OGH 3Ob151/87

OGH3Ob151/8727.1.1988

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Klinger und Dr. Angst als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei DIE E*** Ö*** S***,

1010 Wien, Graben 21, vertreten durch Dr. Peter Karl W*** ua, Rechtsanwälte in Wien, wider die verpflichtete Partei Ing. Franz L***, Angestellter, 1100 Wien, Siccardsburggasse 49/2/1/2, vertreten durch Dr. Heinz-Volker Strobl, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 103.503,- sA, infolge Revisionsrekurses der verpflichteten Partei gegen den Beschluß des Kreisgerichtes Wiener Neustadt als Rekursgerichtes vom 3. August 1987, GZ R 285/87-4, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Wiener Neustadt vom 23. April 1987, GZ E 46/87-2, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Der Verpflichtete ist Eigentümer des halben Anteils der Liegenschaft EZ 55 KG Erlach. Auf der ganzen Liegenschaft ist das Vertragspfandrecht für die Forderung der betreibenden Bank von S 350.000,- sA zu TZ 3386/1979 einverleibt und die Hypothekarklage zu AZ 22 Cg 190/86 des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien angemerkt.

Auf Grund des in diesem Rechtsstreit gegen den Verpflichteten erwirkten rechtskräftigen Versäumungsurteils beantragte die betreibende Bank zur Hereinbringung ihrer vollstreckbaren Forderung von S 103.503,- sA die Exekution durch Zwangsversteigerung der Liegenschaftshälfte des Verpflichteten.

Das Erstgericht wies den Antrag ab. Es stellte fest, daß zu TZ 3386/1979 im gleichen Rang nicht nur auf Grund des Schuldscheines vom 11. Jänner 1979, in welchem sich der Verpflichtete und Erika L*** (die damals Eigentümerin der zweiten Hälfte der Liegenschaft war; sie übertrug diese Liegenschaftshälfte erst am 28. Februar 1980 an die mj. Martina L***, geboren am 30. Jänner 1975) zur ungeteilten Hand zur Erfüllung der Darlehensverbindlichkeiten gegenüber der nun betreibenden Bank verpflichteten und ihr die Liegenschaft verpfändeten, das Pfandrecht für die Forderung von S 350.000,- sA, sondern auch das Veräußerungsverbot zugunsten der Ehefrau Erika L*** einverleibt worden war, das sich die Eheleute mit dem Notariatsakt vom 24. Juli 1978 wechselseitig in Ansehung ihrer Liegenschaftshälften eingeräumt hatten. Im späteren Rang zu TZ 5073/1980 (Verbücherung des Übergabsvertrages vom 28. Februar 1980) ist auf der Liegenschaftshälfte des Verpflichteten noch das Belastungs- und Veräußerungsverbot zugunsten der mj. Marina L*** einverleibt. Das Erstgericht meinte, daß dieses Verbot die Bewilligung der Zwangsversteigerung zur Hereinbringung der durch das Pfandrecht im besseren Rang C-LNr 1 besicherten vollstreckbaren Forderung nicht hindere, wohl aber das im gleichen Rang einverleibte Verbot der Veräußerung der Liegenschaftshälfte zugunsten der Berechtigten Erika L***, deren Zustimmung zur Versteigerung nicht dargetan sei. Der Exekutionstitel enthalte auch keine solidarische Verpflichtung mit der Verbotsberechtigten, weil das Urteil nur gegen den Verpflichteten ergangen sei. Bei gleichem Rang von Pfandrecht und Veräußerungsverbot müsse hingenommen werden, daß das Pfandrecht so lange nur der Sicherung diene, bis nach Wegfall des Veräußerungsverbotes auch eine Befriedigung aus der Pfandsache erfolgen könne. Der zwangsweise Verkauf der Liegenschaftshälfte bei gleichem Rang des Verbotes sei ohne Zustimmung der Verbotsberechtigten nicht zulässig.

Das Rekursgericht bewilligte über den Rekurs der betreibenden Bank die Zwangsversteigerung und sprach aus, daß der Revisionsrekurs gegen den abändernden Beschluß zulässig sei. Die im gleichen Rang vorgenommene bücherlichen Eintragung des Vertragspfandrechtes und des Veräußerungsverbotes unter Eheleuten schlößen einander aus. Das Recht der Verwertung der Pfandsache könne nicht abbedungen werden. Die Wirkungen der in Kollision stehenden Eintragungen seien daher so zu beschränken, daß bei Ausübung jedes der Rechte das andere so wenig als möglich beeinträchtigt werde. Da der Pfandgläubiger bei Leistungsverzug vorzugsweise Befriedigung aus der Pfandsache suchen könne, sei ihm gegenüber das gleichzeitig einverleibte Veräußerungsverbot wirkungslos. Im Range nachfolgende bücherliche Eintragungen seien nur mit Beachtung des Verbotes der Veräußerung möglich. Das im selben Rang einverleibte Verbot gehe dem Pfandrecht aber weder vor noch stehe es nach. Zu der zu lösenden Rechtsfrage fehle eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, weil der Veröffentlichung in NZ 1937, 196 nicht entnommen werden könne, ob dieser Entscheidung, wonach es ein Pfandrecht mit gleichzeitigem Ausschluß des Befriedigungsrechtes nicht gebe, eine gleichrangige Einverleibung von Pfandrecht und Verbot zugrunde lag. Gegen den Beschluß des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs des Verpflichteten, der die Wiederherstellung des erstrichterlichen Beschlusses auf Abweisung des Exekutionsantrages anstrebt.

