OGH 2Ob605/87

OGH2Ob605/8716.2.1988

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Vogel, Dr. Melber und Dr. Kropfitsch als Richter in der außerstreitigen Rechtssache der Antragstellerin G*** S***, vertreten durch den Bürgermeister Franz K***, dieser vertreten durch Dr. Werner Ungeringer, Rechtsanwalt in Mattighofen, wider den Antragsgegner Ing. Helmut R***, Ziegeleibesitzer, 5270 Mauerkirchen, Spitzgasse 26, vertreten durch Dr. Walter Ratt, Rechtsanwalt in Mauerkirchen, wegen Festsetzung eines Entschädigungsbetrages nach dem Oberösterreichischen Raumordnungsgesetz 1972, infolge Revisionsrekurses des Antragsgegners gegen den Beschluß des Kreisgerichtes Ried im Innkreis als Rekursgerichtes vom 17. Februar 1987, GZ R 10/87-21, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Mattighofen vom 26. November 1986, GZ 2 Nc 21/85-16, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben, der angefochtene Beschluß wird aufgehoben und die Sache zur neuerlichen Entscheidung an das Rekursgericht zurückverwiesen.

Text

Begründung

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 18. Juni 1985, BauR-030104/We, wurde auf Grund der Bestimmungen des § 25 Abs 2 und 3 des Oberösterreichischen Raumordnungsgesetzes 1972, LGBl. Nr. 18/1972, entschieden, daß die Gemeinde S*** dem Eigentümer des Grundstückes Nr. 134 Katastralgemeinde S***, dem nunmehrigen Antragsgegner Ing. Helmut R***, wegen Wertminderung dieses Grundstückes durch Erlassung des Flächenwidmungsplanes der Gemeinde S*** vom 6. Juli 1984, Zl. BauR-610/1, eine Entschädigung zu leisten habe. Die Höhe der Entschädigung wurde mit S 4,430.625 festgestellt. Innerhalb offener Frist begehrte die Gemeinde S*** mit Antrag vom 18. Dezember 1985 gemäß § 25 Abs 4 O.ö.ROG die Festsetzung des Entschädigungsbetrages im Verfahren außer Streitsachen. Die Antragstellerin brachte vor, der Entschädigungsbetrag sei von der Bezirkshauptmannschaft unrichtig festgesetzt worden.

Der Antragsgegner beantragte die Abweisung des Antrages und führte unter anderem aus, das gesamte Grundstück sei von der Wertminderung betroffen. Die Wertminderungsberechnung im Verwaltungsverfahren sei richtig vorgenommen worden. Das Vorbringen hinsichtlich der Rückwidmung sei unzulässig, da maßgeblicher Zeitpunkt für das Vorliegen der Wertminderung jener des Schlusses der mündlichen Verhandlung im Verwaltungsverfahren sei, ebenso wie dies auch bei Festsetzung einer Enteignungsentschädigung gelte. Der Antragsgegner habe mit Kaufvertrag vom 28. Februar 1973 das gegenständliche Grundstück zum Preis von S 1,500.000 zur Errichtung einer Betriebsstätte erworben. Der gesamte Kaufpreis zuzüglich der sonstigen Nebenspesen wie Vertragserrichtungskosten, Steuern und Gebühren, sei seitens des Antragsgegners im Kreditwege finanziert worden. In den folgenden Jahren habe der Antragsgegner versucht, diese Grundstücke tatsächlich betrieblich zu nutzen oder zu verwerten, wobei jedoch die Gemeinde S*** unter Hinweis auf den zu erlassenden Flächenwidmungsplan jedwede Baumaßnahme vereitelt habe. Berücksichtige man nun die Tatsache, daß seit dem Jahre 1973 der Antragsgegner Kreditzinsen von mindestens durchschnittlich jährlich 10 % zu bezahlen hatte, so ergebe sich diesbezüglich für insgesamt 13 Jahre ein Zinsenaufwand von rund S 2,500.000. Hiebei seien die nicht unerheblichen Kosten der anwaltlichen Vertretung sowie die sonstigen Aufwendungen überhaupt nicht berücksichtigt. Ebenso werde ein betriebswirtschaftlicher Verdienstentgang völlig vernachlässigt. Selbst wenn man also von der Rechtsansicht ausgehe, daß nur ein konkreter Schade zu ersetzen wäre, so betrage dieser mindestens die zugesprochene Entschädigungssumme.

