OGH 10Ob527/87

OGH10Ob527/8715.12.1987

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Resch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag. Engelmaier, Dr. Angst, Dr. Bauer und Dr. Kellner als weitere Richter in der Abhandlungssache nach der am 20. November 1986 verstorbenen Maria Antonia K***, früher Geschäftsfrau, 9210 Pörtschach, Hauptstraße 133, infolge Rekurses der Charlotte A***, Geschäftsfrau, 8010 Graz, Grillparzerstraße 7, vertreten durch Dr. Guido Held, Rechtsanwalt in Graz, gegen den Beschluß des Landesgerichtes Klagenfurt als Rekursgerichtes vom 23. Oktober 1987, GZ 1 R 498/87-44, womit der Rekurs der nunmehrigen Rechtsmittelwerberin gegen den Beschluß des Bezirksgerichtes Klagenfurt vom 28. August 1987, GZ 1 A 1172/86-36, zurückgewiesen wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Mit rechtskräftigem erstgerichtlichem Beschluß vom 7. März 1987, ON 16, wurde dem aufgrund des Testamentes vom 26. August 1986 zum gesamten Nachlaß unbedingt erbserklärten Erben Dr. Leopold T*** unter anderem nach § 810 ABGB und § 145 AußStrG die Besorgung und Verwaltung der Verlassenschaft überlassen (Punkt 3.) und zur Rechnungslegung, Erstattung des eidesstättigen Vermögensbekenntnisses und für die Schlußanträge eine Frist bis 30. April 1987 gesetzt (Punkt 7.), die später erstreckt wurde. Zum Nachlaß gehört auch die Liegenschaft EZ 170 Grundbuch Pörtschach am See, Seehotel K*** in Pörtschach, Hauptstraße 133. Im erwähnten Testament hat die Erblasserin eine fideikommissarische Substitution in der Weise angeordnet, daß der Erbe verpflichtet ist, die genannte Liegenschaft nach seinem Tod seiner Tochter Charlotte A*** als Vermächtnis zu überlassen.

Am 22. Juni 1987 beantragte der Erbe, ihm die aufgetragene Rechnungslegung zu "streichen" (ON 28).

Mit Beschluß vom 28. August 1987 befreite das Erstgericht den Erben von der ihm im Beschluß vom "30. April 1987" (richtig: 7. März 1987) auferlegten Verpflichtung zur Rechnungslegung. Dagegen erhob Charlotte A*** Rekurs, in dem sie die Abweisung des Antrages des Erben vom 22. Juni 1987 beantragte, weil dieser gegenüber dem Abhandlungsgericht zur Rechnungslegung verpflichtet sei.

Das Rekursgericht wies dieses Rechtsmittel zurück. Die Rekurswerberin sei als uneigentliche Nachlegatarin bezüglich der das Vermächtnis betreffenden verlassenschaftsgerichtlichen Verfügungen Beteiligte im Sinne des § 9 AußStrG und als solche zu Rechtsmitteln gegen unmittelbar in ihre Vermögensrechte eingreifende Verfügungen legitimiert. Der angefochtene Beschluß sei keine solche Verfügung. Eine Einflußnahme auf die Bewirtschaftung des Substitutionsgutes stehe der Nachlegatarin nicht zu. Daß die Vornahme von Sicherungsmaßnahmen während des Verlassenschaftsverfahrens angezeigt wäre, sei im Rekurs nicht einmal behauptet worden.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich der - unrichtig als außerordentlicher Revisionsrekurs bezeichnete - Rekurs Charlotte A*** mit den Anträgen, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und den Befreiungsantrag des Erben abzuweisen, allenfalls den angefochtenen Beschluß zwecks Sachentscheidung durch das Rekursgericht aufzuheben. Das Rechtsmittel ist zulässig, aber nicht berechtigt. Nach § 652 ABGB kann der Erblasser bei einem Vermächtnis eine gemeine oder fideikommissarische Substitution anordnen. Dabei sind die im 10. Hauptstück "Von Nacherben" der Ersten Abteilung des Zweiten Teiles des ABGB gegebenen Vorschriften anzuwenden.

§ 652 ABGB gilt sinngemäß, wenn nach der Anordnung des Erblassers aus dem einem Erben zugekommenen Nachlaß beim Tod dieses Erben, bei Eintritt eines sonstigen Termines oder einer Bedingung bestimmte Sachen an begünstigte Personen auszufolgen sind (sogenanntes "uneigentliches Nachlegat"), wenn z.B. jemand nach dem Tod des Erben Haus oder Grundbesitz einschließlich eines Unternehmens erhalten soll (Weiß in Klang2 III 521 f; Welser in Rummel, ABGB, Rz 4 zu § 652; SZ 24/227; EvBl 1957, 347; 1967/234). Der Erbe hat gegenüber einem Nachlegatar eine Rechtsstellung, die der eines Vorlegatars entspricht (Welser aaO; SZ 24/227; EvBl 1967/234; 1972/351; EFSlg. 40.980).

Im Verlassenschaftsverfahren nach dem Erblasser hat der Nachlegatar nur insoweit Beteiligtenstellung, als die gerichtlichen Anordnungen sein Vermächtnis betreffen (Welser aaO Rz 6 zu § 652; SZ 27/283 = EvBl 1955/31; JBl 1960, 642; EvBl 1972/351 u.a.) und unmittelbar in seine Vermögensrechte eingegriffen wurde (SZ 47/87). Das Rekursgericht hat ohne Aktenwidrigkeit und Rechtsirrtum keine fideikommissarische Substitution hinsichtlich der Erbschaft im Sinne des § 608 ABGB, sondern eine fideikommissarische Substitution hinsichtlich einer einzelnen Sache, nämlich der Liegenschaft EZ 170 Grundbuch Pörtschach am See, angenommen und diesbezüglich im Sinne der dargelegten Lehre und Rechtsprechung zutreffend von einem "uneigentlichen Nachlegat" gesprochen, weil die fideikommissarische Substitution nicht einem Vermächtnisnehmer, sondern dem Erben auferlegt wurde.

Der Rekurswerberin kommt daher in diesem Verlassenschaftsverfahren als uneigentlicher Nachlegatarin nur insoweit Beteiligtenstellung und damit Rechtsmittellegitimation im Sinne des § 9 AußStrG zu, als gerichtliche Anordnungen unmittelbar ihr Nachvermächtnis betreffen.

Davon kann aber bei dem bekämpften erstgerichtlichen Beschluß keine Rede sein. Die Frage, ob der Alleinerbe, dem die Besorgung und Verwaltung der Verlassenschaft übertragen ist, darüber dem Abhandlungsgericht Rechnung zu legen hat, betrifft unmittelbar nur den Erben, nicht aber die uneigentliche Nachlegatarin, in deren Vermögensrechte durch den den Erben von der Rechnungslegung befreienden Beschluß nicht unmittelbar eingegriffen wurde. Eine Sicherung wegen "einer sich äußernden Gefahr" wäre nur im streitigen Verfahren durchzusetzen (Welser aaO Rz 19 zu § 613 und Petrasch in Rummel, ABGB, Rz 3 zu § 520, jeweils mwN). Dem Rekurs war daher nicht Folge zu geben.

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