Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Auf die Kosten des Revisionsrekursverfahrens ist gleich weiteren Verfahrenskosten Bedacht zu nehmen.
Text
Begründung
Ein Schiedsgericht erkannte die Klägerin schuldig, der Beklagten S 1,155.594,70 samt Zinsen und die mit S 1,045.229 (darin enthalten S 19.839 Umsatzsteuer und S 827.000,-- Barauslagen) bestimmten Prozeßkosten zu bezahlen.
Die Klägerin begehrte in ihrer beim Handelsgericht Wien eingebrachten Klage den Ausspruch, daß dieser Schiedsspruch aufgehoben werde und unwirksam sei. Sie führt zur Begründung aus, ein Schiedsvertrag sei nicht wirksam zustandegekommen. Bei den im Kostenzuspruch enthaltenen Barauslagen von S 827.000,-- handle es sich um die Honoraransprüche des Schiedsgerichtes, über welche dieses nicht entscheiden könne. Mit dem angeführten Klagebegehren verband die Klägerin ein Begehren auf Bezahlung eines Betrages von S 120.062,-- und brachte hiezu vor, sie habe für die Schiedsrichter einen Betrag von S 100.000,-- sowie Sachverständigenkosten von S 20.062,-- bezahlt und fordere den Ersatz dieser Beträge von der Beklagten.
Das Handelsgericht Wien wies diese Klage mit der Begründung zurück, gemäß den §§ 596 und 583 (gemeint offenbar 582) ZPO hätte die Klage beim Gericht der Hauptniederlassung der Beklagten eingebracht werden müssen.
Aufgrund eines Überweisungsantrages der Klägerin hob das Handelsgericht Wien den Zurückweisungsbeschluß gemäß § 230 a ZPO auf und überwies die Sache an das Kreisgericht Ried im Innkreis. In der in der mündlichen Streitverhandlung vorgetragenen Klagebeantwortung wendete die Beklagte die örtliche Unzuständigkeit des Kreisgerichtes Ried im Innkreis ein und führte hiezu aus, nach den §§ 596, 582 ZPO wäre das Gericht des Sitzes der Partei, die im Schiedsverfahren geklagt sei, zuständig, somit das Handelsgericht Wien.
Das Kreisgericht Ried im Innkreis wies die Klage wegen örtlicher Unzuständigkeit ab und teilte hiebei die von der Beklagten in der Unzuständigkeitseinrede vertretene Ansicht.
Das Rekursgericht änderte diesen Beschluß dahin ab, daß die Einrede der örtlichen Unzuständigkeit verworfen und dem Erstgericht aufgetragen werde, das gesetzmäßige Verfahren unter Abstandnahme von dem gebrauchten Zurückweisungsgrund fortzusetzen. Das Gericht zweiter Instanz führte aus, das Erstgericht lasse außer Acht, daß die vorliegende Klage auch ein auf Rückersatz von Prozeßkosten gerichtetes Zahlungsbegehren umfasse, welches von der Zuständigkeitsbestimmung des § 596 Abs 1 ZPO nicht betroffen sei. Dieses Begehren könne - unabhängig von jeder Schlüssigkeitsprüfung - zweifellos beim allgemeinen Gerichtsstand der Beklagten erhoben werden; insoweit sei die Klagszurückweisung schon nach den §§ 65, 66 JN verfehlt. Was das Aufhebungsbegehren anlange, so sei die Zuständigkeitsregelung der §§ 582, 596 Abs 1 ZPO nicht ganz eindeutig. Nach Fasching (Kommentar IV 888) liege eine Individualzuständigkeit vor, die aber abweichende Prorogation der Parteien nicht ausschließe. In Einzelfällen werde aus der Art der konkreten Rechtssache sowohl die örtliche wie die sachliche Zuständigkeit in der Form abgeleitet, daß für bestimmte Rechtssachen sofort ein einziges örtlich