Das Erstgericht setzte die Höhe des von der Antragstellerin dem Antragsgegner wegen Wertminderung seines Grundstückes durch Erlassung des Flächenwidmungsplanes der Gemeinde S*** vom 6. Juli 1984, Zl. BauR-610/1 zu leistenden Entschädigung mit S 4,170.000 fest. Es ging bei der Festsetzung des Entschädigungsbetrages vom Gutachten des Sachverständigen Max M*** aus, ohne allerdings zu diesem näher Stellung zu nehmen. In rechtlicher Hinsicht vertrat das Erstgericht die Ansicht, daß der Einwand der Antragstellerin, wonach ihr ein Rückforderungsanspruch in der Höhe des Entschädigungsbetrages zustehe, weil mittlerweile das Grundstück Nr. 134 der Katastralgemeinde S*** zur Gänze als gemischtes Bauland umgewidmet worden sei, unbeachtlich sei, zumal Gegenstand der Festsetzung des Entschädigungsbetrages durch das Bezirksgericht nur die Situation zum Zeitpunkt der Rechtskraft des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn sein könne. Infolge Rekurses der Antragstellerin änderte das Gericht zweiter Instanz den Beschluß des Erstgerichtes dahin ab, daß er zu lauten hat:

"Der Anspruch des Antragsgegners Ing. Helmut R*** auf Entschädigung wegen Wertminderung des Gst.Nr. 134 Katastralgemeinde S*** durch Erlassung eines Flächenwidmungsplanes ist der Höhe nach erloschen. Das Begehren auf Leistung einer Entschädigung wird abgewiesen."

