Spruch:
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Text
Begründung
Die Ehe der Eltern des Minderjährigen wurde mit dem Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 30. März 1972 aus dem Verschulden des Vaters geschieden. Der Minderjährige blieb zunächst in Pflege und Erziehung der Mutter. Mit dem Beschluß des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 23. Juli 1976 wurde der Minderjährige dann in Pflege und Erziehung seines Vaters eingewiesen. Mit Beschluß vom 17. März 1987 erkannte das Erstgericht die elterlichen Rechte hinsichtlich des Minderjährigen wieder der Mutter zu.
Das Erstgericht verpflichtete den Vater ab 10. April 1987 zu monatlichen Unterhaltsleistungen für den Minderjährigen von S 1.800,--; ein Unterhaltsmehrbegehren von monatlich S 1.400,-- wurde abgewiesen. Es ging von folgendem Sachverhalt aus:
Der Minderjährige lebt im Haushalt seiner Mutter, die von ihrem Mann erhalten wird und aus der derzeitigen Ehe ein ca. sechsjähriges Kind zu betreuen hat. Er hat im Schuljahr 1984/85 die 4. Klasse (8. Schulstufe) des Realgymnasiums besucht und positiv abgeschlossen. Im Schuljahr 1985/86 besuchte er mit gutem Erfolg den Polytechnischen Lehrgang. Vom 1. September bis 30. Oktober 1986 war er als kaufmännischer Lehrling tätig und bezog eine monatliche Lehrlingsentschädigung von S 2.977,-- netto. Das Lehrverhältnis wurde vom Minderjährigen gelöst, weil er sich den beruflichen Anforderungen nicht gewachsen fühlte. Seit Jänner 1987 besucht der Minderjährige die Friedrich Eymann-Schule, Waldorfschule mit Öffentlichkeitsrecht. Er hat im vergangenen Schuljahr die
9. Schulstufe absolviert und das Klassenziel mit gutem Erfolg erreicht. In den Gegenständen Französisch und Latein (in diesen Gegenständen hatte er vorher keinen Unterricht) sind allerdings Nachprüfungen erforderlich. Die erste Teilprüfung in Französisch hat der Minderjährige bereits bestanden. Derzeit besucht der Minderjährige die 10. Schulstufe der genannten Schule. Der Vater hat noch für seine Frau, die kein eigenes Einkommen bezieht, gesetzlich zu sorgen. Er ist bei der Versicherungsanstalt der österreichischen Bundesländer als Angestellter im Außendienst beschäftigt und hat vom 1. September 1986 bis 31. August 1987 ausschließlich der Familienbeihilfe ein monatliches Durchschnittsnettoeinkommen von
S 9.415,-- (incl. der anteiligen Sonderzahlungen) bezogen. Rechtlich war das Erstgericht der Ansicht, daß dem Vater eine Unterhaltsleistung von S 1.800,-- monatlich finanziell zumutbar sei. Das Rekursgericht bestätigte den erstgerichtlichen Beschluß. Es ergänzte die Feststellungen des Erstgerichtes und nahm weiters als erwiesen an:
Nach Angabe des Vaters vom 21. November 1986 wohnte der Minderjährige schon seit Februar 1986 in der Wohnung der Mutter, obwohl der Vater nocht die Elternrechte hinsichtlich des Minderjährigen hatte. Der Vater gab damals zu, daß es mit dem Minderjährigen Erziehungsprobleme gebe und der Minderjährige in psychiatrischer Behandlung sei. Am 18. November 1986 gab der Minderjährige vor dem Erstgericht zu Protokoll, daß die Zustände für ihn beim Vater nicht auszuhalten seien. Der Vater wolle ihn fertig machen. Er drohe grundlos dem Minderjährigen, ihn in eine Nervenheilanstalt einzuweisen. Seit der Minderjährige bei der Mutter lebe, habe er sich schon sehr gut erholt und an Gewicht zugenommen. Durch den ständigen Schulwechsel und die Schwierigkeiten mit dem Vater sei er nervlich derart belastet, daß er seine Lehre bei Siemens nicht durchstehen habe können. Deshalb sei er zur Erholung zur Großmutter gefahren. Die Mutter und der Minderjährige brachten am 11. September 1987 vor dem Erstgericht vor, daß der Minderjährige wegen des Verfahrens hinsichtlich der Übertragung der Elternrechte seelisch schwer belastet sei und Angstzustände bekomme. Aus der Bestätigung des praktischen Arztes Dr. Herbert K*** vom 18. September 1987 geht hervor, daß der Minderjährige im Oktober 1986 bei ihm in Behandlung wegen eines Kieferkrampfes und der daraus resultierenden Schwierigkeit der Nahrungsaufnahme war. Der Minderjährige mußte auch deshalb damals seine Lehre beenden. Rechtlich war das Rekursgericht der Ansicht, daß einem Minderjährigen zugebilligt werden kann, eine gewählte Berufsausbildung zu ändern, wenn er im Verlauf derselben erkennt, daß sie nicht seinen Interessen entspricht oder er dafür nicht geeignet ist. Voraussetzung dafür sei aber die erforderliche Zielstrebigkeit in dem Sinn, daß umgehend, wenn die mangelnde Eignung erkannt wird, ein anderes Ausbildungsziel gewählt und dieses mit dem entsprechenden Einsatz und Erfolg betrieben wird. Das Mißlingen eines ersten Berufsversuchs könne nicht von vornherein als schuldhafte Ausgliederung aus dem Berufsleben gewertet werden. Dies treffe auch im vorliegenden Fall zu. Dem Minderjährigen müsse die Chance gegeben werden, die Mittelschule zu besuchen, um dort die Matura abzulegen. Dadurch, daß er das Klassenziel in der
9. Schulstufe der Friedrich Eymann-Schule mit gutem Erfolg erreicht und auch die erste Teilprüfung in Französisch bereits abgelegt hat, erweise sich, daß der Minderjährige seinem Mittelschulstudium mit Einsatz und Erfolg nachkommt. Die auferlegte Unterhaltsleistung sei auch der Höhe nach angemessen.
