Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Beiden Berufungen wird nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390 a StPO. fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Der Hilfsarbeiter Herbert P*** wurde des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143, zweiter Fall, StGB. schuldig erkannt. Der Schuldspruch beruht auf dem Wahrspruch der Geschwornen, demzufolge P*** am 1. März 1987 in Innsbruck der Adelinde O*** dadurch, daß er sie aufforderte, ihm ihr gesamtes Geld zu übergeben, wobei er sie am Hals erfaßte, sie in ihre Wohnung drängte und ihr gleichzeitig ein geöffnetes Taschenmesser mit einer Klingenlänge von ca. 5 cm am Hals ansetzte, mit Gewalt gegen ihre Person und durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben unter Verwendung einer Waffe einen Bargeldbetrag von 5.000 S mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz abgenötigt hat.
Rechtliche Beurteilung
Diesen Schuldspruch ficht der Angeklagte mit einer auf § 345 Abs 1 Z. 5, 6 und 8 StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde an. Einen Verfahrensmangel (Z. 5) erblickt er in der Abweisung seines Beweisantrags auf Einvernahme der in der Hauptverhandlung anwesenden Polizeibeamten (P***, Z*** und S***: S. 205) zum Beweis dafür, daß Adelinde O*** dem Angeklagten nach dessen Verhaftung 100 S schenken wollte, und zwar mit dem Hinweis, sie gebe ihm "nochmals" 100 S (S.pn14). Diesen Antrag hat der Schwurgerichtshof mit der zutreffenden Begründung abgewiesen, es komme nicht darauf an, daß O*** im Zug der Verhaftung des Angeklagten ihm noch 100 S geben wollte (S. 215). Ob und bejahendenfalls aus welchen Gründen ein Tatopfer nach dem Eingreifen der Polizei dem bereits verhafteten Täter einen Geldbetrag schenken will, ist für die Beurteilung des vorangegangenen Tatgeschehens nicht entscheidend. Den Beschwerdeausführungen zuwider ergibt sich daraus nichts zur Frage, was vor dem Einschreiten der Polizei geschah.
Der Raub war vollendet, denn das Geld war der überfallenen Frau bereits abgenötigt und aus dem Begriff des "Abnötigens" und dessen Erfolg ist der Übergang des Gewahrsams auf den Täter zwanglos abzuleiten. Daß der Angeklagte das abgenötigte Geld gezählt hat, zeigt hinwiederum seinen Besitzwillen an. Daß er sodann diese Barschaft, weil sie ihm zu gering war, auf dem Küchentisch ablegte, um sich nach weiterer Beute umsehen zu können, ändert nichts daran, daß der Gewahrsamsbruch bezüglich der Barschaft bereits vollzogen und der Raub vollbracht war. Der Antrag auf Stellung einer Zusatzfrage in der Richtung des § 16 StGB. (Rücktritt vom Versuch) wurde daher zu Recht abgewiesen. Entgegen den Beschwerdeausführungen schied damit aber auch eine Eventualfrage wegen versuchten Raubes aus.
Eine Rechtsbelehrung ist gemäß § 321 Abs 2 StPO. nur zu gestellten Fragen zu erteilen. Zu Unrecht rügt deshalb der Beschwerdeführer die Rechtsbelehrung insofern als unvollständig, als darin die Begriffe des Versuchs und des Rücktritts vom Versuch nicht erörtert worden seien. Der für die Beantwortung der gestellten Hauptfrage nach vollendetem Raub wesentliche Umstand, daß bzw. wann die Tat vollendet ist, wird in der Rechtsbelehrung
ohnehin - zutreffend - dargelegt (S. 4 f.).
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.
Das Geschwornengericht verurteilte Herbert P*** nach dem ersten Strafsatz des § 143 StGB. zu einer sechsjährigen Freiheitsstrafe. Es wertete dabei als erschwerend die mehrfach einschlägigen Vorstrafen des Angeklagten sowie dessen raschen Rückfall. Mildernd waren hingegen das Geständnis des Angeklagten, die fast gänzliche Schadensgutmachung, die als schuldmildernd zu betrachtende Wesensveränderung des Täters infolge seines chronischen Alkoholmißbrauchs und daß er sich freiwillig der Zufügung eines größeren Schadens enthalten hat, obwohl ihm dazu die Gelegenheit offen stand (Raub des Schmucks).
Die Staatsanwaltschaft erachtet in ihrer Berufung das gefundene Strafmaß als zu gering, der Angeklagte bekämpft es als zu hoch. Indessen wurden die erschwerenden Umstände nicht zu gering gewertet, stehen ihnen doch unwidersprochen bedeutende Milderungsgründe gegenüber; vor allem die weitgehende Schadensgutmachung und die Abstandnahme vom Raub des Schmucks fallen zu Gunsten des Angeklagten schwer ins Gewicht.
Dieser wiederum reklamiert vergebens den Milderungsgrund des § 34 Z. 9 StGB., weil er die Tat ohne eine verlockende Gelegenheit, wohl aber mit vorgefaßter Absicht begangen hat: Ist er doch seiner ehemaligen Vermieterin beim Öffnen der Haustür mit gezücktem Messer entgegengetreten (S. 96, 206). Dieser Überfall auf seine frühere Hauswirtin erweist einen außerordentlichen Gesinnungsunwert, der, in der Tat aktualisiert, als Ausdruck der individuellen Sozialschädlichkeit Maßstab für die tätergerechte Bestrafung ist (9 Os 42/71, 11 Os 118/72, 9 Os 129/75, 13 Os 115/80; vgl. Gallas, Beiträge zur Verbrechenslehre, Berlin 1968, S. 13 bis 15, ib. 15, ferner S. 56, 68 f., 146 Anm. 23 a; Platzgummer in JBl 1971 S. 238:
Vorsatz und Fahrlässigkeit als Träger des in der Tat aktualisierten Gesinnungsunwerts). Hält man dazu die mehreren, auf der gleichen schädlichen Neigung (§ 71 StGB.) beruhenden Vorabstrafungen und den raschen Rückfall, so verbietet die Spezialprävention eine Strafermäßigung.
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