Das Rekursgericht erachtete die geltend gemachte Nichtigkeit nach § 477 Abs 1 Z 4 und 9 ZPO nicht für gegeben. Den Rekursgründen der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und des Beschlusses sowie der unrichtigen und unvollständigen Tatsachenfeststellung, welche an sich zu Recht geltend gemacht wurden, komme aus rechtlichen Gründen keine Bedeutung zu. Zum Rekursgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung führte das Rekursgericht aus, der Ansicht der Antragstellerin, wonach der Bescheid der Bezirksverwaltungsbehörde gemäß § 25 Abs 3 O.ö.ROG einteilig sei und eine besondere Feststellung darüber, daß eine Entschädigung zu leisten sei, nicht getroffen werden müsse, da es sich hiebei um eine Vorfrage handle, könne nicht gefolgt werden. Aus der Vorschrift, nach welcher die Bezirksverwaltungsbehörde über das Bestehen des Anspruches und gegebenenfalls über die Höhe der Entschädigung zu entscheiden habe, müsse geschlossen werden, daß der Bescheid der Bezirksverwaltungsbehörde eine Entscheidung sowohl über die Grundsatzfrage, ob eine Entschädigung zu leisten sei, als auch eine Entscheidung über den Entschädigungsbetrag zu enthalten habe. Aus der Bestimmung des Absatzes 4, wonach gegen die Festsetzung des Entschädigungsbetrages keine Berufung zulässig sei, könne weiters geschlossen werden, daß ein derartiges Rechtsmittel hinsichtlich der Entscheidung über das Bestehen des Anspruches generell gegeben sei und nicht nur dann, wenn von der Verwaltungsbehörde kein Entschädigungsbetrag zugesprochen werde. Da weiters bei einem Begehren auf Festsetzung des Entschädigungsbetrages im Verfahren außer Streitsachen beim Bezirksgericht nach der Regelung des Absatzes 4 ausdrücklich der Bescheid der Bezirksverwaltungsbehörde nur hinsichtlich der Festsetzung des Entschädigungsbetrages außer Kraft trete, könne durch die Anrufung des Gerichtes nicht der gesamte Bescheid seine Mitwirksamkeit verlieren. Trotz der Annahme des aufrechten Bestandes des Bescheides hinsichtlich der Grundsatzfrage sei aber nach Ansicht des Rekursgerichtes die im angefochtenen Beschluß festgehaltene Rückwidmung des Grundstückes zu beachten. Das O.ö.ROG weise ein aus Aufwandersatz und Wertminderungsersatz kombiniertes Entschädigungssystem auf. Bei der Entschädigung für Wertminderung sei die Vorschrift sehr eng gefaßt, da nur dann entschädigt werde, wenn ein vom Bauland umschlossenes Grundstück nicht ebenfalls als Bauland gewidmet werde. Daß für dadurch bedingte Benachteiligungen eine Entschädigung gebühre, beruhe auf dem richtigen Gedanken, daß auch der betroffene Eigentümer mit der Bebaubarkeit seines Grundstückes rechnen durfte. Bei den im O.ö.ROG aufgezählten Fällen des Ersatzes frustierter Aufwendungen und der Entschädigung für Wertminderung handle es sich um eine taxative Aufzählung. Eine Entschädigungspflicht sei nur dann gegeben, wenn ein Grundstück nicht als Bauland gewidmet wurde und dadurch eine Wertminderung eintrete. Zusätzlich verlange das Gesetz die weitere Voraussetzung, daß ein als Bauland geeignetes Grundstück zur Gänze oder überwiegend vom Bauland umschlossen sei. Nicht Voraussetzung sei, wie etwa im Vorarlberger ROG verlangt, daß das Grundstück im Vertrauen auf die bestehende Verbauungsmöglichkeit zu einem entsprechenden Baugrundpreis gekauft wurde. Nach dem O.ö.ROG müsse für andere Wertminderungen nicht entschädigt werden, da dieses Gesetz keine demonstrative Aufzählung der Fälle unverhältnismäßiger Härte kenne, wie dies beispielsweise vorliegen würde, wenn eine Bebauung entgegen einer bereits erteilten Widmung ausgeschlossen werde. Das Vorbringen des Antragsgegners, wonach ein konkreter Schaden in Form von Kreditzinsen, Kosten der anwaltlichen Vertretung, sonstiger Aufwendung und betriebswirtschaftlichen Verdienstentganges, zu ersetzen wäre, sei sohin rechtsirrig. Das O.ö.ROG sehe keine Regelung für den Fall vor, daß durch eine nachträgliche Änderung des Flächenwidmungsplanes die Verhinderung der Bebauung des Grundstückes wegfalle und die Verwertung des Grundstückes als Bauland erfolge oder eine Bewilligung für die Errichtung eines Baues auf diesem Grundstück rechtskräftig erteilt werde, wie dies im § 34 Abs 7 des Stmk.ROG, LGBl. 127/1974 in der Fassung 13/1977, bzw. im § 20 Abs 5 des Sbg.ROG, LGBl. 26/177, geregelt sei. Unabhängig davon, daß diese Landesgesetze eine Rückzahlungspflicht nur für den Fall vorsehen, daß die Änderung nach Auszahlung des Entschädigungsbetrages eintrete, könnte ein Analogieschluß für das O.ö.ROG nicht vorgenommen werden. Die Beurteilung des vorliegenden Falles könne jedoch anhand der Bestimmung des § 25 Abs 2 erfolgen. Das Rekursgericht habe ergänzend durch eine Anfrage an das Gemeindeamt S*** erhoben, daß der Flächenwidmungsplan mit Beschluß vom 25. November 1985 zu BauR-34627/2/1985 rechtskräftig dahingehend geändert wurde, daß das gegenständliche Grundstück 134 Katastralgemeinde S*** auf Industriebaugebiet umgewidmet wurde. Da der Antrag auf Festsetzung des Entschädigungsbetrages im Verfahren außer Streitsachen an das Bezirksgericht Mattighofen am 18. Dezember 1985 gestellt wurde, sei davon auszugehen, daß zum Zeitpunkt der Antragstellung bereits eine Rückwidmung vorgelegen sei. § 25 Abs 2 schreibe vor, daß die Wertminderung anhand einer Gegenüberstellung des Wertes des Grundstückes vor der Erlassung oder Änderung des Flächenwidmungsplanes und des Wertes nach Erlassung des Flächenwidmungsplanes zu ermitteln sei. Während die Definition "Wert des Grundstückes vor Erlassung oder Änderung des Flächenwidmungsplanes" klar sei, erhebe sich die Frage, welcher Zeitpunkt für die Ermittlung des Wertes des betroffenen Grundstückes nach Änderung des Flächenwidmungsplanes ausschlaggebend sei. Diese Frage werde dann relevant, wenn, wie im vorliegenden Fall, vor rechtskräftiger Beendigung des Verfahrens eine Änderung des Flächenwidmungsplanes vorgenommen werde. Das O.ö.ROG sehe für diesen Fall keine Regelung vor. Das Gericht habe bei der Festsetzung der Höhe des Entschädigungsbetrages jedenfalls von der Sachlage im Zeitpunkt seiner Entscheidung auszugehen. Die sogar vor Einbringung des gegenständlichen Antrages beim Bezirksgericht vorgenommene Änderung des Flächenwidmungsplanes sei sohin im vorliegenden Fall beachtlich und müsse bei der Beurteilung der Frage, ob eine Wertminderung eingetreten sei, berücksichtigt werden. Da § 25 O.ö.ROG lediglich einen Ersatz für Wertminderung vorsehe, der sich aus der Wertänderung des Grundstückes vor der Erlassung oder Änderung des Flächenwidmungsplanes und dem Wert zum Zeitpunkt des Verfahrens in der letzten Instanz ergebe, falle bei einer nachträglichen Umwidmung des Grundstückes auf Bauland ein Entschädigungsanspruch weg. Da im Gesetz kein Entschädigungsanspruch für allfällige Schäden, die dem Grundeigentümer in der Zeit zwischen Umwidmung und Rückwidmung entstanden sind, vorgesehen sei - solche seien übrigens gar nicht behauptet worden -, sei es nicht erforderlich, das Verfahren zur Klärung derartiger Ersatzansprüche, die im übrigen nur aus einer Wertminderung gemäß Absatz 2 des § 25 resultieren könnten, zu ergänzen. Da sohin durch die Rückwidmung des gegenständlichen Grundstückes auf Bauland für den Antragsgegner keine Wertverminderung des Grundstückes im Sinne der Bestimmung des § 25 Abs 2 O.ö.ROG vorliege, sei dem Antragsgegner keine Entschädigung zuzuerkennen gewesen. Die bindende Wirkung der Entscheidung im Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn, BauR-030104/We, wonach grundsätzlich ein Entschädigungsanspruch bestehe, hindere diese Entscheidung nicht, weil infolge der erfolgten Rückwidmung der Entschädigungsanspruch durch Zurückversetzung in den vorigen Stand (§ 1323 ABGB) der Höhe nach Null betrage.