und sachlich bestimmtes Gericht zuständig sei; dies werde individuelle Zuständigkeit genannt (Fasching, Zivilprozeßrecht, Rdz 193; vgl. auch Kommentar I 283). An einer anderen Stelle führe Fasching aus (Kommentar IV 764), der Antrag nach § 582 ZPO könne bei jedem ausschließlichen Gerichtsstand oder Wahlgerichtsstand - so etwa beim Gericht des § 99 JN -, aber auch bei einem vereinbarten Gerichtsstand eingebracht werden. Andererseits könne fraglich sein, ob der Gerichtsstand des § 596 Abs 1 ZPO überhaupt den allgemeinen Gerichtsstand ausschließe (vgl. Fasching, Zivilprozeßrecht, Rdz 268 und 295, Kommentar I 390 ff). In SZ 18/24 sei lediglich gesagt worden, daß der allgemeine im Ausland gelegene Gerichtsstand der am Schiedsgerichtsverfahren in Österreich beteiligten Personen ausscheide. Demgegenüber verweise die klagende Partei zutreffend darauf, daß die vorliegende Schiedsklausel des englischsprachigen Vertrages für alle Streitigkeiten zwischen den Parteien gelte, also auch für Ansprüche der Aufhebungsklägerin gegen die Aufhebungsbeklagte. Der Schiedsspruch habe auch über Gegenansprüche der dort beklagten Partei erkannt, die - mangels eines Schiedsvertrages - vor dem Erstgericht als dem gemäß den §§ 65, 66 JN zuständigen Gericht geltend zu machen gewesen wären. Das Rekursgericht gelange daher zur Auffassung, daß das Erstgericht örtlich zuständig sei. Überdies sei auch das Handelsgericht Wien davon ausgegangen, daß für Klagen aus dem dem Schiedsspruch zugrundeliegenden Vertrag, die gegen die Beklagte gerichtet wären, das Handelsgericht Wien örtlich unzuständig wäre.
Die Beklagte bekämpft den Beschluß des Rekursgerichtes mit Revisionsrekurs und beantragt, den Beschluß des Kreisgerichtes Ried im Innkreis mit der Maßgabe zu bestätigen, daß das Begehren auf Aufhebung des Schiedsspruches wegen örtlicher Unzuständigkeit zurückgewiesen und das in der Klage enthaltene Zahlungsbegehren wegen Unschlüssigkeit abgewiesen werde. Hilfsweise wird die Wiederherstellung des Beschlusses des Erstgerichtes in vollem Umfang begehrt.
Die Klägerin beantragt, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.
Zunächst sei darauf hingewiesen, daß die Unzuständigkeitsentscheidung des Handelsgerichtes Wien und die Überweisung der Rechtssache an das Kreisgericht Ried im Innkreis dem Ausspruch dieses Gerichtes, es sei unzuständig, weil das Handelsgericht Wien zuständig wäre, nicht entgegenstand. Anders als im Falle einer Überweisung nach § 261 Abs 1 Z 6 ZPO, vor der die beklagte Partei Gelegenheit hatte, zur Frage der Zuständigkeit Stellung zu nehmen, kann bei einer Überweisung nach § 230 a ZPO die Einrede der örtlichen Unzuständigkeit auch darauf gestützt werden, das zuerst angerufene Gericht sei zuständig (so schon 8 Nd 501/84). Das Kreisgericht Ried im Innkreis hatte daher aufgrund der Unzuständigkeitseinrede der Beklagten seine Zuständigkeit zu prüfen. Zutreffend gelangte es zu dem Ergebnis, nach den §§ 596 Abs 1, 582 ZPO wäre für das Begehren auf Aufhebung des Schiedsspruches das Handelsgericht Wien zuständig. Nach § 596 Abs 1 ZPO ist eine derartige Klage bei dem gemäß § 582 Abs 1 ZPO für die Entscheidung über den Antrag auf Bestellung der Schiedsrichter