Gegen die Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs des Vaters, in welchem er offenbare Gesetzwidrigkeit im Sinne des § 16 AußStrG geltend macht und - nach seinen eigenen Ausführungen - in erster Linie seine Verpflichtung zur Ermöglichung der vom Minderjährigen gewählten Schulausbildung bekämpft.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist unzulässig.
Es ist zwar richtig, daß keine Bemessungsfrage im Sinne des § 14 Abs 2 AußStrG vorliegt, weil die Vorinstanzen in unmittelbarem Zusammenhang mit der Entscheidung über die Unterhaltsverpflichtung und die dafür maßgebliche Selbsterhaltungsfähigkeit des Unterhaltsberechtigten auch über dessen Berufswahl, insbesondere über die Ermöglichung einer bestimmten Ausbildung, abgesprochen haben (RZ 1977, 125; SZ 51/90; 8 Ob540/82 uva). Der vorliegende Revisionsrekurs ist daher nicht nach § 14 Abs 2 AußStrG unzulässig; allerdings unterliegt er, da er sich gegen eine bestätigende Entscheidung des Rekursgerichtes richtet, den Beschränkungen des § 16 Abs 1 AußStrG:
Nach dieser Gesetzesstelle findet gegen eine bestätigende Entscheidung des Rekursgerichtes nur im Falle einer offenbaren Gesetz- oder Aktenwidrigkeit der Entscheidung oder einer begangenen Nullität die Beschwerde an den Obersten Gerichtshof statt. Das Vorliegen eines dieser Rekursgründe zeigt aber der Rechtsmittelwerber nicht auf. Das Rekursgericht befaßte sich eingehend mit der vorliegenden Problematik und gelangte unter Heranziehung der ständigen Judikatur zur Ansicht, daß bei den gegebenen Verhältnissen die Selbsterhaltungsfähigkeit des Minderjährigen noch nicht eingetreten, seine weitere Berufsausbildung berechtigt und der Vater demnach weiterhin zur Unterhaltsleistung an den Minderjährigen verpflichtet ist. Den entgegenstehenden umfangreichen Ausführungen des Rechtsmittelwerbers kann nur entgegengehalten werden, daß der Vater zu einer höherwertigen Berufsausbildung seines Kindes beizutragen hat, wenn dieses die zum Studium erforderlichen Fähigkeiten besitzt, das Studium ernsthaft und zielstrebig betreibt und wenn dem Vater nach seinen Einkommens- und Vermögensverhältnissen eine solche Beteiligung an den Kosten des Studiums seines Kindes möglich und zumutbar ist (SZ 43/237; SZ 51/90 ua). Auch nachträglich kann dann ein Bedürfnis nach Erfüllung der Pflicht zur Gewährung einer abgeschlossenen Berufsausbildung bestehen, wenn das Kind in einem noch jugendlichen Alter eine seinem Wohl zuwiderlaufende Berufsentscheidung getroffen hat und sich nun eines besseren besinnt (SZ 51/90 ua). Dies ist aber hier nach der eingehend begründeten Ansicht des Berufungsgerichtes der Fall. Die gegenteilige Argumentation des Rechtsmittelwerbers vermag keinen Anhaltspunkt für die Annahme einer offenbaren Gesetzwidrigkeit der angefochtenen Entscheidung zu geben. Eine solche läge nur vor, wenn ein Fall im Gesetz ausdrücklich und so klar gelöst ist, daß kein Zweifel über die Absicht des Gesetzgebers aufkommen kann und trotzdem eine damit im Widerspruch stehende Entscheidung gefällt worden wäre. Dies ist aber bei der die Umstände des Einzelfalles auf der Grundlage der ständigen Judikatur zu beurteilenden Entscheidung des Rekursgerichtes nicht der Fall.
Der Revisionsrekurs war daher als unzulässig zurückzuweisen.
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