OGH 2Ob680/87

OGH2Ob680/8711.12.1987

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Melber, Dr. Kropfitsch und Dr. Huber als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S*** M***,

Hauptplatz 15, 5730 Mittersill, vertreten durch Dr. Berndt Sedlazeck, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagte Partei Hedwig K***, Angestellte, Landsturmstraße 14 a, 5020 Salzburg, vertreten durch Dr. Günther Stanonik und Dr. Leopold Hirsch, Rechtsanwälte in Salzburg, wegen 885.412,78 S sA, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 23. Juli 1987, GZ 2 R 100/87-16, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 9. Jänner 1987, GZ 5 Cg 4/87-3, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt und beschlossen:

 

Spruch:

Das Rechtsmittel der Beklagten wird

1.) soweit es die Verwerfung der Nichtigkeitsberufung durch das Berufungsgericht bekämpft, zurückgewiesen;

2.) im übrigen wird der Revision nicht Folge gegeben. Die Beklagte ist schuldig, der Klägerin die mit 16.839,90 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin die Umsatzsteuer von 1.530,90 S) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin begehrte mit ihrer am 3.November 1986 überreichten Klage von der Beklagten die Bezahlung von 885.412,78 S sA. Sie habe der Beklagten und zwei weiteren Personen Zessionskredite gewährt und zugezählt. Die Beklagte hafte zur ungeteilten Hand mit diesen Kreditnehmern für einen offenen Saldo von 885.412,78 S sA. Die Beklagte erstattete keine Klagebeantwortung, weshalb das Erstgericht am 9.Jänner 1987 auf Antrag der Klägerin ein der Klage stattgebendes Versäumungsurteil fällte.

Die Beklagte bekämpfte dieses Urteil wegen Nichtigkeit und unrichtiger rechtlicher Beurteilung. Das Berufungsgericht verwarf die Nichtigkeitsberufung mit Beschluß und erkannte mit Urteil dahin zu Recht, daß es der Berufung nicht Folge gab. Es ging dabei von folgendem Sachverhalt aus:

Die Beklagte ist kaufmännische Angestellte und zugleich Kommanditistin der Firma Gastro Center Dieter K*** KG, deren Komplementär und Geschäftsführer ihr Ehemann ist. Diese Firma hatte früher ihren Sitz in Salzburg, Münchner Bundesstraße 123, und verlegte ihn im Jahre 1986 nach Salzburg, Tassilostraße 5. Im Zeitpunkt der hier zu beurteilenden Klagszustellung am 10. bzw. 11. November 1986 bestand auch ein postalischer Nachsendeauftrag für diese neue Firmenanschrift. Deshalb übergab der für die Münchner Bundesstraße 123 zuständige Postzusteller den an die Beklagte unter der Adresse "Münchner Bundesstraße 123" adressierten RSa-Brief ohne vorangehenden Zustellversuch an den für die Tassilostraße zuständigen Postzusteller Hermann D***, dem schon aus mehreren Zustellungen bekannt war, daß die Firma Gastro Center Dieter K*** KG ihren Sitz in der Tassilostraße 5 hatte und daß dort die Beklagte beschäftigt war. Die beiden Zustellversuche am 10. und 11. November 1986 erfolgten dann tatsächlich unter der Anschrift Salzburg, Tassilostraße 5. Nach deren Erfolglosigkeit wurde die Hinterlegung des Zustellstückes bei dem für diese Abgabestelle zuständigen Postamt 5013 Salzburg vorgenommen. Lediglich aus Nachlässigkeit wurde auf dem Rückschein weder die Tatsache der Nachsendung vermerkt, noch die Adresse, unter der tatsächlich zuzustellen versucht worden war, richtiggestellt.

Rechtlich folgerte das Gericht zweiter Instanz daraus, daß die Zustellung der Klage gesetzmäßig war. Die Nichtigkeitsberufung sei somit zu verwerfen gewesen. Soweit die Beklagte die Schlüssigkeit des Klagebegehrens in Zweifel ziehe, sei ihr das Klagevorbringen in seiner Gesamtheit entgegenzuhalten, wonach die Beklagte gemeinsam mit der Firma Gastro Center Dieter K*** KG und Dieter K*** Zessionskredite aufgenommen habe, für welche sie der Klägerin gegenüber mit den beiden anderen Personen zur ungeteilten Hand die Haftung übernommen habe. Der Saldo hafte mit dem Klagebetrag unberichtigt aus. Da dieses Vorbringen gemäß § 398 Abs 1, § 396 ZPO für wahr zu halten sei, baue das Klagebegehren schlüssig darauf auf. Gegen die Entscheidung des Berufungsgerichtes richtet sich das pauschal als Revision bezeichnete Rechtsmittel der Beklagten mit dem Antrag, der Nichtigkeitsberufung Folge zu geben und das bezogene Versäumungsurteil samt dem Verfahren ab Zustellung als nichtig aufzuheben, oder Zwischenerhebungen im Sinne des § 473 Abs 2 ZPO anzuordnen. Schließlich möge das angefochtenen Urteil dahin abgeändert werden, daß das Klagebegehren (mangels Schlüssigkeit) abgewiesen wird.

Die Klägerin beantragt in der Revisionsbeantwortung, dem Rechtsmittel der Beklagten nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

1.) Nach ständiger Rechtsprechung kann der Beschluß des Berufungsgerichtes, mit dem eine wegen Nichtigkeit erhobene Berufung verworfen wurde, weder mit Revision noch mit Rekurs bekämpft werden. Die die Nichtigkeitsberufung verwerfende Entscheidung des Berufungsgerichtes ist unanfechtbar (SZ 54/190; SZ 24/115; 5 Ob 755/81 uza; Fasching IV 409; Sperl, Lehrbuch der bürgerlichen Rechtspflege, 683). Demnach kann auf die umfangreichen Ausführungen des Rechtsmittels der Beklagten zu diesem Punkt nicht eingegangen werden; es war vielmehr im dargestellten Belang zurückzuweisen.

2.) Nach Ansicht der Beklagten sei die Klage deshalb unschlüssig, weil im Klagevorbringen jemand anderer als die Beklagte, nämlich die Firma Gastro Center Dieter K*** KG als beklagte Partei bezeichnet worden sei. Dem hat jedoch schon des Berufungsgerichtes zutreffend entgegengehalten, daß nach ständiger Judikatur bei der Beurteilung eines Begehrens nicht allein dessen Wortlaut, sondern auch der sonstige Inhalt der Klage maßgebend ist. Das gesamte Vorbringen an rechtserzeugenden Tatsachen ergibt das Substrat, aus dem die Berechtigung des Begehrens abzuleiten ist (EvBl. 1958/257; EvBl. 1957/158; SZ 27/12; 2 Ob 544/76 uza). Danach kann aber kein Zweifel bestehen, daß die Klägerin die Beklagte persönlich aus ihrer Haftungsübernahme für gewährte Zessionskredite in Anspruch nahm, die die Klägerin ihr, der Firma Gastro Center Dieter K*** KG und Dieter K*** (dem Ehemann der Beklagten) gewährt hatte. Die gegenteiligen Argumente der Beklagten vermögen nicht zu überzeugen. Ihrer Revision war daher der Erfolg zu versagen und wie im Spruch zu erkennen.

Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

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