Rechtliche Beurteilung

Das Rechtsmittel ist rechtzeitig erhoben, weil der Verpflichtete dargetan hat, daß er zur Zeit der Zustellversuche am 24. September 1987 und 25. September 1987 im Ausland war und erst am 10. Oktober 1987 an die Abgabestelle zurückgekehrt ist. Die vierzehntägige Rechtsmittelfrist begann daher nicht schon mit dem auf den ersten Tag der Abholfrist folgenden Tag zu laufen, sondern erst am 12. Oktober 1987 als dem ersten auf die Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist, an dem die hinterlegte Sendung behoben werden konnte (§ 17 Abs 3 ZustG) und an dem der Verpflichtete die Sendung auch behoben hat. Mit der Postaufgabe am 20. Oktober 1987 ist die Rechtsmittelfrist gewahrt. Der Revisionsrekurs ist im Sinne des § 78 EO, § 528 Abs 2 ZPO und § 504 Abs 4 Z 1 ZPO zulässig, weil der Frage erhebliche Bedeutung zukommt, ob der Exekution durch Zwangsversteigerung der verpfändeten Liegenschaft das zugleich mit dem Pfandrechte einverleibte Veräußerungsverbot entgegensteht.

Das Rechtsmittel ist nicht berechtigt.

Der Rechtsansicht des Rekursgerichtes ist beizutreten, daß nur ein dem (das Recht zur Befriedigung aus dem Pfand gewährenden) Pfandrecht des betreibenden Gläubigers im Rang vorgehendes verdinglichtes Veräußerungsverbot die Zwangsversteigerung hindert, (soferne nicht die Zustimmung des Verbotsberechtigten vorliegt oder dieser solidar haftet). Das gleichzeitig mit der Einverleibung des Pfandrechtes an der ganzen Liegenschaft für die Verbindlichkeit der Miteigentümer gegenüber der betreibenden Bank verdinglichte Verbot der Veräußerung hindert die Verwertung der Pfandsache zur Befriedigung der vollstreckbaren Forderung nicht. Die dingliche Wirkung gegen jeden Dritten erlangt die vertragliche Verfügungsbeschränkung des Eigentümers im Sinne des § 364 c ABGB erst mit der Verbücherung. Der maßgebende Zeitpunkt ist der des Einlangens des Ansuchens um Einverleibung beim Grundbuchsgericht (§ 29 Abs 1 GBG). Gesteht man dem Hypothekargläubiger das Recht auf Befriedigung durch Verwertung seines Pfandrechtes zu, so steht, wenn das Pfandrecht den gleichen Rang genießt, weil beide Einverleibungen in einem Gesuch beantragt wurden, das Veräußerungsverbot der Zwangsversteigerung nicht entgegen, weil das Verbot die dingliche Wirkung erst mit dem Zeitpunkt des Ansuchens um die Einverleibung erlangt und daher nur gegen jeden im Rang nachfolgenden, nicht aber den im gleichen Rang stehenden Dritten wirkt. Darauf, ob der urkundliche Nachweis der gesamtschuldnerischen Mithaftung der aus dem Verbot Begünstigten im Sinne der Entscheidung JBl 1987, 582 dann, wenn der Exekutionstitel sich nur gegen den Liegenschaftseigentümer richtet, auch durch die den bücherlichen Eintragungen zugrunde liegende Urkunde - hier durch den Schuldschein vom 11. Jänner 1979 - erbracht werden kann und ob in der im Ansuchen zu erblickenden Einwilligung der Verbotsberechtigte zur Einverleibung des Pfandrechtes auch schon ihre Zustimmung zur exekutiven Veräußerung liegt (dagegen SZ 30/52), kommt es nicht an, weil nach dem Rang des Pfandrechtes kein früher begründetes Veräußerungsverbot dem Zugriff des betreibenden Gläubigers auf die Liegenschaftshälfte des Verpflichteten entgegensteht und daher der Buchstand die Bewilligung der exekutiven Veräußerung des Pfandgegenstandes nicht hindert.

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