Rechtliche Beurteilung

Gegen den Beschluß des Rekursgerichtes wendet sich der Revisionsrekurs des Antragsgegners aus den Anfechtungsgründen der offenbaren Gesetzwidrigkeit, der Aktenwidrigkeit, Nichtigkeit, Mangelhaftigkeit des Verfahrens, unrichtigen Tatsachenfeststellung und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne der Wiederherstellung des Beschlusses des Erstgerichtes.

Auf die von der Antragstellerin eingebrachte Revisionsrekursbeantwortung war nicht einzugehen, weil in dem gemäß § 25 Abs 4 O.ö.ROG anzuwendenden Verfahren außer Streitsachen - von hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmen abgesehen - eine Rekursbeantwortung nicht vorgesehen ist (vgl. SZ 57/136 ua; siehe auch unten).

Der Revisionsrekurs ist im Sinne einer Aufhebung der angefochtenen Entscheidung berechtigt.

Unter dem Anfechtungsgrund der Nichtigkeit im Sinne des § 477 Z 4 und 9 ZPO rügt der Antragsgegner die Unterlassung der Zustellung der im Amtsvermerk vom 12. Februar 1987 vom Rekursgericht festgehaltenen Auskunft der Antragstellerin über die Umwidmung des Grundstückes Nr. 134 KG S*** sowie des Rekurses der Antragstellerin an ihn zur Ermöglichung der Erstattung einer Rekursbeantwortung. Dadurch sei das Parteiengehör in einer einem Nichtigkeitsgrund gleichkommenden Weise verletzt worden. Diesen Ausführungen ist zu erwidern, daß die Antragstellerin bereits in ihrem verfahrenseinleitenden Antrag ON 1 vorbrachte, daß inzwischen bereits wieder die Umwidmung des Grundstückes Nr. 134 der KG S*** in Industriebaugebiet durchgeführt worden sei und der Antragsgegner in seiner Stellungnahme (AS 6) auf dieses Vorbringen einging. Eine Verletzung seines rechtlichen Gehörs durch die Nichtzustellung der vom Rekursgericht eingeholten Auskunft der Antragstellerin über die Umwidmung des gegenständlichen Grundstückes in Industriebaugebiet durch Änderung des Flächenwidmungsplanes mit Bescheid vom 25. November 1985 wurde daher durch die Unterlassung der Zustellung des betreffenden Amtsvermerks an den Antragsgegner nicht bewirkt. Überdies hatte der Antragsgegner Gelegenheit, zu dieser in der Rekursentscheidung behandelten Frage in seinem Revisionsrekurs Stellung zu nehmen, wovon er auch Gebrauch machte. Was die Unterlassung der Zustellung des Rekurses der Antragstellerin an den Antragsgegner zur Ermöglichung der Erstattung einer Rekursbeantwortung betrifft, ist der Revisionsrekurswerber darauf zu verweisen, daß im Verfahren außer Streitsachen, auf das § 25 Abs 4 O.ö.ROG verweist, das Rechtsmittel grundsätzlich nicht zweiseitig und daher dem Gegner zur Erstattung einer Rekursbeantwortung nicht zuzustellen ist (SZ 57/136 u.a.). Die - hier nicht in Betracht kommenden - Ausnahmen von diesem Grundsatz sind ausdrücklich angeordnet (etwa §§ 227 Abs 2, 231 Abs 2, 249 Abs 2 AußStrG, § 30 Abs 4 und 5 EisbEG u.a.). Eine Verletzung seines rechtlichen Gehörs vermochte der Antragsgegner daher nicht aufzuzeigen.