zuständigen Gericht einzubringen. Ein Antrag auf Bestellung der Schiedsrichter ist aber bei dem Gericht zu stellen, welches mangels eines Schiedsvertrages für den Rechtsstreit erster Instanz zuständig wäre, somit bei dem Gericht, bei dem der Beklagte des Schiedsgerichtsverfahrens einen Gerichtsstand hat. Beklagte im schiedsgerichtlichen Verfahren war aber die Klägerin, ihr Gerichtsstand ist daher für die Zuständigkeit maßgebend (GlUNF 1953, SZ 8/265). Hiebei handelt es sich um eine individuelle Zuständigkeit (Fasching, Schiedsgericht und Schiedsverfahren im österreichischen und internationalen Recht 168). Dies bedeutet zwar nicht, daß die Klage nur beim allgemeinen Gerichtsstand des Beklagten im Schiedsgerichtsverfahren eingebracht werden kann. So ist etwa eine Gerichtsstandsvereinbarung zulässig (Fasching a.a.O.; SZ 8/265), doch liegt eine solche hier nicht vor. Bei Fehlen eines inländischen Gerichtsstandes ist eine Klagsführung auch beim Gerichtsstand des Vermögens möglich, denn auch dieser ist ein Gerichtsstand im Sinne des § 582 ZPO, bei welchem ein Antrag auf Bestellung der Schiedsrichter gestellt werden könnte (Fasching IV 764; SZ 18/24). Beim allgemeinen Gerichtsstand desjenigen, der im Schiedsverfahren Kläger ist, kann der Antrag auf Bestellung der Schiedsrichter jedoch nicht eingebracht werden. Daran vermag der Umstand, daß auch die nunmehrige Klägerin eine Klage beim Schiedsgericht hätte einbringen können und in einem solchen Fall gemäß den §§ 596 Abs 1, 582 ZPO das Kreisgericht Ried im Innkreis zuständig gewesen wäre, nichts zu ändern, weil das Schiedsgericht nicht von der Klägerin, sondern von der nunmehrigen Beklagten angerufen worden war. Für die Zuständigkeit ist es auch ohne Bedeutung, daß die nunmehrige Klägerin im Schiedsverfahren Gegenforderungen eingewendet hatte und sich das Schiedsgericht damit beschäftigte, denn Beklagte im Schiedsgerichtsverfahren war allein die nunmehrige Klägerin. Trotzdem erfolgte die Zurückweisung der Klage durch das Kreisgericht Ried im Innkreis wegen örtlicher Unzuständigkeit nicht zu Recht, und zwar wegen des gleichzeitig mit dem Begehren auf Aufhebung des Schiedsspruches gestellten Zahlungsbegehrens. Beide Begehren sind darauf gegründet, daß das Schiedsgericht einen Schiedsspruch gefällt habe, obwohl ein Schiedsvertrag nicht wirksam zustandegkommen sei. Beide Ansprüche stehen in einem rechtlichen Zusammenhang im Sinne des § 55 Abs 1 JN, sind zusammenzurechnen und können daher gemäß § 227 ZPO in einer Klage auch dann geltend gemacht werden, wenn das Prozeßgericht für einen der Ansprüche nicht zuständig ist (vgl. Fasching, Zivilprozeßrecht, Rdz 1119).
Für das Zahlungsbegehren ist das Kreisgericht Ried im Innkreis aber zuständig, weil die Beklagte ihren allgemeinen Gerichtsstand im Sprengel dieses Gerichtes hat. Damit durfte aber auch die Klage hinsichtlich des mit dem Zahlungsbegehren verbundenen und mit diesem zusammenzurechnenden Begehren auf Aufhebung des Schiedsspruches nicht wegen örtlicher Unzuständigkeit zurückgewiesen werden. Dem Revisionsrekurs war daher ein Erfolg zu versagen. Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO.
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