OGH 8Ob627/87

OGH8Ob627/8718.12.1987

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Stix als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Vogel, Dr. Kropfitsch und Dr. Zehetner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Hertha B***, Pensionistin, Hameaustraße 9a/17, 1190 Wien, vertreten durch Dr. Gerhard Winterstein, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Dr. Ernest B***, Pensionist, Wilchensweg 4/9, 1190 Wien, vertreten durch Dr. Viktor Chorinsky, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterhalt, infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien als Berufungsgerichtes vom 24. Februar 1987, GZ 47 R 2006/87-17, womit die Einrede der zu 1 C 5/85 des Bezirksgerichtes Döbling entschiedene Streitsache verworfen wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Rekurs wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung

Mit der am 27. Februar 1986 beim Erstgericht eingelangten Klage begehrte die Klägerin den Zuspruch eines monatlichen Unterhaltsbetrages von S 12.000,-- beginnend mit 1. März 1986 und brachte vor, ihre Ehe mit dem Beklagten sei mit dem am 18. Mai 1982 in Rechtskraft erwachsenen Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 31. Dezember 1980 geschieden worden. Einem Gesamteinkommen des Beklagten aus Pensionen, Versehrtenrente, Mietzinseinkünften und Erträgnissen aus Wertpapieren von zirka S 60.000,-- monatlich netto, stehe ein Einkommen der Klägerin aus Pension, Mietzinseinkünften und Wertpapieren von zirka S 15.000,-- monatlich netto gegenüber. Die Gesamtsumme dieser Einkünfte von S 75.000,-- sei unter Rücksichtnahme auf die Sorgepflicht des Beklagten für die Tochter der Streitteile mit 36 % zu belasten, sodaß sich ein Betrag von S 27.000,-- ergebe, wovon die eigenen Einkünfte der Klägerin abzuziehen seien.

Der Beklagte erhob die Einrede der zu 1 C 5/85 des Erstgerichtes entschiedenen Streitsache sowie die Einwendung der zu 1 C 15/85 verglichenen Streitsache. Im übrigen beantragte er Klagsabweisung und wendete ein, es sei gegenüber dem Zeitpunkt 8. Mai 1985 (Abschluß des Vergleiches zu 1 C 15/85 des Erstgerichtes) keine Änderung bei den "der Klägerin bekannten" Verhältnissen eingetreten. Der Umstand, daß die Klägerin mit 1. Februar 1986 Pensionsbezüge erhalte, stelle eine Änderung zu ihren Gunsten dar und bewirke, daß die im Vergleich vom 8. Mai 1985 festgesetzte Unterhaltszahlung ruhe, so lange sie die Pension beziehe. Eine bedeutende Änderung der Verhältnisse sei auch seit Abschluß des Vergleiches zu 1 F 9/82 vom 7. November 1984 nicht eingetreten. Die Wohnung in Wien 19., Hameaugasse 9a, top Nr. 8 sei seit September 1985 nicht vermietet, die Wohnung in Kitzbühel werde nur fallweise vom Beklagten vermietet. Demgegenüber brachte die Klägerin vor, der Vergleich vom 8. Mai 1985 zu 1 C 15/85 habe nur die Zeitspanne bis 1. Februar 1986 beinhaltet.

In der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 14. Mai 1986 "spezifizierte" die Klägerin ihr Klagebegehren dahingehend, der Beklagte sei schuldig, neben den bereits auf Grund des Anerkenntnisurteiles des Bezirksgerichtes Döbling vom 1. August 1983, 1 C 26/83 zuerkannten monatlichen Unterhaltsbeträgen von S 7.000,-- ab 1. März 1986 einen weiteren Unterhaltsbetrag von S 5.000,-- monatlich zu bezahlen.

Das Erstgericht gab der Klage statt, wobei es in den Entscheidungsgründen ausführte, es liege weder eine rechtskräftig entschiedene, noch eine verglichene Rechtssache vor. Infolge Berufung des Beklagten verwarf das Gericht zweiter Instanz mit Beschluß die Einrede der zu 1 C 5/85 des Bezirksgerichtes Döbling entschiedenen Streitsache; im übrigen wurde das Urteil des Erstgerichtes im Sinne des Zuspruches eines weiteren monatlichen Unterhaltsbetrages von S 3.500,-- ab 1. März 1986 an die Klägerin und Abweisung des Mehrbegehrens abgeändert. Das Berufungsgericht erklärte die Revision für nicht zulässig. Gegen den Beschluß des Berufungsgerichtes über die Verwerfung der Einrede der entschiedenen Streitsache wendet sich der Rekurs des Klägers aus dem Anfechtungsgrund der Nichtigkeit nach § 477 Abs 1 Z 9 ZPO mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne der Stattgebung der Einrede der zu 1 C 15/85 des Bezirksgerichtes Döbling entschiedenen Streitsache, Aufhebung des Urteiles des Berufungsgerichtes und Zurückweisung der Klage.

Die Klägerin hat keine Rekursbeantwortung erstattet.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist unzulässig.

Der Rekurswerber führt aus, das Berufungsgericht habe mit Beschluß vom 24. Februar 1987, ON 17, "die Einrede der zu 1 C 5/85 des Bezirksgerichtes Döbling entschiedene Streitsache verworfen."

Tatsächlich habe er die Einrede der zu 1 C 15/85 des Bezirksgerichtes Döbling entschiedene Streitsache erhoben, was sich aus der beigelegten Ablichtung der Übertragung des handschriftlichen Protokolles zur öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Bezirksgericht Döbling vom 19. März 1986, 1 C 5/86 -3, eindeutig ergebe. Wenn im angefochtenen Urteil die Einrede der zu 1 C 5/85 des Bezirksgerichtes Döbling entschiedene Rechtssache verworfen wird, so habe zweifellos das Berufungsgericht irrtümlich übersehen, daß zu 1 C 15/85 (vorher 1 C 26/83) des Bezirksgerichtes Döbling über die Klage auf Unterhalt von monatlich S 8.000,-- der nunmehrigen Klägerin durch ein Anerkenntnisurteil entschieden und sodann ein Vergleich abgeschlossen worden sei. Es liege also zweifellos mit der Annahme des Berufungsurteiles, daß die Einrede der zu 1 C 5/85 des Bezirksgerichtes Döbling entschiedene Streitsache erhoben wurde, eine "andere offenbare Unrichtigkeit in dem Urteil" im Sinne § 419 Abs 1 zw. ein unvollständiges Erkenntnis im Sinne des § 423 ZPO vor. Er beantrage daher die Berichtigung des Beschlusses des Berufungsgerichtes im Sinne der Stattgebung der Einrede der zu 1 C 15/85 des Bezirksgerichtes Döbling entschiedenen Streitsache und erhebe für den Fall der Abweisung des Antrages das Rechtsmittel des Rekurses wegen Nichtigkeit nach § 477 Abs 1 Z 9 ZPO. Das Berufungsgericht hat den Antrag des Beklagten auf Berichtigung bzw. Ergänzung seines Beschlusses vom 24. Februar 1987 mit Abschluß vom 2. April 1987 abgewiesen.

Den Rekursausführungen ist zu erwidern, daß das Erstgericht in den Gründen seiner Entscheidung, das Berufungsgericht jedoch mit Beschluß die vom Beklagten erhobene Einrede der zu 1 C 5/85 des Bezirksgerichtes Döbling entschiedenen Streitsache verworfen hat. Prozeßhindernisse können in höherer Instanz nicht mehr wahrgenommen werden, wenn - wie hier - eine sie betreffende bindende Entscheidung des Berufungsgerichtes entgegensteht. Die in § 42 Abs 3 JN für einzelne Prozeßhindernisse normierten Rechtsfolgen gelten nach Lehre und Rechtsprechung (vgl. Fasching I, 271; SZ 28/265 ua) für alle Prozeßhindernisse (SZ 54/190 ua.). Soweit der Beklagte Nichtigkeit des Beschlusses des Berufungsgerichtes geltend macht, ist er darauf zu verweisen, daß der Oberste Gerichtshof nach nunmehr ständiger Rechtsprechung an eine vom Rechtsmittelgericht erfolgte Verneinung einer Nichtigkeit der Entscheidung des Erstrichters gebunden ist (SZ 54/190; RZ 1976/110 ua.). Da das Berufungsgericht somit für den Obersten Gerichtshof bindend das Vorliegen des Prozeßhindernisses der entschiedenen Streitsache verneint hat, war der Rekurs des Klägers zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

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