Zum Nichtigkeitsgrund nach § 477 Abs 1 Z 9 ZPO enthält der Rekursgrund der Nichtigkeit keine Ausführungen. Lediglich unter dem Anfechtungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung führt der Antragsgegner aus, die rechtliche Beurteilung des Rekursgerichtes sei "in sich selbst widersprüchlich, weil der aufrechte Bestand des Verwaltungsbescheides der Bezirkshauptmannschaft Braunau angenommen wird und ungeachtet dessen rechtsirrig eine streiterhebliche Rückwidmung angenommen wird, sodaß der Entschädigungsanspruch nachträglich erloschen sei". Hiebei übersieht der Antragsgegner, daß dieser Nichtigkeitsgrund nicht etwa einen Widerspruch in den Gründen, sondern im Spruch der Entscheidung betrifft (vgl. EvBl 1958/11 u.a.). Einen solchen Widerspruch im Spruch der Entscheidung des Rekursgerichtes vermochte der Antragsgegner jedoch ebensowenig darzutun wie das Vorliegen der übrigen im § 477 Abs 1 Z 9 ZPO genannten Voraussetzungen, nämlich einer so mangelhaften Fassung der Entscheidung, daß eine Überprüfung nicht mit Sicherheit vorgenommen werden kann, oder, daß für die Entscheidung überhaupt keine Gründe angegeben wurden. Eine Nichtigkeit der Entscheidung liegt daher nicht vor.

Unter dem Anfechtungsgrund der Aktenwidrigkeit führt der Antragsgegner aus, das Rekursgericht sei auf Grund der Auskunft der Antragstellerin vom 12. Februar 1987, daß das gegenständliche Grundstück in Industriebaugebiet umgewidmet wurde, zur Feststellung eines fehlerhaften Sachverhaltes in einem wesentlichen Punkt dadurch gelangt, daß es infolge dieser Umwidmung die "Herstellung des vorigen Zustandes" hinsichtlich des gegenständlichen Grundstückes angenommen habe. Vor Erlassung des Flächenwidmungsplanes sei das Grundstück aber als Baugrundstück, also sowohl für Wohnbauten als auch für Betriebe bzw. Industriebauten geeignet gewesen. Mit diesem Vorbringen vermag der Antragsgegner jedoch keine Aktenwidrigkeit, nämlich die unrichtige Wiedergabe des Akteninhaltes in einem wesentlichen Punkt, aufzuzeigen, weil das Rekursgericht auf Grund des Sachverständigengutachtens ohnehin davon ausging, daß das gegenständliche Grundstück zum Zeitpunkt des Kaufes durch den Antragsgegner als Bauland gewidmet war (ON 21, S 4). Die Ausführungen stellen sich vielmehr als Bekämpfung der rechtlichen Beurteilung des Rekursgerichtes dar. Es liegt daher auch der Anfechtungsgrund der Aktenwidrigkeit nicht vor.

