OGH 13Os155/87

OGH13Os155/8719.11.1987

Der Oberste Gerichtshof hat am 19.November 1987 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller, Dr. Felzmann, Dr. Brustbauer und Dr. Massauer als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Mitterhöfer als Schriftführers in der Strafsache gegen Waltraud S*** wegen des Verbrechens der Veruntreuung nach § 133 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengerichts vom 8.April 1987, GZ 3 a Vr 8801/86-59, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Text

Gründe:

Waltraud S*** wurde des Verbrechens der Veruntreuung nach § 133 StGB (I) und des Vergehens des Betrugs nach §§ 146, 147

Abs. 2 StGB (II 1-3) schuldig erkannt. Darnach hat Waltraud S*** von Wilhelm L*** anvertrautes Bargeld, und zwar mehr als 100.000 S, sich mit Bereicherungsvorsatz zugeeignet (I) sowie unter Vortäuschung ihres Zahlungswillens und ihrer Zahlungsfähigkeit die Eingliederung von sieben Jacketkronen (I 1: Schaden 30.000 S), die Vermietung einer Wohnung samt Telephonbenützung (II 2: Schaden insgesamt 17.390 S) und im Versandhandel drei Kleider (II 3 a: Schaden 2.400 S) und zwei Armbanduhren (II 3 b: Schaden 1.500 S) erlistet.

Die Angeklagte macht Urteilsnichtigkeit aus § 281 Abs. 1 Z. 4, 5, 9 lit. a und b und 10 StPO geltend.

Rechtliche Beurteilung

Die Ausführungen zur Verfahrensrüge (Z. 4), die einleitend mit einer vor dem Untersuchungsrichter abgelegten Zeugenaussage des Wilhelm L*** argumentieren, sind formell verfehlt, weil eine Verlesung dieser Zeugenaussage (gemäß § 252 Abs. 1 StPO) in der zur Urteilsfällung führenden Hauptverhandlung (ON. 58) nicht stattfand (S. 222: nur Verlesungen gemäß § 252 Abs. 2 StPO). Dem als nicht durchgeführt gerügten Antrag der Verteidigung fehlt überdies ein relevantes Beweisthema, weil ein Gutachten nur über die in der Trafik des Wilhelm L*** geführten Bücher und über die "Möglichkeiten" der Entstehung von Mankogeldern beantragt worden war (S. 222), womit ein nach ständiger Rechtsprechung unzulässiger Erkundungsbeweis angestrebt wurde.

Die Überlegungen der Beschwerde (Z. 5), daß die Veruntreuung eines Geldbetrags von etwa 200.000 S eine gleichzeitige Zahlungsunfähigkeit und damit den Betrug (II) ausschließe, scheitert an der Betrugsbegehung (auch) durch Zahlungsunwillen, dessen sich übrigens die Angeklagte stets gleichbleibend schuldig bekannt hat (S. 129 ff., 219).

Richtig ist, daß die zu II 3 a mit 2.400 S und zu II 3 b mit 1.500 S detailliert ausgewiesenen Beträge (S. 227) in den Gründen einmal mit einem 5.000 S übersteigenden Ergebnis addiert wurden (S. 232). Dieser Rechenfehler ist aber gemäß § 270 Abs. 3 StPO jederzeit zu berichtigen, und betrifft überdies angesichts der in den übrigen Betrugsfakten enthaltenen Schadensbeträge eine unentscheidende Tatsache.

Die Zeit der Begehung des Betrugs an zwei Versandhäusern (II 3 a und b) war nicht mehr eindeutig feststellbar, was im Spruch festgehalten ist (S. 227); in den Gründen wird auf das Jahr 1983 (S. 231) verwiesen. Die genaue Tatzeit ist aber hier ohne Bedeutung, weil die Taten im Urteil sonst hinlänglich, nämlich verwechslungfrei umschrieben sind. Soweit die Beschwerde in diesem Zusammenhang abermals auf eine bloße Zahlungsunfähigkeit der Angeklagten verweist übergeht sie wiederum den der Angeklagten (auch) vorgeworfenen Zahlungsunwillen.

Die Telephongebühr, um welche der Vermieter geschädigt wurde (II 2), wird im Spruch (S. 227) und in den Urteilskonstatierungen (S. 231) präzis mit 14.990 S beziffert. Entgegen der Beschwerde (Z. 5) ist dies ohne Widerspruch zu den weiteren Urteilsausführungen in der Beweiswürdigung, wonach die Angeklagte Telephongebühren in der Höhe von über 14.000 S auflaufen ließ (S. 233).

Die Rechtsrüge (Z. 9 lit. a) vermißt zu Unrecht den Bereicherungsvorsatz (zu I). Er ist im Urteil ausdrücklich konstatiert (S. 233), dabei wird der Gesetzeswortlaut nicht substanzlos gebraucht, sondern mit einer Beschreibung der finanziellen Situation der Beschwerdeführerin im Tatzeitpunkt inhaltlich bestimmt. Auch das vorsätzliche Vorgehen der Angeklagten bei Bestellung der Jacketkronen ist im Urteil festgehalten (S. 232) und dort keineswegs mit dem bloßen Anerkenntnis der Angeklagten, sondern ebenfalls mit ihrer angespannten finanziellen Situation begründet.

Auch zum Einmietbetrug (II 2) fehlt entgegen den Ausführungen der Beschwerde weder die Konstatierung der Wissenskomponente noch diejenige der Willenskomponente zu der von der Angeklagten begangenen Schädigung. Wird doch ausdrücklich (S. 233) festgestellt, daß die Beschwerdeführerin die Schädigung des Vermieters in Kauf genommen hat, womit nicht nur die Willens-, sondern auch die zugehörige Wissenskomponente im Kontext der Entscheidungsgründe mit der nötigen Deutlichkeit beschrieben ist (13 Os 116/87). Soweit letztlich die Rechtsrüge mit einem (nicht näher bezeichneten) Akteninhalt gegen die Konstatierung polemisiert, daß der Angeklagten 1.000 S zur Haushaltführung von ihrem Gatten ausgefolgt worden seien, verläßt sie unzulässig den für eine Rechtsrüge gesteckten Rahmen, dessen Ausgangspunkt die getroffenen Feststellungen zu sein haben. Im übrigen sind die erwähnten Urteilsannahmen nicht im Widerspruch mit der Beschwerdebehauptung, daß größere Aufwendungen für den Haushalt der Ehegatte selbst finanzierte.

Ausführungen zu den Nichtigkeitsgründen der Z. 9 lit. b und 10 sind in der Beschwerde nicht zu finden. Diese war sonach gemäß § 285 d Abs. 1 Z. 1 StPO in Verbindung mit § 285 a Z. 2 StPO schon in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen, weil keiner der im § 281 Abs. 1 Z. 1 bis 11 StPO aufgeführten Nichtigkeitsgründe zu einer gesetzmäßigen Darstellung gelangt ist.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten mangels einer die ausnahmsweise Zuständigkeit des Obersten Gerichtshofs für die Erledigung dieses Rechtsmittels (§ 296 StPO) begründenden Sachentscheidung über die Nichtigkeitsbeschwerde dem zuständigen Oberlandesgericht Wien zugemittelt (RiZ. 1970 S. 17 f., 1973 S. 70, EvBl. 1981 Nr. 46, JBl. 1985 S. 565, RiZ. 1987 Nr. 48 S. 180, linke Spalte, u.v.a.).

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