OGH 6Ob566/87

OGH6Ob566/8710.12.1987

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schobel, Dr. Melber, Dr. Schlosser und Mag. Engelmaier als weitere Richter in der Familienrechtssache der Antragstellerin Maria S*** gesch. P***, Hausfrau, 8053 Graz, Schippingerstraße 25, vertreten durch Dr. Bernd Fritsch und Dr. Klaus Kollmann, Rechtsanwälte in Graz, wider den Antragsgegner Helmut P***, Postoberoffizial, 8020 Graz, Waagner-Biro-Straße 72, vertreten durch Dr. Leo Kaltenbäck, Dr. Hanspeter Pausch und Dr. Elisabeth Simma, Rechtsanwälte in Graz, wegen Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens, infolge Revisionsrekurses des Antragsgegners gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Graz als Rekursgerichtes vom 21.Jänner 1987, GZ 1 R 292/86-26, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes für ZRS Graz vom 16.Juli 1986, GZ 31 F 26/85-19, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß Punkt 4. der erstgerichtlichen Entscheidung zu lauten hat:

"Der Antragsgegner ist bei sonstiger Exekution schuldig, der Antragstellerin Zug um Zug gegen die unter Punkt 2. aufgetragene Räumung der Ehewohnung eine Ausgleichszahlung von 100.000 S zu leisten."

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

Text

Begründung

Die am 16.5.1981 geschlossene Ehe der Parteien wurde mit vom Berufungsgericht bestätigtem Urteil des Landesgerichtes für ZRS Graz vom 13.3.1985 wegen Verschuldens des Antragsgegners (AG) geschieden. Sie war für die Antragstellerin (ASt) die zweite, für den AG die dritte und blieb kinderlos. Die ASt brachte jedoch drei uneheliche Söhne und zwei aus ihrer ersten Ehe stammende Töchter in die Ehewohnung mit. Diese Wohnung in Graz, Waagner-Biro-Straße 72, ist 70 m2 groß und besteht aus Küche, zwei Zimmern, Vorraum, Bad und WC, Speis, Loggia und Kellerabteil. Das Mietverhältnis daran wurde vom AG im März 1980 im Zusammenhang mit seinem Dienstverhältnis bei der Post begründet. Die Wohnung wird gegen ein wesentlich unter dem ortsüblichen Maß liegendes Entgelt benützt. Die ASt, die mit ihren fünf Kindern vorher in einem Obdachlosenasyl gewohnt hatte, führte während der Ehe den Haushalt und arbeitete daneben bis April 1985 als Zeitungszustellerin, womit sie ein monatliches Durchschnittsnettoeinkommen von rund 5.000 S erzielte. Nach einem einjährigen Krankenstand, währenddessen sie ein monatliches Krankengeld von 4.000 S bis 4.500 S bezog, ist sie seit April 1986 arbeitslos und erhält eine monatliche Arbeitslosenunterstützung von etwa 3.000 S. Für die Kinder bezog sie Familienbeihilfe und teilweise auch Unterhaltsbeiträge. Das monatliche Nettogehalt des AG als Postzustellers betrug 16.000 S. Davon erhielt die ASt während der ehelichen Lebensgemeinschaft ein monatliches Wirtschaftsgeld von 4.000 S. Daneben trug der AG den Mietzins samt Betriebskosten und die Stromkosten, die auch die Heizungskosten umfaßten. Im Februar 1983 nahm die ASt ein Darlehen von 44.300 S auf. Damit wurde eine Kücheneinrichtung für die Ehewohnung angeschafft. Dieses Darlehen, das im März 1984 noch mit 18.100 S offen war, stockte die ASt damals auf 51.900 S auf. Damit wurde vor allem das Badezimmer der Ehewohnung saniert. 10.000 S verbrauchte die ASt für die Hochzeit eines ihrer Söhne. Die Installationsarbeiten im Badezimmer wurden vom Schwager des AG ausgeführt, die übrigen Sanierungsarbeiten von den Kindern der ASt. Der AG trug dazu nur mit einem Geldbetrag von 3.000 S bei. Nach einer tätlichen Auseinandersetzung zwischen dem AG und einem Sohn der ASt am 6.9.1984 zog diese aus dem von den Parteien gemeinsam bewohnten Zimmer aus und wohnte in der Folge mit ihren Kindern im anderen Zimmer der Ehewohnung. Damals haftete das Darlehen mit 60.354 S aus. Der Wert des Mietrechtes an der Ehewohnung beträgt rund 132.480 S. Nach der Kategorie B würde der Hauptmietzins 1.281 S ausmachen. Dies ergebe einen ortsüblich erzielbaren Mietzins von rund 3.080 S. Die tatsächliche monatliche Miete samt Betriebskostenanteil und Umsatzsteuer betrug 1.607 S, der reine Hauptmietzins 795,93 S. Der Verkehrswert des während der Ehe angeschafften Hausrates ohne eine Waschmaschine ist mit 26.180 S anzusetzen. Der übrige Hausrat wurde in die Ehe eingebracht oder nach Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft erworben. Weiteres Vermögen oder Ersparnisse sind nicht vorhanden.