Hingegen kommt dem Anfechtungsgrund der Mangelhaftigkeit des Verfahrens, unter welchem der Antragsgegner unter anderem ausführt, da das Rekursgericht die Frage der Zurückversetzung in den vorigen Stand durch Rückwidmung des gegenständlichen Grundstückes für erheblich erachtete, sei das Verfahren hinsichtlich der Aufnahme von Beweisen zum Vergleich betreffend die Baulandeignung vor und nach Erlassung des Flächenwidmungsplanes mangelhaft geblieben, im Ergebnis Berechtigung zu. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn stützte ihre Entscheidung über die Verpflichtung der Gemeinde S*** zur Leistung einer Entschädigung an den nunmehrigen Antragsgegner auf die Bestimmungen des § 25 Abs 2 und 3 O.ö.ROG. Auch die Parteien des vorliegenden Verfahrens gingen ausschließlich von der Bestimmung des § 25 Abs 2 O.ö.ROG als Grundlage für einen Entschädigungsanspruch des Antragsgegners aus. § 25 Abs 2 bis 4 des Oberösterreichischen Raumordnungsgesetzes LGBl. 1972/18 idgF lauten:

"(2) Wird durch Erlassung oder Änderung eines Flächenwidmungsplans ein als Bauland im Sinne des § 16 Abs 1 geeignetes Grundstück zur Gänze oder überwiegend von Bauland umschlossen und entsteht dadurch, daß das umschlossene Grundstück nicht ebenfalls als Bauland gewidmet wird, eine Wertverminderung gegenüber seinem Wert vor der Erlassung oder Änderung des Flächenwidmungsplans, so hat die Gemeinde dem Eigentümer dieses Grundstückes Entschädigung im Ausmaß der Wertminderung zu leisten.

(3) Der Antrag auf Entschädigung (Abs 1 und 2) ist bei sonstigem Anspruchsverlust innerhalb eines Jahres nach dem Inkrafttreten des den Anspruch begründenden Flächenwidmungsplans oder Bebauungsplans bei der Bezirksverwaltungsbehörde einzubringen. Die Bezirksverwaltungsbehörde hat über das Bestehen des Anspruches und gegebenenfalls über die Höhe der Entschädigung (Entschädigungsbetrag) zu entscheiden. Der Entschädigungsbetrag ist auf Grund der Schätzung mindestens eines beeideten Sachverständigen festzusetzen.

(4) Gegen die Festsetzung des Entschädigungsbetrages (Abs 3) ist keine Berufung zulässig. Jede Partei kann jedoch innerhalb von sechs Monaten nach Zustellung des Bescheides der Bezirksverwaltungsbehörde die Festsetzung des Entschädigungsbetrages im Verfahren außer Streitsachen bei jenem Bezirksgericht begehren, in dessen Sprengel sich das Grundstück befindet. Der Bescheid der Bezirksverwaltungsbehörde tritt hinsichtlich der Festsetzung des Entschädigungsbetrages mit der Anrufung des Gerichtes außer Kraft. Der Antrag an das Gericht auf Festsetzung des Entschädigungsbetrages kann nur mit Zustimmung des Antragsgegners zurückgezogen werden; in diesem Falle gilt, sofern keine andere Vereinbarung getroffen wurde, der im Bescheid der Bezirksverwaltungsbehörde festgesetzte Entschädigungsbetrag als vereinbart."

