und nun mit Verordnung auch auf diesen Prozentsatz angehoben habe. Das Bauvorhaben wäre von der Gemeinde Gießhübl zu genehmigen gewesen, weil es bezüglich der Bebauungsdichte ihrem erkennbaren Willen entsprochen habe. Überdies wäre die Gemeinde berechtigt gewesen, den einmal erlassenen Bebauungsplan auch dann einer Abänderung zu unterziehen, wenn diese nur ein einziges Baugrundstück betroffen hätte. Die Klägerin könne für die Verzögerungen bei der Erteilung der Baubewilligung nicht verantwortlich gemacht werden. Es wäre vielmehr Sache der Beklagten gewesen, früher eine Entscheidung der Gemeinde Gießhübl zu veranlassen.
Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil. Es übernahm die erstgerichtlichen Tatsachenfeststellungen und führte rechtlich aus, ein gemeinsamer Irrtum liege deshalb nicht vor, weil die gemeinsame Annahme der Streitteile bei Abschluß des Kaufvertrages, die Gemeinde Gießhübl beabsichtige weder aus grundsätzlichen Erwägungen noch wegen der vorgesehenen Bebauungsdichte eine Versagung der Baubewilligung, richtig gewesen sei. Ebensowenig liege ein Irrtum über eine Eigenschaft der verkauften Liegenschaft vor, weil der Umstand, daß im alten, zum Zeitpunkt des Verkaufes noch geltenden Bebauungsplan eine Verbauungsdichte von nur 20 % vorgesehen gewesen sei, der sofortigen Erteilung der Baubewilligung nicht entgegengestanden wäre. Zur Vertagung der Bauverhandlung vom 24. September 1985 sei es nämlich - abgesehen davon, daß die Beklagte den Geometerplan mit Höhenkoten nicht vorgelegt gehabt habe - nur deshalb gekommen, weil die Funktionäre der Gemeinde Gießhübl durch den Einspruch einer Anrainerin in ihrer Rechtsmeinung irritiert worden seien und der Bürgermeister nicht erkannt habe, daß der Einspruch die Erteilung der Baubewilligung nicht verhindern könne. Es hätte aber eine Verpflichtung der Gemeinde zur Änderung des Bebauungsplanes bestanden, der nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes durch Verordnung des Gemeinderates auch dann hätte abgeändert werden können, wenn die Abänderung nur ein einziges Baugrundstück betroffen hätte. Der tatsächlich erst am 28. April 1986 gefaßte Beschluß über die Änderung des Bebauungsplanes hätte daher - weil die Gemeinde Gießhübl schon seit dem Jahre 1981 bei gekuppelter Bauweise eine Bebauungsdichte bis zu 30 % als zulässig angesehen und auch das von der Beklagten eingereichte Projekt in das Konzept der Gemeinde gepaßt habe - auch schon unmittelbar nach der Bauverhandlung vom 24. September 1985 gefaßt werden können und müssen. Daß diese Rechtslage nicht sofort erkannt worden und dadurch eine gewisse Verzögerung der Baubewilligung eingetreten sei, die allerdings überwiegend auf das Verhalten der Beklagten selbst zurückgeführt werden müsse, weil diese die erforderlichen Unterlagen nicht rechtzeitig vorgelegt habe, liege in der Sphäre der als Bauwerberin auftretenden Beklagten. Das Verhalten der Funktionäre der Gemeinde Gießhübl betreffe keine Eigenschaft der verkauften Liegenschaft. Ein diesbezüglicher Irrtum stelle daher keinen Geschäftsirrtum dar. Die Erwartung der Beklagten, sie werde ohne wesentliche Verzögerungen eine Baubewilligung erhalten, sei vielmehr ein unbeachtlicher Motivirrtum.
Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes richtet sich die Revision der Beklagten aus dem Grunde des § 503 Abs 1 Z 4 ZPO mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne einer gänzlichen Klagsabweisung, hilfsweise auf Urteilsaufhebung.