Das Erstgericht wies den Antrag auf Übertragung der Mietrechte an der Ehewohnung an die ASt ab, trug dieser die Räumung dieser Wohnung binnen acht Wochen nach Rechtskraft dieses Beschlusses, aber nur Zug um Zug gegen Leistung der dem AG auferlegten Ausgleichszahlung auf, teilte den Hausrat auf, trug dem AG eine Ausgleichszahlung von 146.000 S auf (Punkt 4.) und hob die Verfahrenskosten gegeneinander auf.

Es qualifizierte die Ehewohnung im Sinne des § 88 Abs.1 (Z 2) EheG, weshalb ohne Zustimmung des Dienstgebers keine Anordnung hinsichtlich der Benützung habe getroffen werden können. Deshalb entspreche eine Ausgleichszahlung des AG der Billigkeit. Für deren Berechnung seien der Mietwert der Wohnung und der Wert der darin verbleibenden, während der Ehe angeschafften Fahrnisse von zusammen etwa 160.000 S und der Umstand heranzuziehen, daß die ASt die zur Einrichtung der Küche und zur Sanierung des Bades aufgenommenen Darlehen tilgen müsse. Bei einem Beitragsverhältnis von 60 : 40 zu Gunsten der ASt, die bereits während der Ehe die Darlehen allein zurückgezahlt habe, ergebe sich schon beim Gebrauchsvermögen für sie ein Anteil von 96.000 S, so daß eine Ausgleichszahlung von 146.000 S zumutbar sei.

Das Rekursgericht gab den Rekursen beider Parteien nicht Folge und erklärte den Rekurs an den Obersten Gerichtshof für zulässig. Zum Rekurs des AG, der nur die Höhe der Ausgleichszahlung bekämpft hatte, vertrat die zweite Instanz im wesentlichen die Rechtsansicht, daß auch eine Dienstwohnung eine Ehewohnung im Sinne des § 81 Abs.2 und des § 82 Abs.2 EheG und daher bei der Aufteilung, im vorliegenden Fall durch eine Ausgleichszahlung, zu berücksichtigen sei.

Gegen den Beschluß des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs des AG wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit den Anträgen, ihm nur eine Ausgleichszahlung von höchstens 20.000 S aufzuerlegen oder den angefochtenen Beschluß aufzuheben. Die ASt beantragt, den angefochtenen Beschluß zu bestätigen. Das vom Rekursgericht schon wegen des Wertes seines Entscheidungsgegenstandes zutreffend für zulässig erklärte Rechtsmittel ist teilweise berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Da die Ehe der Parteien geschieden worden ist und eheliche Ersparnisse nicht vorhanden sind, ist nur das eheliche Gebrauchsvermögen unter die geschiedenen Ehegatten aufzuteilen. Dabei sind die mit dem ehelichen Gebrauchsvermögen in einem inneren Zusammenhang stehenden Schulden in Anschlag zu bringen (§ 81 Abs.1 EheG).

