OGH 10ObS154/87

OGH10ObS154/8712.1.1988

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Resch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag. Engelmaier und Dr. Kellner sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Franz Trabauer und Peter Pulkrab als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Bogoje V***, 1235 Wien, Breitenfurterstraße 323/Hof EG, vertreten durch Dr. Alois Leyrer, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei P*** DER A***, 1092 Wien,

Roßauer Lände 3, vor dem Obersten Gerichtshof nicht vertreten, wegen Invaliditätspension infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 28. August 1987, GZ 34 Rs 126/87-40, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 25.März 1987, GZ 15 b Cgs 322/86-24, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit Bescheid vom 11.August 1986 lehnte die beklagte Partei den Antrag des Klägers vom 16.Mai 1986 auf Zuerkennung einer Invaliditätspension ab.

Das Erstgericht wies die dagegen erhobene Klage ab. Es stellte fest, daß der am 2.August 1932 geborene Kläger

178 Versicherungsmonate erworben hat. Der Kläger, der seit 1970 in Österreich in verschiedenen Branchen als Hilfsarbeiter tätig war, hat keinen Beruf erlernt. Er ist nach dem zusammenfassenden medizinischen Leistungskalkül noch in der Lage, leichte und mittelschwere Arbeiten ohne häufiges tiefes Bücken unter Kniehöhe und ohne Arbeiten in ständig gebückter Stellung aber unter dauerndem besonderem Zeitablauf zu verrichten. Er ist unterweisbar und kann eingeordnet werden, die Fingerfertigkeit ist erhalten, das Zurücklegen der Anmarschwege ist gewährleistet.

Eine Arbeitskraft mit den Leistungseinschränkungen des Klägers könne weiterhin als Hilfsarbeiter in zahlreichen Branchen, so etwa als Abgrater in der Kunststoffindustrie, Hadernschneider, Gartenarbeiter in einer Ziergärtnerei oder Autowäscher arbeiten, eine Verweisung auf den allgemeinen Arbeitsmarkt sei möglich, Invalidität nach § 255 Abs 3 ASVG liege daher nicht vor. Das Berufungsgericht gab der wegen mangelhafter und unrichtiger Tatsachenfeststellung (und soweit ausgeführt wurde, daß eine Verweisung auf den allgemeinen Arbeitsmarkt nicht möglich sei, auch wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung) erhobenen Berufung keine Folge.

In seinen Revisionsausführungen macht der Kläger, ohne einen Revisionsgrund ausdrücklich zu bezeichnen, inhaltlich unrichtige Beurteilung geltend, wenn er ausführt, es fehle an Feststellungen welche gleiche oder gleichartige ungelernte Tätigkeit er in den letzten 15 Jahren ausgeübt habe, dies aber wäre erforderlich gewesen, weil er das 55. Lebensjahr vollendet habe und er die Tätigkeit als Blei- und Bauarbeiter nicht mehr leisten könne. Überdies könne er in den genannten Verweisungsberufen nicht einmal 50 % seines bisherigen Verdienstes erzielen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionswerber weist selbst darauf hin, daß bei der rechtlichen Beurteilung der Stichtag 1.6.1986 zugrunde zu legen ist. Zu diesem Stichtag hatte er das 55. Lebensjahr noch nicht vollendet, sodaß das Vorliegen der Invalidität nicht nach § 255 Abs 4 ASVG sondern nach dessen Abs 3 zu beurteilen ist. Sind aber die Voraussetzungen des § 255 Abs 4 ASVG nicht erfüllt, gebührt Versicherten in ungelernten Berufen eine Leistung wegen geminderter Arbeitsfähigkeit grundsätzlich erst dann, wenn sie nicht mehr imstande sind, eine auf dem Arbeitsmarkt noch bewertete Tätigkeit zu verrichten. Das Verweisungsfeld ist somit mit dem Arbeitsmarkt ident (10 Ob S 12/87, Schrammel zur Problematik oder Verweisung in der PV und UV, ZAS 1984, 83 f).

Es bedarf keiner näheren Erörterung - und wird in der Revision auch gar nicht bestritten -, daß für einen Versicherten mit dem Leistungskalkül des Klägers abstrakt nicht nur die beispielsweise vom Erstgericht aufgezählten Verweisungsberufe sondern darüber hinaus noch eine große Zahl weiterer, auf dem Arbeitsmarkt noch bewertete Tätigkeiten vorhanden sind. Nur wenn der Versicherte nicht in der Lage ist, zumindest die Hälfte des Durchschnittsverdienstes in solchen Tätigkeiten - und nicht wie der Revisionswerber meint in den bisher ausgeübten Tätigkeiten - zu erreichen, liegen die Voraussetzungen des § 255 Abs 3 ASVG vor. Ist aber ein Versicherter in der Lage, eine Verweisungstätigkeit ohne jede Einschränkung auszuüben, so ist davon auszugehen, daß er in der Lage ist, ein Einkommen in Höhe des Durchschnittsverdienstes, zumindest aber den kollektivvertraglichen Lohn zu erzielen (10 Ob S 20/87, 10 Ob S 71/87).

Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte