OGH 3Ob154/87

OGH3Ob154/8716.12.1987

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof.Dr.Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Hule, Dr.Warta, Dr.Klinger und Dr.Angst als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Peter S***, Kaufmann, Graz, Karlauerplatz 4, vertreten durch Dr.Franz Wiesner ua, Rechtsanwälte in Graz, wider die beklagte Partei Waltraud H***, Gastwirtin, Graz, Fasangasse 20, vertreten durch Dr.Teja H. Kapsch, Rechtsanwalt in Graz, wegen Herausgabe beweglicher Sachen, infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Berufungsgerichtes vom 26.Mai 1987, GZ 27 R 128/87-21, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 11.März 1987, GZ 4 C 42/86-15, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird teilweise Folge gegeben.

Das Urteil des Berufungsgerichtes wird in der Abweisung des Klagebegehrens, den Spielautomaten "Flipper Time Maschine" herauszugeben, als Teilurteil bestätigt.

Im übrigen, nämlich betreffend die Herausgabe der Spielautomaten

1) "Monte Carlo Geldspieler", 2) "Casino Super 2000" und 3) "TV Tisch Apple Time", wird das Urteil des Berufungsgerichtes aufgehoben und die Rechtssache in diesem Umfange zur neuerlichen Entscheidung über die Berufung der beklagten Partei an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Die Entscheidung über die Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens wird dem Endurteil vorbehalten.

Text

Entscheidungsgründe:

Zur Hereinbringung von S 55.588,96 sA führte die klagende Partei gegen die verpflichtete Partei Hugo A*** Fahrnisexekution. Weil sich vier Automaten im Zeitpunkt der geplanten Pfändung in der Gewahrsame der beklagten Partei befanden, die ihre Zustimmung zur Vornahme der Pfändung verweigerte, wurde der klagenden Partei die Pfändung und Überweisung des Herausgabeanspruches des Verpflichteten gegen die beklagte Partei für diese vier Automaten bewilligt. Gestützt auf diese Exekutionsbewilligung begehrt die klagende Partei die Herausgabe der vier Automaten.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und erhob nur die Einwendung, die vier Automaten seien ihr als Sicherheit für ein Darlehen zum Pfand gegeben worden. Sie sei nur zur Herausgabe bereit, wenn ihr das Darlehen rückerstattet werde. Die klagende Partei, welche in der Klage behauptet hatte, alle vier Spielautomaten gehörten dem Verpflichteten, brachte während des Verfahrens vor, der Spielautomat "Flipper Time Maschine" stehe noch im Vorbehaltseigentum der Lieferfirma T.A.B. T*** A***-BAU und Handelsgesellschaft m.b.H.; zu dieser Behauptung nahm die beklagte Partei nicht Stellung.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es nahm nicht als erwiesen an, daß die von der beklagten Partei behauptete Verpfändung stattgefunden habe. Es stellte fest, daß der Automat "Flipper Time Maschine" noch im Vorbehaltseigentum der Lieferfirma stehe, während die drei übrigen Automaten einer vom Verpflichteten und Eduard B*** betriebenen Gesellschaft bürgerlichen Rechts gehörten. Das Berufungsgericht änderte das Urteil des Erstgerichtes dahin ab, daß das Klagebegehren abgewiesen wurde. Ausgehend von den Tatsachenfeststellungen des Erstgerichtes über die Eigentumsverhältnisse an den vier Automaten vertrat das Berufungsgericht folgende Rechtsansicht:

Voraussetzung einer Exekution nach § 325 EO sei es, daß davon eine im Eigentum des Verpflichteten stehende Sache betroffen sei. Wenn hingegen die Sachen wie im vorliegenden Fall teilweise dem Verpflichteten und einer weiteren Person gemeinschaftlich (im Rahmen einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts) oder überhaupt einem Dritten (wegen eines vereinbarten Eigentumsvorbehalts) gehörten, könne der Herausgabeklage der betreibenden Partei nicht stattgegeben werden. Es müsse daher die Mängel- und Beweisrüge zur strittigen Verpfändung nicht behandelt werden.

Das Berufungsgericht sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 60.000,-- (und damit auch die richtige Wertgrenze von S 15.000), nicht aber S 300.000,-- übersteige und die Revision nicht zulässig sei, weil nicht von einer Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abgewichen werde.

Die Revision der klagenden Partei ist ungeachtet dieses Ausspruches zulässig, weil durch die Entscheidung des Berufungsgerichtes einerseits überschießende Tatsachenfeststellungen des Erstgerichtes verwertet wurden, die gänzlich außerhalb des Vorbringens der beklagten Partei lagen und daher nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes unbeachtlich waren (ÖBl 1976, 27; NZ 1982, 154), und andererseits zur Frage der Zulässigkeit einer Exekution nach § 325 EO ff bei bestehendem Vorbehaltseigentum soweit ersichtlich keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes vorhanden ist.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist teilweise berechtigt.

Die Exekution nach § 325 EO ff ist, wenn sie sich auf bewegliche Sachen bezieht, eine sogenannte vorbereitende Exekution, welche den Zweck hat, nach durchgeführter Herausgabe die anschließende Exekution nach § 349 EO ff zu ermöglichen. Wenn von vorneherein feststeht, daß eine Sache nicht im Eigentum des Verpflichteten steht oder das fehlende Eigentumsrecht auch nicht durch die vollzogene Herausgabe entsteht, und wenn daher eine Fahrnisexekution nicht in Betracht kommt, weil es sich nicht um eine Sache "des Verpflichteten" handelt, dann ist auch die vorbereitende Exekution auf einen Herausgabeanspruch unzulässig.

Weder bei der Fahrnisexekution noch bei der vorbereitenden Exekution auf einen Herausgabeanspruch ist aber von Amts wegen zu prüfen, ob die Sache im Eigentum des Verpflichteten steht, sondern grundsätzlich ist es einem allfälligen Dritten anheimzustellen, seine Rechte im Wege einer Klage nach § 37 EO geltend zu machen. Es war daher im vorliegenden Fall bei jenen Gegenständen, an denen dem Verpflichteten angeblich nur Miteigentums- oder Gesellschaftsanteilsrechte zustehen, ohne Einwendung der beklagten Partei und hier auch ohne Behauptung der klagenden Partei nicht zulässig, auf Grund der gänzlich außerhalb des Vorbringens der Streitteile liegenden überschießenden Feststellungen des Erstgerichtes die Unzulässigkeit der Exekutionsführung wahrzunehmen. Es muß daher nicht dazu Stellung genommen werden, welche Rechtsstellung eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts und ihre Gesellschafter haben und wie auf Gesellschaftsvermögen Exekution geführt werden könnte. Bei diesen drei Gegenständen war vielmehr ausschließlich zu prüfen, ob das von der beklagten Partei der Herausgabe und der Fahrnispfändung allein entgegengehaltene Pfandrecht besteht oder nicht.

Das Berufungsgericht durfte daher in diesem Umfange die Mängel- und Beweisrüge der Berufung der beklagten Partei nicht als unerheblich beachten und unerledigt lassen.

Anders verhält es sich mit dem vierten Gegenstand. Hier hat die klagende Partei, wenn auch zu ihrem Nachteile, ausdrücklich behauptet, daß ein noch aufrechtes Vorbehaltseigentum der Lieferfirma bestehe. Die anfänglich schlüssig gewesene Klage wurde durch das ergänzende Vorbringen am Ende der Tagsatzung vom 15. Mai 1986 und im Schriftsatz ON 8, vorgetragen in der Tagsatzung vom 28.August 1986, nachträglich unschlüssig. Hier lagen die Feststellungen des Erstgerichtes nicht außerhalb des Vorbringens der Streitteile und wurden vom Berufungsgericht mit Recht berücksichtigt. Der erkennende Senat folgt Bydlinski (Klang2 IV/2, 599) aus dessen Gründen nicht der Lehre von der notwendigen "Doppelpfändung", nämlich einerseits Pfändung des Anwartschaftsrechtes nach § 331 EO und andererseits Pfändung der Sache selbst (Frotz, Kreditsicherung 168). Eine vorbereitende Exekution nach § 325 EO zur Ermöglichung einer Fahrnisexekution zusätzlich zur darüber hinaus erforderlichen Exektution nach § 331 EO ist daher überflüssig und unzulässig. Durch die Pfändung des Herausgabeanspruches entstand nicht das Recht der betreibenden Partei, jetzt auf Herausgabe einer Sache zu klagen, die nicht Gegenstand einer Fahrnisexekution sein kann.

In diesem Umfange war daher das Urteil des Berufungsgerichtes als Teilurteil zu bestätigen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 52 Abs 2 ZPO.

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