Die Klägerin stellt in ihrer Revisionsbeantwortung den Antrag, dem Rechtsmittel der Beklagten nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Die Beklagte beharrt nach wie vor auf ihrem Rechtsstandpunkt, die Klägerin habe durch die seitens der I*** als ihre abschlußberechtigte Vertreterin abgegebene Zusage einer bestimmten Bebauungsdichte der Liegenschaft ihren Irrtum über eine wesentliche Eigenschaft des Kaufgegenstandes veranlaßt. Es handle sich dabei um einen wesentlichen Geschäftsirrtum, der sie zur Anfechtung berechtige, weil auch eine aus diesem Grunde drohende Zeitverzögerung für sie der Anlaß gewesen wäre, den Kaufvertrag nicht abzuschließen. Jedenfalls aber hätte ihrem Eventualbegehren auf Vertragsanpassung bzw. auf Preisminderung Folge gegeben werden müssen.
Mit diesen Ausführungen hält die Beklagte zunächst den von ihr in erster Instanz erhobenen Vorwurf, sie sei von der Klägerin schuldhaft irregeführt worden, nicht mehr aufrecht. Hiezu haben bereits die Vorinstanzen zutreffend hervorgehoben, daß sowohl die Klägerin als auch die von ihr mit Verkaufsvollmacht ausgestattete I*** auf Grund der ihnen am 14. August 1980 über den eingereichten Vorentwurf bzw. im Oktober 1984 über Anfrage ergangenen Mitteilungen bzw. Bestätigungen der Gemeinde Gießhübl davon ausgegangen sind (und auch ausgehen durften), die Liegenschaft könne mit einer Bebauungsdichte von 25 % bis 30 % verbaut werden. Insoweit läge daher ein gemeinsamer Irrtum der Parteien (vgl. dazu Koziol-Welser, Grundriß I8 123; Rummel in Rummel, ABGB Rdz 18 zu § 871; SZ 44/59; SZ 53/108; SZ 56/96 uva) vor. Es kann aber dennoch dahingestellt bleiben, ob dieser Irrtum über die künftige Bebaubarkeit der Liegenschaft - also über eine bestimmte rechtliche Eigenschaft des Kaufgegenstandes - als wesentlicher, von der Klägerin im Wege der für sie als Vertreterin handelnden I*** veranlaßter Geschäftsirrtum anzusehen ist oder ob es sich dabei im Sinne der Meinung der Vorinstanzen nur um einen unbeachtlichen Motivirrtum handelt. Im ersteren Fall wäre die Beklagte gemäß § 871 ABGB zur Anfechtung des Kaufvertrages auch im Wege der von ihr erhobenen Einrede (vgl. Rummel a.a.O. Rdz 19 zu § 871), sowie allenfalls zum hilfsweise gestellten Begehren auf Vertragsanpassung gemäß § 872 ABGB berechtigt gewesen. Allerdings wäre der Beklagten diesbezüglich bei Wesentlichkeit des Irrtums kein unbeschränktes Wahlrecht zugestanden (Koziol-Welser a.a.O. 125; Rummel a.a.O. Rdz 7 zu § 872; SZ 48/112; EvBl. 1977/190; SZ 49/91; JBl 1978, 262 ua). Im vorliegenden Fall ist nämlich jegliches Recht der Beklagten zur Irrtumsanfechtung bereits dadurch erloschen, daß die von ihr allenfalls irrig angenommene Sachlage zwischenzeitig noch vor Schluß der Verhandlung erster Instanz eingetreten ist:
Nach herrschender Lehre wird der Irrende klagslos gestellt und hat daher keinen Beschwerdegrund mehr, wenn ihn der Vertragspartner so stellt, wie er stünde, wenn seine irrige Vorstellung zutreffend gewesen wäre. Wenn also der Gegner die Erklärung so gelten läßt, wie sie der Irrende gemeint hat (vgl. SZ 55/160). Würde man auch in solchen Fällen die Geltendmachung des Irrtums noch erlauben, so käme dies der Einräumung eines Reuerechts gleich (Koziol-Welser a.a.O., 126; Rummel a.a.O. Rdz 21 zu § 871; Ehrenzweig, System2 I/1, 234 f;
Gschnitzer in Klang2 IV/1, 144; Flume, Das Rechtsgeschäft3 421 f;
Kramer in Münchener Kommentar, BGB2 Rz 129 zu § 119;
