OGH 2Ob683/87

OGH2Ob683/8711.12.1987

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Melber, Dr. Kropfitsch und Dr. Huber als weitere Richter in der Pflegschaftssache des mj. Thomas L***,

geb. 22. September 1979, infolge Revisionsrekurses der Mutter und gesetzlichen Vertreterin Marion B***, kaufm. Angestellte, 1050 Wien, Franzensgasse 7-9/I/4, gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgerichtes vom 31. Juli 1987, GZ 43 R 437/87-43, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 2. Juli 1987, GZ 5 P 279/85-34, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben, Punkt 1.) des angefochtenen Beschlusses wird aufgehoben und dem Rekursgericht eine Entscheidung über den Rekurs der Antragstellerin gegen den Beschluß des Erstgerichtes aufgetragen; im übrigen wird dem Revisionsrekurs nicht Folge gegeben und Punkt 2.) des angefochtenen Beschlusses bestätigt.

Text

Begründung

Die Ehe der Eltern des Kindes ist rechtskräftig geschieden; die Elternrechte stehen der Mutter zu.

Der Vater beantragte, der Mutter aufzutragen, den Betrag von S 16.974,--, den sie unberechtigt von einem Sparbuch des mj. Thomas behoben habe, auf ein zu eröffnendes Sparbuch einzubezahlen und dieses gemäß § 192 a AußStrG zu hinterlegen.

Die Mutter erklärte, daß sie anläßlich einer Aktion der Postsparkassa im Jänner 1982 das Prämiensparbuch Nr. 29158988 eröffnet habe; die Postsparkasse habe auf dieses Sparbuch einen Betrag von S 50,-- eingezahlt, anschließend habe ihre Schwiegermutter Rosa L*** die Einzahlungen vorgenommen. Das Sparbuch sei bei ihr verblieben und sie habe von diesem den Betrag von S 16.974,74 abgehoben. S 7.000,-- hievon seien für einen gemeinsamen Urlaub am Zicksee verbraucht worden (es handelte sich um einen vierwöchigen Aufenthalt in einem ganzjährig gemieteten Holzhaus, monatliche Miete S 1.500,--), Rechnungen hiefür seien nicht vorhanden. Es seien die Miete sowie die Lebenshaltungskosten aus dem Sparbuch für diese vier Wochen, ebenso die Kosten für diverse Ausflüge, bestritten worden. Gleichzeitig stellte die Mutter den Antrag, die restlich verbleibenden S 9.974,74 gegen vorzulegende Rechnungen für den Minderjährigen verwenden zu können. Seit der Ehescheidung verfüge sie nicht über finanzielle Mittel wie bei aufrechter Ehe, sodaß sie diesen Betrag für Bekleidung etc. für den Minderjährigen benötige.

Gegen diesen Antrag sprach sich der Vater aus; er kaufe immer wieder Bekleidungsstücke etc., sodaß die Kindesmutter mit den ihr zur Verfügung stehenden Mitteln das Auslangen für den Minderjährigen finden müßte.

Das Erstgericht erteilte mit Beschluß vom 2. Juli 1987, ON 34, der Mutter den Auftrag, binnen 14 Tagen den Betrag von S 9.974,74 auf das Sparbuch Nr. 29158988 der Österreichischen Postsparkassa einzuzahlen und dies dem Gericht binnen 14 Tagen nach Rechtskraft des Beschlusses durch Vorlage des Sparbuches nachzuweisen (Punkt 1.); das Mehrbegehren des Vaters sowie dessen Antrag, das Sparbuch gemäß § 192 a AußStrG zu hinterlegen, wurden abgewiesen (Punkt 2.).

Das Erstgericht ging von folgenden Feststellungen aus:

Das Prämiensparbuch Nr. 29158988 der Österreichischen Postsparkassa wurde im Jahre 1982 von der Mutter im Rahmen einer Aktion der Postsparkassa (die S 50,-- einzahlte) angelegt, in der Folge wurden sämtliche Einzahlungen von der Großmutter väterlicherseits getätigt. Dieses Sparbuch sollte Thomas bei Erreichung der Volljährigkeit erhalten. Es lautete auf den Namen "Thomas Langthaler" und befand sich in Händen der Mutter. Am 1. Juli 1986 wurden die auf dem Sparbuch eingezahlten Beträge von insgesamt S 16.974,74 von der Mutter behoben (derzeitiger Guthabenstand S 1.525,75). Von diesem Betrag wurden S 7.000,-- für einen vierwöchigen Urlaub der Familie am Zicksee verbraucht, der Rest für Bekleidung für die Kinder ausgegeben. Marion B*** erhält vom Kindesvater für die Minderjährigen monatlich Unterhalt von S 2.000,-- je Kind und verfügt über ein Eigeneinkommen von ca. S 10.500,-- netto inklusive der Familienbeihilfen. Zur Rechtsfrage führte das Erstgericht aus, der auf dem Sparbuch Nr. 29158988 der Österreichischen Postsparkassa von der Großmutter väterlicherseits eingezahlte und von der Mutter behobene Betrag von S 16.974,74 sowie der derzeitige Guthabenstand von S 1.525,75 seien als Mündelvermögen anzusehen. Daß hievon S 7.000,-- für einen gemeinsamen Urlaub der Familie im Jahre 1986 am Zicksee verbraucht wurden, möge in gutem Glauben geschehen sein, daß der auf dem Sparbuch erliegende Betrag zur Verfügung für die Kinder stünde. Ebenso sei es verständlich, daß während eines Urlaubes für Ausflüge etc. mehr Geld verwendet werde als während des übrigen Jahres und hiefür Rechnungen nicht vorhanden seien. Der Antrag des Vaters hinsichtlich der Rückzahlung dieses Betrages sei daher abzuweisen gewesen. Was nun die restlichen S 9.974,74 betreffe, sei dieser Betrag dem mj. Thomas, dem dieses Sparbuch zugedacht war (ebenso der noch darauf erliegende Betrag von S 1.525,75) bei dessen Volljährigkeit auszufolgen. Übereinstimmend sei von den Eltern vorgebracht worden, daß der Vater außer seiner monatlichen Unterhaltsleistung immer wieder die Kinder regelmäßig im Frühjahr und Herbst einkleide (Hose, Pullover, Jacke), dies jedoch nicht den vollständigen Bedarf der Minderjährigen decke. Es sei daher der Mutter durchaus zuzumuten, für den restlichen Bedarf der Minderjährigen an Bekleidung etc. aus den Unterhaltsbeträgen aufzukommen und hiefür nicht Mündelgeld zu verwenden. Was den Antrag des Kindesvaters auf Hinterlegung des Sparbuches betreffe, stehe der Mutter im Rahmen der gesetzlichen Vertretung der Minderjährigen auch deren Vermögensverwaltung zu und die Hinterlegung des Sparbuches habe somit zu unterbleiben.

Der Beschluß des Erstgerichtes wurde dem Vater zu Handen seines Vertreters am 10. Juli 1987 zugestellt, die für die Mutter bestimmte Ausfertigung des Beschlusses wurde am selben Tage beim Postamt hinterlegt.

Das Gericht zweiter Instanz gab mit Beschluß vom 31. Juli 1987, ON 43, dem vom Vater am 13. Juli 1987 überreichten Rekurs Folge und änderte den Beschluß des Erstgerichtes, dessen Punkt 1. es als unangefochten in Rechtskraft erwachsen erachtete und in seinen Beschluß übernahm (Punkt 1.), hinsichtlich des Punktes 2. dahin ab, daß der Mutter aufgetragen wurde, binnen 14 Tagen nach Zustellung des Beschlusses einen weiteren Betrag von S 7.000,-- auf das Sparbuch einzulegen und dies binnen 14 Tagen dem Gericht nachzuweisen (Punkt 2.). Über den von der Mutter am 29. Juli 1987 zur Post gegebenen Rekurs gegen den Beschluß des Erstgerichtes wurde nicht entschieden.

Gegen den Beschluß des Rekursgerichtes wendet sich der rechtzeitig erhobene Revisionsrekurs der Mutter mit dem Antrag, ihren Rekurs gegen den Beschluß des Erstgerichtes "anzuerkennen", da dieser Beschluß während ihres Urlaubes vom 6. Juli 1987 bis 4. August 1987 hinterlegt worden sei, im übrigen aber festzustellen, daß sie über die gesamte Summe von S 16.974,-- verfügungsberechtigt sei und den abgehobenen Betrag zu Recht verwendet habe, und somit die Beschlüsse der Vorinstanzen aufzuheben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist teilweise berechtigt.

1.) Zu Punkt 1. des angefochtenen Beschlusses:

Wie oben ausgeführt, wurde die für die Mutter bestimmte Ausfertigung des Beschlusses des Erstgerichtes am 10. Juli 1987 beim Postamt hinterlegt. Der am 29. Juli 1987 zur Post gegebene Rekurs der Mutter, der sich nur gegen Punkt 1. des Beschlusses des Erstgerichtes wendete, wurde vom Erstgericht am 5. August 1987 dem Rekursgericht im Nachhang zu dem am 24. Juli 1987 mit dem Rekurs des Vaters vorgelegten Akt übermittelt und langte am 7. August 1987 beim Rekursgericht ein. Da die Mutter im Revisionsrekurs vorbrachte, der erstgerichtliche Beschluß sei während ihrer Abwesenheit von der Abgabestelle wegen Urlaubes hinterlegt worden, kann ohne Durchführung ergänzender Erhebungen derzeit noch nicht beurteilt werden, ob die Hinterlegung vorschriftsmäßig (§ 17 ZuStG) erfolgt ist und zu welchem Zeitpunkt der Lauf der Rekursfrist für die Mutter hinsichtlich des Beschlusses des Erstgerichtes begonnen hat. Auf Grund des Ergebnisses der entsprechenden Erhebungen wird die Rechtzeitigkeit des Rekurses der Mutter gegen den Beschluß des Erstgerichtes beurteilt werden können und demgemäß über das Rechtsmittel zu entscheiden sein. Punkt1.) des angefochtenen Beschlusses war daher aufzuheben.

2.) Zu Punkt 2. des angefochtenen Beschlusses:

Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Vaters gegen Punkt 2. des erstgerichtlichen Beschlusses Folge und führte aus, nach den Feststellungen sollte Thomas das Sparbuch bei seiner Volljährigkeit erhalten; das Geld sei somit nicht zu einem früheren Verbrauch bestimmt gewesen; worin nun der gute Glaube der Mutter liegen solle, dieses Guthaben stünde zur Verfügung beider Kinder, sei nicht ersichtlich. Die Eltern eines ehelichen Kindes seien bei der Vermögensverwaltung unabhängiger als ein Vormund; gleiches gelte freilich für den Elternteil, dem die Elternrechte (§ 144 ABGB) allein zustehen (§ 177 ABGB). Erlange aber das Gericht Kenntnis davon, daß das Wohl eines Minderjährigen bezüglich der Anlegung seiner Gelder gefährdet sei, habe es die Anlegung durch entsprechende Aufträge (auch an die ehelichen Eltern) sicherzustellen. Durch Größenschluß seien Aufträge umso eher zulässig, wenn das Geld nicht bloß schlecht angelegt, sondern, so wie hier, widmungswidrig und unzulässigerweise verbraucht werde. Die zutreffenden Erwägungen des Erstgerichtes zur Begründung des Auftrages an die Mutter hinsichtlich der S 9.974,74 gälten auch für die restlichen S 7.000,--, zu deren Erlag sie daher ebenfalls zu verhalten gewesen sei.

Die Mutter macht in ihrem Revisionsrekurs zu diesem Punkt geltend, sie habe das gegenständliche Postsparkassenprämiensparbuch im Jahre 1982 eröffnet. Die darauf erfolgten Einzahlungen seien für ihre beiden Kinder (Thomas und Ronald) bestimmt gewesen. Das habe auch ihre Schwiegermutter gewußt; bei Beendigung des Prämiensparvertrages sollte die angesparte Summe für Investitionen zugunsten beider Kinder verwendet werden; sie, die Mutter, sollte über das Sparbuch verfügungsberechtigt sein. Die vom Sparbuch abgehobenen S 7.000,-- habe sie anläßlich eines vierwöchigen Sommerurlaubes verwendet und daher diesen Betrag rechtmäßig verbraucht.

Zu diesen Ausführungen ist die Mutter darauf zu verweisen, daß der Oberste Gerichtshof auch im Außerstreitverfahren nur Rechts- und nicht Tatsacheninstanz ist (SZ 55/133 ua.) und deshalb an die Tatsachenfeststellungen der Vorinstanzen gebunden ist (JBl 1967, 486, 2 Ob 521/86 ua). Nach diesen Feststellungen wurde das Prämiensparbuch Nr. 29158988 der Österreichischen Postsparkassa im Jahre 1982 von der Mutter angelegt, S 50,-- wurden von der Postsparkassa im Rahmen einer Aktion eingezahlt, sämtliche folgenden Einzahlungen leistete die väterliche Großmutter; das Sparbuch sollte Thomas L***, auf dessen Namen es auch lautete, bei Erreichung der Volljährigkeit ausgefolgt werden.

Wie das Rekursgericht zutreffend darlegte, haben nach § 149 Abs 1 ABGB die Eltern das Vermögen des Kindes in seinem Bestand zu erhalten und nach Möglichkeit zu vermehren. Nach dem § 149 Abs 2 ABGB sind die Kosten für den Unterhalt aus dem Vermögen dann zu bestreiten, wenn das Kind nach den §§ 140, 141 ABGB zur Heranziehung seines Vermögens verpflichtet ist oder die Bedürfnisse des Kindes nicht in anderer Weise gedeckt sind. Ohne Rechtsirrtum hat das Rekursgericht auch erkannt, daß mit Rücksicht auf die Unterhaltsleistung des Vaters und die Einkünfte der Mutter die Voraussetzungen des § 149 Abs 2 ABGB für die Heranziehung des Kindesvermögens für die Bestreitung der Unterhaltskosten nicht vorliegen. Nach den für den Obersten Gerichtshof bindenden Feststellungen der Vorinstanzen sollte der Minderjährige Thomas das gegenständliche Sparbuch bei Erreichung der Volljährigkeit erhalten. Es handelt sich daher um Mündelvermögen. Den Feststellungen läßt sich in keiner Weise entnehmen, daß das Guthaben auf dem Sparbuch zu einem früheren Verbrauch, insbesondere für beide Minderjährige, bestimmt sein sollte. Die Verwendung des Betrages von S 7.000,-- aus dem Mündelvermögen durch die Mutter für die Finanzierung eines gemeinsamen Urlaubes mit den beiden Minderjährigen am Zicksee wurde daher vom Rekursgericht zutreffend als widmungswidrig beurteilt und die Mutter ohne Rechtsirrtum zur Rückzahlung dieses Betrages verpflichtet.

In diesem Umfang mußte daher dem Revisionsrekurs der Mutter ein Erfolg versagt bleiben.

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