Abs 2 sieht somit, wie das Rekursgericht zutreffend erkannte, ausschließlich eine Entschädigung für die Wertverminderung eines Grundstückes vor. Soweit der Antragsgegner die Entschädigung von ihm angeblich erwachsenen Aufwendungen, etwa für Kreditzinsen, Anwaltskosten, Verdienstentgang u.dgl. anstrebt, bietet das Gesetz hiefür keine Grundlage. Entgegen der Auffassung des Revisionsrekurses ist der maßgebliche Bewertungsstichtag nicht jener der Erlassung des ursprünglichen Flächenwidmungsplans der Gemeinde S*** vom 6. Juli 1984. Der Oberste Gerichtshof hat die angefochtene Entscheidung - hier den Beschluß des Rekursgerichtes vom 17. Februar 1987, ON 21 -, auf Grund der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt ihrer Erlassung zu überprüfen (EFSlg 28.375 u.a.). Nach der Feststellung des Rekursgerichtes erfolgte die Änderung des Flächenwidmungsplans vom 6. Juli 1984, in welchem das Grundstück Nr. 134 KG S*** als Grünland ausgewiesen wurde, mit rechtskräftigem Bescheid vom 25. November 1985 dahin, daß das gegenständliche Grundstück auf "Industriebaugebiet" umgewidmet wurde. Entgegen der Auffassung des Revisionsrekurses ist diese vor Einleitung des vorliegenden Verfahrens (Antragstellung am 18.12.1985) eingetretene Sachverhaltsänderung, wie das Rekursgericht zutreffend erkannte, daher bei der allfälligen Bemessung einer Entschädigung des Antragsgegners zu berücksichtigen. Zur Feststellung einer allfälligen Wertverminderung des gegenständlichen Grundstückes im Sinne des § 25 Abs 2 O.ö.ROG durch die Erlassung oder Änderung des Flächenwidmungsplans ist somit ein Vergleich zwischen dem Wert des Grundstückes vor der Erlassung des Flächenwidmungsplans vom 6. Juli 1984 und jenem nach der Änderung des Flächenwidmungsplans durch Bescheid vom 25. November 1985 anzustellen. Ergibt dieser Vergleich eine Wertverminderung, hat der Antragsgegner Anspruch auf Entschädigung, anderenfalls nicht. Für eine Entschädigung zufolge einer Wertverminderung des Grundstückes im Zeitraum zwischen der Erlassung und der Änderung des Flächenwidmungsplans bietet die Bestimmung des § 25 Abs 2 O.ö.ROG keine Grundlage. Entgegen der Auffassung des Rekursgerichts kann aber anhand des festgestellten Sachverhalts noch nicht abschließend beurteilt werden, ob und in welchem Ausmaß beim Vergleich des Wertes des Grundstückes vor Erlassung und nach Änderung des Flächenwidmungsplans eine Wertverminderung eingetreten ist. Die Antragstellerin hat in ihrem Rekurs gegen den Beschluß des Erstgerichtes ON 16 die Grundlagen für die Ermittlung der Wertverminderung des Grundstücks, insbesondere auch das Sachverständigengutachten, aus den Rekursgründen der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und der Entscheidung sowie der unrichtigen und unvollständigen Tatsachenfeststellungen bekämpft. Das Rekursgericht erachtete zwar diese Rekursgründe als zu Recht geltend gemacht, nahm aber von der Erledigung deshalb Abstand, weil es die Auffassung vertrat, schon auf Grund der Rückwidmung des Grundstückes von Grünland in Industriebauland habe eine Wertverminderung des Grundstückes im Sinne des § 25 Abs 2 O.ö.ROG keinesfalls in Betracht kommen können. Ob eine solche Wertverminderung aber tatsächlich eingetreten ist oder nicht, kann nur auf Grund einer für den Vergleich des Grundstückswertes vor der Erlassung und nach der Änderung des Flächenwidmungsplans hinreichend verläßlichen Sachverhaltsgrundlage ermittelt werden. Hiezu bedarf es aber zunächst der Erledigung der im Rekurs der Antragstellerin gegen den Beschluß des Erstgerichts geltend gemachten Anfechtungsgründe der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und der Entscheidung sowie der unrichtigen und unvollständigen Tatsachenfeststellung, die das Rekursgericht, ausgehend von einer vom Obersten Gerichtshof in diesem Punkt nicht geteilten Rechtsauffassung, unterlassen hat. Dem Revisionsrekurs war somit im Sinne einer Aufhebung des angefochtenen Beschlusses Folge zu geben, ohne daß es in diesem Verfahrensstadium eines Eingehens auf die weiteren Rechtsmittelausführungen bedurft hätte. Hinzugefügt sei, daß gemäß § 25 Abs 4 O.ö.ROG das Gericht ausschließlich über die Festsetzung des Entschädigungsbetrages zu entscheiden hat. Die Frage, ob die Verwaltungsbehörde im Sinn des Abs 3 gesondert über das Bestehen des Anspruches und über die Höhe der Entschädigung zu entscheiden hat, inwieweit der Bescheid der Verwaltungsbehörde durch Berufung bekämpft werden kann und ob durch die Anrufung des Gerichtes auch eine allfällige Entscheidung über das Bestehen des Anspruches außer Kraft tritt, ist hier nicht zu erörtern, da Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens lediglich die Festsetzung des Entschädigungsbetrages ist und jedenfalls in diesem Umfang der Bescheid der Verwaltungsbehörde nach der ausdrücklichen Anordnung des Gesetzes außer Kraft tritt.

Ein Ersatz von Verfahrenskosten ist im Verfahren außer Streitsachen, von hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmen abgesehen, nicht vorgesehen.

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