Soergel-Hefermehl, BGB12 Rz 76 zu § 119). Dieses Recht des Vertragspartners besteht allerdings nur solange, als das Interesse des Irrenden an dem Geschäft nicht weggefallen ist, wobei für einen derartigen Interessewegfall der Irrende die Beweislast trägt (Rummel a.a.O.; Gschnitzer a.a.O. 145). Der Gedanke der Klaglosstellung des Irrenden ist aber durchaus gereralisierbar und muß auch dann gelten, wenn der Irrtum - wie im vorliegenden Fall - nachträglich auf andere Weise weggefallen ist. In diesem Sinne wurde bereits ausgesprochen, daß ein im Irrtum vorgenommenes Rechtsgeschäft dann nicht mehr anfechtbar ist, wenn die irrig angenommene Sachlage nachträglich doch noch rechtzeitig eingetreten ist (JBl 1986, 520). Letzteres war hier nach den Feststellungen am 28. April 1986 der Fall, weil mit der an diesem Tage beschlossenen Gemeinderatsverordnung die Bebauungsdichte für die gekaufte Liegenschaft auf 30 % angehoben worden ist. Die maßgebliche Verzögerung seit der Bauverhandlung vom 24. September 1985, bei der oder kurz nach der ansonsten eine Baubewilligung bereits hätte erfolgen können, beträgt daher nur rund sieben Monate. Daß aber gerade innerhalb dieser maßgeblichen Zeitspanne das Interesse der Beklagten am Kaufvertrag aus objektiv gerechtfertigten Gründen zur Gänze weggefallen wäre, vermochte sie nicht zu beweisen. Nach den Feststellungen war nämlich die von ihr ursprünglich geplante Projektsfinanzierung bereits Ende Mai 1985 fehlgeschlagen, weil sich bis dahin kein einziger Käufer für die Reihenhäuser gefunden hatte. Ebensowenig vermag die Eröffnung des Anschlußkonkurses über das Vermögen der M*** am 3. April 1986 einen objektiven Interessewegfall der Beklagten zu begründen, weil sie dieser Umstand andernfalls mitten in der Bauführung betroffen hätte und von vornherein ohne entsprechende Behauptungen und Feststellungen nicht davon ausgegangen werden kann, daß eine geeignete andere Baufirma nicht verfügbar gewesen wäre. Dasselbe gilt auch für die festgestellte jährliche Baukostensteigerung von etwa 5 %, zumal diese im Hinblick auf die lediglich eingetretene rund siebenmonatige Verzögerung gar nicht zur Gänze veranschlagt werden dürfte. Die von der Beklagten für die erste Kaufpreisrate zu leistenden Kreditzinsen und die - mangels eines entsprechenden erstinstanzlichen Vorbringens - überschießende, darüber hinaus aber auch nur äußerst vage Feststellung eines "zwischenzeitigen Sinkens der Grundstückskosten" müssen in diesem Zusammenhang gleichfalls unberücksichtigt bleiben, weil die Beklagte davon in jedem Fall betroffen worden wäre und auch in diesem Belang ein ursächlicher Zusammenhang zur maßgeblichen Zeitspanne zwischen Oktober 1985 und April 1986 nicht erkennbar ist. Da es nach dem bisher Gesagten schon mangels Verschuldens der Klägerin nur auf einen objektiven Interessewegfall der Beklagten ankommen kann, ein solcher aber nicht erwiesen ist, muß die festgestellte Tatsache, sie selbst halte subjektiv eine Realisierung des Bauvorhabens nur bei Reduzierung des Kaufpreises für möglich, außer Betracht bleiben. Der Kaufvertrag ist vielmehr infolge der am 28. April 1986 eingetretenen Bebaubarkeit der Liegenschaft im Sinne der Annahme der Beklagten unanfechtbar geworden. Das gilt gleichermaßen für die von ihr eventualiter angestrebte Vertragskorrektur. Soweit die Beklagte sich auch noch auf die "Geltendmachung von Gewährleistungsansprüchen" gestützt hat, so ist mangels jeglicher Konkretisierung gar nicht erkennbar, ob damit ein Wandlungs- oder ein Preisminderungsanspruch geltend gemacht werden sollte. Abgesehen davon, ist im Punkt IV des Kaufvertrages zwischen den Streitteilen ein Gewährleistungsausschluß bezüglich einer bestimmten Beschaffenheit oder Verwendbarkeit der Liegenschaft vereinbart worden. Letztlich ist aber auch nach Gewährleistungsgesichtspunkten der behauptete allfällige Mangel des Kaufgegenstandes in jedem Falle längst behoben.
Der Revision mußte daher aus allen diesen Gründen ein Erfolg versagt bleiben.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.
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