Eheliches Gebrauchsvermögen waren nur die Ehewohnung und der Hausrat (§ 81 Abs.2 leg. cit.).

Bei der nach Billigkeit vorzunehmenden Aufteilung ist besonders auf Gewicht und Umfang des Beitrages jedes Ehegatten zur Anschaffung des ehelichen Gebrauchsvermögens, im vorliegenden Fall aber nicht auf das Wohl von Kindern Bedacht zu nehmen, weil die Parteien keine gemeinsamen Kinder haben. Als Beitrag sind auch die Leistung des Unterhaltes durch den AG, die Führung des gemeinsamen Haushaltes durch die ASt und der dieser vom AG durch die Aufnahme ihrer fünf Kinder in die Ehewohnung geleistete eheliche Beistand zu werten (§ 83 EheG).

Daß das Gericht mangels der erforderlichen Zustimmung des Dienstgebers des AG keine Anordnung hinsichtlich der Benützung der von ihm gemieteten Postwerkswohnung treffen durfte (§ 88 Abs.1 leg. cit.), schließt nur einen Zuspruch der Ehewohnung an die ASt aus, ändert aber nichts daran, daß es sich auch bei dieser Ehewohnung um aufzuteilendes eheliches Gebrauchsvermögen im Sinne des § 81 Abs.1 und 2 EheG handelt, nämlich um eine Sache, die während der aufrechten ehelichen Lebensgemeinschaft dem Gebrauch beider Ehegatten gedient hat und die nach § 82 Abs.2 leg. cit. in die Aufteilung auch dann einzubringen ist, wenn sie - wie hier vom AG - in die Ehe eingebracht wurde.

Da also hinsichtlich der Ehewohnung, die dem AG verbleiben muß, und den damit verbundenen Verbesserungen eine Aufteilung nicht erzielt werden kann, war dem AG nach § 94 Abs.1 EheG eine billige Ausgleichszahlung aufzuerlegen.

Dabei ist zu berücksichtigen, daß die dem AG verbleibende Ehewohnung von ihm in die Ehe eingebracht wurde, die mit dieser Postwerkswohnung verbundenen Vorteile in erster Linie dem AG als Postbedienstetem zukommen sollen und diese Wohnung jahrelang auch von den fünf Kindern der ASt bewohnt wurde. Diese jahrelange Überbelegung der nur aus zwei Zimmern mit Nebenräumen bestehenden Ehewohnung legte dem AG bei deren Benützung starke Beschränkungen auf. Andererseits kamen die Küche und Badezimmer betreffenden Verbesserungen während dieser Zeit auch den Kindern der ASt zugute. Unter diesen Umständen erscheint es billiger, dem AG nur eine Ausgleichszahlung von 100.000 S aufzuerlegen. Dabei ist einerseits berücksichtigt, daß die ASt die dem AG verbleibenden Verbesserungen von Küche und Badezimmer durch die von ihr allein aufgenommenen, zurückgezahlten und noch zurückzuzahlenden Darlehen größtenteils allein finanziert hat. Anderseits wurde darauf Bedacht genommen, daß der übrige Beitrag der ASt für die Ehewohnung insbesondere im Hinblick darauf, daß diese vom AG in die Ehe eingebracht wurde, es sich dabei um eine mit seinem Dienstverhältnis im Zusammenhang stehende Werkswohnung handelt und die fünf Kinder der ASt jahrelang die Ehewohnung mitbewohnen konnten, als eher gering zu veranschlagen ist. Dabei ist auch zu beachten, daß die Parteien nicht einmal fünf Jahre miteiander verheiratet waren, wobei die eheliche Lebensgemeinschaft nur etwa drei Jahre andauerte.

Die Ausgleichszahlung des AG erleichtert der ASt nicht nur die Zurückzahlung der Darlehen, sondern zusammen mit den ihr zugewiesenen Hausratsgegenständen auch die Einrichtung einer neuen Wohnung.

Der angefochtene Beschluß war daher entsprechend abzuändern. Die Kostenentscheidung beruht auf § 234 AußStrG.

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